Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 31.01.2024, RV/7103639/2023

Ständiger Auslandsaufenthalt iSd § 5 Abs 3 FLAG 1967 bei einjährigem Collegebesuch in Israel

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Dr. Lisa Pucher in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum November 2022 bis Juni 2023 für das Kind ***Tochter1***, verbunden mit der Rückforderung der aus der Kinderstaffel (§ 8 Abs 3 FLAG 1967) resultierenden anteiligen Familienbeihilfe für die Kinder ***Sohn*** und ***Tochter2***, zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Das Finanzamt erließ am einen Bescheid an die Beschwerdeführerin (nachfolgend "Bf") über die Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträgen für den Zeitraum November 2022 bis Juni 2023 für das Kind ***Tochter1***, verbunden mit der Rückforderung der aus der Kinderstaffel resultierenden anteiligen Familienbeihilfe für die Kinder ***Sohn*** und ***Tochter2***. Da ***Tochter1*** eine Schule in Israel (= Drittstaat) besucht habe, bestehe im Rückforderungszeitraum kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Insgesamt wurde ein Betrag von € 2.183,20 zurückgefordert.

Am erhob die Bf Beschwerde gegen den Rückforderungsbescheid vom . Die Bf brachte vor, dass ihre Tochter ***Tochter1*** während ihres Schulbesuches in Israel nicht erwerbstätig und ledig gewesen sei, weshalb sie einen Unterhaltsanspruch gehabt habe. Beiliegend übermittelte sie ein Schreiben des Neve College for Woman (Jerusalem, Israel) vom , in dem bestätigt wird, dass ***Tochter1*** von bis Studentin dieser Einrichtung war.

Die Beschwerde wurde von der belangten Behörde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde folgendes ausgeführt: Der Besuch des Neve College for Woman in Jerusalem durch ***Tochter1*** von bis könne nicht als Berufsausbildung im Sinne des FLAG gewertet werden. Die wesentlichen Merkmale einer Berufsausbildung im Sinne des Gesetzes seien praktischer und theoretischer Unterricht, bei dem fachspezifisches, nicht auf Allgemeinbildung gerichtetes Wissen vermittelte wird, eine angemessene Unterrichtsdauer sowie die Verpflichtung zur Ablegung einer Abschlussprüfung. Der Besuch des Neve College for Woman sei nicht auf eine Berufsausbildung ausgerichtet gewesen. Überdies schließe § 5 Abs 3 FLAG 1967 einen Familienbeihilfenanspruch aus, wenn sich das potenziell anspruchsvermittelnde Kind ständig im Ausland aufhält. Auf den Wohnsitz und ständigen Aufenthalt der Eltern komme es daher ebenso wenig an, wie auf die Staatsbürgerschaft, deren Berufsausübung in Österreich oder die Argumentation, dass der Auslandsaufenthalt nur zu Ausbildungszwecken erfolge.

Mit Schreiben vom beantragte die Bf die Vorlage ihrer Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag).

