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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 04.01.2024, RV/1100211/2016

I. Voraussetzungen der Wiederaufnahme; II. Verlustvortrag im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Dr. Rudolf Guntram Rudari, Felderstraße 5, 6706 Bürs, über die Beschwerden

  1. vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr "Finanzamt Österreich") vom betreffend Einkommensteuer 2012 und 2013 sowie

  2. vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Feldkirch (nunmehr "Finanzamt Österreich") vom betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011

zur Steuernummer ***Bf-StNr*** zu Recht:

I. Die Beschwerden werden gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

A. Einkommensteuer 2012 und 2013

a) Bescheide, Beschwerde

Im Rahmen der am ergangenen Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2012 und 2013 wurden seitens des belangten Finanzamtes - zusätzlich zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit - Einkünfte aus Kapitalvermögen, die ab zugeflossen sind, berücksichtigt, wobei der besondere Steuersatz von 25 % nicht angewendet wurde. Diese Einkünfte wurden vom belangten Finanzamt mit einem Betrag von EUR 7.567,52 (2012) bzw. EUR 17.575,06 (2013) angesetzt.

Im Rahmen der (gesondert ergangenen) Begründung zu diesen Bescheiden wurde vom belangten Finanzamt wie folgt ausgeführt:

Der österreichischen Finanzverwaltung wurden durch Ihre schweizerische Zahlstelle gemäß Art. 9 des Steuerabkommens der Republik Österreich und der Schweiz Informationen über die bei dieser Zahlstelle unterhaltenen bzw. von dieser Zahlstelle verwalteten Konten oder Depots samt jährlichen Kontoständen übermittelt. Aufgrund dieser Mitteilungen ist es als erwiesen anzunehmen, dass Einkünfte zugeflossen sind, welche steuerlich zu erfassen gewesen wären, bisher bei der Ermittlung der Einkünfte allerdings nicht berücksichtigt worden sind. In diesem Zusammenhang wurden jeweils am und am Ersuchen um Ergänzung mit der Aufforderung die erforderlichen Unterlagen bei der Abgabenbehörde einzubringen, abgefertigt. Die angeforderten Unterlagen sind in weiterer Folge am eingelangt.

[…]

Aufgrund der erhaltenen Kontrollmeldung von der ***Bank*** wurde der Steuerpflichtige aufgefordert, die diesbezüglichen Unterlagen beizubringen. Sohin wurde ein Kontoauszug betreffend das Konto bei der ***Bank*** vorgelegt. Ergänzend wurde ausgeführt, dass die Überschüsse ausschließlich aus Devisen Wechselkurs Differenzen stammen und keiner Steuerpflicht unterliegen. Auf dem Kontoauszug sind hingegen etliche Positionen mit der Bezeichnung Fx Spot & Forwards ersichtlich. Diese Bezeichnung deutet auf getätigte Foreign Exchange Swaps hin, weshalb detaillierte Informationen zu diesem Finanzprodukt abverlangt wurden. Daraufhin wurde eine Broschüre der ***GmbH***, die eine Beschreibung des Finanzproduktes ***Forex*** enthält, beigebracht. Zusammengefasst wird erläutert wird, dass Währungspaare gekauft und verkauft werden. Dadurch bilden sich Tauschverhältnisse, der so genannte Wechselkurs. Investiert wird dabei in verschiedene ausschließlich liquite Währungen, die ohne Handelsstop ohne Zu- und Abschläge gekauft oder verkauft werden können und die Rücknahme sofort erfolgt. Dadurch können alle Trends mitgegangen werden und unabhängig ob der Markt sich in einem Aufwärts- oder Abwärtstrend befindet, könne durch Long oder Short Positionen immer erfolgreich investiert werden.

Nach § 27 Abs 4 EStG gehören zu den Einkünften aus Derivaten der Differenzausgleich, die Stillhalterprämie, Einkünfte aus der Veräußerung und Einkünfte aus der sonstigen Abwicklung bei Termingeschäften (beispielsweise Optionen, Futures, Swaps) sowie bei sonstigen derivativen Finanzinstrumenten (beispielsweise Indexzertifikate). Entsprechend der Bezeichnung des Finanzproduktes bzw. der verwendeten Terminologie in der Broschüre wird davon ausgegangen, dass es sich um einen Devisenswap handelt. Ein Devisenswap (Fx Swap) ist eine Vereinbarung zwischen zwei Parteien über eine Devisenkassatransaktion (FX Spot) und ein gegenläufiges Devisentermingeschäft (FX Forward), über den üblicherweise selben Betrag in der quotierten Währung. Die Währungen werden per Spot gegeneinander getauscht und zu einem späteren Zeitpunkt wieder zurückgetauscht. Dies entspricht den Ausführungen der Broschüre über das Finanzprodukt ***Forex***. Daher wird davon ausgegangen, dass Einkünfte aus Derivaten iSd § 27 Abs 4 EStG erzielt wurden. Da keine weiterführenden Unterlagen eingereicht werden konnten, wird der auf dem Kontoauszug angeführte Kursunterschied als Einkünfte aus Derivaten festgesetzt. Zusätzlich wurden die angefallenen Gebühren auf die Einkünfte angerechnet.

