1. Verjährung 2. Fehlende elektronische Signatur - Grundlagenbescheid
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Senatsvorsitzende Dr. Barbara Straka, die Richterin Mag. Irene Kohler sowie die fachkundigen Laienrichter Dip.Ing. Gerald Patschka und Mag. Michael Heumesser in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Hallas & Partner Wirtschaftsprüfung und Steuerberatung GmbH & Co KG, Praterstraße 38, 1020 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2013, Steuernummer ***BF1StNr1***, in der Sitzung am , erkannt:
I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid bleibt unverändert.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Das Finanzamt erließ am gem. § 295 Abs. 1 BAO einen geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013. Begründend führte das Finanzamt aus, dass die Änderung gem. § 295 BAO aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Österreich zu Steuernummer X (Fa. A KG) vom erfolgt sei.
Mit Eingabe vom erhob der steuerliche Vertreter des Beschwerdeführers (Bf.) Beschwerde gegen den oa Bescheid.
Begründend wurde ausgeführt:
1. Zur Verjährung:
Die Verjährungsfrist für die Einkommensteuer betrage fünf Jahre und beginne mit Ablauf jenes Kalenderjahres zu laufen, für das die Veranlagung vorgenommen wird (§ 207 Abs 2 iVm § 4 Abs 2 BAO). Werden innerhalb der Verjährungsfrist nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches unternommen, so verlängere sich die Verjährungsfrist um ein weiters Jahr (§ 209 Abs 1 BAO).
Das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer 2013 sei somit - sofern im Jahr 2019 keine Amtshandlungen erfolgt seien - nach sechs Jahren und somit mit abgelaufen.
Bei dieser Rechtslage seien vor dem nun bekämpften Bescheid nur an den folgenden Tagen Einkommensteuerbescheide 2013 ergangen:
• (Erstveranlagung)
• (Folgeänderung gem. § 295 Abs 1 BAO)
• (Folgeänderung gem. § 295 Abs 1 BAO)
• (Folgeänderung gem. § 295 Abs 1 BAO)
Die nun bekämpfte Folgeänderung vom beziehe sich auf die Änderung aufgrund der "bescheidmäßigen Feststellungen ... zu(r) Steuernummer X vom ". Unter dieser Steuernummer sei am genannten Tag eine an die A KG gerichtete behördliche Erledigung ergangen, die als Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO gedacht gewesen sei.
Für die Beurteilung der Verjährung sei wesentlich, dass auf Ebene dieser Gesellschaft zuletzt nur die folgenden als Feststellungsbescheide gem. § 188 BAO gedachten behördlichen Erledigungen für das Jahr 2013 ergangen sind:
•
•
•
Da somit im Jahr 2019 weder auf Ebene des Bf. noch auf Ebene der A KG Amtshandlungen erfolgt seien, sei das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer 2013 tatsächlich bereits mit Ablauf des verjährt.
Da der Eintritt der Verjährung von Amts wegen zu beachten gewesen wäre (siehe Ritz7, § 207 Rz 3 und die dort angeführte Judikatur), erweise sich der bekämpfte Einkommensteuerbescheid als rechtswidrig.
2. Zum fehlenden Grundlagenbescheid:
Zudem sei der Einkommensteuerbescheid aber auch deshalb rechtswidriger Weise ergangen, weil er sich als "Grundlagenbescheid" auf einen Nichtbescheid beziehe.
So weise die in der Begründung als Grundlagenbescheid genannte, an die A KG gerichtete behördliche Erledigung zur Steuernummer X vom keine elektronische Signatur auf (siehe Beilage 1). Als Versendestelle dieser Erledigung scheine nicht das Bundesrechenzentrum, sondern das Finanzamt Österreich auf (vgl zu diesem Beurteilungskriterium Ritz7, § 96 Rz 6).
Die als Grundlagenbescheid gedachte behördliche Erledigung stelle somit einen absolut nichtigen Verwaltungsakt dar, der keine Grundlage für eine Folgeänderung gem. § 295 Abs 1 BAO biete (vgl § 96 Abs 2 BAO iVm § 19 E-Government-G).