Am wurde die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt. Im Bericht zur Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht führte die belangte Behörde wie folgt aus: Die volljährige Tochter der Bf habe im Zeitraum bis das Neve College for Woman in Jerusalem besucht. Der Gesetzgeber habe den Begriff der Berufsausbildung im Gesetz nicht näher definiert. Nach ständiger Rechtsprechung seien von diesem Begriff alle Arten schulischer oder kursmäßiger Ausbildungen, in deren Rahmen noch nicht berufstätigen Personen ohne Bezugnahme auf die spezifischen Tätigkeiten an einem konkreten Arbeitsplatz das für das künftige Berufsleben erforderliche Wissen vermittelt wird, erfasst. Dient die Ausbildung jedoch überwiegend der Vertiefung des Glaubens bei bereits vorhandenem religiösem Interesse, fehle die Abgrenzung gegenüber dem Besuch von Kursen aus privatem Interesse. Ein Indiz hierfür sei das nicht vorhandene geregelte und nachvollziehbare Ausbildungsverfahren. Der Website des Neve College for Women (nevey.org/our-programs) sei zu entnehmen, dass über die Vermittlung jüdischer Glaubensvorstellungen und dem Studium religiöser Schriften die religiöse Identität von Frauen jüdischen Glaubens gestärkt werden soll und auf ein Leben nach den Vorschriften der Torah vorbereitet werden soll. Die Zielsetzung der Lehrgänge liege daher nicht in der Vorbereitung auf eine konkrete berufliche Tätigkeit, wie sie durch ein nachvollziehbares Curriculum mit entsprechenden Kursen und Leistungsnachweisen zum Ausdruck kommen würde. Folglich liege im Beschwerdezeitraum keine Berufsausbildung im Sinne des FLAG vor. Weiters habe sich die Tochter ***Tochter1*** aber auch im Beschwerdezeitraum in Israel und damit ständig im Ausland aufgehalten. Die Tochter der Bf habe von September 2022 bis Juni 2023 das betreffende College in Jerusalem besucht. Ein Aufenthalt im Ausland, der sich über ein Schuljahr erstreckt, könne nicht mehr als nur vorübergehend im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 angesehen werden. Mit Erkenntnis vom , 2009/16/0133 habe der Verwaltungsgerichtshof judiziert, dass eine Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch als ein vorübergehender Aufenthalt angesehen werden kann. Aufgrund der Dauer des Auslandsaufenthaltes sei im konkreten Fall von einem ständigen Aufenthalt im Ausland auszugehen. Es werde daher beantragt, die Beschwerde abzuweisen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Tochter der Bf, ***Tochter1*** (geboren am ***GebDatum***), hat im November 2020 das 18. Lebensjahr vollendet und im Juni 2022 in Wien maturiert. Sodann hat sich ***Tochter1*** während ihres Besuches des Neve College for Woman - vom bis - durchgehend in Israel aufgehalten.

2. Beweiswürdigung

Der festgestellte Sachverhalt stützt sich auf die Angaben der Bf, die dem Bundesfinanzgericht vom Finanzamt vorgelegten Unterlagen und die zu ***Tochter1*** im Zentralen Melderegister aufscheinenden Daten.

Dass ***Tochter1*** vom bis Studentin des Neve College for Woman (Jerusalem) gewesen ist, ergibt sich aus der im Akt befindlichen Bestätigung des Neve College for Woman vom (Anmerkung: Ursprünglich war offenbar ein Besuch des Neve College for Woman bis geplant, was sich aus einer ebenfalls aktenkundigen, am vom Neve College for Woman ausgestellten Bestätigung ergibt). Auch die Bf gab in einem von ihr ausgefüllten und am unterzeichneten Datenblatt zur Überprüfung des Anspruches auf Familienbeihilfe an, dass ihre Tochter ***Tochter1*** ab bis am Neve College for Woman ein Seminar absolviert habe (Art der Ausbildung nach Angabe der Bf: "Jeschiva for woman").

Die Feststellung, dass sich ***Tochter1*** während ihres Besuches des Neve College for Woman durchgehend in Israel aufgehalten hat, gründet sich auf das Vorbringen der Bf (siehe die Beschwerde vom , wonach ihre Tochter zur Zeit ihres "Schulbesuches im Ausland" nicht erwerbstätig gewesen sei und deshalb das Recht auf den "Lebensunterhalt" gehabt habe). Auch ist der Bf mit Vorlagebericht vom , der Vorhaltscharakter hat, zur Kenntnis gebracht worden, dass nach Auffassung der belangten Behörde vom Aufenthalt der Tochter der Bf während des College-Besuches in Israel auszugehen ist. Dem wurde seitens der Bf (etwa durch ein Vorbringen, wonach sich ihre Tochter während ihrer Zeit als Studentin des Neve College for Woman nicht in Israel aufgehalten habe) nicht widersprochen, weshalb die durchgehende Anwesenheit von ***Tochter1*** in Israel für Zwecke des College-Besuches vom Bundesfinanzgericht als erwiesen angenommen wird.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

Gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, Anspruch auf Familienbeihilfe für volljährige Kinder die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind hat nach § 2 Abs 2 FLAG 1967 die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

Gemäß § 5 Abs 3 FLAG 1967 besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, kein Anspruch auf Familienbeihilfe. Eine Ausnahme vom in § 5 Abs 3 FLAG 1967 geregelten Grundsatz besteht nur für Aufenthalte innerhalb der EU/EWR/Schweiz (§ 53 FLAG 1967).

Nach § 26 Abs 2 BAO hat jemand den gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, dass er an diesem Ort oder in diesem Land nicht nur vorübergehend verweilt. Wenn Abgabenvorschriften die unbeschränkte Abgabepflicht an den gewöhnlichen Aufenthalt knüpfen, tritt diese jedoch stets dann ein, wenn der Aufenthalt im Inland länger als sechs Monate dauert. In diesem Fall erstreckt sich die Abgabepflicht auch auf die ersten sechs Monate.

Gemäß § 26 Abs 1 FLAG 1967 hat derjenige, der Familienbeihilfe zu Unrecht bezogen hat, die entsprechenden Beträge zurückzuzahlen.

Für Kinder, die sich ständig außerhalb eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines Staates des Europäischen Wirtschaftsraumes oder der Schweiz aufhalten, steht kein Kinderabsetzbetrag zu. Wurden Kinderabsetzbeträge zu Unrecht bezogen, ist § 26 FLAG 1967 anzuwenden (siehe § 33 EStG 1988).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist der ständige Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 unter den Gesichtspunkten des Vorliegens eines gewöhnlichen Aufenthaltes nach § 26 Abs 2 BAO zu beurteilen (vgl etwa mwN sowie Reinalter in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 5 Rn 9). Dem Wortlaut des § 26 Abs 2 Satz 1 BAO ist zunächst zu entnehmen, dass ein nicht nur vorübergehendes Verweilen in einem Land keinen eigenen Begriff darstellt, sondern als ständiger Aufenthalt zu sehen ist. Die Frage des ständigen Aufenthaltes im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 ist nicht nach subjektiven Gesichtspunkten, sondern nach den objektiven Kriterien der grundsätzlichen körperlichen Anwesenheit zu beantworten (vgl ). Ein Aufenthalt ist nicht schon dann vorübergehend im Sinne der VwGH-Rechtsprechung zu § 5 Abs 3 FLAG 1967, wenn er zeitlich begrenzt ist (vgl ). Lassen objektive Gesichtspunkte erkennen, dass ein Aufenthalt nicht nur vorübergehend währen wird, dann liegt schon ab dem Vorliegen dieser Umstände, allenfalls ab Beginn des Aufenthaltes, ein ständiger Aufenthalt vor (). Ob ein vorübergehender oder ständiger Aufenthalt vorliegt, ist in einer ex ante-Betrachtung zu beurteilen (vgl ).

Im Erkenntnis vom (2009/16/0133) hat der VwGH bei den in jenem Beschwerdefall gegebenen Rahmenbedingungen (Verweilen der gesamten Familie für Zwecke der zeitlich begrenzten Tätigkeiten im Zusammenhang mit einem Entwicklungshilfeprojekt, des für alle Familienmitglieder gebuchten Rückfluges und des von der belangten Behörde festgestellten "Beurlaubens" oder "vorübergehenden Abmeldens" von der Volksschule in Österreich) bei einer Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten im Ausland gerade noch einen vorübergehenden Aufenthalt angenommen. Bei einem Aufenthalt zum Zwecke des Schulbesuches vom Herbst 1991 bis zum Jänner 1993 ging der VwGH von einem ständigen Aufenthalt im Ausland aus (siehe ). Ein einjähriger Auslandsaufenthalt etwa zum Zwecke eines Schulbesuches ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ebenfalls als ständiger Aufenthalt im Ausland anzusehen (siehe ; siehe auch zur Absolvierung eines Schuljahres an einer High-School in den USA, zur Absolvierung eines Schuljahres in der Türkei, zu einem siebenmonatigen Sprachaufenthalt in Australien sowie bereits zu einem Sprachstudium in China von August 2010 bis Juli 2011).