Jener Teil der Begründung, der sich auf den - nicht von der Beschwerde umfassten - Bescheid über die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2012 bezieht, wird an dieser Stelle nicht wiedergegeben.

Im Rahmen der am eingebrachten Beschwerde (datiert mit ) wurde durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers auszugsweise wie folgt ausgeführt:

[…]

In der zugestellten Bescheidbegründung wird davon ausgegangen, dass es sich bei den Kapitaleinkünften um solche aus Derivaten gem. § 27(4) EStG handelt. Gemäss § 27a(2)Ziff.7 sind diese Einkünfte mit dem vollen Steuersatz zu besteuern. Herr Bf hat jedoch in den Jahren 2009 - 2011 Verluste erzielt und zwar nicht nur geringfügige.

2009: -2640,90, 2010: -3813,20, 2011: -3036,46

Diese Verluste wurden bisher in keiner Weise berücksichtigt.

In der Bescheidbegründung wurde noch angeführt, dass eine Wiederaufnahme der Jahre 2009 - 2011 aus verfahrensökonomischen Gründen unterbliebe, dh. die vorangegangenen Verluste werden nicht berücksichtigt. Dies ist eine völlig unzulässige Vorgangsweise und widerspricht verschiedenen tragenden Prinzipien des österr. Steuerrechtes, z.B. dem Nettoprinzip und der Gesamtgewinnbesteuerung. Somit ergibt sich eine gröbliche, unsachliche und somit verfassungswidrige Benachteiligung des Steuerpflichtigen. Das bedingungslose Streben nach einer Mehrung der Staatseinnahmen darf dem Steuerrecht und dessen Auslegung nicht inhärent sein.

[…]

Sofern eine Wiederaufnahme der Jahre 2009 - 2011 nicht durchgeführt wird, beantrage ich die Berücksichtigung der Verluste dieser Jahre bei der Veranlagung der Jahre 2012 und 2013, innerhalb des Topfes der Kapitaleinkünfte. Es wären somit die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 aufzuheben und unter Berücksichtigung der vorangegangenen Verluste bei den Kapitaleinkünften neu zu erlassen.

b) Beschwerdevorentscheidung, Vorlageantrag

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 (siehe oben) als unbegründet abgewiesen. Seitens des belangten Finanzamtes wurde begründend wie folgt ausgeführt:

Der österreichischen Finanzverwaltung wurden durch die schweizerische Zahlstelle gem. Art 9 des Steuerabkommens der Republik Österreich und der Schweiz Informationen über vom Beschwerdeführer (im weiteren: Bf) unterhaltenen bzw. von dieser Zahlstelle verwalteten Konten oder Depots samt jährlichen Kontoständen übermittelt. Nachdem der Bf im Zusammenhang mit einem Ersuchen um Ergänzung maßgebliche Unterlagen vorlegte, wurde das Verfahren betreffend Einkommensteuer 2012 mit Bescheid vom wiederaufgenommen. Die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 ergingen am selben Tag. Hinsichtlich der Verfahren betreffend Einkommensteuer 2009-2011 erfolgte keine Wiederaufnahme.

Der steuerliche Vertreter brachte am Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 jeweils vom mit dem Vorbringen ein, die Verluste, die 2009-2011aus den Derivaten entstanden seien, seien bislang nicht berücksichtigt worden und seien nunmehr als Verlustvortrag bei der Einkommensteuer 2012 und 2013 zu berücksichtigen.

Über die Beschwerde wurde erwogen:

Vorgebracht wurde, im Jahr 2009 seien € 2.640,90, 2010 € 3.913,20 und 2011 € 3.036,46 an Verlusten aus den Derivaten erzielt worden, die nunmehr bei der Einkommensteuer 2012 und 2013 zu berücksichtigen seien.

