Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 16.01.2024, RV/7500632/2023

Eine dreirädrige Piaggio Ape (Kleintransporter) ist iSd Parkometerverordnung ein mehrspuriges Fahrzeug

Beachte

VfGH-Beschwerde zur Zahl E 729/2024 anhängig.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***R*** in der Verwaltungsstrafsache gegen ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, wegen der Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 51/2005, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 9/2006 in der Fassung LGBl. für Wien Nr. 24/2012, über die Beschwerde des Beschuldigten vom gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom , Zahl: MA67/236700931498/2023, zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 50 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) in Verbindung mit § 24 Abs. 1 Bundesfinanzgerichtsgesetz (BFGG) und § 5 Gesetz über das Wiener Abgabenorganisationsrecht (WAOR) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

II. Gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG hat die beschwerdeführende Partei einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in Höhe von € 12,00 zu leisten.

III. Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG wird der Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde bestimmt.

IV. Eine Revision durch die beschwerdeführende Partei wegen Verletzung in Rechten nach Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG ist gemäß § 25a Abs. 4 VwGG kraft Gesetzes nicht zulässig.

Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine ordentliche Revision durch die belangte Behörde nach Art. 133 Abs. 6 Z 2 B-VG nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Mit Straferkenntnis vom , Zahl: MA67/236700931498/2023, hat der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 67, als belangte Behörde Herrn ***Bf1*** (in weiterer Folge: Beschwerdeführer) angelastet, er habe die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt, indem er das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** am um 10:53 Uhr in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in 1210 Wien, Anton-Bosch-Gasse 8, abgestellt habe, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein gesorgt zu haben.
Dadurch habe der Beschwerdeführer die Rechtsvorschrift des § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung, ABl. der Stadt Wien Nr. 51/2005, in der geltenden Fassung, in Verbindung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006, LGBl. für Wien Nr. 9/2006, in der geltenden Fassung, verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung werde über den Beschwerdeführer gemäß § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 eine Geldstrafe in der Höhe von € 60,00 sowie im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Stunden verhängt.
Ferner habe der Beschwerdeführer gemäß § 64 Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG einen Betrag von € 10,00 als Mindestbeitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) betrage daher € 70,00.

Das Straferkenntnis wurde folgendermaßen begründet:

"Sie haben das mehrspurige Kraftfahrzeug mit dem behördlichen Kennzeichen ***1*** abgestellt, sodass es am um 10:53 Uhr in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien 21, Anton-Bosch-Gasse 8, gestanden ist, ohne dieses mit einem gültig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder einem elektronischen Parkschein aktiviert zu haben.

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in die Organstrafverfügung, welche von einem Parkraumüberwachungsorgan der Landespolizeidirektion Wien auf Grund eigener dienstlicher Wahrnehmung ausgestellt wurde, sowie in die von diesem angefertigten Fotos.

Bereits vor Einleitung des Verfahrens wendeten Sie ein, dass Sie ein Strafmandat erhalten haben, über welches Sie sich sehr wunderten. Die Piaggio APE 178 ist in der Klasse L4/5 e (mehrspurig, nicht zum Personentransport - wie Motorrad mit Beiwagen), nur hinteren Bereich wie Motorrad eingetragen und unterliegt daher auch nicht dem § 5 Abs. 2 Parkometerabgabeverordnung der Stadt Wien Nr. 51/2005. Außerdem sei beim Versuch der Hinterlegung des Organstrafmandats Ihr Scheibenwischer beschädigt worden. Fotos des Organstrafmandats, der Scheibenwischer sowie des Fahrzeuges legten Sie bei.

Daraufhin wurde Ihnen mitgeteilt, dass eine Überprüfung des Sachverhaltes in diesem Stadium nicht möglich ist, da ein Rechtsmittel erst ab der Strafverfügung zulässig ist. Bezüglich der Beschädigung an Ihrem Fahrzeug wurden Sie an die hierfür zuständige Stelle verwiesen.

In Ihrem Einspruch gegen die in weiterer Folge an Sie ergangene Strafverfügung haben Sie lediglich die bereits getätigten Angaben wiederholt.