Abschließend wurde ein Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung gem. § 274 Abs 1 Z 1 lit a BAO und Entscheidung über die "Berufung" durch den Senat gem. § 272 Abs. 2 Z 1 a BAO gestellt.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt:
"Wie Sie in der Beschwerde richtig ausführen, wäre ohne Setzung einer Verlängerungshandlung im Jahr 2019 das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer 2013 mit abgelaufen. Jedoch verlängern nach außen erkennbare Amtshandlungen (Verlängerungshandlungen) im Feststellungsverfahren auch die Verjährungsfrist für die von den Feststellungsbescheiden abzuändernden Einkommensteuerbescheide.
Diesbezüglich wurde nach Rücksprache mit dem Prüfer der A KG (Steuernummer X) in Erfahrung gebracht, dass bei der lt. Unterschrift am Prüfungsauftrag mit begonnenen Außenprüfung über die Jahre 2012 bis 2017 sowohl 2019 als auch 2020 diverse Verlängerungshandlungen gesetzt wurden (zB Mail vom von der B an den Prüfer mit Übermittlung einer Vielzahl an Unterlagen, Mail des Prüfers an die B vom mit dem Ersuchen um Übermittlung diverser Unterlagen, Mail vom mit Verzicht auf Abhaltung einer Schlussbesprechung). Mit erging dann der Bericht über diese Prüfung. Zum Einwand in der Beschwerde, dass der Grundlagenbescheid ein Nichtbescheid sei, wird auf § 252 BAO verwiesen."
Mit Eingabe vom stellte der steuerliche Vertreter des Bf. einen Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht.
Begründend wurde ausgeführt, dass in der Beschwerde daraufhingewiesen worden sei, dass der als Grundlagenbescheid herangezogenen behördlichen Erledigung vom (gedacht als an die A KG, StNr X gerichteter Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO) die elektronische Signatur fehle. Daher sei diese behördliche Erledigung als Nichtbescheid einzustufen.
Bezüglich dieses Einwandes sei vom Finanzamt nur auf die Bestimmungen des § 252 BAO verwiesen worden.
Dieser Ansicht könne für das Vorliegen eines "Grundlagennichtbescheids"' jedoch nicht gefolgt werden. So setze die Anwendung des § 252 BAO nach dem klaren Gesetzeswortlaut das Vorliegen eines "Feststellungsbescheides'' voraus. Sei die als Feststellungsbescheid gedachte behördliche Erledigung aber ein Nichtbescheid, dann sei diese Voraussetzung nicht erfüllt und § 252 BAO daher nicht anwendbar.
Dies zeige sich neben dem Gesetzeswortlaut schon an der Systematik der BAO, wonach einer derartigen Beschwerde bei Vorliegen eines Grundlagennichtbescheids stattzugeben sei. Hingegen wäre eine mit der gleichen Begründung ergriffene Beschwerde gegen den Grundlagennichtbescheid als unzulässig zurückzuweisen, da ein "rechtliches Nichts" wie ein Nichtbescheid nicht direkt bekämpft werden könne (weshalb es diesfalls auch zu keiner "automatischen" Anpassung des Einkommensteuerbescheides gem. § 295 Abs. 1 BAO komme; vgl. diesbezüglich § 295 Abs. 4 BAO).
Ergänzend wurde darauf hingewiesen, dass die Rechtsgrundlage für die in § 96 Abs. 2 BAO iVm 19 E-GovG normierte elektronische Signatur Art 26 elDAS-VO darstelle, die den europäischen Rechtsverkehr regle.
Diese VO stelle Europarecht dar. Nationale innergemeinschaftliche Abweichungen von der vorrangigen elDAS-VO seien daher unzulässig (s. Thunshirn, SWK 20/21, 1076).
Abschließend wurde der Antrag auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung und Entscheidung durch den Senat wiederholt.
Mit Bericht vom wurde die oa Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt und beantragt, die Beschwerde gem. § 252 BAO abzuweisen.
