Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 01.01.2024, RV/7102773/2023

COVID-19-bedingte Studienverlängerung bei einem Bachelorstudium

Beachte

Revision eingebracht (Amtsrevision). Revision beim VwGH anhängig zur Zahl Ro 2024/16/0007.


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Rechtssätze
Stammrechtssätze
RV/7102773/2023-RS1
Die Familienbeihilfe wird für die gesetzliche Mindeststudiendauer gewährt. Bei einem Studium mit Abschnittsgliederung wird pro Abschnitt ein Toleranzsemester eingeräumt. Wird ein Studienabschnitt innerhalb der Mindeststudiendauer absolviert, kann das nicht verbrauchte Toleranzsemester im weiteren Studienverlauf genutzt werden. Bei einem Studium ohne Abschnittsgliederung beträgt die Toleranzgrenze ein Studienjahr.
RV/7102773/2023-RS2
§ 2 Abs. 1 lit. b Satz 2 FLAG 1967 ist so zu verstehen, dass ein (einziges) „Toleranzsemester“ nur bei einem in Studienabschnitte gegliedertem Studium zusteht und zwar für jeden Studienabschnitt ein eigenes, während bei Studien, die nicht in Studienabschnitte gegliedert sind, wie Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien nach dem UG, ebenso wie bei anderen Ausbildungen ein „Toleranzausbildungsjahr“ (entspricht zwei „Toleranzsemestern“) zusteht.
RV/7102773/2023-RS3
Das Gesetz stellt in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 3 auf die Gliederung eines Studiums nach Studienabschnitten und nicht auf die Gliederung eines Studiums nach Semestern ab.
RV/7102773/2023-RS4
Ist das 24. Lebensjahr bereits vollendet, besteht nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe, auch wenn die für ein Studium vorgesehene Studiendauer noch nicht ausgeschöpft worden ist.
RV/7102773/2023-RS5
Die Wortfolge „um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr“ in § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 ist in Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 3 zu lesen. Bei in Studienabschnitten gegliederten Studien kommt es auf das Semester je Studienabschnitt an, bei nicht nach Studienjahren gegliederten Ausbildungen auf das Ausbildungsjahr.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Elisabeth Wanke über die Beschwerde des ***1*** ***2***, ***3*** ***4***, ***5***, vom gegen den Bescheid des Finanzamts Österreich vom , Ordnungsbegriff ***6***, womit der Antrag vom auf Familienbeihilfe für die im März 1999 geborene ***7*** ***8*** für den Zeitraum März 2023 bis September 2023 abgewiesen wurde, strittig vor dem Bundesfinanzgericht infolge des Vorlageantrags vom nur mehr der Zeitraum April 2023 bis September 2023, zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der Bescheid wird, soweit er noch infolge der Beschwerdevorentscheidung vom dem Rechtsbestand angehört, ersatzlos aufgehoben.

II. Gegen diese Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG eine Revision zulässig.

Entscheidungsgründe

Antrag

Der Beschwerdeführer (Bf) ***1*** ***2*** beantragte am mit dem Formular Beih 100.PDF Familienbeihilfe für die im März 1999 geborene ***7*** ***8*** wegen "Verlängerung". Diese sei seine Enkeltochter und wohne in seinem Haushalt. Zwei Aufenthaltsbestätigungen eines Landesklinikums waren dem Antrag beigefügt:

Laut der ersten Aufenthaltsbestätigung vom befand sich die Enkeltochter von bis in stationärer Krankenhausbehandlung. Laut der zweiten Aufenthaltsbestätigung vom befand sich die Enkeltochter im Zeitraum von bis in Behandlung an der Tagesklinik der Sozialpsychiatrischen Abteilung des Landesklinikums, wobei eine Anwesenheit von Montag bis Freitag von 08:00 - 16:00 Uhr erforderlich gewesen sei.

Überprüfungsschreiben

Der Bf retournierte ein Überprüfungsschreiben des Finanzamts vom , in dem um Vorlage einer Fortsetzungsbestätigung ab Sommersemester 2020, um einen Studienerfolgsnachweis, um einen Nachweis über die Studienverzögerung und um einen Nachweis des Studienabschlusses ersucht wurde, am .

Vorgelegt wurden:

Bestätigung des Studienerfolgs

Die Technische Universität Wien bestätigte am den Studienerfolg der Enkeltochter im Bachelorstudium Architektur:

Studienzeitbestätigung

Am erstellte die Technische Universität Wien eine Studienzeitbestätigung für die Enkeltochter:

Fortsetzungsbestätigung

Die Technische Universität Wien bestätigte am , dass die Enkeltochter im Bachelorstudium Architektur im Sommersemester 2023 als ordentliche Studierende fortgemeldet sei.

Ärztlicher Entlassungsbrief vom

Das Landesklinikum ***16*** diagnostizierte laut ärztlichem Entlassungsbrief vom Rezidiv, depressive Episode, ggw. schwer ohne psychotische Symptome (F 33.2), Neutropenie (1,38 G/l) unter 5mg Olanzapin. Folgende weitere Medikation wurde empfohlen:

Folgende weitere Maßnahmen wurden empfohlen:

Über den tagesklinischen Aufenthalt (ambulant von bis ) wurde berichtet:

Frau ***8*** wurde am aus oben genannten Grund nach einem stationären Aufenthalt in die tagesklinische Behandlung übernommen. Erstmals vorstellig wurde sie bei uns wegen Zunahme von depressiven Symptomen.

Zunächst erfolgte ein Wechsel auf Bupropion (Wellbutrin), worunter es allerdings auch nach mehreren Wochen zu keiner ausreichenden Besserung kam.

Bei unzureichender Wirkung wurde von Bupropion auf Milnacipran (Ixel) gewechselt

Diesbezüglich ist festzuhalten, dass aufgrund der Symptomausprägung bei einer schweren depressiven Episode unter anderem aufgrund der herabgesetzten Konzentrationsfähigkeit ein Studium nicht zielführend möglich ist bzw. während des Aufenthalts bei uns nicht zielführend möglich gewesen wäre.

Aufgrund der länger anhaltenden depressiven Symptomatik und der kurzfristig erforderlichen Medikamenten-Anpassung aufgrund der Neutropenie wurde der Aufenthalt von Frau ***8*** bis inklusive verlängert Zu diesem Zeitpunkt konnte sie nach ärztlichem Abschlussgespräch in gebessertem Zustand und ohne Anhaltspunkte für eine ernste und erhebliche Eigen- oder Fremdgefährdung nach Hause entlassen werden.

Studiendaten

Das Finanzamt ermittelte folgende Studiendaten:

Bescheid

Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag vom auf Familienbeihilfe für die im März 1999 geborene ***7*** ***8*** für den Zeitraum März 2023 bis September 2023 mit folgender Begründung ab:

Unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse wie zum Beispiel Krankheit oder ein Auslandsstudium verlängern die vorgesehene Studienzeit. Eine Verlängerung der Familienbeihilfe um ein Semester ist nur möglich, wenn während eines Semesters die Studienbehinderung drei Monate lang ununterbrochen angedauert hat.

Dies trifft nicht zu (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Familienbeihilfe steht für volljährige Studierende unter folgenden Voraussetzungen zu:

• Das Kind hat das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet

• Das Kind besucht eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung

• Das Kind ist ordentliche Studierende oder ordentlicher Studierender

• Das Kind befindet sich innerhalb der vorgesehenen Studienzeit

Diese Voraussetzungen treffen bei Ihrem Kind nicht zu (§ 2 Abs. 1 lit. b Familienlastenausgleichsgesetz 1967).

Beschwerde

Mit Schreiben vom erhob der Bf Beschwerde gegen den Abweisungsbescheid wie folgt:

Sehr geehrte Damen und Herren!

Hiermit nehme ich Bezug auf den Abweisungsbescheid bezüglich der Familienbeihilfe für ***7*** ***8*** vom (Ordnungsbegriff ***6***). Die Ablehnung der Familienbeihilfe wurde von Ihnen damit begründet, dass die Studienbehinderung weniger als drei Monate lang ununterbrochen angedauert hat. Ich möchte mit diesem Schreiben auf die Dauer der Erkrankung meiner Enkeltochter Bezug nehmen:

Dass die Erkrankung bereits im Sommer 2022 ausbrach, ist auch den fachärztlichen Bestätigungen zu entnehmen.

- So ist dem Aufnahmebericht vom zu entnehmen: "Frau ***8*** gibt im Gespräch an seit dem Sommer zunehmend unter Freud-, Interessens- und Motivationslosigkeit, wie auch gedrückter Stimmung, wie auch Gedankenkreisen und Appetitlosigkeit an".

- Auch dem Arztbrief von Dr. ***21*** vom ist zu entnehmen, dass die Erkrankung bereits seit einem Jahr besteht: "Bei Frau ***8*** zeigt sich schon seit Beginn der Pubertät (im Rahmen einer somatischen Erkrankung der Mutter und deren Tod) eine depressive Strukturierung, in den letzten 12 Monaten hat sich das aggraviert.".