Unbestritten blieb sowohl Ihre Lenkereigenschaft, als auch, dass das gegenständliche Fahrzeug zum Tatzeitpunkt an der in Rede stehenden Örtlichkeit abgestellt war.

Zu Ihrem Vorbringen wird Folgendes festgestellt:

Gemäß § 1 Parkometerabgabeverordnung ist für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen eine Abgabe zu entrichten, wobei der Begriff "Kraftfahrzeug" im Sinne der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 1 Z 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267/1967, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 175/2004, zu verstehen ist. Danach ist ein Kraftfahrzeug ein zur Verwendung auf Straßen bestimmtes oder auf Straßen verwendetes Fahrzeug, das durch technisch freigemachte Energie angetrieben wird und nicht an Gleise gebunden ist, auch wenn seine Antriebsenergie Oberleitungen entnommen wird.

Merkmale der Mehrspurigkeit sind die Verbindung zweier Räder mit einer gemeinsamen Achse, die Ausstattung des Fahrzeuges mit drei symmetrisch angeordneten Rädern.

Ein mehrspuriges Kraftfahrzeug ist ein Landfahrzeug mit eigenem Antrieb, welches in der Draufsicht mehrere Spuren seiner Reifen unter anderem nebeneinander hinterlässt. Diese Bauart hat mindestens 2 Achsen und 3 Reifen (vgl. (Entscheidung des BFG zu RV/7501138/2014 vom ).

Bei einspurigen Fahrzeugen entsteht hingegen nur eine einzige Spur, weil deren Räder hintereinander angeordnet sind. Die Mehrspurigkeit ist als immer bei parallel angeordneten Rädern, sofern diese nicht unmittelbar nebeneinander angeordnet sind (Doppelrad), gegeben (vgl. Entscheidung des BFG zu RV/7501413/2016 vom ).

Dreirädrige Kraftfahrzeuge wie beispielsweise Trikes (Piaggio Ape ua.) sind daher mehrspurig und abgabepflichtig.

Aufgrund dieser Judikatur handelt es sich bei dem gegenständlichen Fahrzeug eindeutig um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug.

Ihre Einwendungen waren daher nicht geeignet Sie vom gegenständlichen Tatvorhalt zu entlasten.

Es sind somit im Zuge des Verfahrens keine Tatsachen oder Umstände hervorgekommen, die zu dessen Einstellung führen könnten.

Sie haben sohin den Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach der im Spruch zitierten Bestimmung verwirklicht und war die angelastete Übertretung daher als erwiesen anzusehen.

Ein Rechtfertigungsgrund, also eine Norm, die das tatbestandsmäßige Verhalten ausnahmsweise erlaubt bzw. welche die Strafbarkeit aufheben würde, liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Jede*r Lenker*in eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges, der*die ein solches in einer Kurzparkzone abstellt, muss bei Beginn des Abstellens die Parkometerabgabe entrichten (§ 5 Abs. 2 der Parkometerabgabeverordnung).

Abgabepflichtige, die ein mehrspuriges Fahrzeug in einer Kurzparkzone abstellen, haben dafür zu sorgen, dass es während der Dauer seiner Abstellung mit einem richtig angebrachten und richtig entwerteten Parkschein gekennzeichnet oder ein elektronischer Parkschein aktiviert ist (§§ 3 Abs. 1 und 7 Abs. 1 der Kontrolleinrichtungenverordnung, Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Der Parkschein ist bei mehrspurigen Fahrzeugen mit Windschutzscheibe hinter dieser und durch diese gut erkennbar, bei anderen mehrspurigen Fahrzeugen an einer sonst geeigneten Stelle gut wahrnehmbar anzubringen (§ 5 der Kontrolleinrichtungenverordnung vom , Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 33/2008).

Dieser Verpflichtung sind Sie nicht nachgekommen.

