Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 07.02.2024, RV/2100022/2023

Studienwechsel - Anrechnung von Vorstudienzeiten

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Rückforderung von Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für Kind, geb. xx.xx.1998, für den Zeitraum Mai 2021 bis Mai 2022,
SV-Nr. ***1***, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben:

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Zeitraum Oktober 2021 bis Mai 2022 betrifft, ersatzlos aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Im Zuge der Überprüfung des Familienbeihilfenanspruches erlangte das Finanzamt davon Kenntnis, dass die im Spruch genannte Tochter der Beschwerdeführerin das mit Wintersemester 2018/2019 begonnene Bachelorstudium Germanistik am beendet und mit dem Wintersemester 2021/2022 das Bachelorstudium Kunstgeschichte begonnen hat. Beide Studien wurden an der Universität ***2*** betrieben.

Mit Bescheid vom wurde unter Hinweis auf die gesetzliche Bestimmung des § 26 Abs. 1 FLAG 1967 die Familienbeihilfe und der Kinderabsetzbetrag für den Zeitraum Mai 2021 bis Mai 2022 rückgefordert. In der Begründung wurde ausgeführt:
"Die Familienbeihilfe steht unter folgenden Voraussetzungen zu:
• Das Studium wurde nicht mehr als zwei Mal gewechselt
• Das Studium wurde vor dem 3. gemeldeten Semester gewechselt.
Rechtshinweis: § 2 Abs. 1 lit. b des Familienlastenausgleichgesetzes 1967 (FLAG 1967) in Verbindung mit § 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG).
Ihre Tochter
Kind war vom Wintersemester 2018 bis Sommersemester 2021, somit 6 Semester an der Universität ***2*** in der Studienrichtung Bachelor Germanistik inskribiert. Mit Wintersemester 2021 wechselte sie auf die Studienrichtung Kunstgeschichte. Da Ihre Tochter somit ihr Studium verspätet gewechselt hat, besteht ab Mai 2021 kein Anspruch auf Familienbeihilfe."

Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die Beschwerde mit der Begründung:
"Meine Tochter Kind hat letztes Jahr ihr Studium nicht freiwillig gewechselt, sondern aufgrund des 4-Maligen nicht Bestehens einer Prüfung im Studium (das Dokument über den Ausschluss des Studiums sollte Ihnen vorliegen), war sie gezwungen auf ihr Zweitfach Kunstgeschichte, wobei ihr hier Prüfungen angerechnet wurden (diese Anrechnungen sollten Ihnen auch vorliegen). Deshalb ist mir nicht klar, warum ich die Familienbeihilfe von Mai 2021- Mai 2022 zurückzahlen muss, da meine Tochter durch ihre erbrachten Leistungen im Studium Germanistik ihr Kunstgeschichte Studium früher abschließen kann."

