Bescheidbeschwerde – Senat – Erkenntnis, BFG vom 02.01.2024, RV/7102803/2023

WiEReG und Zustellbevollmächtigung

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/7102803/2023-RS1
§ 16 Abs 3 WiEReG idF BGBl I 97/2023 fingiert eine Zustellungsbevollmächtigung (ErläutRV 2091 BlgNR 27. GP, 17) für Sachverhalte ab .

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. Markus Knechtl LL.M., die Richterin Mag.a Gertraud Hausherr sowie Mag. Markus Fischer, BA als fachkundigen Laienrichter und Mag. Johannes Denk als fachkundigen Laienrichter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Buchberger Ettmayer Rechtsanwälte GmbH, Porzellangasse 51, 1090 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aufhebung § 299 BAO / Sonstige 2023 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit von RA Dr. Franz Josef Arztmann, MBA für Buchberger Ettmayer Rechtsanwälte GmbH und von MMag. Martin Baumgartner für die belangte Behörde zur Steuernummer ***BF1StNr2*** zu Recht erkannt:

I. Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Eingabe vom
Mit Schreiben vom (datiert mit ) brachte die Beschwerdeführerin wegen der Zwangsstrafenbescheide vom und vom folgenden Schriftsatz (auszugsweise) ein:
"STELLUNGNAHME - UNWIRSAMKEIT AUFGRUND ZUSTELLMANGEL

IN EVENTU: ANTRAG AUF ERSATZLOSE AUFHEBUNG GEM § 299 BAO -

ZWANGSSTRAFENBESCHEIDE VOM UND

IN EVENTU: BESCHWERDE GEM § 243 BAO GEGEN BESCHEID SÄUMNISZUSCHLAG VOM

Das Amt für Betrugsbekämpfung hat in seiner Funktion als Finanzstrafbehörde zur GZ GF-001 538 030 den Verband ***Bf1*** (in weiterer Folge: "ATA") mit Schreiben vom , am Postweg (RSb) zugestellt am , aufgefordert, schriftlich hinsichtlich des Verdachtes der Verletzung der Meldeverpflichtung gemäß § 5 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz ("WiEReG") Stellung zu nehmen.

Im Zuge der Akteneinsicht vom ist die rechtsfreundliche Vertretung auf die im Betreff angeführten und trotz aufrechter Zustellvollmacht der steuerlichen Vertretung (***Stb***, WT Code: ***WT-Nr***) an ATA adressierten und in die FinOn-Databox der ATA übermittelten Zwangsstrafenbescheide gestoßen. Hinsichtlich sämtlicher im Betreff angeführter Bescheide wurde sohin KEINE wirksame Zustellung bewirkt.

Mit Bescheid vom , erneut ATA am Postweg zugestellt am , wurde ein Säumniszuschlag iHv. EUR 80 festgesetzt und auf die Beschwerdemöglichkeit innerhalb eines Monats hingewiesen.

Namens und auftrags unserer Mandantin erstatten wir daher unter Berufung auf die erteilte beschränkte Vollmacht (siehe Rubrum) und unter Bezugnahme auf die im parallel durchgeführtenFinanzstrafverfahren am heutigen Tag eingebrachte rechtfertigende Stellungnahme nachfolgende

STELLUNGNAHME:

[…]
ATA wird seit vielen Jahren von "
***EV***" […], (im Folgenden: "***Stb***") steuerlich vertreten und nimmt bei abgabenrechtlichen Zweifelsfragen regelmäßig deren Beratung in Anspruch. Als steuerlicher Vertreter ist ausschließlich die "***EV***" […], beauftragt und bevollmächtigt. Die ***Stb*** eingeräumte Vollmacht umfasst auch eine uneingeschränkte Zustellvollmacht (Beilage 1). Als Vollmachtgeberin ist noch die Rechtsvorgängerin von ATA, die ***Bf1-Vorgänger*** ausgewiesen, welche im Jahr 2021 mit der ATA fusioniert wurde (Gesamtrechtsnachfolge).
[…]
Sofern ATA KöSt- oder USt-Jahresbescheide via FinanzOnline zugestellt werden, werden diese Bescheide aufgrund einer seit vielen Jahren bestehenden ausschließlichen (vollumfassenden) Zustellvollmacht der laufenden steuerlichen Vertretung der ATA,
***Stb*** in Wien, zugestellt. ***Stb*** informiert die Rechnungswesenabteilung über den Eingang dieser Bescheide. Dieser "Bescheidworkflow" hat in der Vergangenheit bestens funktioniert, sodass abgabenrechtliche Fristen stets eingehalten werden konnten.
[…]
1.3 WiEReG: Meldungen ATA

Aufgrund der Konzernzugehörigkeit der ATA zu der an der Börse gelisteten ***CD*** als oberstem Rechtsträger in der Beteiligungs- und Kontrollstruktur der ***CD***-Gruppe gibt es keine natürlichen Personen als direkte oder als indirekte Wirtschaftliche Eigentümer gemäß § 2 Abs 1 lit a WiEReG für die meldepflichtige österreichische Gesellschaft. Daher wurden seit jeher bei den Meldungen der Wirtschaftlichen Eigentümer dem wahren Lebenssachverhalt und den Vorgaben des WiEReG entsprechend subsidiär die Mitglieder der obersten Führungsebene der ATA gemäß § 2 Abs 1 lit b WiEReG als Wirtschaftliche Eigentümer korrekt gemeldet, da auf Basis einer höchstsorgfältigen Überprüfung keine Person nach § 2 Abs 1 lit a WiEReG ermittelt werden konnte und kann.