- Ebenfalls ist auf Seite 8 des Entlassungsbriefs vom ausgeführt: "Besonders massiv sind die Symptome im Sommer 2022 geworden."

- Aufgrund der Krankenhausaufenthalte in ***16*** (Befunde liegen Ihnen bereits vor) und des Rehabilitationsaufenthaltes in ***17*** war es meiner Enkeltochter nicht möglich, dem Studium weiter nachzugehen. Bis dato besteht die Einschränkung durch ihre Erkrankung nach wie vor, weswegen sie den Anforderungen des Studiums nicht gerecht werden kann. Dies bestätigt auch die Fachärztin Dr. ***9***-***10*** in ihrem Befundbericht vom auf Seite 1-2: "Aufgrund der oben beschriebenen Diagnosen und Symptomen ist derzeit ein Studienerfolg wie erfordert nicht möglich. "Die Symptome somit der Krankheitsverlauf bestehe seit Sommer 2022".

- Ebenso liegt ein ärztliches Zeugnis vom Hausarzt Dr. ***11*** vom vor, welches eine Unterbrechung des Studiums, aufgrund ihres gesundheitlichen Zustandes, vorsieht. Dies bestärkt die Psychotherapeutin Fr. ***12*** in ihrem Schreiben vom

- Bereits im Sommersemester 2022 war die Konzentration, der Antrieb und die Motivation meiner Enkeltochter stark durch ihre Erkrankung eingeschränkt. Was sich bereits negativ auf ihre Leistung im Studium auswirkte. Erst im Oktober 2022 konnte meine Enkeltochter von sich aus professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen, als sich ihr Zustand zunehmen verschlechterte. Danach kam es zu den oben beschriebenen stationären Aufenthalten.

Aus meiner Sicht und auch aus der Expertise der Professionist*innen liegt somit ihre Studienbehinderung länger als drei Monate durchgehend vor.

Ich bitte Sie darum, meinen Antrag nochmals zu prüfen und mir die Entscheidung mitzuteilen. Für Fragen und weitere Informationen stehe ich selbstverständlich zur Verfügung.

Beigefügt waren:

Ärztliches Zeugnis vom

Dr. ***13*** und Dr. ***14*** ***11*** bestätigten am betreffend ***7*** ***8***:

Aufgrund des aktuellen Gesundheitszustandes o.g. Patientin ist eine Unterbrechung des Studiums zu befürworten.

Bestätigung vom

***15*** ***12***, Personzentrierte Psychotherapeutin, bestätigte am :

... auf Ansuchen von ***7*** ***8*** bestätige ich deren Psychotherapiebesuch.

Die derzeit mittelgradige depressive Störung macht einen regelmäßigen Besuch der Universität nicht möglich.

Ich befürworte und empfehle daher auch den Aufenthalt in einer Klinik zur psychiatrischen Rehabilitation (zb ***17***), um den derzeitigen Erschöpfungszuständen und der Depression besser begegnen zu können. Durch die Stärkung von Selbstwert, Funktionsfähigkeit und Selbstzufriedenheit innerhalb einer fixen Tagesstruktur kann Frau ***8*** wieder zu einer besseren Lebensqualität gelangen, die in der Folge auch eine Weiterführung des Studiums ermöglicht.

Aufnahmebericht vom

Aus dem Aufnahmebericht vom des Landesklinikums ***16***:

Diagnose: Rezidivierende depressive Episode, ggw. schwer ohne psychotische Symptome (F 33.2)

Aufnahmesituation: Die Pat. kommt freiwillig und gehend zur ambulanten Begutachtung, aus der sich eine stationäre Aufnahme ergab, nachdem sie gestern durch einen Bekannten telefonisch vorangekündigt wurde.

Anamnese: Frau ***8*** gibt im Gespräch an, seit dem Sommer zunehmend unter Freud-, Interessens- und Motivationslosigkeit, wie auch gedrückter Stimmung, Gedankenkreisen und Appetitlosigkeit an. Nun habe sich die Symptomatik weiter verstärkt, sodass sie es nicht mehr auf die Uni schaffen wurde und kaum unter Leute gehen könne. Es käme aufgrund von Konflikten mit den Großeltern auch zu Impulsdurchbrüchen, wo sie dann gegen die Wand- oder Tür schlagen würde.

Vor 1 Monat habe sie erneut mit PT begonnen (zuletzt 2018 für 1-2 Monate). Medikation habe sie aktuell keine.

Aufnahmebericht ***8*** ***7***

Sie studiere seit 2018 Architektur/etwas später kam dann die Studienrichtung Maschinenbau dazu. Die Pat. berichtet seit dem Tod der Mutter, als sie 9 Jahre alt war, gemeinsam mit ihrer, um 7 Jahre jüngeren Schwester, bei den Großeltern zu leben.

[...]

...

Psychiatrischer-Status bei Aufnahme:

Pat. wach und bewusstseinsklar. Voll orientiert. Gedächtnis, Auffassung unauffällig, Konzentration und Antrieb stark reduziert. Formales Denken geordnet, im Tempo unauffällig. Keine Sinnestäuschungen. Keine inhaltlichen Denkstörungen. Keine Ich- Störungen. Ängste und Unsicherheiten, Schuld- und Schamgefühle, Gedankenkreisen, Keine Zwänge. Stimmung gedrückt. Nur im negativen Skalenbereich affizierbar. Antrieb, Interesse und Freudempfinden reduziert. Psychomotorisch unauffällig. Unkonkrete Suizidgedanken, i.S.v. Lebensüberdruß-Gedanken, in der Aufnahmesituation von Suizidalität distanziert. Krankheitseinsicht und Behandlungsbereitschaft gegeben. Keine akuten Gefährdungsmomente im Sinne des UbG.

Die Patientin ist mit der unsererseits vorgeschlagenen Aufnahme an der Sozialpsychiatrischen Abteilung einverstanden und wurde über die notwendigen Behandlungsschritte informiert.

Entlassungsbericht vom

Aus dem Entlassungsbericht vom der Privatklinik ***17*** über einen Aufenthalt von ***7*** ***8*** vom bis :

Diagnose

F33.1 Rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig mittelgradige Episode

F60.3 Emotional instabile Persönlichkeitsstörung; -suspiziert, SW

Traumafolgestörung

Erschöpfungssyndrom

substituierte Hypothyreose

CVS, Dorsolumbalsyndrom

...

2.1.1 Fachärztlicher Befundbericht

Anamnestisch ist bei Frau ***7*** ***8*** eine protrahiert vorbestehende ängstebehaftet-depressive Stimmungslage mit Auftreten von Affektlabilität, Selbstverletzung bzw. Erschöpfung erheben, dies vor dem Hintergrund mehrfacher, u.a. traumatisierender psychosozialer Belastungsfaktoren sowie Beeinträchtigungen der beruflichen- und Alltagsfunktionalität.

Verlauf der Symptomatik und hierortigen rehaklinischen Behandlung:

Frau ***7*** ***8*** konnte im gruppendynamisch-stationären Gesamtkontext die ihren spezifischen Überlastungsproblematiken zugrundeliegenden Ursachen und Verlaufsdynamiken in differenzierter Weise reflektieren und sich mit auf praktischer Ebene für sie in Frage kommenden Lösungs-bzw. Bewältigungsstrategien rehabilitativ auseinandersetzen.

Im klinischen Verlauf konnte unter Berücksichtigung der Belastbarkeitskonstellation der Patientin auf Grundlage fachtherapeutischer Ressourcenarbeit partielle Affekt- u. Stimmungsstabilisierung, marginale Hebung des Belastbarkeits- u. Stresstoleranzniveaus, ansatzweise Besserung von Selbstwert, Antrieb und vorbestandenen Dyssomnien sowie teilweise Klärung von Zukunftsperspektiven erreicht werden, wobei das rehaklinische Setting individualisiert um kognitives Einzeltraining erweitert worden ist.

In psychopharmakologischer Hinsicht hat sich die Beibehaltung der Milnacipram-Medikation bewährt, ergänzend auch Seroquel Bedarf bei episodischem SVV-Drang. Bei Selbstverletzungsanamnese bestand während des gegenständlichen stationären Aufenthaltes keine konkrete Selbstgefährdungskonstellation.

Das psychopathologische Zustandsbild ist aktuell noch vulnerabel und die Alltagsbelastbarkeit weiterhin herabgesetzt. In der Vergangenheit zeigten übermäßige Stressbelastungen einen destabilisierenden Effekt auf den Krankheitsverlauf, es bedarf einer weiterführenden fachärztlichen- und Psychotherapie, um eine Änderung partiell fortbestehender dysfunktionaler Verhaltensmuster zu erarbeiten, sowie Copingstrategien im Umgang mit Stress und Anforderungen zu finden.

Die Entlassung erfolgt in affektiv weitgehend stabiler Verfassung ohne manifeste Selbst-oder Fremdgefährdungsdisposition, eine adäquate fachliche Weiterversorgung ist postrehabilitativ gewährleistet, wobei eine engmaschige Verlaufsevaluierung des Fortbestehens von inkonkreten Suizidgedanken erfolgen sollte.