Nachdem für Verluste aus Kapitalvermögen gesetzlich kein Verlustvortrag vorgesehen ist (Vgl. Jakom, EStG8 § 27 Rz 420), können die Verluste der Jahre 2009-2011 nicht bei der Einkommensteuer 2012 und 2013 berücksichtigt werden. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Mit Schreiben vom wurde durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers die Vorlage der Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 beantragt. Zusätzlich wurde - auszugsweise - wie folgt ausgeführt:

Ich darf hiezu ergänzend bemerken, dass ich auch einen Verlustausgleich für die Jahre 2009 - 2011 beantragt habe. Ein Verlustvortrag für Kapitaleinkünfte ist zwar gesetzlich nicht vorgesehen, wäre aber bei verfassungskonformer Gesetzeslage zumindest im Sinne eines Wartetastenverlustes notwendig, sofern ein Verlustausgleich mit anderen Einkunftsarten nicht durchgeführt werden kann, was allerdings von meiner Seite bestritten wird. Diesbezüglich wird auf meine Beschwerde gegen den abweislichen Bescheid hinsichtlich meines Antrages auf Wiederaufnahme für die Jahre 2009 - 2011 verwiesen.

Tatsächlich ergibt sich nunmehr die höchst unbefriedigende Rechtslage, dass Verluste aus den genannten Jahren nicht zum Ausgleich mit anderen Einkünften zugelassen werden und andererseits die Gewinne 2012 u. 2013 zum vollen Steuersatz besteuert werden. […]

Weiters ersuche ich, die Verluste der Jahre 2009 - 2011 mit den positiven Einkünften aus EA 4 auszugleichen, bzw. die in diesen Jahren erzielten Verluste beim Einkommen 2012 und 2013 abzuziehen. (Unter Fiktion einer Wartetaste) […]

Vorsichtshalber bestreite ich die Steuerpflicht der positiven Einkünfte aus 2012 und 2013, da es sich nach meiner Auffassung um Wetten handelt. […]

B. Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer 2009-2011

a) Antrag, Abweisungsbescheid

Mit Schreiben vom wurde durch die steuerliche Vertretung des Beschwerdeführers ein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 eingebracht, wobei nach erfolgter Wiederaufnahme die Anwendung des Verlustausgleiches mit den anderen vom Beschwerdeführer in den betreffenden Jahren erzielten Einkünften beantragt werde (siehe dazu die obigen Ausführungen zur Beschwerde gegen die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013). Dies sei nach Ansicht des steuerlichen Vertreters problemlos möglich, da es sich nicht um Einkünfte handle, die einem besonderen Steuersatz unterliegen würden. Außerdem sei weder im § 2 EStG 1988 noch im § 27 EStG 1988 ein diesbezügliches Verlustausgleichsverbot enthalten.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 abgewiesen.

Begründend wurde wie folgt ausgeführt:

Gemäß § 303 Abs. 1 lit. b BAO ist dem Antrag des Abgabepflichtigen auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorkommen und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

Der Antragsteller unterhält bei einer schweizerischen Zahlstelle ein Konto. Durch diese Zahlstelle wurden gem. Steuerabkommen Österreich/Schweiz Informationen betreffend Kontostände (u.a. auch für die verfahrensgegenständlichen Jahre 2009-2011) übermittelt. Im Zusammenhang mit dem Ersuchen um Ergänzung wurden seitens des Antragstellers maßgebliche Unterlagen vorgelegt. Daraus ergab sich, dass die Kontostände auf Devisenswaps zurückzuführen sind. Diese Tatsache war zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung betreffend Einkommensteuer 2009-2011 existent, der Behörde jedoch noch nicht bekannt, sodass es sich um eine neu hervorgekommene Tatsache handelt.

Der Antragsteller erzielte in den Jahren 2009-2011 Verlust aus Währungsswaps (=Termingeschäfte; =Derivate iSd § 27 Abs 4 EStG [ab ]). Bis zum fielen Einkünfte aus Termingeschäften unter § 30 Abs 1 Z 2 EStG 1988 aF und stellten damit Spekulationseinkünfte dar. Entstehen aus den Spekulationseinkünften Verluste, so sind diese gem. § 30 Abs 4 EStG 1988 aF nicht ausgleichsfähig. Selbst wenn daher zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung betreffend Einkommensteuer 2009-2011 bekannt gewesen wäre, dass der Antragsteller Verluste aus den Währungsswaps erzielt hat, wäre mangels Verlustausgleich kein im Spruch anders lautender Bescheid herbeigeführt worden.

b) Beschwerde

Mit Schreiben vom wurde durch die steuerliche Vertretung Beschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 erhoben. Begründend wurde (auszugweise) wie folgt ausgeführt:

In der Bescheidbegründung vom wird ausgeführt, dass die Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend ESt 2009 - 2011 aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht durchgeführt werde. Diese Begründung ist angesichts der Verluste von Herrn Bf in diesen Jahren höchst eigenartig. Normalerweise werden "verwaltungsökonomische Gründe" nur bei sehr geringen Beträgen oder übermäßigem Verwaltungsaufwand ins Treffen geführt. Beides trifft hier nicht zu. Das Finanzamt möge doch bitte ausführen, welche "verwaltungsökonomischen Gründe" hier dahinterstecken. Der Steuerpflichtige soll nicht rätseln müssen.