Nach § 4 Abs. 1 des Parkometergesetzes 2006 genügt zur Strafbarkeit des dort umschriebenen Verhaltens Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer Acht lässt, zu der er*sie nach den Umständen verpflichtet, nach seinen*ihren geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt und die ihm*ihr zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er*sie einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht

Auf Grund der Aktenlage war Fahrlässigkeit anzunehmen.

Somit sind sowohl die objektiven, als auch die subjektiven Voraussetzungen für die Strafbarkeit gegeben.

Sie haben daher die Parkometerabgabe nicht entrichtet und somit fahrlässig verkürzt.

Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu EUR 365,00 zu bestrafen (§ 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006).

Die verhängte Geldstrafe soll durch ihre Höhe dazu geeignet sein, Sie wirksam von einer Wiederholung abzuhalten.

Grundlage für die Bemessung der Strafe sind gemäß § 19 VStG die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Jedes fahrlässige Verkürzen der Parkometerabgabe, d.h. jedes Abstellen eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone, ohne dass hierfür die nach der Parkometerabgabeverordnung vorgeschriebene Parkometerabgabe durch einen ordnungsgemäß entwerteten Parkschein entrichtet wird, schädigt in nicht unerheblichem Maße sowohl das öffentliche Interesse an der Entrichtung von Abgaben, als auch an der Erleichterung des innerstädtischen Verkehrs und an der Rationierung des in Wien vorhandenen Parkraumes, dem die Strafdrohung dient.

Der Unrechtsgehalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist im Hinblick auf den Sachverhalt - selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen - nicht gerade gering.

Dass die Einhaltung der Vorschriften eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist auf Grund der Tatumstände nicht anzunehmen und es kann daher Ihr Verschulden nicht als geringfügig angesehen werden.

Bei der Strafbemessung wurden Ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse sowie allfällige Sorgepflichten, soweit diese der Behörde bekannt waren, berücksichtigt. Zudem wurde auf eventuell vorhandene verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen Bedacht genommen.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den bis zu EUR 365,00 reichenden Strafsatz, den Unrechtsgehalt der Tat und das Verschulden ist die verhängte Geldstrafe, selbst bei Annahme von ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen, durchaus angemessen und keineswegs zu hoch, zumal Milderungsgründe nicht hervorgetreten sind.

Die Auferlegung des Beitrages zu den Kosten des Verfahrens stützt sich auf die zwingende Vorschrift des § 64 Abs. 2 des VStG 1991."

In der Beschwerde vom hat der Beschwerdeführer ausgeführt:

"Gemäß § 1 Parkometer Verordnung geht man von Mehrspurig die der APE 178 aus, das ist aber nicht richtig lt. EU-Richtlinie 2007/46/EG
Und ich gehe davon aus das wenn EU, Bund dem zustimmen das nicht das Land Wien dies verwirft und neue Richtlinien im KFG entwirft
Und rechtlich geltend machen will, selbst im RIS ist kein Beschluss, Entwurf oder Novellierung diesbezüglich zu finden.

Kann jeglich nur auf das geltende Bundesgesetz, das beim gegenständlich vorliegendem Fahrzeug Piaggio APE 178, geltend ist hinweisen.
Da die Spurweite des APE 175 über 50mm unter dem Grenzwert, der bei 460 mm liegt, bzw. ist sie laut der derzeit gültigen Gesetzgebung als Zweirädiges Kraftfahrzeug der Klasse LE3 und LE5 einzustufen und somit nicht das Parkometergesetz 2006 für mehrspuriges Fahrzeug anzuwenden.

In der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen wird ein "Doppelrad" (Art. 3 Z. 72) so definiert: "Zwei auf einer Achse montierte Räder, die als ein Rad angesehen werden und bei denen der Abstand zwischen den Mittelpunkten der Aufstandsflächen der Reifen auf der Fahrbahn 460 mm oder weniger beträgt", wobei der juristische Begriff der "Achse" nicht im technischen Sinn als durchgehende mechanische Verbindung der beiden Räder gesehen wird.