...

2.4 Sozialarbeiterischer Bericht

Frau ***8*** wendet sich bezüglich finanziellen Themen an die Sozialberatung. Betreffend den Studienerfolgsnachweis werden die nächsten Schritte eruiert und besprochen. Das Procedere rund um die erhöhte Familienbeihilfe wird geklärt und ein Antrag auf Feststellung des Behindertengrades wird ausgehändigt.

Weiteres hat Frau ***8*** von ihrem Vater noch keine Unterhaltszahlungen für März 2023 erhalten. Ein Telefonat mit der Diplomrechtspflegerin ergibt, dass Frau ***8*** die Inskriptionsbestätigung und eine Information, dass aufgrund von Erkrankung momentan kein aktives Studium möglich ist, an ihren Vater schicken soll. Als weiterer Schritt wäre ein Exekutionsverfahren möglich.

...

Zugang zur Rehabilitation:

Frau ***7*** ***8*** wurde in einem weitgehend angespannten, depressiven und vermindert belastbaren Zustand zur ersten stationären psychiatrischen Rehabilitation autgenommen. Der Antrag wurde von Dr. ***14*** ***11*** am gestellt. Die Zuweisung erfolgte auf Basis folgender Diagnosen: Rezidivierende Depression

Der Antragstellung sind ambulante psychiatrische Behandlungen vorausgegangen.

[...]

Voraufenthalte:

Landesklinik ***16***, sozialpsychiatrische Ambulanz, stationär vom bis , teilstationäre Anschlussbehandlung bis

...

Bisheriger Krankheitsverlauf:

[...]

Besonders massiv sind die Symptome im Sommer 2022 geworden. Im November 2022 hielt sie sich stationär im Landesklinikum ***16***, Psychiatrie, auf und danach erfolgt eine teilstationäre Behandlung in der Tagesklinik bis Ende Jänner 2023. Die Patientin wurde aufgrund Nebenwirkungen mehrmals medikamentös umgestellt. Jetzt aktuell bekommt die Patientin Ixel und als Augmentationstherapie nimmt sie bei Bedarf Quetiapin. Aktuell schildert die Patientin Selbstzweifel und Antriebslosigkeit. Sie habe existenzielle Sorgen, da sie im vorherigen Semester aufgrund der depressiven Störung am Studienfortschritt gehindert gewesen sei. Die Patientin hatte nie eine ständig andauernde Psychotherapie und medikamentös wurde sie vor einem Monat eingestellt.

...

Jetzige Beschwerden und Beeinträchtigungen in Beruf und Alltag:

Erschöpfungssymptomatiken, Insuffizienzängste, Minderung von Konzentrationsvermögen, Allgemeinbelastbarkeit u. Stresstoleranz

...

Bestätigung vom

Die Privatklinik ***17*** bestätigte am , dass sich ***7*** ***8*** seit in stationärer Behandlung befinde und derzeit nicht im Stande sei, ihr Studium weiterzuführen.

Stellungnahme vom

Die Privatklinik ***17*** gab am folgende "Stellungnahme Studienverlängerung Frau ***8*** ***7***" ab:

Frau ***8*** ***7***, geb. am ***18***, befindet sich derzeit in stationärer psychiatrischer Rehabilitation in der Privatklinik ***17***.

Bei Frau ***8*** zeigt sich schon seit Beginn der Pubertät (im Rahmen einer somatischen Erkrankung der Mutter und deren Tod) eine depressive Strukturierung, in den letzten 12 Monaten hat dies sich aggraviert.

Derzeit leidet die Patientin unter einer mittelgradig schweren Depression und sie erlebt den hierortigen therapeutischen Aufenthalt auch als anstrengend und überfordernd.

Wir ersuchen daher um eine positive Bewertung der Möglichkeit einer Studienverlängerung - die Patientin möchte dies fortsetzen und sieht darin eine Ressource.

Befundbericht vom

Dr. ***19*** ***9***-***10***, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin, erstattete am einen Befundbericht über ***7*** ***8***:

...

Diagnose:

Rezidivierende depressive Störung als mittelgradige Episode, F33.1

Va Emotional instabile Persönlichkeit, F60.30

Traumafolgestörung

substituierte Hypothyreose

...

Psych- Status Pat mit gepflegtem äußeren Erscheinungsbild, wach, klar, zur Person orientiert, zeitlich, örtlich und situativ orientiert, Auffassung erhalten, Aufmerksamkeit und Konz erhalten, Gedächtnis unauffällig, im Ductus formal kohärent, Tempo gering verlangsamt, inhaltlich fühle sie sich überfordert, alles sei zuviel, kein Wahn, keine produktive Symptomatik, keine ICH-Störung, finanzielle Ängste, Insuffizienzgefühle, Stimmung gedrückt, Affekt adäquat, Affizierbarkeit vorwiegend im neg Skalenbereich gegeben, im Antrieb reduziert, innere Unruhe, Alpträume, neg Suchtanamnese, Impulskontrolle gegeben, Lebensüberdruss, klar und glaubhaft distanziert von akuter Suizidalität, Pat wirkt pakt- und absprachefähig, Kritik- und Urteilsfähigkeit gegeben.

...

Therapieempfehlung Aufgrund der oben beschriebenen Diagnosen und Symptomen ist derzeit ein Studienerfolg wie erfordert, nicht möglich.

Die Symptome somit der Krankheitsverlauf bestehe seit Sommer 2022...

...

Beschwerdevorentscheidung

Mit Beschwerdevorentscheidung vom gab das Finanzamt der Beschwerde teilweise Folge und führte zur Begründung aus:

Begründung

Familienbeihilfe steht für volljährige Studierende unter folgenden Voraussetzungen zu:

• Das Kind hat das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet

• Das Kind besucht eine im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung

• Das Kind ist ordentliche Studierende oder ordentlicher Studierender

• Das Kind befindet sich innerhalb der vorgesehenen Studienzeit

Unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignisse wie zum Beispiel Krankheit oder ein Auslandsstudium verlängern die vorgesehene Studienzeit. Eine Verlängerung der Familienbeihilfe um ein Semester ist nur möglich, wenn während eines Semesters die Studienbehinderung drei Monate lang ununterbrochen angedauert hat.

Laut vorgelegten Unterlagen hat die Studienbehinderung von ***7*** mehr als drei Monate lang ununterbrochen angedauert, weshalb ein Verlängerungssemester gewährt werden kann.

***7*** vollendete im März 2023 das 24. Lebensjahr, daher besteht ab April 2023 aufgrund Überschreitung der Altersgrenze kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Ihrer Beschwerde wird teilweise Stattgegeben, die Familienbeihilfe wird für März 2023 gewährt.

Laut gleichzeitiger Mitteilung über den Bezug von Familienbeihilfe wurde für ***7*** ***8*** von Jänner 2014 bis März 2023 dem Bf Familienbeihilfe gewährt, der Anspruch für ***7*** ***8*** ende mit März 2023.

Vorlageantrag

Mit Schreiben vom , Postaufgabe , stellte der Bf Vorlageantrag und führte dazu aus:

1. Bisheriger Verfahrensgang

Mit Bescheid vom sprach das Finanzamt aus, dass für meine Enkelin, Frau ***7*** ***8***, ab März 2023 keine Familienbeihilfe mehr zustehe. Dagegen erhob ich am Beschwerde. Nunmehr gab das Finanzamt der Beschwerde mit Bescheid vom teilweise statt. Gegen diese Entscheidung richtet sich das gegenständliche Rechtsmittel.

2. Inhaltliche Begründung

Das Finanzamt führt aus, dass meine Enkelin im März 2023 24 Jahre alt geworden sei, und damit die Altersgrenze überschritte habe.

Meine Enkelin studiert seit Wintersemester 2018 durchgehend im Bachelorstudium Architektur.

Trotz ihrer schweren Erkrankung studiert meine Enkelin durchgehend ernsthaft und zielstrebig.

Meine Enkelin war während der gesamten COVID-19 Pandemie in Berufsausbildung. Diesbezüglich normiert § 2 Abs 9 lit b Familienlastenausgleichsgesetz (FLAG), dass die Altersgrenze für den Bezug der Familienbeihilfe für jene Kinder, die eine Universität besuchen, um ein Studienjahr anzuheben ist.

Genau das ist bei meiner Enkelin der Fall, sodass die Familienbeihilfe jedenfalls für ein weiteres Studienjahr nach dem 24. Geburtstag zusteht.

Sollte das Bundesfinanzgericht von einer Erhöhung der Altersgrenze um ein Semester ausgehen, verweise ich auf den Fall welcher dem Erkenntnis des zur Zahl RV/7103223/2022 zu Grunde liegt. Im dortigen Fall ging das BFG bei einem Geburtstag im März 2022 von einem Anspruch auf Familienbeihilfe bis Februar 2023 aus.