Weiters geht das Finanzamt davon aus, dass Einkünfte aus Derivaten gemäss § 27(4) EStG n.F. erzielt wurden. Es wurde damals Herrn Bf versichert, dass seine Einkünfte aus dieser Anlageform steuerfrei wären, weshalb er auch keinen Antrag auf Verlustausgleich stellte. Der Antrag auf WA ist somit infolge Hervorkommens neuer Tatsachen, in diesem Falle eine vom Finanzamt unterstellte Steuerpflicht, berechtigt. Im Bescheid vom steht das Finanzamt auf dem Standpunkt, dass in diesen Jahren Einkünfte gem. § 30 EStG (Spekulationseinkünfte) erzielt wurden. Die Eigenschaft als Spekulationseinkünfte ist noch zu hinterfragen. Es handelt sich hier m.E. nicht um "Swaps", sondern eher um Wetten.

[…]

Es wurde die umgehende Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht, d.h. ohne vorherigen Erlass einer Beschwerdevorentscheidung, beantragt.

C. Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht

Sämtliche Beschwerden wurden dem Bundesfinanzgericht am zur Entscheidung vorgelegt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerdesache mit Stichtag der Gerichtsabteilung des erkennenden Richters zugeteilt.

Mit Schreiben vom wurde durch die steuerliche Vertretung ein Auszug aus einer Fachzeitschrift (SWK 20/21, 2016) übermittelt, in dem über eine Entscheidung des deutschen BFH informiert wird. Aus diesem Auszug ist ersichtlich, dass der deutsche BFH eine Ausgleichs- und Verlustbeschränkung für Verluste aus betrieblichen Termingeschäften als grundsätzlich verfassungsgemäß beurteilt hat, sofern derartige Verluste noch mit späteren Gewinnen aus derartigen Geschäften verrechnet werden können. Bei den von dieser (deutschen) Regelung betroffenen Termingeschäften handelt es sich laut dem BFH um hochspekulative und damit besonders risikogeneigte Geschäfte, weshalb der Eintritt von Verlusten bei solchen Geschäften daher deutlich wahrscheinlicher ist als bei sonstigen betrieblichen Tätigkeiten. Es steht somit dem (deutschen) Gesetzgeber nach Ansicht des BFH frei, solche risikogeneigten Tätigkeiten - auch wenn sie mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen werden - steuerlich anders zu behandeln als sonstige betriebliche Tätigkeiten, die keinen vergleichbar spekulativen Charakter haben.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Am hat die ***Bank*** eine Bescheinigung über die Übermittlung von Informationen im Rahmen der freiwilligen Meldung gemäß Artikel 9 des Abkommens zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft und der Republik Österreich über die Zusammenarbeit in den Bereichen Steuern und Finanzmarkt (idF "Bescheinigung") betreffend den Beschwerdeführer ausgestellt. Zusätzlich wurde vom Beschwerdeführer als Reaktion auf ein diesbezügliches Ergänzungsersuchen des belangten Finanzamtes ein Kontoauszug für das gegenständliche Depot betreffend den Zeitraum September 2009 bis inklusive Jänner 2014 vorgelegt, auf dem die in diesem Zeitraum stattgefundenen Kontobewegungen ersichtlich sind (siehe die nachfolgende Tabelle für die jährlichen Ergebnisse).


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Jahr
Ergebnis in EUR
2009
  1. 2.640,90
2010
  1. 3.813,20
2011
  1. 3.036,46
2012
7.567,52
2013
17.575,06

Die im Jahr 2012 erzielten Erträge stammen ohne Ausnahme aus dem Zeitraum ab September 2012.

Der Großteil der Buchungen trägt entweder den Text "Fx Spot & Forwards" (unter Zusatz eines Währungspaares, z.B. "USDJPY") oder "WITHDRAWAL MGTFEE" (unter Zusatz eines Zeitraumes, z.B. "Q2"). Unter der Bezeichnung "Fx Spot & Forwards" wurden die Veranlagungsergebnisse des Finanzproduktes (nämlich eines Devisenswaps) und unter der Position "WITHDRAWAL MGTFEE" die quartalsweise anfallenden Provisionszahlungen für die Veranlagungstätigkeit verbucht.

Auf Basis der Meldung der obgenannten Bank hat das Finanzamt das Verfahren betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012 wiederaufgenommen und am einen neuen Sachbescheid erlassen, in dem das obig dargestellte Veranlagungsergebnis als Einkünfte aus Kapitalerträgen ohne Anwendung des Sondersteuersatzes festgesetzt wurde. Selbiges im Einkommensteuerbescheid 2013 vom (ebenfalls) , allerdings ohne vorhergehende Wiederaufnahme.