Für das zweite Studium Kunstgeschichte wurden lt. Anrechnungsbescheid der Universität ***2*** vom 70 ECTS-Punkte aus dem Erststudium Germanistik angerechnet.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise stattgegeben und der Rückforderungsbescheid hinsichtlich des Zeitraumes März bis Mai 2022 aufgehoben. Begründend wurde ausgeführt:
"Im § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG 1967) wird hinsichtlich eines Studienwechsels auf die Bestimmungen des § 17 Studienförderungsgesetz (StudFG) verwiesen. Gemäß § 17 Abs. 1 Z 2 StudFG liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn der Studierende das Studium nach dem jeweils dritten fortgesetzt gemeldeten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat.
Gemäß § 17 Abs. 4 StudFG in der geltenden Fassung (BGBL. I Nr.2008/47) ist ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 nicht mehr zu beachten, wenn die oder der Studierende in dem nunmehr gewählten Studium so viele Semester wie in den vor dem Studienwechsel betriebenen Studium zurückgelegt hat.
Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
Der Begriff Studienwechsel bedeutet den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein Studierender/eine Studierende das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt jedenfalls ein Studienwechsel vor.
Gemäß § 17 Abs. 2 Z 1 StudFG liegt kein Studienwechsel im Sinne des Absatz 1 vor, wenn bei diesem die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden, weil sie dem nunmehr betriebenen Studium auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gleichwertig sind.
Bei gegebener Gleichwertigkeit der beiden Studien ist somit ein Wechsel der Studieneinrichtung nicht als Studienwechsel anzusehen. Es genügt jedoch nicht, dass alle vor dem Studienwechsel abgelegten Prüfungen des Vorstudiums von der zuständigen Studienkommission angerechnet werden, vielmehr müssen im Ergebnis die gesamten Vorstudienzeiten für die Anspruchsdauer des nunmehr betriebenen Studiums berücksichtigt werden. Die im Vorstudium besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen müssen nach Inhalt und Umfang der Anforderungen dem nunmehr betriebenen Studium gleichwertig sein. Andernfalls würde bei Anrechnung aller Prüfungen aus dem Vorstudium, auch wenn dieses nicht mehr ernsthaft und zielstrebig betrieben wurde (und im Verhältnis zur bereits absolvierten Semesteranzahl im Vorstudium nur wenige Prüfungen abgelegt wurden), nach einem Studienwechsel immer die Bestimmung des § 17 Abs 2 Z 1 StudFG zur Anwendung kommen ().
Es ist daher zu prüfen, ob in diesem Fall die gesamten Vorstudienzeiten aus dem Bachelorstudium Germanistik für das neue Bachelorstudium Kunstgeschichte angerechnet wurden.
Für die Beurteilung, ob im Sinne des § 17 Abs. 2 Z 1 StudFG die gesamten Vorstudienzeiten auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen für die Anspruchsdauer des neuen Studiums berücksichtigt wurden und es sich daher um keinen Studienwechsel handelt, ist - sofern der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen wird - die Anzahl der anerkannten ECTS Punkte aus den Vorstudien maßgeblich.
Gemäß § 51 Abs. 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002 lässt sich das Arbeitspensum eines Studienjahres mit 60 ECTS-Punkten bemessen; dies gilt in gleicher Weise für alle Bildungseinrichtungen und für alle Studien.
Bei Anerkennung von Vorstudienleistungen im Ausmaß von 1 bis 30 ECTS-Punkten ist daher immer 1 Semester, bei Anerkennung von 31 bis 60 ECTS-Punkten sind immer zwei Semester usw. in die Anspruchsdauer des neuen Studiums einzurechnen
(§ 17 Abs. 4 StudFG: Anerkannte Prüfungen aus dem Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.).
Ihre Tochter absolvierte vom Wintersemester 2018 bis zum das Bachelorstudium Germanistik an der Universität
***2***.
Seit dem Wintersemester 2021 ist sie für das Bachelorstudium Kunstgeschichte an der Universität
***2*** zur Fortsetzung gemeldet.
Lt. dem Bescheid der Universität
***2*** vom wurden Prüfungen im Ausmaß von 70 ECTS für das neue Studium angerechnet.
Der Wechsel des Studiums erfolgte nach fünf inskribierten Semester (WS 2018 - WS 2020), weshalb ein schädlicher Studienwechsel im Sinne des Gesetzes vorlag.
Auf Grund der Anerkennung von Vorstudienleistungen im Ausmaß von 70 ECTS verkürzt sich die Wartezeit von fünf auf zwei Semester. Da das Sommersemester 2020 wegen COVID als neutrales Semester gilt, verbleibt somit lediglich ein Semester des neuen Studiums, für das kein Anspruch auf Familienbeihilfe besteht.
Da von Mai bis September 2021 keine Ausbildung (Studium) vorlag und für das erste Semester des neuen Studiums (Oktober 2021 bis Februar 2022) auf Grund des schädlichen Studienwechsels kein Anspruch bestand, erfolgte die Rückforderung für diesen Zeitraum zu Recht.
"

Daraufhin stellte die Beschwerdeführerin den Antrag auf Entscheidung über die Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (Vorlageantrag) mit der Begründung:
"Da in der Zwischenzeit weitere Prüfungen im Ausmaß von 57,5 Ects angerechnet wurden, bitte ich Sie diesen Bescheid über die Beschwerdevorentscheidung nochmal zu überarbeiten. Diesem Schreiben liegt ein Auszug der Benachrichtigung über diese Anrechnungen bei, sobald ich den Bescheid über die Anrechnung bekomme, werde ich diesen nachreichen."