Wenn man diese Ansicht meinem Fall zu Grunde liegt, besteht für meine Enkelin jedenfalls Anspruch auf Familienbeihilfe bis zum Februar 2024. Meine Enkelin war auf Grund von Krankheit im Sommersemester sowie im Wintersemester 2022 am Studium gehindert. Bezüglich des Wintersemester liegen bereits umfangreiche Bestätigungen vor. Eine Bestätigung, dass die Krankheit bereits im Sommersemester 2022 vorgelegen hat, lege ich hiermit bei.

Beweis:

Bestätigung von Dr. ***20*** ***21***, Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom über meine Erkrankung im SS 23 (Beilage ./1)

Jedenfalls ist sohin die Familienbeihilfe für das gesamte Sommersemester 2023 zu gewähren.

Abschließend stelle ich dieAnträge:

Den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben und auszusprechen, dass mir Familienbeihilfe für meine Enkelin auch im SS 2023 zusteht

falls nicht alle zu meinen Lasten gehenden Rechtswidrigkeiten im angefochtenen Bescheid in der Beschwerde oder im Vorlageantrag geltend gemacht wurden, diese amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls mir einen Verbesserungsauftrag zu erteilen.

Eine Bestätigung von Dr. ***20*** ***21***, Facharzt für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin vom , war beigefügt:

Frau ***8*** ist in regelmäßiger fachärztlicher Behandlung. Die Pat. zeigte im Sommersemester 2022 eine depressive Symptomatik, wodurch Frau ***8*** den Anforderungen des Studiums in dieser Zeitspanne nur eingeschränkt gerecht werden konnte.

Vorlage

Mit Bericht vom legte das Finanzamt die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und führte aus:

Bezughabende Normen

§ 2 Abs 1 lit b iVm Abs 9 lit b FLAG 1967

Sachverhalt und Anträge

Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer (Bf.) bezog Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge für seine Enkeltochter ***7*** (geb. ***18***) bis Februar 2023.

Die Enkeltochter ist seit dem Wintersemester 2018 bis laufend im Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien gemeldet. Die gesetzliche Studiendauer für dieses Studium beträgt sechs Semester. Die höchstzulässige Studiendauer (gesetzliche Studiendauer plus zwei Toleranzsemester) beträgt 8 Semester. Mit Ausnahme des Wintersemesters 2022 wurden von der Enkeltochter laufend ECTS-Punkte erreicht.

Die Enkeltochter befand sich von bis sowie von bis aufgrund einer rezidivierenden depressiven Störung in (teil-)stationärer Krankenbehandlung im Landesklinikum ***16***. Von bis befand sich die Enkeltochter zur stationären Behandlung in der Privatklinik ***17***.

Mit Eingabe vom beantragte der Bf. den Weiterbezug der Familienbeihilfe.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Familienbeihilfe für die Enkeltochter ***7*** für den Zeitraum März 2023 bis September 2023 abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, es liege keine drei Monate ununterbrochen andauernde Studienbehinderung während eines Semesters vor.

Dagegen brachte der Bf. mit Eingabe vom fristgerecht Beschwerde ein. Begründend wurde unter Verweis auf die beigelegten ärztlichen Bestätigungen ausgeführt, dass die Studienbehinderung der Enkeltochter länger als drei Monate durchgehend vorgelegen habe.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde für den Monat März 2023 teilweise stattgegeben. Im Übrigen, für den Zeitraum April 2023 bis September 2023, wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Studienbehinderung habe laut der vorgelegten Unterlagen mehr als drei Monate ununterbrochen angedauert, weshalb ein Verlängerungssemester gewährt werden könne. Da die Enkeltochter im März 2023 das 24. Lebensjahr vollendet habe, bestehe jedoch ab April 2023 aufgrund der Überschreitung der Altersgrenze kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Dagegen brachte der Bf. mit Eingabe vom einen Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Bundesfinanzgericht ein. Darin bringt der Bf. unter Verweis auf das Erkenntnis des RV/7103223/2022, im Wesentlichen vor, dass die Familienbeihilfe für seine Enkeltochter gem. § 2 Abs 9 lit b FLAG um ein weiteres Studienjahr nach dem 24. Geburtstag zustehe.

Beweismittel:

Auf die vorgelegten Aktenteile wird verwiesen.

Stellungnahme:

Die Enkeltochter hat das Bachelorstudium Architektur im Wintersemester 2018 begonnen. Die höchstzulässige Studiendauer für dieses Studium endete mit September 2022 (8 Semester). Aufgrund der COVID-19-Krise kam es gemäß § 2 Abs 9 lit b FLAG 1967 zu einer Verlängerung der Studiendauer und damit des Familienbeihilfeanspruches um ein Semester, somit bis Februar 2023 (Wintersemester 2022).

Aufgrund der stationären Krankenhausaufenthalte der Enkeltochter ist von einer drei Monate ununterbrochen andauernden krankheitsbedingten Studienbehinderung im Wintersemester 2022 auszugehen. Es besteht daher gemäß § 2 Abs 1 lit b FLAG 1967 Anspruch auf ein Verlängerungssemester, wobei anders als nach § 2 Abs 9 FLAG 1967 keine Verlängerung über die Altersgrenze hinaus möglich ist. Da die Enkeltochter das 24. Lebensjahr im März 2023 vollendet hat, besteht darüber hinaus kein Anspruch auf Familienbeihilfe.

Eine weitere Verlängerung des Beihilfenanspruchs gemäß § 2 Abs 9 lit b FLAG 1967 über die Altersgrenze hinaus ist nicht möglich, da das 24. Lebensjahr nicht innerhalb der Studienzeit (= laut Studienvorschriften vorgesehene Studienzeit inkl. Toleranzsemester) vollendet wurde, sondern erst im März 2023.

Dem Vorbringen des Bf., wonach unter Verweis auf das Erkenntnis des RV/7103223/2022 Familienbeihilfe für seine Enkeltochter für ein weiteres Studienjahr nach dem 24. Geburtstag zustehe, ist Folgendes entgegenzuhalten:

Eine Verlängerung des Beihilfenanspruchs um ein Ausbildungsjahr kommt nur bei Einrichtungen in Betracht, die keine Semestereinteilung haben. Bei der Zitierung von Ausbildungsjahren in der Bestimmung des § 2 Abs 9 FLAG 1967 handelt es sich um einen Auffangtatbestand für allfällig-mögliche Altfälle, da früher bestimmte Akademien nach Ausbildungsjahren gegliedert waren. Das verfahrensgegenständliche Bachelorstudium ist jedoch nach Semestern gegliedert, weshalb eine Verlängerung des Beihilfenanspruchs um ein weiteres Semester, nicht aber um ein weiters Ausbildungsjahr möglich ist. In dem vom Bf. zitierten Erkenntnis wurde der Beihilfenanspruch dem Grunde nach nur deshalb für elf weitere Monate bejaht, weil bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 2 Abs 9 lit b (bzw. § 6 Abs 7 lit b) FLAG 1967 eine Verlängerung um ein weiteres vollständiges Semester zu erfolgen hat. Im zitierten Erkenntnis hat das Kind in der vorgesehenen Studienzeit und zwar im März 2022 das 24. Lebensjahr vollendet, weshalb sich der Anspruch dem Grunde nach bis Februar 2023 verlängerte (6 Monate bis Semesterende + 1 vollständiges COVID-Semester).

Dem gegenständlichen Beschwerdeverfahren liegt jedoch insofern ein anderer Sachverhalt zu Grunde, als dass die Enkeltochter das 24. Lebensjahr nicht innerhalb der Studienzeit, sondern im Verlängerungssemester wegen Studienbehinderung vollendet hat und damit eine Verlängerung des Beihilfenanspruchs über das 24. Lebensjahr hinaus ausscheidet.

Es wird daher beantragt der Beschwerdevorentscheidung zu folgen.

Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Zum Sachverhalt ist auf die oben wiedergegebene ausführliche Darstellung im Vorlagebericht des Finanzamts zu verweisen.

Unstrittig ist, dass die Enkeltochter im März 1999 geboren ist und seit dem Wintersemester 2018 das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien studiert. Die vorgesehene Studiendauer für dieses Studium beträgt sechs Semester. Das Bachelorstudium ist nicht in Studienabschnitte untergliedert. Unstrittig war die Enkeltochter im Wintersemester 2022/2023 zumindest drei Monate krankheitsbedingt an einem erfolgreichen Studium gehindert. Im Sommersemester 2022 trat die Enkeltochter erfolgreich zum mehreren Prüfungen an (insgesamt 8 ECTS-Punkte), zuletzt am . Nicht festgestellt werden kann, dass im Sommersemester 2022 eine krankheitsbedingte Studienbehinderung vorlag.

Beweiswürdigung

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus der Aktenlage und sind unstrittig.

Bei der mit dem Vorlageantrag vorgelegten ärztlichen Bestätigung von Dr. ***20*** ***21*** betreffend das "Sommersemester 2022" handelt es sich offenkundig um einen Schreibfehler. Wie sich auch aus den Ausführungen im Vorlageantrag betreffend das Sommersemester 2023 ergibt, ist das Sommersemester 2023 gemeint.