Der seitens der steuerlichen Vertretung gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 wurde als unbegründet abgewiesen. Die Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 sind sämtlich am ergangen.

2. Beweiswürdigung

Gemäß § 167 Abs. 1 BAO bedürfen Tatsachen, die bei der Abgabenbehörde offenkundig sind, und solche, für deren Vorhandensein das Gesetz eine Vermutung aufstellt, keines Beweises.

Gemäß § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde im Übrigen unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes genügt es, von mehreren Möglichkeiten jene als erwiesen anzunehmen, die gegenüber allen anderen Möglichkeiten eine überragende Wahrscheinlichkeit oder gar die Gewissheit für sich hat und alle anderen Möglichkeiten absolut oder mit Wahrscheinlichkeit ausschließt oder zumindest weniger wahrscheinlich erscheinen lässt. Die Abgabenbehörde muss dieser Rechtsprechung zufolge den Bestand einer Tatsache nicht im "naturwissenschaftlich-mathematisch exakten Sinn" nachweisen (vgl etwa ; Ritz/Koran, BAO7, § 167 Rz 8 mwN).

Die Feststellung betreffend die Qualifikation des Finanzproduktes als "Devisenswap" ergibt sich für den erkennenden Richter aus den folgenden Gründen:

Ein Devisenswap (englisch: "foreign exchange swap" oder "FX-Swap") besteht aus zwei Transaktionen - dem Kassageschäft (Spot) einerseits und dem Termingeschäft (Forward) andererseits. Im Rahmen des Kassageschäftes vereinbaren die Vertragsparteien den Handel eines Währungspaares (zB USD/JPY) zum jetzigen Zeitpunkt und auch zum jetzigen (Spot)Kurs. Zusätzlich wird der Rücktausch des Währungspaares zu einem späteren Zeitpunkt zu einem im Voraus festgelegten Kurs (Forward) vereinbart. Sowohl Kassageschäft als auch Termingeschäft erfolgen üblicherweise über denselben Betrag in der vereinbarten Währung. Abhängig von der Entwicklung des Wechselkurses zwischen dem Währungspaar kann der Forward (d.h. für den zukünftigen Umtausch festgelegte Wechselkurs) somit zu einem Verlust oder einem Gewinn führen.

  1. Auf das Vorliegen eines Devisenswaps (oder "FX-Swap") lässt sich erstens aus dem vorliegenden Kontoauszug bzw. genauer den darin enthaltenen Buchungstexten schließen. Diese enthalten zum einen die Wendung "Fx Spot & Forwards" und weisen somit auf den Abschluss der obig dargestellten, gegenläufigen Geschäfte, die für einen Devisenswap maßgeblich sind, hin. Zum anderen wird auch das betroffene Währungspaar (z.B. USDJPY oder EURCHF) und somit der maßgebliche Gegenstand des Devisenswaps genannt. Es ist in realitätsnaher Betrachtung davon auszugehen, dass die auf dem Kontoauszug angeführten Buchungstexte nicht willkürlich gewählt wurden, sondern das zugrundeliegende Geschäft korrekt abbilden.

  2. Auch aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen betreffend das abgeschlossene Finanzprodukt "***Forex***" ergibt sich nicht zwingend eine andere Beurteilung. So wird unter anderem ausgeführt:

    • Seite 1, Profil: Ein Devisengeschäft beinhaltet den gleichzeitigen Kauf und Verkauf von zwei Währungen. Dadurch bilden sich Tauschverhältnisse, der so genannte Wechselkurs.

    • Seite 1, Investplan: Hier werden immer zwei Währungen gleichzeitig gekauft, das heißt, dass wir mit der einen Währung charttechnisch nach "oben" kalkulieren, während wir eine andere Entgegengesetzte nach "unten" kaufen. Ab diesem Zeitpunkt wirkt die Veränderung dieser beiden Währungen, den Unterschied, der Kurs, die Differenz bringt uns den Gewinn.

    • Seite 1, Bericht des Fondsmanagers: Die Währungen, die ausgewählt werden, sind ausschließlich liquide Währungen, dh. dass sie bei Handelsstop ohne Zu- und Abschläge gekauft bzw. verkauft werden können und die Rücknahme sofort erfolgt. Im Bereich der Währungen können wir alle Trends mitgehen. Dh. unabhängig ob der Markt sich in einem Aufwärts- oder Abwärtstrend befindet, können wir durch Long oder Short Positionen immer erfolgreich für Sie investieren.