Im nachgereichten Anrechnungsbescheid der Universität ***2*** vom wurden weitere 60,5 ECTS-Punkte aus dem Erststudium Germanistik für das zweite Studium Kunstgeschichte angerechnet.

In der Stellungnahme des Vorlageberichts des Finanzamtes vom wird ausgeführt:
"Es wird um teilweise Stattgabe der Beschwerde für den Zeitraum Oktober 2021 bis Mai 2022 ersucht, da Prüfungen im Gesamtausmaß von 130,5 ECTS für das neue Studium angerechnet wurden und diese Studienleistungen somit mehr als vier Semestern entsprechen.
Die Familienbeihilfe steht daher ohne Wartezeit ab dem tatsächlichen Beginn des neuen Studiums zu.
In den Monaten Mai bis September 2021 lag keine aufrechte Berufsausbildung vor, weshalb die Rückforderung der Familienbeihilfe für diesen Zeitraum zu Recht erfolgte
."

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967 (FLAG) idgF haben Personen Anspruch auf Familienbeihilfe, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß.

§ 17 Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG) idF BGBl. I Nr. 54/2016 lautet:
(1) Ein günstiger Studienerfolg liegt nicht vor, wenn der Studierende
1. das Studium öfter als zweimal gewechselt hat oder
2. das Studium nach dem jeweils dritten inskribierten Semester (nach dem zweiten Ausbildungsjahr) gewechselt hat oder
3. nach einem Studienwechsel aus dem vorhergehenden Studium keinen günstigen Studienerfolg nachgewiesen hat, bis zum Nachweis eines günstigen Studienerfolges aus dem neuen Studium.
(2) Nicht als Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 gelten:
1. Studienwechsel, bei welchen die gesamte Studienzeit des vor dem Studienwechsel betriebenen Studiums für die Anspruchsdauer des nach dem Studienwechsel betriebenen Studiums berücksichtigt wird, weil auf Grund der besuchten Lehrveranstaltungen und absolvierten Prüfungen Gleichwertigkeit nach Inhalt und Umfang der Anforderungen gegeben ist,
2. Studienwechsel, die durch ein unabwendbares Ereignis ohne Verschulden des Studierenden zwingend herbeigeführt wurden,
3. Studienwechsel, die unmittelbar nach Absolvierung der Reifeprüfung einer höheren Schule erfolgen, wenn für das während des Besuchs der höheren Schule betriebene Studium keine Studienbeihilfe bezogen wurde,
4. die Aufnahme eines Masterstudiums gemäß § 15 Abs. 3,
5. die Aufnahme eines Doktoratsstudiums gemäß § 15 Abs. 4.
(3) Ein Studienwechsel im Sinne des Abs. 1 Z 2 ist nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.
(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 54/2016)

Das FLAG 1967 verweist für den Fall, dass ein Studienwechsel vorliegt, auf § 17 StudFG, das FLAG enthält jedoch keine Definition eines Studienwechsels. § 17 StudFG selbst enthält aber auch keine abschließende Definition des Studienwechsels. Es ist somit zu prüfen, ob überhaupt ein Studienwechsel iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 vorliegt, bevor auf einen solchen Studienwechsel die Bestimmungen des § 17 StudFG angewendet werden können ( und mwN).

Der Begriff Studienwechsel bedeutet den Betrieb einer anderen Studienrichtung als jener, die in den vorangegangenen Semestern betrieben wurde. Wenn ein Studierender/eine Studierende das begonnene, aber noch nicht abgeschlossene Studium nicht mehr fortsetzt und an dessen Stelle ein anderes in den Geltungsbereich des StudFG fallendes Studium beginnt, liegt ein Studienwechsel vor ( mwN).