Rechtsgrundlagen

§ 2 FLAG 1967 lautet:

§ 2. (1) Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen, die im Bundesgebiet einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben,

a)für minderjährige Kinder,

b)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist. Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (zB Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert. Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester. Zeiten als Studentenvertreterin oder Studentenvertreter nach dem Hochschülerschaftsgesetz 1998, BGBl. I Nr. 22/1999, sind unter Berücksichtigung der Funktion und der zeitlichen Inanspruchnahme bis zum Höchstausmaß von vier Semestern nicht in die zur Erlangung der Familienbeihilfe vorgesehene höchstzulässige Studienzeit einzurechnen. Gleiches gilt für die Vorsitzenden und die Sprecher der Heimvertretungen nach dem Studentenheimgesetz, BGBl. Nr. 291/1986. Der Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie hat durch Verordnung die näheren Voraussetzungen für diese Nichteinrechnung festzulegen. Zeiten des Mutterschutzes sowie die Pflege und Erziehung eines eigenen Kindes bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres hemmen den Ablauf der Studienzeit. Bei einem Studienwechsel gelten die in § 17 Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305, angeführten Regelungen auch für den Anspruch auf Familienbeihilfe. Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr. Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird; Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden. Der Nachweis ist unabhängig von einem Wechsel der Einrichtung oder des Studiums durch Bestätigungen der im § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannten Einrichtungen zu erbringen. Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe sinngemäß,

c)für volljährige Kinder, die wegen einer vor Vollendung des 21. Lebensjahres oder während einer späteren Berufsausbildung, jedoch spätestens vor Vollendung des 25. Lebensjahres, eingetretenen körperlichen oder geistigen Behinderung voraussichtlich dauernd außerstande sind, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen,

d)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für vier Monate nach Abschluss der Schulausbildung; im Anschluss daran für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, und volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5) und die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zum Beginn einer weiteren Berufsausbildung, wenn die weitere Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Abschluss der Schulausbildung begonnen wird,

e)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, für die Zeit zwischen der Beendigung des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder eines Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd und dem Beginn oder der Fortsetzung der Berufsausbildung, wenn die Berufsausbildung zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach dem Ende des Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienstes oder Freiwilligen Dienstes nach § 2 Abs. 1 lit. l sublit. aa bis dd begonnen oder fortgesetzt wird,

(Anm.: lit. f aufgehoben durch BGBl. I Nr. 111/2010)

g)für volljährige Kinder, die in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, den Präsenz- oder Ausbildungsdienst oder Zivildienst leisten oder davor geleistet haben, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres, sofern sie nach Ableistung des Präsenz- oder Ausbildungsdienstes oder Zivildienstes für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer. Diese Regelung findet in Bezug auf jene Kinder keine Anwendung, für die vor Vollendung des 24. Lebensjahres Familienbeihilfe nach lit. l gewährt wurde und die nach § 12c des Zivildienstgesetzes nicht zum Antritt des ordentlichen Zivildienstes herangezogen werden,

h)für volljährige Kinder, die erheblich behindert sind (§ 8 Abs. 5), das 25 Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist; § 2 Abs. 1 lit. b zweiter bis letzter Satz sind nicht anzuwenden,

i)für volljährige Kinder, die sich in dem Monat, in dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, in Berufsausbildung befinden und die vor Vollendung des 24. Lebensjahres ein Kind geboren haben oder an dem Tag, an dem sie das 24. Lebensjahr vollenden, schwanger sind, bis längstens zur Vollendung des 25. Lebensjahres; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

j)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, bis längstens zum erstmöglichen Abschluss eines Studiums, wenn sie

aa)bis zu dem Kalenderjahr, in dem sie das 19. Lebensjahr vollendet haben, dieses Studium begonnen haben, und

bb)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums bis zum erstmöglichen Studienabschluss zehn oder mehr Semester beträgt, und

cc)die gesetzliche Studiendauer dieses Studiums nicht überschritten wird,

k)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr vollendet haben bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres, und die sich in Berufsausbildung befinden, wenn sie vor Vollendung des 24. Lebensjahres einmalig in der Dauer von acht bis zwölf Monaten eine freiwillige praktische Hilfstätigkeit bei einer von einem gemeinnützigen Träger der freien Wohlfahrtspflege zugewiesenen Einsatzstelle im Inland ausgeübt haben; für Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992 genannte Einrichtung besuchen, jedoch nur im Rahmen der in § 2 Abs. 1 lit. b vorgesehenen Studiendauer,

l)für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die teilnehmen am

aa)Freiwilligen Sozialjahr nach Abschnitt 2 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

bb)Freiwilligen Umweltschutzjahr nach Abschnitt 3 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

cc)Gedenkdienst, Friedens- und Sozialdienst im Ausland nach Abschnitt 4 des Freiwilligengesetzes, BGBl. I Nr. 17/2012,

dd)Europäischen Solidaritätskorps nach der Verordnung (EU) 2021/888 des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Aufstellung des Programms für das Europäische Solidaritätskorps und zur Aufhebung der Verordnungen (EU) 2018/1475 und (EU) Nr. 375/2014.

(2) Anspruch auf Familienbeihilfe für ein im Abs. 1 genanntes Kind hat die Person, zu deren Haushalt das Kind gehört. Eine Person, zu deren Haushalt das Kind nicht gehört, die jedoch die Unterhaltskosten für das Kind überwiegend trägt, hat dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn keine andere Person nach dem ersten Satz anspruchsberechtigt ist.

(3) Im Sinne dieses Abschnittes sind Kinder einer Person

a)deren Nachkommen,

b)deren Wahlkinder und deren Nachkommen,

c)deren Stiefkinder,

d)deren Pflegekinder (§§ 186 und 186a des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches).

(3a) Kinder im Sinne dieses Abschnittes sind auch Kinder, die aufgrund einer akut gefährdenden Lebenssituation kurzfristig von Krisenpflegepersonen betreut werden (Krisenpflegekinder). Krisenpflegepersonen im Sinne dieses Bundesgesetzes sind Personen, die im Auftrag des zuständigen Kinder- und Jugendhilfeträgers ausgebildet und von diesem mit der vorübergehenden Pflege und Erziehung eines Kindes für die Dauer der Gefährdungsabklärung betraut wurden.

(4) Die Kosten des Unterhalts umfassen bei minderjährigen Kindern auch die Kosten der Erziehung und bei volljährigen Kindern, die für einen Beruf ausgebildet oder in ihrem Beruf fortgebildet werden, auch die Kosten der Berufsausbildung oder der Berufsfortbildung.

(5) Zum Haushalt einer Person gehört ein Kind dann, wenn es bei einheitlicher Wirtschaftsführung eine Wohnung mit dieser Person teilt. Die Haushaltszugehörigkeit gilt nicht als aufgehoben, wenn

a)sich das Kind nur vorübergehend außerhalb der gemeinsamen Wohnung aufhält,

b)das Kind für Zwecke der Berufsausübung notwendigerweise am Ort oder in der Nähe des Ortes der Berufsausübung eine Zweitunterkunft bewohnt,

c)sich das Kind wegen eines Leidens oder Gebrechens nicht nur vorübergehend in Anstaltspflege befindet, wenn die Person zu den Kosten des Unterhalts mindestens in Höhe der Familienbeihilfe für ein Kind beiträgt; handelt es sich um ein erheblich behindertes Kind, erhöht sich dieser Betrag um den Erhöhungsbetrag für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4).

Ein Kind gilt bei beiden Elternteilen als haushaltszugehörig, wenn diese einen gemeinsamen Haushalt führen, dem das Kind angehört.

(6) Bezieht ein Kind Einkünfte, die durch Gesetz als einkommensteuerfrei erklärt sind, ist bei Beurteilung der Frage, ob ein Kind auf Kosten einer Person unterhalten wird, von dem um jene Einkünfte geminderten Betrag der Kosten des Unterhalts auszugehen; in diesen Fällen trägt eine Person die Kosten des Unterhalts jedoch nur dann überwiegend, wenn sie hiezu monatlich mindestens in einem Ausmaß beiträgt, das betragsmäßig der Familienbeihilfe für ein Kind (§ 8 Abs. 2) oder, wenn es sich um ein erheblich behindertes Kind handelt, der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 2 und 4) entspricht.

(7) Unterhaltsleistungen auf Grund eines Ausgedinges gelten als auf Kosten des Unterhaltsleistenden erbracht, wenn der Unterhaltsleistende mit dem Empfänger der Unterhaltsleistungen verwandt oder verschwägert ist; solche Unterhaltsleistungen zählen für den Anspruch auf Familienbeihilfe auch nicht als eigene Einkünfte des Kindes.

(8) Personen haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie den Mittelpunkt der Lebensinteressen im Bundesgebiet haben. Eine Person hat den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen in dem Staat, zu dem sie die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen hat.