Im Zuge des Verfahrens vor dem Bundesfinanzgericht wurde der Prüfer der Fa. A KG ersucht, das E-Mail vom (Betreff Terminvereinbarung Schlussbesprechung) zu übermitteln. Am übermittelte der Prüfer das oa. E-Mail.
Mit Eingabe vom stellte die steuerliche Vertretung des Bf. einen Antrag auf Akteneinsicht und ersuchte um Übermittlung einer Kopie der vom Finanzamt vorgelegten Aktenteile Punkte 5-7 laut Vorlagebericht.
Mit E-Mail vom übermittelte die Richterin dem steuerlichen Vertreter des Bf. folgende Unterlagen:
Punkt 5: Verlängerungshandlung 1 2019: Mail vom
Punkt 6: Verlängerungshandlung 2 2019: Mail vom
Punkt 7: Verzichtserklärung SB: Schreiben vom
Mail des Betriebsprüfers vom
Mit Eingabe vom nahm der steuerliche Vertreter den Antrag auf mündliche Verhandlung zurück und regte eine Aussetzung des Verfahrens an.
Dazu brachte der steuerliche Vertreter im Wesentlichen vor, dass aus Gründen der Prozessökonomie unter Verweis auf die Bestimmung des § 271 Abs. 1 BAO eine Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung im beim BFG Klagenfurt gegen den Grundlagenbescheid 2013 anhängigen Verfahren GZ RV*, angeregt wird.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
1. Sachverhalt
Fest steht, dass das Finanzamt Österreich am einen gem. § 295 (1) BAO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2013 erlassen hat. Die Änderung erfolgte aufgrund der bescheidmäßigen Feststellungen des Finanzamtes Österreich vom zu Steuernummer X, betreffend Fa. A KG.
An den Bf. sind für das Jahr 2013 folgende Einkommensteuerbescheide ergangen:
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Erstbescheid | |
Folgeänderung gem. § 295 Abs. 1 BAO | |
Folgeänderung gem. § 295 Abs. 1 BAO | |
Folgeänderung gem. § 295 Abs. 1 BAO | |
Folgeänderung gem. § 295 Abs. 1 BAO | |
Folgeänderung gem. § 295 Abs.1 BAO |
Der Sachverhalt gründet sich auf die im Abgabeninformationssystem des Bundes gespeicherten Daten und den Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes. Dieser ist unstrittig.
Strittig ist,
1.) ob das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2013 im Zeitpunkt der Erlassung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom , in welchem eine Änderung nach § 295 Abs. 1 BAO vorgenommen wurde, bereits verjährt gewesen ist und
2.) ob der Grundlagenbescheid nichtig ist, da auf diesem keine elektronische Signatur aufscheint.
2. Rechtliche Beurteilung und Beweiswürdigung
Ad. 1) Verjährung:
Gemäß § 207 Abs. 1 BAO unterliegt das Recht, eine Abgabe festzusetzen, nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
Gemäß § 207 Abs. 2 BAO beträgt die Verjährungsfrist bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gem. § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre.
Gemäß § 208 Abs. 1 lit.a BAO beginnt die Verjährung in den Fällen des § 207 Abs. 2 BAO mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird.
Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Der Abgabenanspruch betreffend Einkommensteuer entsteht nach § 4 Abs. 2 lit.a Z 2 BAO mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wurde.
§ 209 Abs. 1 Satz 1 und 2 BAO bestimmen: "Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist."
Nach der Rechtsprechung des VwGH sind auf Erlassung von Feststellungsbescheiden (§ 188 BAO) gerichtete Amtshandlungen, wie zum Beispiel Vorhalte oder Außenprüfungen, die eindeutig auf die Geltendmachung von Abgabenansprüchen gerichtet sind, für die Verjährung dieser Abgaben (Einkommensteuer der Beteiligten) bedeutsam, auch wenn sie nicht vom für die Abgabenerhebung örtlich zuständigen Finanzamt erlassen wurden (vgl. ).