Wenn feststeht, dass ein Studienwechsel vorliegt, ist § 17 StudFG anzuwenden. Ein Studienwechsel ist
•jede Änderung einer Studienrichtung,
•bei einem Doppelstudium die Änderung der Hauptstudienrichtung (wenn die Familienbeihilfe für eine andere Studienrichtung beantragt wird),
•bei kombinationspflichtigen Studien auch die Änderung nur einer der beiden Studienrichtungen, zB bei Lehramtsstudien der Wechsel eines Unterrichtsfaches (),
•die "Rückkehr" zu einer ursprünglich betriebenen Studienrichtung, wenn dazwischen eine andere Studienrichtung (bzw. bei einem Doppelstudium die zweite Studienrichtung als "Hauptstudium") betrieben wurde (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 97).

Nach § 17 Abs. 3 StudFG idF BGBl I 2016/54 ist ein Studienwechsel iSd Abs. 1 Z 2 nicht mehr zu beachten, wenn die Studierenden danach so viele Semester zurückgelegt haben, wie sie in dem gemäß Abs. 1 Z 2 zu spät gewechselten Studium verbracht haben. Dass hierunter nur Semester zu verstehen sind, in denen Familienbeihilfe bezogen wurde, ist aus dieser Norm nicht ableitbar (). Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen diese Wartezeiten; dabei ist auf ganze Semester aufzurunden. Nach dem Studienwechsel ist bloß die für das neue Studium vorgesehene Studienzeit iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 einzuhalten, die durch den Studienwechsel nicht verkürzt wird (s ), (vgl. auch Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 106).

Wird der Studienerfolg in ECTS-Punkten bemessen, gilt Folgendes:
Nach § 51 Abs. 2 Z 26 Universitätsgesetz 2002 werden dem Arbeitspensum eines Studienjahres 60 ECTS-Anrechnungspunkte zugeteilt. Anknüpfend an diese gesetzliche Regelung setzt die Verwaltungspraxis Vorstudienleistungen im Ausmaß von 1 bis 30 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von einem Semester gleich, Vorstudienleistungen von 31 bis 60 ECTS-Punkten einer Vorstudienzeit von zwei Semestern usw. (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG2 § 2 Rz 101).

Im vorliegenden Fall begann die Tochter der Beschwerdeführerin im Wintersemester 2018/2019 das Bachelorstudium Germanistik und wechselte nach fünf Semester- ohne das erste Studium abzuschließen - ab dem Wintersemester 2021/2022 zum Bachelorstudium Kunstgeschichte an derselben Universität. Somit liegt ein "schädlicher" Studienwechsel (§ 17 Abs. 1 Z 2 StudFG) vor.

Gegenständlich wurden 130,5 ECTS aus dem Erststudium Germanistik für das Studium Kunstgeschichte angerechnet, dies entspricht (aufgerundet) fünf Semestern, da 30 ECTS-Punkte der Leistung eines Semesters entsprechen. Anerkannte Prüfungen aus dem verspätet gewechselten Vorstudium verkürzen die Wartezeit und dabei ist auf ganze Semester aufzurunden.

Wie in der Stellungnahme des Vorlageberichts des Finanzamtes ausgeführt, verringert sich dadurch der Rückforderungszeitraum auf Mai bis September 2021. In diesen Monaten lag keine Berufsausbildung der Tochter iSd § 2 Abs. 1 lit b FLAG 1967 vor, da die Tochter lt. vorgelegtem Studienblatt der Universität ***2*** im Bachelorstudium Germanistik am abgemeldet wurde und das Bachelorstudium Kunstgeschichte im Wintersemester 2021/2022 begann.

Somit war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision:

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Da im Beschwerdefall kein Rechtsproblem strittig ist, sondern der als erwiesen anzunehmende Sachverhalt in freier Beweiswürdigung festgestellt wurde, ist gegen dieses Erkenntnis eine (ordentliche) Revision nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 17 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 17 Abs. 3 StudFG, Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992
§ 51 Abs. 2 Z 26 UG, Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2100022.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at