(9) Die Anspruchsdauer nach Abs. 1 lit. b und lit. d bis j verlängert sich im Zusammenhang mit der COVID-19-Krise, unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung durch diese Krise, nach Maßgabe folgender Bestimmungen:

a)für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung absolvieren, über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, bei einer vor Erreichung der Altersgrenze begonnenen Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise,

b)für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen, abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr, bei einem vor Erreichung der Altersgrenze begonnenem Studium infolge der COVID-19-Krise,

c)für volljährige Kinder, die eine Berufsausbildung beginnen oder fortsetzen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), über die Altersgrenze hinaus um längstens sechs Monate, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung der Berufsausbildung infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist,

d)für volljährige Kinder, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes genannte Einrichtung besuchen möchten (Abs. 1 lit. d bis g), abweichend von lit. a über die Altersgrenze und die Studiendauer, für die nach Abs. 1 Anspruch auf Familienbeihilfe besteht, hinaus um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr, wenn zum Zeitpunkt der Erreichung der Altersgrenze der Beginn oder die Fortsetzung des Studiums infolge der COVID-19-Krise nicht möglich ist.

§ 10 FLAG 1967 lautet:

§ 10. (1) Die Familienbeihilfe wird, abgesehen von den Fällen des § 10a, nur auf Antrag gewährt; die Erhöhung der Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) ist besonders zu beantragen.

(2) Die Familienbeihilfe wird vom Beginn des Monats gewährt, in dem die Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt werden. Der Anspruch auf Familienbeihilfe erlischt mit Ablauf des Monats, in dem eine Anspruchsvoraussetzung wegfällt oder ein Ausschließungsgrund hinzukommt.

(3) Die Familienbeihilfe und die erhöhte Familienbeihilfe für ein erheblich behindertes Kind (§ 8 Abs. 4) werden höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt. In bezug auf geltend gemachte Ansprüche ist § 209 Abs. 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961, anzuwenden.

(4) Für einen Monat gebührt Familienbeihilfe nur einmal.

(5) Minderjährige, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, bedürfen zur Geltendmachung des Anspruches auf die Familienbeihilfe und zur Empfangnahme der Familienbeihilfe nicht der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters.

§ 15 FLAG 1967 lautet:

§ 15. (1) Für Personen, die im Zeitraum von einschließlich März 2020 bis einschließlich Februar 2021 für zumindest einen Monat Anspruch auf Familienbeihilfe für ein Kind haben, finden die während dieses Zeitraumes vorliegenden Anspruchsvoraussetzungen im unmittelbaren Anschluss an den Anspruchszeitraum bis März 2021 in Bezug auf dieses Kind weiter Anwendung, solange während dieses Zeitraumes keine andere Person anspruchsberechtigt wird.

(2) Für die Maßnahme nach Abs. 1 ist ein Betrag von höchstens 102 Mio. Euro aus Mitteln des COVID 19-Krisenbewältigungsfonds bereitzustellen.

§ 18 StudFG lautet:

§ 18. (1) Die Anspruchsdauer umfasst grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Bachelorprüfungen, Masterprüfungen, Lehramtsprüfungen oder anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Sofern das Studien- oder Ausbildungsjahr nicht in Semester gegliedert ist, umfasst die Anspruchsdauer die vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines halben Studien- oder Ausbildungsjahres. Sie richtet sich nach den Auszahlungsterminen des Semesters oder des Studien- oder Ausbildungsjahres (§ 47 Abs. 1). Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werden (§ 19).

(2) Nach Überschreitung der Anspruchsdauer liegt ein günstiger Studienerfolg so lange nicht vor, bis die abschließende Prüfung abgelegt wird.

(3) Die Anspruchsdauer eines weiteren Studienabschnitts beginnt nicht vor jenem Semester, in dem die den vorangehenden Studienabschnitt abschließende Prüfung abgelegt wurde.

(4) Für Studierende eines Diplomstudiums, die die erste Diplomprüfung in der vorgesehenen Studienzeit abgelegt haben, verlängert sich in dieser Studienrichtung die Anspruchsdauer im zweiten Studienabschnitt um ein Semester. Entsprechendes gilt bei Studienrichtungen, die in drei Studienabschnitte gegliedert sind, für die zweite Diplomprüfung.

(5) Bei der Berechnung der Studienzeit ist davon auszugehen, dass 30 ECTS-Punkte einer Studienzeit von einem Semester entsprechen.

(6) Die Regelungen hinsichtlich der Studienabschnitte gelten nur für Diplomstudien.

Familienbeihilfe während eines Studiums

§ 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 (zweiter bis letzter Satz) gibt vor, unter welchen Voraussetzungen sich ein studierendes Kind in Berufsausbildung befindet (Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. § 2 Rz 53). Für den Streitfall sind folgende Regelungen dieser Bestimmung von Bedeutung (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2. A. § 2 Rz 53):

1. Satz: Anspruch auf Familienbeihilfe haben Personen ... für volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben und die für einen Beruf ausgebildet oder in einem erlernten Beruf in einer Fachschule fortgebildet werden, wenn ihnen durch den Schulbesuch die Ausübung ihres Berufes nicht möglich ist.

11. Satz: Die Aufnahme als ordentlicher Hörer gilt als Anspruchsvoraussetzung für das erste Studienjahr.

12. Satz: Anspruch ab dem zweiten Studienjahr besteht nur dann, wenn für ein vorhergehendes Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- und Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden oder im Ausmaß von 16 ECTS-Punkten nachgewiesen wird. Gleiches gilt, wenn alle Lehrveranstaltungen und Prüfungen der Studieneingangs- und Orientierungsphase nach § 66 UG 2002 erfolgreich absolviert wurden, sofern diese mit mindestens 14 ECTS-Punkten bewertet werden.

2. Satz: Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

3. Satz: Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden.

4. Satz: Die Studienzeit wird durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (z. B. Krankheit) oder nachgewiesenes Auslandsstudium verlängert.

5. Satz: Dabei bewirkt eine Studienbehinderung von jeweils drei Monaten eine Verlängerung der Studienzeit um ein Semester.

14. Satz: Für eine Verlängerung des Nachweiszeitraumes (12. Satz) gelten die für die Verlängerung der Studienzeit genannten Gründe (5. Satz) sinngemäß.

"Tolerenzsemester" je Studienabschnitt bzw. "Toleranzausbildungsjahr"

§ 2 Abs. 1 lit. b Satz 2 FLAG 1967 lautet:

Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

§ 2 Abs. 1 lit. b Satz 3 FLAG 1967 lautet:

Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden.

Aus § 2 Abs. 1 lit. b Satz 2 FLAG 1967 ergibt sich, dass bei in Studienabschnitten gegliederten Studien die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um ein Semester ("Toleranzsemester") überschritten werden darf, um noch von einer Berufsausbildung i.S. § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 sprechen zu können.

Bei Studienrichtungen mit mehreren Studienabschnitten ist jeder Studienabschnitt für sich zu betrachten. Eine Berufsausbildung ist nur dann anzunehmen, wenn

  1. die vorgesehene Studienzeit

  2. pro Studienabschnitt

  3. um nicht mehr als ein Semester

überschritten wird (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 76).

Die teleologische Auslegung der Anordnung des § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 führt anhand der Aussagen in den Materialien bei der Einführung der Bestimmung, dass die Regelung an das Studienförderungsgesetz angelehnt werden solle, dazu, dass bei Überschreiten der in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 vorgesehenen Studienzeit zuzüglich des "Toleranzsemesters" der Familienbeihilfenanspruch wegfällt, jedoch bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen dann (analog zu § 18 Abs. 2 StudFG) "wieder auflebt", wenn der betreffende Studienabschnitt verspätet, aber doch positiv absolviert ist (vgl. ).

Bachelorstudium

Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 80 vertritt unter Hinweis auf Entscheidungen des UFS die Auffassung:

"Ist das Studium nach den maßgeblichen Studienvorschriften in Semester gegliedert, ist eine Berufsausbildung iSd FLAG nur dann anzunehmen, wenn die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester überschritten wird. Bei Studien, die zwar in Semester, aber nicht in Studienabschnitte gegliedert sind (s Rz 79), steht daher nur ein Toleranzsemester zu (s RV/0584-I/11; RV/2809-W/12)."

Diese Auffassung geht davon aus, dass ein nicht in Studienabschnitte gegliedertes Studium (wie das Bachelorstudium) einen einzigen Studienabschnitt darstellt, während das Bachelorstudium (entgegen einem Diplomstudium) gerade nicht in Studienabschnitte gegliedert ist.

Dagegen stellen die staatlichen Informationen zur Toleranzgrenze nicht auf eine Gliederung in Semester ab:

"Die Familienbeihilfe wird für die gesetzliche Mindeststudiendauer gewährt. Bei einem Studium mit Abschnittsgliederung wird pro Abschnitt ein Toleranzsemester eingeräumt. Wird ein Studienabschnitt innerhalb der Mindeststudiendauer absolviert, kann das nicht verbrauchte Toleranzsemester im weiteren Studienverlauf genutzt werden. Bei einem Studium ohne Abschnittsgliederung beträgt die Toleranzgrenze ein Studienjahr." (https://www.oesterreich.gv.at/themen/familie_und_partnerschaft/geburt/3/2/2/Seite.080712.html ). "Die Auszahlung erfolgt grundsätzlich nur für fortgesetzt gemeldete Semester und richtet sich nach der gesetzlichen Studiendauer plus ein Toleranzsemester pro Studienabschnitt bzw. plus ein Studienjahr bei Studien ohne Abschnittsgliederung" (Info Bundeskanzleramt file:///D:/Daten/Downloads/info_fbh_studierende.pdf).