  3. Aus den Ausführungen in dieser Broschüre ergibt sich somit, dass - wie für einen Devisenswap charakteristisch - durch den Anleger Währungspaare gleichzeitig gekauft und verkauft werden, wobei eine bestimmte Entwicklung des Kurses erwartet bzw. kalkuliert wird. Bei isolierter Betrachtung der in der Broschüre dargestellten Vorgehensweise muss nicht zwingend auf das Vorliegen eines Devisenswaps geschlossen werden, es wäre auch ein bloßer "Devisenhandel" denkbar. Allerdings erscheint es für den erkennenden Richter - insbesondere in Zusammenschau mit dem Depotauszug und den dort angeführten Buchungstexten "Fx Spot & Forwards" - wahrscheinlicher, dass es sich beim fraglichen Finanzprodukt um Devisenswaps handelt und nicht ein bloßer "Devisenhandel" vorliegt.

  4. Schließlich ergibt sich aus dem von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers übermittelten Auszug aus der SWK (siehe oben), dass auch der Beschwerdeführer bzw. dessen steuerliche Vertretung zu diesem Zeitpunkt wohl vom Vorliegen von Termingeschäften (und somit nicht bloßem "Devisenhandel") ausgegangen sein dürften, da Gegenstand der Entscheidung des BFH eben solche (betrieblichen) Termingeschäfte und nicht bloßer Devisenhandel war. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass sich der übermittelte Auszug auf Einkünfte im betrieblichen Bereich bezieht, währenddessen die Einkünfte auf Ebene des Beschwerdeführers - mangels gegenteiliger Anhaltspunkte bzw. mangels diesbezüglichem Vorbringen - aus dem nicht betrieblichen (sohin privaten) Bereich stammen.

Die Feststellungen betreffend die Bescheinigung bzw. den Konto-/Depotauszug, die Einkommensteuerbescheide 2012 und 2013 sowie den Antrag auf Wiederaufnahme betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 ergeben sich aus ebendiesen Dokumenten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abweisung)

A. Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011

a) Rechtliche Grundlagen

§ 303 BAO lautet auszugsweise:

(1) Ein durch Bescheid abgeschlossenes Verfahren kann auf Antrag einer Partei oder von Amts wegen wiederaufgenommen werden, wenn

a) der Bescheid durch eine gerichtlich strafbare Tat herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist, oder

b) Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen sind, oder

c) der Bescheid von Vorfragen (§ 116) abhängig war und nachträglich über die Vorfrage von der Verwaltungsbehörde bzw. dem Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist,

und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

(2) Der Wiederaufnahmsantrag hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung des Verfahrens, dessen Wiederaufnahme beantragt wird;

b) die Bezeichnung der Umstände (Abs. 1), auf die der Antrag gestützt wird.

[…]

b) Erwägungen

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 wurde durch den Beschwerdeführer bzw. dessen steuerliche Vertretung damit begründet, dass Tatsachen oder Beweismittel im abgeschlossenen Verfahren neu hervorgekommen seien (sohin § 303 Abs. 1 lit. b BAO). Konkret wurde vorgebracht, dass der Beschwerdeführer bislang von der Steuerfreiheit der Einkünfte aus der gewählten Anlageform ausgegangen sei. Bei der vom belangten Finanzamt unterstellten Steuerpflicht handle es sich somit um eine neu hervorgekommene Tatsache iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO.

Darauf ist zunächst auf die Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach Zweck der Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO die Berücksichtigung von bisher unbekannten, aber entscheidungswesentlichen Sachverhaltselementen ist. Gemeint sind also Tatsachen, die zwar im Zeitpunkt der Bescheiderlassung "im abgeschlossenen Verfahren" bereits existierten, aber erst danach hervorgekommen sind. Das Neuhervorkommen von Tatsachen ist bei der beantragten Wiederaufnahme aus der Sicht des Antragstellers zu beurteilen (vgl. mwN zur Rechtsprechung des VwGH).

Welche gesetzlichen Wiederaufnahmegründe durch einen konkreten Sachverhalt als verwirklicht angesehen und daher als solche herangezogen werden sollen, bestimmt bei der Wiederaufnahme auf Antrag die betreffende Partei, bei der Wiederaufnahme von Amts wegen die für die Entscheidung über die Wiederaufnahme zuständige Behörde ().

Zudem stellen weder das Hervorkommen von Rechtsirrtümern () noch neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhaltselementen, gleichgültig, ob die späteren rechtlichen Erkenntnisse durch die Änderung der Verwaltungspraxis oder Rechtsprechung oder nach vorhergehender Fehlbeurteilung oder Unkenntnis der Gesetzeslage eigenständig gewonnen werden (; , 96/15/0148; , 2008/15/0215) neue Tatsachen und somit einen tauglichen Wiederaufnahmegrund dar.