Im Erkenntnis vom , 95/14/0021, hat der VwGH ausgeführt, dass das Verfahren zur Feststellung nach § 188 BAO unzweifelhaft primär auf die Geltendmachung des Einkommensteueranspruches (Körperschaftsteueranspruches) gegenüber den Beteiligten abzielt.
Für Gewinnfeststellungsbescheide hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 43/74; , 13/201, 215, 1025, 1026/80; , 84/13/0013) ausgesprochen, daß sie hinsichtlich der Einkommensteuer (Körperschaftsteuer) der Beteiligten Unterbrechungshandlungen iSd § 209 Abs. 1 BAO darstellen (vgl auch Stoll, BAO-Kommentar, 2189). …."
Im vorliegenden Fall wurden im Rahmen einer Außenprüfung u.a. nachstehende nach außen erkennbare Amtshandlungen bei der Fa. A KG getätigt:
- Unterschrift des steuerlichen Vertreters am Prüfungsauftrag mit (für Außenprüfung Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte für die Jahre 2012 bis 2017),
- Mail des Prüfers vom an die für die Erstellung der Buchhaltung beauftragte C GmbH mit dem Ersuchen um Übermittlung diverser Unterlagen,
- Mail vom des Prüfers betreffend Terminvereinbarung für die Abhaltung einer Schlussbesprechung,
- Bericht über die Außenprüfung vom und
- Beschwerdevorentscheidung vom
Das bedeutet auf den vorliegenden Fall bezogen:
Die Verjährung der Einkommensteuer 2013 des Bf. begann gemäß § 208 Abs. 1 lit. a BAO mit dem Ablauf des Jahres, in welchem der Einkommensteueranspruch entstanden ist, d.h. gemäß § 4 Abs. 2 Z 2 BAO mit Ablauf des Jahres 2013. Die Verjährungsfrist beträgt gemäß § 207 Abs. 2 BAO fünf Jahre, was zunächst einen Ablauf der Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres 2018 bedeutet.
Der Einkommensteuerbescheid gem. § 295 Abs. 1 BAO vom verlängerte gem. § 209 Abs. 1 BAO die Verjährungsfrist um ein weiteres Jahr. Ebenso ist der Prüfungsauftrag vom eine Verlängerungshandlung in den ersten fünf Jahren. Ohne Verlängerungshandlung in den ersten fünf Jahren wäre das Recht zur Festsetzung der Einkommensteuer 2013 mit abgelaufen. Nunmehr verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr bis .
Durch das Mail des Prüfers vom an die Buchhaltung der Fa. A KG (mit dem Ersuchen um Übermittlung diverser Unterlagen) wurde eine weitere nach außen erkennbare Amtshandlung zur Geltendmachung des Abgabenanspruches gesetzt, wodurch sich die Verjährungsfrist zunächst auf sieben Jahre (Ablauf Ende 2020) verlängert.
Durch das Mail des Prüfers vom im Rahmen der Außenprüfung der Fa. A KG betreffend Terminvereinbarung Schlussbesprechung wurde eine nach außen erkennbare Amtshandlung gesetzt, wodurch sich die Verjährungsfrist weiter auf acht Jahre (Ablauf Ende 2021) verlängert.
Durch den Bericht über die Außenprüfung bei der Fa. A KG datiert vom und durch den Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2013 datiert vom , wurden nach außen erkennbare Amtshandlungen gesetzt, wodurch sich die Verjährungsfrist auf neun Jahre (Ablauf Ende 2022) verlängert.
Durch die Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Bescheid über die Feststellung von Einkünften gem. § 188 BAO für das Jahr 2013 der Fa. A KG wurde ebenfalls eine nach außen erkennbare Amtshandlung gesetzt, wodurch sich die Verjährungsfrist auf zehn Jahre (Ablauf Ende 2023) verlängert.
Der angefochtene Einkommensteuerbescheid datiert vom ist also innerhalb der verlängerten Verjährungsfrist ergangen.
Festzuhalten ist, dass der steuerliche Vertreter des Bf. keine Einwendungen zu den mit E-Mail vom übermittelten Unterlagen betreffend Verlängerungshandlungen in den Jahren 2019 und 2020 erstattet hat, und auch den Antrag auf mündliche Verhandlung zurückgezogen hat.