Auch das Finanzamt geht im Vorlagebericht im gegenständlichen Fall von einem "Toleranzausbildungsjahr" ("zwei Toleranzsemester") aus.

Die Verknüpfung der Familienbeihilfe mit der Studiendauer laut Studienförderungsgesetz erfolgte erstmals mit der Novelle BGBl. 604/1987 und zwar für Kinder, die das 25. Lebensjahr, aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben ("... wenn sie ein ordentliches Studium betreiben und eine Studiendauer im Sinne des § 2 Abs. 3 des Studienförderungsgesetzes 1983, BGBL Nr. 436, ohne wichtige Gründe nicht überschreiten..."), während für Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, die Studiendauer weiterhin nicht maßgebend war.

Mit der Novelle BGBl 311/1992 erhielt § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 folgende Verknüpfung mit dem Studienerfolg:

"...Bei Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie ein ordentliches Studium ernsthaft und zielstrebig betreiben. Das Studium wird ernsthaft und zielstrebig betrieben, wenn im ersten Studienabschnitt nach jedem Studienjahr die Ablegung einer Teilprüfung der ersten Diplomprüfung oder des ersten Rigorosums oder von Prüfungen aus Pflicht- oder Wahlfächern des betriebenen Studiums im Gesamtumfang von acht Semesterwochenstunden nachgewiesen wird...."

Mit dem Strukturanpassungsgesetz 1996 BGBl. 201/1996 wurde erstmals allgemein auf die Ausbildungs- bzw. Studiendauer in § 2 Abs. 1 lit. b sublit aa FLAG 1967 und in § 2 Abs. 1 lit. b sublit aa FLAG 1967 Bezug genommen:

"aa) sich in Schulausbildung befinden, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die jeweils festgelegte Ausbildungsdauer um nicht mehr als ein Jahr überschreiten. Hiebei bleiben Wiederholungen von Schuljahren während der Zeit der Absolvierung der allgemeinen Schulpflicht unberücksichtigt. ...

bb) eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten. Wird ein Studienabschnitt in der vorgesehenen Studienzeit absolviert, kann einem weiteren Studienabschnitt ein Semester zugerechnet werden. ..."

Die Gesetzesmaterialien führen dazu unter anderem aus (RV 72 und zu 72 BlgNR 20. GP):

Nach dem damals in Geltung befindlichen Hochschulrecht waren Diplomstudien in mindestens zwei Studienabschnitte zu gliedern (§ 14 Abs. 1 AHStG), Doktoratsstudien bestanden aus einem Studienabschnitt im Umfang zwischen zwei und vier Semestern (§ 14 Abs. 7 AHStG). Das heißt, für ein Diplomstudium standen mindestens zwei "Toleranzsemester" zur Verfügung. Es würde eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung mit nicht in Semestern gegliederten Ausbildungsgängen bedeuten, wenn bei derartigen Ausbildungsgängen die Ausbildungszeit um ein Ausbildungsjahr überschritten werden darf, jedoch bei Ausbildungsgängen mit Semestergliederung nur um ein Semester.

Auch bei Schülern ging der Gesetzgeber damals davon aus, dass diese die vorgesehene Schulausbildungsdauer (im Wesentlichen) um ein Jahr überschreiten dürfen.

Die hier anzuwendende Fassung lautet:

Bei volljährigen Kindern, die eine in § 3 des Studienförderungsgesetzes 1992, BGBl. Nr. 305, genannte Einrichtung besuchen, ist eine Berufsausbildung nur dann anzunehmen, wenn sie die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten.

Nach der Verwaltungspraxis und der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts beträgt die vorgesehene Studienzeit bei Bachelorstudien im Allgemeinen sechs Semester plus zwei Toleranzsemester (vgl. etwa ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; ; anders: ; ; ; offenlassend: ).

§ 2 Abs. 1 lit. b Satz 2 FLAG 1967 ist so zu verstehen, dass ein (einziges) "Toleranzsemester" nur bei einem in Studienabschnitte gegliedertem Studium zusteht und zwar für jeden Studienabschnitt ein eigenes, während bei Studien, die nicht in Studienabschnitte gegliedert sind, wie Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien nach dem UG, ebenso wie bei anderen Ausbildungen ein "Toleranzausbildungsjahr" (entspricht zwei "Toleranzsemestern") zusteht.

Das Gesetz stellt in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 3 auf die Gliederung eines Studiums nach Studienabschnitten und nicht auf die Gliederung eines Studiums nach Semestern ab. Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass für die Studienbeihilfe § 18 Abs. 1 StudFG eine Weitergewährung grundsätzlich (aber mit Verlängerungsmöglichkeit, § 19 StudFG) nur für ein Semester über die vorgesehene Studienzeit hinaus normiert wird. Ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem Studienbeihilfenrecht besteht abgesehen von den Regelungen des § 17 StudFG betreffend Studienwechsel) nicht. Dafür spricht auch, dass § 18 Abs. 1 StudFG bei fehlender Semestergliederung von einer Weiterzahlung während eines halben Ausbildungsjahres spricht, während § 2 Abs. 1 lit. b Satz 2 FLAG 1967 bei anderen Ausbildungen von einem vollen zusätzlichen Ausbildungsjahr ausgeht.

Das sechssemestrige Bachelorstudium Architektur wurde im Wintersemester 2018 begonnen. Die Mindeststudiendauer endete mit dem Ende des Sommersemesters 2021: (WS 2018/2019, SS 2019, WS 2019/2020, SS 2020, WS 2020/2021, SS 2021). Wäre das Studium in Studienabschnitte gegliedert, stehen insgesamt zwei "Toleranzsemester" zur Verfügung, also besteht ein Beihilfenanspruch grundsätzlich bis zum Ende des Sommersemesters 2022 (WS 2021/2022, SS 2022). Das gilt auch, wenn, wie hier der Fall, das Studium nicht in Studienabschnitte gegliedert ist, dann steht ein "Toleranzausbildungsjahr" zu, also ebenfalls ein Beihilfenanspruch grundsätzlich bis zum Ende des Sommersemesters 2022 (WS 2021/2022, SS 2022).

"Verlängerungssemester"

Die nach Verbrauch des "Toleranzsemesters" ("Toleranzjahres") "abgelaufene" Studienzeit kann durch eine Studienbehinderung zusätzlich verlängert werden, wenn der Behinderungsgrund noch während der Studienzeit eingetreten ist. Mit dem Verlängerungssemester soll der Beihilfenanspruch erhalten bleiben, wenn ein Studierender einen Studienabschnitt infolge einer relevanten Studienbehinderung nicht in der "Studienzeit" (= laut Studienvorschriften vorgesehene Studienzeit inklusive "Toleranzsemester") absolviert hat (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 85).

Wird die für die Gewährung der Familienbeihilfe höchstzulässige Studiendauer in einem Abschnitt überschritten und fällt die Familienbeihilfe dadurch mit dem Ende des letzten für den Anspruch auf Familienbeihilfe maßgeblichen Semesters weg, kann ein im nachfolgenden Semester auftretendes, unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis zu keiner Verlängerung der Studienzeit in diesem Abschnitt führen (vgl. Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 85). Die krankheitsbedingte Studienbehinderung im Wintersemester 2022/2023 ist zwar nach Ablauf der für die Gewährung der Familienbeihilfe höchstzulässigen Studiendauer eingetreten (8 Semester ab dem Wintersemester 2018/2019), jedoch innerhalb der Verlängerung der Studiendauer gemäß § 2 Abs. 9 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 und kann daher zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer ("Verlängerungssemester") führen. Im Gegensatz zum "Toleranzausbildungsjahr" kommt es hier auf das einzelne Semester und nicht auf das jeweilige Ausbildungsjahr an.

Altersgrenze

Die vorstehenden Ausführungen betreffen (Einleitungssatz von § 2 Abs. 1 lit. b Satz 1 FLAG 1967) nur volljährige Kinder, die das 24. Lebensjahr noch nicht vollendet haben.

Ist das 24. Lebensjahr bereits vollendet, besteht nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 kein Anspruch auf Familienbeihilfe, auch wenn die für ein Studium vorgesehene Studiendauer noch nicht ausgeschöpft worden ist. Die Enkeltochter ***7*** ***8*** hat im März 2023 das 24. Lebensjahr vollendet. Die oben wiedergegebenen Bestimmungen von § 2 Abs. 1 lit. c FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. d FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. g FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. h FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. j FLAG 1967, § 2 Abs. 1 lit. k FLAG 1967, die unter bestimmten, dort genannten Voraussetzungen eine Bezugsverlängerung bis zum 25. Lebensjahr ermöglichen, sind hier nicht anwendbar.