Im Ergebnis ist somit auszuführen, dass die Tatsache, dass vom Beschwerdeführer in den Jahren 2009 bis 2011 (negative) Einkünfte aus in der Schweiz verwalteten Finanzprodukten erzielt wurden, für diesen keine "neu hervorgekommenen" Tatsachen im Sinne des § 303 Abs. 1 lit. b BAO darstellen, da ihm diese Einkünfte bereits im Zeitpunkt der Erlassung der Einkommensteuerbescheide für die fraglichen Jahre (d.h. am ) bekannt waren. Dass es im Falle der beantragten Wiederaufnahme auf die Sicht des Antragstellers ankommt, ergibt sich aus der obig zitierten Rechtsprechung des VwGH. Auf das Vorbringen, wonach das belangte Finanzamt hinsichtlich der Qualifikation der Einkünfte als steuerpflichtig von der Einschätzung des Beschwerdeführers bzw. seiner steuerlichen Vertretung abweicht und dies eine neue Tatsache darstellen solle, ist wiederum auf die obige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach weder Rechtsirrtümer noch neue Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung von Sachverhalten geeignete Wiederaufnahmegründe darstellen.

Wie sich aus dem Gesetzestext ergibt, ist eine Wiederaufnahme nicht nur auf Antrag, sondern auch von Amts wegen möglich. Da die Bescheinigung der ***Bank*** erst im Juni 2013 und somit deutlich nach Bescheiderlassung (gemäß dem festgestellten Sachverhalt sämtlich am ) übermittelt wurde, handelt es sich auf Ebene des belangten Finanzamtes jedenfalls um neu hervorgekommene Tatsachen. Das Finanzamt konnte im Zeitpunkt der Erlassung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2009 bis 2011 am - aufgrund der erst im Juni 2013 erfolgten Meldung - noch keine Kenntnis von in den fraglichen Jahren erzielten Einkünften haben und diese somit auch im Rahmen der Bescheide nicht berücksichtigen.

Weitere Voraussetzung für eine Wiederaufnahme des Verfahrens ist allerdings, dass die neu hervorgekommenen Tatsachen auch einen im Spruch anders lautenden Bescheid zur Folge haben. Dies wurde vom Finanzamt im Rahmen des Bescheides über die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2009 bis 2011 - unter Verweis auf die in diesen Jahren geltenden Regelungen iZm Spekulationseinkünften - verneint und es wurde somit von einer amtswegigen Wiederaufnahme abgesehen. Dieser Beurteilung schließt sich das Bundesfinanzgericht an, die Beschwerde war somit als unbegründet abzuweisen.

B. Einkommensteuer 2012 und 2013

a) Rechtliche Grundlagen

§ 27 EStG 1988 in der für die streitgegenständlichen Jahre maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen sind Einkünfte aus der Überlassung von Kapital (Abs. 2), aus realisierten Wertsteigerungen von Kapitalvermögen (Abs. 3) und aus Derivaten (Abs. 4), soweit sie nicht zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 4 gehören.

[…]

(4)Zu den Einkünften aus Derivaten gehören

1. der Differenzausgleich,

2. die Stillhalterprämie,

3. Einkünfte aus der Veräußerung und

4. Einkünfte aus der sonstigen Abwicklung

bei Termingeschäften (beispielsweise Optionen, Futures und Swaps) sowie bei sonstigen derivativen Finanzinstrumenten (beispielsweise Indexzertifikaten).

[…]

(8)Der Verlustausgleich ist nur nach Maßgabe der folgenden Vorschriften zulässig:

1.Verluste aus Einkünften nach Abs. 3 und 4 können nicht mit Zinserträgen aus Geldeinlagen und sonstigen Forderungen bei Kreditinstituten sowie mit Zuwendungen gemäß Abs. 5 Z 7 ausgeglichen werden.

2.Verlustanteile aus der Beteiligung an einem Unternehmen als stiller Gesellschafter sowie aus der Beteiligung nach Art eines stillen Gesellschafters dürfen nicht mit anderen Einkünften ausgeglichen werden. Sie sind in Folgejahren mit Gewinnanteilen aus derselben Beteiligung zu verrechnen.

3.Einkünfte aus Kapitalvermögen, auf die der besondere Steuersatz gemäß § 27a Abs. 1 anwendbar ist, können nicht mit Einkünften aus Kapitalvermögen ausgeglichen werden, für die dieser gemäß § 27a Abs. 2 nicht gilt.

4.Nicht ausgeglichene Verluste aus Kapitalvermögen dürfen nicht mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen werden.