Ad 2) Nichtigkeit des Grundlagenbescheides mangels elektronischer Signatur:
Laut Datenbank der Finanzverwaltung wurde der Feststellungsbescheid vom mittels EDV erstellt, im Bundesrechenzentrum ausgedruckt und zHd. des steuerlichen Vertreters mit RSb am zugestellt. Der Bescheid enthält keine elektronische Signatur.
Im Vorlageantrag vom ging der steuerliche Vertreter des Bf. nicht mehr auf die Verjährung ein und brachte lediglich vor, dass auf dem Grundlagenbescheid (Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO Fa. A KG vom ) die elektronische Signatur fehle und diese behördliche Erledigung daher als Nichtbescheid einzustufen sei.
Dazu ist rechtlich auszuführen:
§ 295 Abs 1 BAO lautet:
"Ist ein Bescheid von einem Feststellungsbescheid abzuleiten, so ist er ohne Rücksicht darauf, ob die Rechtskraft eingetreten ist, im Fall der nachträglichen Abänderung, Aufhebung oder Erlassung des Feststellungsbescheides von Amts wegen durch einen neuen Bescheid zu ersetzen oder, wenn die Voraussetzungen für die Erlassung des abgeleiteten Bescheides nicht mehr vorliegen, aufzuheben. Mit der Änderung oder Aufhebung des abgeleiteten Bescheides kann gewartet werden, bis die Abänderung oder Aufhebung des Feststellungsbescheides oder der nachträglich erlassene Feststellungsbescheid rechtskräftig geworden ist."
Gemäß § 191 Abs 3 zweiter Satz BAO wirken Feststellungsbescheide (§ 188 BAO) gegen alle, die im Feststellungsbescheid angeführt sind.
Im vorliegenden Fall hätte der Bf. also die rechtliche Möglichkeit gehabt, seine Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der im Feststellungsbescheid vorgenommenen Einkünftezurechnung an seine Person in einem Rechtsmittel gegen den Feststellungsbescheid vorzubringen.
§ 252 Abs 1 BAO lautet:
"Liegen einem Bescheid Entscheidungen zugrunde, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, so kann der Bescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind."
§ 252 Abs 1 BAO betrifft Bescheide gemäß den §§ 186 und 188 BAO (vgl Ritz, BAO5, § 252 Tz 6).
Feststellungsbescheide gemäß § 188 sind - so wie im Beschwerdefall - Grundlagenbescheide für Einkommensteuerbescheide (vgl ; ; ).
§ 252 Abs 1 bis 3 BAO schränkt das Recht, ein Rechtsmittel gegen abgeleitete Bescheide zu erheben ein; Einwendungen gegen im Grundlagenbescheid getroffene Feststellungen sollen nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden können. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist dieses Rechtsmittel diesbezüglich als unbegründet abzuweisen (zB ; ; ).
Allerdings setzt eine auf § 252 Abs. 1 BAO gestützte Abweisung der Beschwerde gegen den abgeleiteten Abgabenbescheid voraus, dass der Feststellungsbescheid gemäß § 188 BAO als Grundlagenbescheid gegenüber dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides wirksam geworden ist (vgl. Zl. 82/14/0210). Dies wird seitens des Bf. bestritten und eingewendet, dass der bekämpfte Einkommensteuerbescheid auf einem Feststellungsbescheid beruhe, der nach seiner Überzeugung nichtig und daher nicht rechtswirksam sei (es fehle die elektronische Signatur).
In diesem Zusammenhang ist auf § 96 BAO hinzuweisen.
§ 96 BAO lautet:
"(1) Alle schriftlichen Ausfertigungen der Abgabenbehörden müssen die Bezeichnung der Behörde enthalten sowie mit Datum und mit der Unterschrift dessen versehen sein, der die Erledigung genehmigt hat. An die Stelle der Unterschrift des Genehmigenden kann, soweit nicht in Abgabenvorschriften die eigenhändige Unterfertigung angeordnet ist, die Beglaubigung treten, dass die Ausfertigung mit der genehmigten Erledigung des betreffenden Geschäftsstückes übereinstimmt und das Geschäftsstück die eigenhändig beigesetzte Genehmigung aufweist.