"COVID-19-Semester" bzw. "COVID-19-Ausbildungsjahr"

In Zusammenhang mit der COVID-19-Krise sieht § 2 Abs. 9 FLAG 1967 eine Verlängerung der Anspruchsdauer nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 auch über die Altersgrenze (24. Lebensjahr) hinaus um ein Semester (bei Studienabschnittsgliederung) oder ein Ausbildungsjahr (bei fehlender Studienabschnittsgliederung) vor, wenn ein Studium vor Erreichung der Altersgrenze begonnen wurde.

§ 2 Abs. 9 FLAG 1967 wurde mit dem 6. COVID-19-Gesetz BGBl. I Nr. 28/2020 in das Gesetz eingefügt. Der Initiativantrag (IA 489/A BlgNR XXVII. GP) führt dazu aus:

"Für Volljährige wird die Familienbeihilfe grundsätzlich nur dann gewährt, wenn sie sich in Berufsausbildung befinden (z.B. ein Studium betreiben). Mit Vollendung des 24. Lebensjahres endet der Familienbeihilfenbezug, wobei einige Ausnahmen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres vorgesehen sind (z.B. Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes).

Auf Grund der COVID-19-Krise wird die Absolvierung einer Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) im Regelfall beeinträchtigt und daher die Fortsetzung bzw. der Abschluss verzögert.

Innerhalb der derzeit im FLAG 1967 vorgesehenen Altersgrenzen kann eine Unterbrechung der Berufsausbildung (z.B. eines Studiums) insofern saniert werden, als die Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird, durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verlängert werden kann. Die derzeitige COVID-19-Krise ist als derartiges Ereignis anzusehen und zwar unabhängig von der Dauer der Beeinträchtigung. Diese Verlängerung wird unmittelbar in Bezug auf jene Studienphase wirksam, in der die Beeinträchtigung durch die COVID-19-Krise erfolgt.

Um die angesprochenen Nachteile für die in Rede stehende Personengruppe zu kompensieren, deren Gesamtstudiendauer, die für die Gewährung der Familienbeihilfe im Zusammenhang mit der COVID-19Krise zur Verfügung steht, über die Vollendung des 24. der 25. Lebensjahres hinausgeht, soll die Zeitdauer der Gewährung der Familienbeihilfe über diese derzeit geltenden Altersgrenzen hinaus verlängert werden. Damit soll gewährleistet werden, dass auch - zusätzlich zur bereits vorgesehenen Studiendauer, für die Familienbeihilfe gewährt wird - für jene Zeiten Familienbeihilfe weiter gewährt werden kann, in denen der Studienbetrieb beeinträchtigt war. Dies soll durch eine Verlängerung des Anspruches auf die Familienbeihilfe im Falle einer allgemeinen Berufsausbildung um längstens sechs Monate und im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr erfolgen."

Die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme eines "COVID-19-Semesters" oder eines "COVID-19-Jahres" bei einem laufenden Studium nach § 2 Abs. 9 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 sind:

1. Anspruch auf Familienbeihilfe nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 unter Außerachtlassung von Altersgrenze und Höchststudiendauer für den Verlängerungszeitraum (Einleitungssatz von § 2 Abs. 9 FLAG 1967).

2. Beginn des Studiums vor Erreichung der Altersgrenze (§ 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967).

Die Rechtsfolge von § 2 Abs. 9 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 ist im gegebenen Zusammenhang die Verlängerung des Familienbeihilfeanspruchs über die Altersgrenze und die Höchststudiendauer nach § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 hinaus um ein Semester (bei Studienabschnittsgliederung) oder ein Ausbildungsjahr (Studienjahr).

Diese Voraussetzungen nach § 2 Abs. 9 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 liegen hier vor:

Wegen der "Toleranzsemester" bzw. des "Toleranzjahres" bestand grundsätzlich bis Ende des Sommersemesters 2022 (, § 52 Abs. 1 UG) ein Anspruch auf Familienbeihilfe. Dies sieht auch das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht so.

Damit ist die erste Voraussetzung für die Anwendung von § 2 Abs. 9 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 erfüllt. Es ist aber auch die zweite Voraussetzung für die Anwendung von § 2 Abs. 9 lit. a FLAG 1967 i.V.m. § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 erfüllt, da das verfahrensgegenständliche Studium vor Errichtung des 24. Lebensjahrs, nämlich im 19. Lebensjahr, begonnen worden ist. Damit bestand jedenfalls Anspruch auf ein "COVID-19-Semester") im Anschluss an das Sommersemester 2022, also für das Wintersemester 2022/2023, somit bis (§ 52 Abs. 1 UG). Dies sieht auch das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung und im Vorlagebericht so.

Sommersemester 2023

Die Wortfolge "um ein weiteres Semester oder um ein weiteres Ausbildungsjahr" in § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 ist in Zusammenhang mit § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 3 ("die vorgesehene Studienzeit pro Studienabschnitt um nicht mehr als ein Semester oder die vorgesehene Ausbildungszeit um nicht mehr als ein Ausbildungsjahr überschreiten") zu lesen. Dafür sprechen auch die oben wiedergegebenen Gesetzesmaterialien. Bei in Studienabschnitten gegliederten Studien kommt es auf das Semester je Studienabschnitt an, bei nicht nach Studienjahren gegliederten Ausbildungen auf das Ausbildungsjahr. Da in Studienabschnitten gegliederte Studien in der Regel zwei Studienabschnitte umfassen, beträgt in beiden Fällen die Höchstüberschreitung ein Jahr.

Das Gesetz stellt in § 2 Abs. 1 lit. b FLAG 1967 Satz 3 auf die Gliederung eines Studiums nach Studienabschnitten und nicht auf die Gliederung eines Studiums nach Semestern ab.

Diplomstudien sind in Studienabschnitte unterteilt. Bachelor-, Master- und Doktoratsstudien sind nicht in Studienabschnitte gegliedert (§ 51 Abs. Z 4, Z 5 und Z 12 UG 2002; vgl. und Lenneis in Lenneis/Wanke, FLAG 2.A. 2020 § 2 Rz 79).

Das Bachelorstudium Architektur an der Technischen Universität Wien ist nach dem Studienplan (vgl. etwa https://www.tuwien.at/fileadmin/Assets/dienstleister/studienabteilung/BSc-Studienplaene_2023/Bachelorstudium_Architektur_2023.pdf ) nicht in Studienabschnitte gegliedert.

Da nach den vorstehenden Ausführungen das Bachelorstudium ein Studium ohne Studienabschnittsgliederung ist, verlängert sich die vorgesehene Ausbildungszeit gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 um ein Ausbildungsjahr (Studienjahr).

Für das gegenständliche Bachelorstudium kommt daher kein "COVID-19-Semester", sondern ein "COVID-19-Ausbildungsjahr" zum Tragen. Dafür sprechen auch die Gesetzesmaterialien zu § 2 Abs. 9 FLAG 1967, wonach sich der Familienbeihilfeanspruch "im Falle eines Studiums um ein Semester bzw. ein Studienjahr" verlängert.

Wenn die Verwaltungspraxis beim Bachelorstudium mangels Gliederung in Studienabschnitte von zwei "Toleranzsemestern", also einem "Toleranzstudienjahr" ausgeht, ist es nur logisch, bei der Anwendung von § 2 Abs. 9 FLAG 1967 bei einem Bachelorstudium dies ebenfalls zu tun.

Das heißt, dass sich der Familienbeihilfeanspruch gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 um ein weiteres Ausbildungsjahr (Studienjahr) verlängert hat, also um das Wintersemester 2022/2023 und um das Sommersemester 2023. Der Anspruch endete somit mit Ende des Sommersemesters 2023 (, § 52 Abs. 1 UG).

Rechtswidrigkeit des Spruchs des angefochtenen Bescheids

Der Spruch des angefochtenen Bescheids ist somit rechtswidrig (Art. 134 Abs. 1 Z 1 B-VG), da dem Bf im zuletzt verfahrensgegenständlichen Zeitraum April 2023 bis September 2023 Familienbeihilfe und Kinderabsetzbetrag für seine Enkelin ***7*** ***8*** zusteht. Der Beschwerde war daher gemäß § 279 Abs. 1 BAO Folge zu geben und der angefochtene Bescheid, soweit dieser noch den Rechtsbestand angehört, ersatzlos aufzuheben.

Revisionszulassung

Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofs, ob bei einem nicht in Studienabschnitte eingeteiltem Studium wie einem Bachelor-, Master- und Doktoratsstudium nach dem UG, die vorgesehene Ausbildungszeit gemäß § 2 Abs. 1 lit. b Satz 2 FLAG um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr (Studienjahr) überschritten werden darf, ist nicht ersichtlich. Gleiches gilt für die Frage, ob sich bei einem nicht in Studienabschnitte eingeteiltem Studium gemäß § 2 Abs. 9 lit. b FLAG 1967 der Anspruch auf Familienbeihilfe um ein Semester oder um ein Ausbildungsjahr (Studienjahr) verlängert. Die Revision ist daher zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102773.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at