Daraus folgt:

Im gegenständlichen Fall steht fest, dass sich ***Tochter1*** während ihres Besuches des Neve College for Woman in Jerusalem - vom bis - durchgehend in Israel aufgehalten hat. Dies entspricht einem Zeitraum von knapp 9 Monaten, der klar über die Aufenthaltsdauer von fünfeinhalb Monaten, bei der nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung gerade noch von einem (nur) vorübergehenden Aufenthalt auszugehen ist, hinausgeht. Gleichzeitig entspricht die Dauer des Aufenthaltes der Tochter der Bf in Israel in etwa der Dauer eines Schuljahres. In Anbetracht der oben zitierten VwGH-Rechtsprechung (insbesondere ) hatte ***Tochter1*** nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes in den Monaten November 2022 (Beginn des Rückforderungszeitraumes) bis Mai 2023 ihren ständigen Aufenthalt im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967 in Israel (= Drittstaat). § 5 Abs 3 FLAG 1967 schließt einen Familienbeihilfenanspruch in den hier unter anderem streitgegenständlichen Monaten November 2022 bis Mai 2023 für die Tochter ***Tochter1*** aus, weshalb auch dahingestellt bleiben kann, ob aufgrund des College-Besuches der Tochter der Bf in Israel in den Monaten November 2022 bis Mai 2023 eine Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 vorgelegen ist. Zur Beurteilung dieser Frage nötige Sachverhaltsfeststellungen (etwa über Art und Umfang der konkret besuchten Lehrveranstaltungen, den Zeitaufwand für die Ausbildung, abgelegte Prüfungen, ein erlangtes Diplom, mögliche Berufsbilder) sind daher unterblieben.

Ob ***Tochter1*** Israel bereits im Juni 2023 (nach Ende ihrer Zeit als Studentin am Neve College for Woman in Jerusalem) verlassen hat, ergibt sich aus der Aktenlage nicht völlig zweifelsfrei. Naheliegend erscheint, dass ***Tochter1*** im Juni 2023 nach Österreich zurückgekehrt ist. Sofern dies der Fall war, fiel der in § 5 Abs 3 FLAG 1967 normierte Ausschlussgrund für eine Beihilfengewährung in diesem Monat weg und ein Familienbeihilfenanspruch der Bf für ihre Tochter im Juni 2023 wäre etwa dann gegeben, wenn sich ***Tochter1*** in einer Ausbildung befunden hat, die als Berufsausbildung im Sinne des § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 qualifiziert. Hinweise darauf ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Bf noch sonst aus der Aktenlage. Im Übrigen liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in Bezug auf ***Tochter1*** aus anderen Gründen für den Anspruchszeitraum Juni 2023 einer der Tatbestände des FLAG (§ 2 Abs 1 lit b bis l FLAG 1967) erfüllt sein könnte.

Nachdem die Anspruchsvoraussetzungen für den Familienbeihilfenbezug im Rückforderungszeitraum nicht gegeben waren, hat die belangte Behörde Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge zu Recht zurückgefordert.

Es war daher spruchgemäß zu befinden.