•Bis zu 460 mm Spurbreite gelten zwei Räder demnach als ein Rad, das Fahrzeug wird als Fahrzeug der Klasse L3e ("zweirädriges Kraftrad") typisiert. Damit ist (abhängig von der Motorleistung bzw. dem Hubraum) ein Führerschein der Klasse Al, A2 oder A erforderlich
•Bei einer Spurbreite über 460 mm wird die Typisierung als Fahrzeug der Klasse L5e ("dreirädriges Kraftfahrzeug") gewählt

Beim Kauf einer Autobahnvignette gelten dreirädrige Fahrzeuge ab dem Vignettenjahr 2020 als einspurig, davor war die PKW-Vignette erforderlich.
Auch die gesetzliche Definition/ EU-Richtlinie 2007/46/EG der Spurweite ist Im Anhang (Celex 02007L0046) welche ebenso eindeutig die Korrektheit der Sachlage bestätigen, noch dazu das es sich um keine mechanische Verbindung der Hr. Achsen handelt, da bei der Ape 175 der Motor sich zwischen den beiden Rädern/Achskörpern befindet und keine mechanische Verbindung darstellt, sprich auch somit nicht als mehrspuriges KFZ einzustufen ist.

[...]

Auch mir ist sehr wohl der Unterschied im § 5 Abs. 2 Parkometergesetz / abgabeverordnung der Wien Nr. 51/2005 der geltenden Fassung mit § 4 Abs. 1 Parkometergesetz 2006 zum KFG klar, Diese aber den EU - Richtlinien entsprechen bzw. Diese ebenso die APE als zweirädiges KFZ einstufen, und es kann doch zu keinen Unterschied zwischen EU, Bund, Land und MBA in der Anerkennung der Fahrzeugart kommen.

Vor Allem da ich letzten Herbstr bei der Behörde MBA 21 nachgerfagt habe um ein Pickerl ev. Zu bekommen aber mir das verwehrt wurde, bzw. nach Einlesen in den Gesetzestext und Nachfrage bei der MA 46 in 1110 Wien das auch bestätigt wurde.

Somit sehe ich die Ausführung auf Seite 3 der Straferkenntnis als unrichtig an (Entscheidung des BFG zu RV/7501138/2014 vom )
Und nicht anwendbar da auch Motorräder mit Beiwagen nicht dieser Regelung entsprechen und es dazu Präzedenzfälle bereits gibt.

Auch das Anbringen eines Parkschein hinter der Windschutzscheibe innen, wie im unteren Teil auf Seite 3 ist unmöglich da nur ein Lenker und eine Sitzbank, baugleich wie bei einer Vespa aus dem Baujahr, im Innenraum vorhanden ist.

[...]

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Das kontrollierende Parkraumüberwachungsorgan (Meldungsleger) hat das Abstellen des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** am um 10:53 Uhr in der im 21. Wiener Gemeindebezirk befindlichen, gebührenpflichtigen Kurzparkzone, Anton-Bosch-Gasse 8, ohne Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültigen Parkschein beanstandet.

Nicht bestritten werden der Abstellort des verfahrensgegenständlichen Fahrzeuges und der Beanstandungszeitpunkt sowie die Tatsache, dass kein Parkschein vorhanden war.

Der Beschwerdeführer meint aber, das abgestellte Fahrzeug sei nicht mehrspurig, sodass keine Parkometerabgabe zu entrichten gewesen sei. Begründet wird das insbesondere damit, dass das beanstandete Kraftfahrzeug nach unionsrechtlichen Vorgaben als zweirädrig zu qualifizieren sei, da der Abstand zwischen den zwei Rädern an der Hinterachse nicht mehr als 460 Millimeter betrage und es sich somit um ein Doppelrad handle, welches als ein Rad gelte.

Artikel 288 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) normiert:

"Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union nehmen die Organe Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen an.
Die Verordnung hat allgemeine Geltung. Sie ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat."

Die VERORDNUNG (EU) Nr. 168/2013 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom über die Genehmigung und Marktüberwachung von zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeugen regelt die Anforderungen für die Typengenehmigungen.

