Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 29.01.2024, RV/7101941/2023

Beschwerde gegen abgeleiteten Einkommensteuerbescheid statt gegen Grundlagenbescheid

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch die Richterin Mag. Sonja Stradner in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2021, Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO abgewiesen.

Der Einkommensteuerbescheid 2021 vom wird abgeändert. Die Bemessungsgrundlage und die Abgabenhöhe sind dem beiliegenden Berechnungsblatt zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Der Beschwerdeführer (Bf.) brachte am seine Einkommensteuererklärung (Arbeitnehmerveranlagung) für das Jahr 2021 ein, die mit Bescheid vom seitens des Finanzamtes veranlagt wurde.

Mit Bescheid vom wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb für das Jahr 2021 bei der ***KG*** (StNr. ******) gemäß § 188 BAO festgestellt. Gemäß der Mitteilung über die gesonderte Feststellung betreffend die durch die Kommanditgesellschaft im Jahr 2021 erzielten Einkünfte wurde der Bf. als Kommanditist geführt. Es entfielen auf ihn Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 14.413,40 €.

In weiterer Folge hob das Finanzamt am den Einkommensteuerbescheid vom gemäß § 299 BAO auf und erließ zeitgleich einen neuen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021, indem sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 14.413,40 € in Ansatz brachte.

In der fristgerecht gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 vom erhobenen Beschwerde beantragte der Bf. die Löschung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb, da er im Jahr 2021 nur Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit erzielt habe. Er sei als Kommanditist bei der ***KG*** bereits seit Ende 2020 ausgeschieden und sei seit 2021 nur mehr als Angestellter/Arbeiter bei der KG beschäftigt. Eine Bestätigung seines Arbeitgebers, der ***KG***, legte er bei.

Die Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid 2021 wurde mit Beschwerdevor-entscheidung vom gemäß § 252 Abs. 1 BAO als unbegründet abgewiesen und ausgeführt, dass ein Bescheid, der von einem Feststellungsbescheid abgeleitet worden sei, nicht mit der Begründung angefochten werden könne, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend seien. Zusätzlich wurde darauf hingewiesen, dass im Fall einer nachträglichen Änderung des Feststellungsbescheides 2021 bei der ***KG*** von Amts wegen ein gemäß § 295 Abs. 1 BAO geänderter Einkommensteuerbescheid ergehe.

Dagegen brachte der Bf. am einen Vorlageantrag ein, verwies nochmals auf seine Ausführungen in der Beschwerde, insbesondere darauf, dass er nur Einkünfte aus nicht selbständiger Tätigkeit erziele. Zum Nachweis des Ausscheidens als Kommanditist aus der KG übermittelte er ein Schreiben samt Unterschriftsbeglaubigung an das Handelsgericht Wien (Firmenbuch), in dem die ***KG*** die Änderung der Gesellschafterverhältnisse bekanntgab und um entsprechende Eintragung im Firmenbuch ersuchte.

Mit Vorlagebericht vom wurde der Fall der zuständigen Gerichtsabteilung zugewiesen.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Bf. ist seit als Kommanditist der ***KG*** im Firmenbuch eingetragen. Eine Änderung der Gesellschaftsverhältnisse im Firmenbuch ist bis dato nicht erfolgt, da die Form- und inhaltlichen Vorschriften für die beantragte Änderungseintragung seitens der KG nicht erfüllt waren. Es fehlten einerseits spezifische Ausführungen zur Begründung der Rechtsnachfolge samt Übernahme der Haftsumme, andererseits lagen nur beglaubigte Unterschriften von vier der fünf Kommanditisten vor.

Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der ***KG*** für das Jahr 2021 wurden mit Bescheid vom iHv 44.754,41 € festgestellt, wobei der auf den Bf. entfallende Anteil 14.413,40 € beträgt. Dieser Feststellungsbescheid wurde rechtswirksam zugestellt und blieb unbekämpft.

In weiterer Folge hob das Finanzamt am den Einkommensteuerbescheid vom gemäß § 299 BAO auf, erließ zeitgleich einen neuen Einkommensteuerbescheid und brachte die Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 14.413,40 € in Ansatz.

Die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde wendet sich ausschließlich gegen die Berücksichtigung, insbesondere gegen die Höhe der in Ansatz gebrachten Einkünfte aus Gewerbebetrieb.

Nach Durchführung einer Betriebsprüfung bei der ***KG*** betreffend Umsatzsteuer und Feststellung der Einkünfte gemäß § 188 BAO für die Jahre 2018 - 2022 hob das Finanzamt den Feststellungsbescheid 2021 vom gemäß § 299 Abs. 1 BAO auf. Zeitgleich wurden die Einkünfte aus Gewerbebetrieb der KG für das Jahr 2021 nun mit neuem Bescheid vom iHv 41.354,93 € festgestellt. Der auf den Bf. entfallende Anteil beträgt 0,00 €. Dieser Feststellungsbescheid wurde rechtswirksam zugestellt und blieb unbekämpft.