Die vorstehenden Regelungen über den Verlustausgleich gelten auch im Falle der Regelbesteuerung gemäß § 27a Abs. 5.

§ 27a EStG 1988 in der für die streitgegenständlichen Jahre maßgeblichen Fassung lautet auszugsweise:

(1) Einkünfte aus Kapitalvermögen unterliegen einem besonderen Steuersatz von 25% und sind bei der Berechnung der Einkommensteuer des Steuerpflichtigen weder beim Gesamtbetrag der Einkünfte noch beim Einkommen (§ 2 Abs. 2) zu berücksichtigen, sofern nicht die Regelbesteuerung (Abs. 5) anzuwenden ist.

(2) Abs. 1 gilt nicht für

[…]

7. Einkünfte aus nicht verbrieften Derivaten im Sinne des § 27 Abs. 4. Dies gilt nicht, wenn eine der in § 95 Abs. 2 Z 2 lit. b genannten Einrichtungen eine der Kapitalertragsteuer entsprechende Steuer freiwillig einbehält und abführt; diesfalls sind § 95 Abs. 1 und § 97 sinngemäß anzuwenden.

b) Erwägungen

Gemäß dem festgestellten Sachverhalt handelt es sich bei den vom Beschwerdeführer in den Jahren 2009 bis 2013 bezogenen Einkünften aus Kapitalvermögen um Einkünfte aus Derivaten iSd § 27 Abs. 4 EStG 1988, genauer gesagt aus Einkünfte aus einem Devisenswap. Im Zusammenhang mit derartigen Einkünften bestehen diverse gesetzlich normierte Ausgleichsverbote, ein Verlustvortrag ist gesetzlich nicht vorgesehen. So auch Marschner in Jakom EStG, 7. Aufl. 2014, § 27, Rz 412, wonach die Bestimmung des § 27 Abs. 8 EStG 1988 unterschiedliche Bestimmungen zur Beschränkung der Verlustverrechnung enthält, und zwar in der Form von bestimmten "Töpfen" ohne Verrechnungsmöglichkeit zwischen diesen sowie weitere spezielle Ausgleichsverbote. Ein Verlustvortrag ist überhaupt nicht vorgesehen.

Dem Ansinnen des Beschwerdeführers, die in den Jahren 2009 bis 2011 erzielten negativen Einkünfte aus Kapitalvermögen iZm Devisenswaps in den Jahren 2012 und 2013 im Wege eines Verlustvortrages gegen die positiven Einkünfte aus Kapitalvermögen iZm Devisenswaps zu verrechnen, kann somit - mangels gesetzlicher Grundlage - nicht entsprochen werden.

Hinsichtlich der von der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers aufgeworfenen Bedenken im Zusammenhang mit der Verfassungskonformität des gesetzlich ausgeschlossenen Verlustvortrages im Bereich der Einkünfte aus Kapitalvermögen ist dieser auf die Rechtsprechung des VfGH zu verweisen (). In dieser Entscheidung führt der VfGH - unter anderem - aus, dass "dem Gesetzgeber […] nicht entgegengetreten werden [kann], wenn er für nicht ausgeglichene Verluste aus Einkünften aus Kapitalvermögen im Rahmen des § 18 Abs. 6 EStG 1988 keinen Abzug als Sonderausgabe vorsieht, zumal ein solcher Abzug im Rahmen der Ermittlung des Einkommens das in § 27 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 vorgesehen Verbot des vertikalen Verlustausgleiches gleichsam unterlaufen würde. Es ist aber auch nicht zu erkennen, dass der Gleichheitssatz gebieten würde, für nicht ausgeglichene Verluste iSd § 27 Abs. 8 Z 4 EStG 1988 in einem späteren Jahr einen Abzug von positiven Einkünften aus Kapitalvermögen und somit einen Verlustvortrag innerhalb der Schedule vorzusehen."

Auf Basis der obigen Ausführungen war die Beschwerde somit als unbegründet abzuweisen, da der beantragte Verlustvortrag gemäß dem expliziten Wortlaut des Gesetzes nicht möglich ist. Eine Anrufung des VfGH betreffend die verfassungsrechtlichen Bedenken der steuerlichen Vertretung des Beschwerdeführers konnte aufgrund der obig zitierten Rechtsprechung ebenfalls unterbleiben.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Im gegenständlichen Beschwerdefall lag keine Rechtsfrage vor, der grundsätzliche Bedeutung zukam. Die im Beschwerdefall zu lösenden Rechtsfragen beschränkten sich einerseits auf Rechtsfragen, welche bereits in der bisherigen (oben zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Verfassungsgerichtshofes beantwortet wurden. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 27 EStG 1988, Einkommensteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 400/1988
§ 303 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.1100211.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at