Artikel 2 dieser Verordnung normiert:

"(1) Diese Verordnung gilt für alle zwei- oder dreirädrigen und vierrädrigen Fahrzeuge gemäß Artikel 4 und Anhang I (im Folgenden "Fahrzeuge der Klasse L"), die dazu bestimmt sind, auf öffentlichen Straßen gefahren zu werden, einschließlich Fahrzeuge, die in einer oder mehreren Stufen ausgelegt und gebaut werden, und für Systeme, Bauteile und selbstständige technische Einheiten sowie für Teile und Ausrüstungen, die für solche Fahrzeuge ausgelegt und gebaut werden."

Artikel 3 der Verordnung (Begriffsbestimmungen) normiert:

"69. "dreirädriges Kraftfahrzeug" ein dreirädriges Fahrzeug mit Antriebssystem, das die Kriterien für die Einstufung als Fahrzeug der Klasse L5e erfüllt"

"72. "Doppelrad" zwei auf einer Achse montierte Räder, die als ein Rad angesehen werden und bei denen der Abstand zwischen den Mittelpunkten der Aufstandsflächen der Reifen auf der Fahrbahn 460 mm oder weniger beträgt."

Artikel 4 der VERORDNUNG (EU) Nr. 168/2013 normiert:

"(1) Fahrzeuge der Klasse L umfassen zweirädrige, dreirädrige und vierrädrige Kraftfahrzeuge gemäß diesem Artikel und Anhang I, wozu Fahrräder mit Antriebssystem, zweirädrige und dreirädrige Kleinkrafträder, zweirädrige und dreirädrige Krafträder, Krafträder mit Beiwagen, leichte und schwere Straßen-Quads sowie leichte und schwere Vierradmobile gehören.

(2) Im Sinne dieser Verordnung gelten die nachstehenden Fahrzeugklassen und -unterklassen, die in Anhang I beschrieben sind:

c) Fahrzeug der Klasse L3e (zweirädriges Kraftrad)
e) Fahrzeug der Klasse L5e (dreirädriges Kraftfahrzeug)"

Nach dem im Verfahrensakt befindlichen Ausdruck aus dem KfZ-Zentralregister (AS 85f) ist das gegenständliche Fahrzeug Piaggio Ape mit dem amtlichen Kennzeichen ***1*** als dreirädriges Kraftfahrzeug der Klasse L5e zugelassen. Anhand der Fotos ist ersichtlich, dass es sich um einen Pick-Up (mit Ladefläche) handelt.

Somit geht die Argumentation des Beschwerdeführers hinsichtlich der Zweirädrigkeit ins Leere, da kein Fahrzeug der Klasse L3e (zweirädriges Kraftrad) - wie vom Beschwerdeführer behauptet - vorliegt, sondern ein dreirädriges Fahrzeug der Klasse L5e. Nach den Fotos des Parkraumüberwachungsorgans und des Beschwerdeführers sowie den online verfügbaren technischen Daten beträgt der Abstand zwischen den Hinterrädern eindeutig mehr als 460 mm, sodass von einem "Doppelrad", welches als ein Rad angesehen wird (siehe Art 3 Z 72 der Verordnung Nr. 168/2013), keine Rede sein kann - zumal sich auch der Motor zwischen den Hinterrädern befindet, wie der Beschwerdeführer anmerkt.

Dies sollte auch für den Beschwerdeführer als KFZ-Meister, KFZ-Sachverständigen, ***X*** und § 57a-Beauftragten klar erkennbar sein.

Da ein dreirädriges Kraftfahrzeug in der Draufsicht mehrere Spuren seiner Reifen nebeneinander hinterlässt und im Stillstand nicht durch menschliche oder mechanische Kraft abgestützt werden muss, ist das verfahrensgegenständliche Fahrzeug Piaggio Ape als mehrspurig zu qualifizieren.

§ 1 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"Für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen (§ 25 StVO 1960) ist eine Abgabe zu entrichten."

§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung normiert:

"(1) Die Abgabe gilt mit der ordnungsgemäßen Entwertung des Parkscheins (der Parkscheine) oder mit der Bestätigung der Abstellanmeldung als entrichtet.