2. Beweiswürdigung

Obige Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich schlüssig aufgrund des vorliegenden Akteninhalts und den - in Wahrnehmung der amtswegigen Ermittlungspflicht - aus dem Abgabeninformationssystem des Bundes und des Firmenbuchs bezogenen Dokumenten.

Den Ausführungen zur nicht erfolgten Änderung der Gesellschafterverhältnisse liegen telefonische Auskünfte der zuständigen Rechtspflegerin des Firmenbuchgerichts (Handelsgerichts Wien) vom zugrunde. An der Glaubwürdigkeit dieser Aussagen hat das Gericht keine Zweifel.

Die Änderung der Tangentenzurechnung an den Bf. erfolgte mit Feststellungsbescheid vom , der die Ergebnisse der Betriebsprüfung widerspiegelt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Gemäß § 192 BAO werden in einem Feststellungsbescheid enthaltene Feststellungen, die für andere Feststellungsbescheide, für Messbescheide oder für Abgabenbescheide von Bedeutung sind, diesen Bescheiden zugrunde gelegt, auch wenn der Feststellungsbescheid noch nicht rechtskräftig geworden ist.

Gemäß § 252 Abs. 1 BAO kann der Bescheid, dem Entscheidungen zugrunde liegen, die in einem Feststellungsbescheid getroffen worden sind, nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsbescheid getroffenen Entscheidungen unzutreffend sind.

§ 252 BAO schränkt das Beschwerderecht gegen abgeleitete Bescheide ein. Einwendungen gegen die im Grundlagenbescheid getroffenen Feststellungen können nur im Verfahren betreffend den Grundlagenbescheid vorgebracht werden. Werden sie im Rechtsmittel gegen den abgeleiteten Bescheid vorgebracht, so ist die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Eine Abweisung gemäß § 252 Abs. 1 BAO setzt voraus, dass der Grundlagenbescheid dem Bescheidadressaten des abgeleiteten Bescheides gegenüber wirksam geworden ist (vgl. Ritz, BAO7, § 252, Tz 3, sowie die darin zitierte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes).

Der Feststellungsbescheid für das Jahr 2021 wurde gegenüber der ***KG*** am erlassen und an die Zustellvertreterin am postalisch versandt. Er ist damit wirksam geworden.

Im vorliegenden Fall wird die "Löschung" bzw. Nichtberücksichtigung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb aufgrund des Feststellungsbescheides vom begehrt.

Wie den oben angeführten rechtlichen Ausführungen entnommen werden kann, ist der in einem Feststellungsverfahren festgestellte Einkünfteanteil zwingend der Veranlagung zu Grunde zu legen, weil es sich beim Einkommensteuerbescheid um einen abgeleiteten Bescheid handelt. In einem solchen Fall kann der Einkommensteuerbescheid nicht mit der Begründung angefochten werden, dass die im Feststellungsverfahren getroffenen Feststellungen unzutreffend sind. Einwendungen gegen die Höhe der anteiligen Einkünfte aus Gewerbebetrieb können daher mit Aussicht auf Erfolg nur in einer Beschwerde gegen den Feststellungsbescheid, nicht aber in der gegen den Einkommensteuerbescheid gerichteten Beschwerde vorgebracht werden.

Gemäß § 279 Abs. 1 BAO hat das Verwaltungsgericht aber außer in den Fällen des § 278 BAO immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.

Es ist dem Erkenntnis daher jener Feststellungsbescheid zu Grunde zu legen, der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts dem Rechtsbestand angehört (vgl. ; ). Im vorliegenden Fall wurde der Feststellungsbescheid 2021 betreffend die ***KG*** mit Datum vom geändert und dem Bf. nunmehr Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv 0,00 € zugewiesen. Zum Zeitpunkt der Entscheidung des Bundesfinanzgerichts war demnach der Feststellungsbescheid vom ausschlaggebend und dem Erkenntnis zu Grunde zu legen. Eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzung gemäß § 295 BAO war daher zwingend vorzunehmen (Ritz, BAO7, § 295, Tz 12) und das Tangentenergebnis der ***KG*** bei der Festsetzung der Einkommensteuer 2021 zu berücksichtigen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Fall war keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu klären, weil sich die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes bereits aus dem klaren Wortlaut des Gesetzes ergibt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 252 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 279 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 295 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise

ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7101941.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at