Ergänzende Hinweise:

Mit der Neufassung des Kapitels 5 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und dem Staat Israel orientiert sich der Familienbeihilfenanspruch ab März 2002 nicht mehr, wie nach den vorher geltenden Bestimmungen des Abkommens am Elternteil, sondern für die Zahlung der Familienbeihilfe ist stets jener Vertragsstaat zuständig, in dem sich das Kind ständig aufhält. Ein Familienbeihilfenanspruch kann daher für den hier streitgegenständlichen Zeitraum (November 2022 bis Juni 2023) nicht (wie früher) auf § 5 Abs 4 FLAG 1967 idF BGBl Nr 201/1996 ("Kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht für Kinder, die sich ständig im Ausland aufhalten, es sei denn, daß die Gegenseitigkeit durch Staatsverträge verbürgt ist.") gestützt werden. Die Bestimmung wäre zwar gemäß § 50g Abs 2 FLAG 1967 weiter anzuwenden, dies setzt aber voraus, dass bestehende Staatsverträge die Gewährung von Familienbeihilfe für Kinder vorsehen, die sich ständig in einem anderen Staat aufhalten, was im Verhältnis zwischen Österreich und Israel schon lange nicht (mehr) der Fall ist.

In der Beschwerde brachte die Bf vor, dass ihre Tochter ***Tochter1*** während ihres Schulbesuches in Israel nicht erwerbstätig und ledig gewesen sei, weshalb sie einen Unterhaltsanspruch gehabt habe. Im Hinblick darauf wird auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes () verwiesen, wonach gegen eine Vorschrift, die bewirkt, dass Personen, die im Ausland (Drittland) lebenden Kindern gegenüber zu Unterhaltsleistungen verpflichtet sind, keine Familienbeihilfe gewährt wird, keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen. Der Gesetzgeber werde der verfassungsrechtlichen Pflicht zur steuerlichen Berücksichtigung von Unterhaltslasten auch dann gerecht, wenn er hiefür nicht den Weg der Gewährung von Transferzahlungen wählt, sondern die Berücksichtigung im Wege des Steuerrechtes ermöglicht. Die geltende Rechtslage schließe es nicht von vornherein aus, Unterhaltsleistungen an sich ständig im Ausland aufhaltende Kinder nach den allgemeinen Regeln des § 34 EStG 1988 als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Im Vorlageantrag erläuterte die Bf wie folgt: Sie habe das Finanzamt mit Schreiben vom um Verlängerung der Familienbeihilfe für ihre Tochter ***Tochter1*** ersucht. Damals habe sie dem Finanzamt auch per Einschreiben eine - alle relevanten Angaben wie den College-Namen, die Adresse in Israel, die Internetadressen, die Dauer der Ausbildung etc enthaltende - Bestätigung des Neve College for Woman übermittelt. Die Verlängerung der Familienbeihilfe sei vom Finanzamt daraufhin nicht abgelehnt worden. Am habe sie eine Mitteilung über den Bezug der Familienbeihilfe für ***Tochter1*** (also eine Art "Zusage") erhalten. Eine "Rechtsverletzung" erscheine von diesem Punkt an ausgeschlossen. Dazu wird festgehalten: Das Vertrauen auf die Rechtsbeständigkeit einer allenfalls auch unrichtigen rechtlichen Beurteilung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes durch den Grundsatz von Treu und Glauben nicht ganz allgemein geschützt. Die Behörde ist vielmehr verpflichtet, von einer als gesetzwidrig erkannten Verwaltungsübung abzugehen. Mitteilungen über den Bezug der Familienbeihilfe sind keine Bescheide, weshalb auch keine Bindung an diese Mitteilungen besteht, die einer Rückforderung entgegenstehen könnte.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Die Feststellungen auf Sachverhaltsebene betreffen keine Rechtsfragen und sind deshalb grundsätzlich keiner Revision zugänglich. Bei der Lösung der entscheidungserheblichen Rechtsfrage (Vorliegen eines ständigen Auslandsaufenthaltes im Sinne des § 5 Abs 3 FLAG 1967) stützt sich die Entscheidung auf die im Erkenntnis zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (insbesondere zum einjährigen Schulbesuch im Ausland). Es war daher gemäß § 25a Abs 1 VwGG spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7103639.2023

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