(2) Zur Entrichtung der Abgabe sind der Lenker, der Besitzer und der Zulassungsbesitzer zur ungeteilten Hand verpflichtet. Jeder Lenker, der ein mehrspuriges Kraftfahrzeug in einem Gebiet abstellt, für das eine Abgabepflicht besteht, hat die Parkometerabgabe bei Beginn des Abstellens des Fahrzeuges zu entrichten. Die Lenker haben bei der Durchführung der angeordneten Kontrollmaßnahmen mitzuwirken."

Wie oben festgestellt, gilt das Fahrzeug Piaggio Ape weder nach unionsrechtlichen Vorgaben für Typengenehmigungen als zweirädrig noch wurde es als zweirädriges Fahrzeug zugelassen. Davon abgesehen ist für die Anwendung des Wiener Parkometergesetzes 2006 die Typisierung, die Zulassung, die erforderliche Autobahnvignette, die Klasse des Führerscheins oder die § 57a-Überprüfung des Kraftfahrzeugs irrelevant. Ausschlaggebend ist ausschließlich, dass das Kraftfahrzeug mehrspurig ist.

Der Beschwerdeführer hat sein mehrspuriges Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne zu Beginn und für die gesamte Dauer des Abstellens einen gültigen Parkschein auszufüllen bzw. zu aktivieren, und somit den objektiven Tatbestand der fahrlässigen Abgabenverkürzung verwirklicht.

§ 5 VStG normiert:

"(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Der Beschwerdeführer brachte keine Gründe vor, die sein mangelndes Verschulden dartun könnten, und es waren auch aus der Aktenlage keine Umstände ersichtlich, dass ihn an der Begehung der Verwaltungsübertretung kein Verschulden träfe, weshalb von zumindest fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

Somit sind auch die subjektiven Voraussetzungen der Strafbarkeit als erwiesen anzusehen.

§ 4 Wiener Parkometergesetz 2006 normiert:

"(1) Handlungen oder Unterlassungen, durch die die Abgabe hinterzogen oder fahrlässig verkürzt wird, sind als Verwaltungsübertretungen mit Geldstrafen bis zu 365 Euro zu bestrafen."

§ 19 VStG normiert:

"(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Die der Bestrafung zu Grunde liegende Verwaltungsübertretung schädigte in nicht unerheblichem Maße das als sehr bedeutend einzustufende öffentliche Interesse an der Bewirtschaftung des ohnehin knappen innerstädtischen Parkraumes sowie an der ordnungsgemäßen und fristgerechten Entrichtung der Parkometerabgabe. Der objektive Unrechtsgehalt der fahrlässigen Abgabenverkürzung kann daher, selbst bei Fehlen sonstiger nachteiliger Folgen, keineswegs als gering angesehen werden (vgl. , mwN, sowie , mwN).

Das Ausmaß des Verschuldens war im beschwerdegegenständlichen Fall in Anbetracht der Außerachtlassung der objektiv gebotenen und dem Beschwerdeführer zumutbaren Sorgfalt nicht als geringfügig zu werten, da weder hervorgekommen noch auf Grund der Tatumstände anzunehmen ist, dass die Einhaltung der verletzten Rechtsvorschriften durch den Beschwerdeführer eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Straftatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können.

Wegen der vier rechtskräftigen verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen, zwei davon nach dem Wiener Parkometergesetz, kommt dem Beschwerdeführer der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute. Andere Milderungsgründe sind ebenfalls nicht hervorgekommen.

Für eine ungünstige Einkommens- und Vermögenssituation des Beschwerdeführers besteht nach der Aktenlage kein Anhaltspunkt, sodass von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen auszugehen ist. Sorgepflichten sind ebenfalls nicht bekannt geworden und können daher nicht berücksichtigt werden.

Unter Bedachtnahme auf die angeführten Strafbemessungsgründe sowie aus general- und spezialpräventiven Erwägungen ist die verhängte Geldstrafe in Höhe von € 60,00 angesichts des bis zu € 365,00 reichenden Strafrahmens als angemessen und nicht überhöht zu betrachten.