(2) Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden, wozu jedenfalls auch Ausfertigungen in Form von mit einer Amtssignatur gemäß § 19 E -Government-Gesetz versehenen elektronischen Dokumenten zählen, bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung und gelten, wenn sie weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde genehmigt. Ausfertigungen in Form von Ausdrucken von mit einer Amtssignatur versehenen elektronischen Dokumenten oder von Kopien solcher Ausdrucke brauchen keine weiteren Voraussetzungen erfüllen."
Mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellte Ausfertigungen bedürfen weder einer Unterschrift noch einer Beglaubigung. Da der Empfänger einer Erledigung beurteilen können muss, ob das Fehlen einer Unterschrift (Beglaubigung) dem Schreiben den Erledigungscharakter (insbesondere den Bescheidcharakter) nimmt, sollte er aus der Sendung erkennen können, ob es sich um eine mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellte Ausfertigung handelt (vgl. G 110/87ua).
Im vorliegenden Fall wird nicht bestritten, dass der gegenständliche Grundlagenbescheid mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt wurde. In der Beschwerde gegen den Bescheid gem. § 295 Abs. 1 BAO wird aber vorgebracht, dass der als Grundlagenbescheid herangezogenen behördlichen Erledigung vom (gedacht als an die Fa. A KG gerichteter Feststellungsbescheid gem. § 188 BAO) die elektronische Signatur fehle und diese Erledigung einen absoluten nichtigen Verwaltungsakt darstelle, der keine Grundlage für eine Folgeänderung gem. § 295 Abs. 1 BAO biete (vgl. § 96 Abs. 2 BAO iVm § 19 E-Government-G).
Dem ist entgegenzuhalten, dass § 96 Abs. 2 erster Satz BAO klarstellt, dass Ausfertigungen, die mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellt werden und - wie im gegenständlichen Fall - weder eine Unterschrift noch eine Beglaubigung aufweisen, als durch den Leiter der auf der Ausfertigung bezeichneten Abgabenbehörde - im vorliegenden Fall das Finanzamt Österreich - genehmigt gelten.
Eine Amtssignatur ist nicht zwingend erforderlich. Dies ergibt sich ebenfalls aus der Formulierung des § 96 Abs. 2 erster Satz BAO "… wozu jedenfalls AUCH Ausfertigungen … mit einer Amtssignatur… zählen …". Damit steht fest, dass § 96 Abs. 2 BAO ebenso auf mittels automationsunterstützter Datenverarbeitung erstellte Ausfertigungen OHNE Amtssignatur anzuwenden ist, die durch den Leiter der Abgabenbehörde als genehmigt gelten.
Entgegen der Ansicht des steuerlichen Vertreters ergibt sich aus dem Umstand, dass auf dem Kuvert des Feststellungsbescheides als Absender "Finanzamt Österreich" aufscheint, keineswegs die Notwendigkeit einer Amtssignatur. Da der Bescheid keine Amtssignatur enthält, ist auch der Verweis des steuerlichen Vertreters auf § 19 E-Government-G, in dem Amtssignaturen geregelt sind, nicht relevant.
Nach Ansicht des BFG liegt somit kein nichtiger Grundlagenbescheid vor. Das Finanzamt hat daher zu Recht mit dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid eine Änderung gem. § 295 Abs. 1 BAO vorgenommen.
Abschließend ist noch festzuhalten, dass der Anregung des steuerlichen Vertreters vom auf Aussetzung des Verfahrens gem. § 271 Abs. 1 BAO nicht gefolgt wird, da die Partei keinen Rechtsanspruch auf Aussetzung hat (s. Ritz/Koran, BAO 7, § 271 Tz 17).
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im vorliegenden Fall ist die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängig, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Eine ordentliche Revision ist daher nicht zulässig.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 208 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 209 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 4 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 96 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102182.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at