§ 44 VwGVG normiert:

"(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn
3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde […] und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat."

Es konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, da eine solche nicht beantragt und im angefochtenen Straferkenntnis eine € 500 nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde.

Kostenentscheidung

Da der Kostenbeitrag des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 VStG mit 10% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit € 10,00, zu bemessen ist, wurde er mit € 10,00 korrekt festgesetzt.

Gemäß § 52 Abs. 1 VwGVG ist in jedem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes, mit dem ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG ist dieser Betrag für das Beschwerdeverfahren mit 20% der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit zehn Euro zu bemessen.

Die beschwerdeführende Partei hat daher gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG weitere € 12,00 als Kostenbeitrag zum verwaltungsgerichtlichen Verfahren zu leisten.

Gemäß § 52 Abs. 6 VwGVG sind die §§ 14 und 54b Abs. 1 und 1a VStG sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 54b Abs. 1 VStG idF BGBl l 2013/33 sind rechtskräftig verhängte Geldstrafen oder sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen binnen zwei Wochen nach Eintritt der Rechtskraft zu bezahlen. Erfolgt binnen dieser Frist keine Zahlung, kann sie unter Setzung einer angemessenen Frist von höchstens zwei Wochen eingemahnt werden. Nach Ablauf dieser Frist ist die Unrechtsfolge zu vollstrecken. Ist mit Grund anzunehmen, dass der Bestrafte zur Zahlung nicht bereit ist oder die Unrechtsfolge uneinbringlich ist, hat keine Mahnung zu erfolgen und ist sofort zu vollstrecken oder nach Abs. 2 vorzugehen.

Gemäß § 25 Abs. 2 BFGG hat das Bundesfinanzgericht, soweit dies nicht in der BAO, im ZollR-DG oder im FinStrG geregelt ist, in seiner Entscheidung zu bestimmen, welche Abgabenbehörde oder Finanzstrafbehörde die Entscheidung zu vollstrecken hat.

Hier erweist sich das Magistrat der Stadt Wien als Vollstreckungsbehörde zweckmäßig, da dem Magistrat der Stadt Wien bereits gemäß § 1 Abs. 1 Z 3 VVG die Vollstreckung der von den (anderen) Verwaltungsgerichten erlassenen Erkenntnisse und Beschlüsse obliegt (vgl. für viele ausführlich sowie Wanke/Unger, BFGG § 25 BFGG Anm. 6).

Zur Unzulässigkeit der Revision

Art. 133 B-VG normiert:

"(4) Gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.

(6) Gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann wegen Rechtswidrigkeit Revision erheben:
1. wer durch das Erkenntnis in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet;
2. die belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht; […]

(9) Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Artikels sinngemäß anzuwenden. Inwieweit gegen Beschlüsse der Verwaltungsgerichte Revision erhoben werden kann, bestimmt das die Organisation und das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes regelnde besondere Bundesgesetz."

§ 25a VwGG normiert:

"(4) Wenn in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache
1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und
2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde,
ist eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig."

Weil nach § 4 Abs. 1 des Wiener Parkometergesetzes 2006 lediglich eine Geldstrafe von bis zu € 365 und keine primäre Freiheitsstrafe verhängt werden darf, ist eine Revision durch den Beschwerdeführer unzulässig (vgl. VwGH, , Ra 2022/16/0080, mwN).

Die Revision für die belangte Behörde ist unzulässig, da das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis in freier Beweiswürdigung zu entscheiden hatte, ob es sich beim abgestellten Fahrzeug um ein mehrspuriges Kraftfahrzeug handelte.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Verwaltungsstrafsachen Wien
betroffene Normen
§ 4 Abs. 1 Wiener Parkometergesetz 2006, LGBl. Nr. 09/2006
§ 5 Abs. 2 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
§ 5 Wiener Parkometerabgabeverordnung, ABl. Nr. 51/2005
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7500632.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at