1.4 Erinnerungsmeldung und Zwangsstrafenverfahren

1.4.1 Erinnerung / Aufforderung vom
Mit der Erinnerung vom wurde ATA unter Androhung der Verhängung einer ersten Zwangsstrafe iHv EUR 1.000 aufgefordert, die jährliche überprüfende WiEReG-Meldung bis nachzuholen. Adressat des Erinnerungsschreibens ist die
***Bf1***" und NICHT die zustellbevollmächtigte steuerliche Vertretung (***Stb***).

Trotz umfassender Zustellvollmacht der laufenden steuerlichen Vertretung ***Stb*** erfolgte die Zustellung des Erinnerungsschreibens am in die FinOn-Databox der ATA unter der laufenden Steuernummer ***Bf1StNr1*** beim FAG.
[…]
Zum Zwecke des Abgleiches des Informationsstandes iS WiEReG mit der laufenden steuerlichen Vertretung wurde die Erinnerung vom an diese am via E-Mail weitergeleitet.

1.4.2 Zwangsstrafenbescheid vom
Mit Zwangsstrafenbescheid vom wurde eine erste Zwangsstrafe in Höhe von EUR 1.000 festgesetzt und ATA zur Vornahme der WiEReG-Meldung bis zum aufgefordert. Bei Nichtbeachtung wird die Verhängung einer zweiten Zwangsstraße iHv EUR 4.000 angedroht. Adressat des Erinnerungsschreibens ist wiederum die "
***Bf1***" und nicht die zustellbevollmächtigte steuerliche Vertretung ***Stb***.

Trotz umfassender Zustellvollmacht der laufenden steuerlichen Vertretung (***Stb***) "zum Empfang von Schriftstücken der Abgabenbehörden" erfolgte die Zustellung des 1. Zwangsstrafenbescheides am in die FinOn-Databox der ATA unter der neu vergebenen (zusätzlichen) Steuernummer ***BF1StNr2*** beim FAÖ. Die Zwangsstrafe wurde ebenso am Abgabenkonto der neu vergebenen (zusätzlichen) Steuernummer ***BF1StNr2*** beim FAÖ festgesetzt.

Die Vergabe dieser neuen Steuernummer war weder ATA noch dem Rechnungswesen bei der ***AB*** noch der steuerlichen Vertretung (***Stb***) bekannt.
[…]
ATA wurde weder seitens des BMF als Registerbehörde
1 noch seitens des FAÖ als für die Verhängung von Zwangsstrafen zuständige Behörde2 über die Einrichtung einer neuen Steuernummer und die Festsetzung der Zwangsstrafe informiert.

Die neu vergebene Steuernummer ***BF1StNr2*** wurde ATA erstmals durch deren Nennung in der hier verfahrensgegenständlichen Aufforderung vom bekannt.

Erst im Zuge der von der rechtlichen Vertretung (***EF*** Law) vorgenommenen Akteneinsicht vom wurde die Existenz des Zwangsstrafenbescheids vom bekannt. Die zustellbevollmächtige steuerliche Vertretung (***Stb***) hat den Zwangsstrafenbescheid vom bisweilen noch NICHT erhalten.

1.4.3 2. Zwangsstrafenbescheid vom

Mit dem Zwangsstrafenbescheid vom wurde eine zweite Zwangsstrafe in Höhe von EUR 4.000 festgesetzt. Adressat des Erinnerungsschreibens ist die "***Bf1***" und nicht die zustellbevollmächtigte steuerliche Vertretung (***Stb***). Zur Zustellung dieses 2. Zwangsstrafenbescheides gilt das zur 1. Zwangsstrafe Ausgeführte gleichermaßen, weil die Behörde administrativ wie bei Erteilung der ersten Zwangsstrafe vorgegangen ist. Insbesondere hat ***Stb*** trotz der erteilten ausschließlichen ZustellvolImacht auch den 2. Zwangsstrafenbescheidnoch nicht erhalten, eine Heilung ist auch hier nicht erfolgt.

1.5 ABB Finanzstrafverfahren: Aufforderung zur Stellungnahme vom
Diese Aufforderung wurde per RSb-Brief postalisch an ATA am zugestellt. Mit der gegenständlichen Aufforderung wurde ATA erstmalig über die Existenz der Steuernummer
***BF1StNr2*** beim FAÖ in Kenntnis gesetzt. Mit Schreiben vom heutigen Tage wird dieser Aufforderung nachgekommen und umfassend dargelegt, weshalb KEINE Verfehlung vorliegt.

1.6 WiEReG-Meldung vom
Nach raschest möglicher Einholung der dafür erforderlichen Erklärung der
***CD*** (als börsennotierte französische Konzernmutter) wurde die WiEReG-Meldung am ehestmöglich nachgeholt. Diese Meldung wurde nunmehr als "subsidiären Meldung der obersten Führungsebene mit automatischer Datenübemahme" vorgenommen.

[…]

2 Stellungnahme: KEINE wirksamen Bescheide aufgrund Zustellmangel

2.1 Meldepflicht gem § 5 WiEReG und Zwangsstrafensystem
[…]
Bei den Zwangsstrafen gilt ein abgestuftes System. Notwendige Voraussetzung für die Verhängung einer Zwangsstrafe ist deren Androhung. Nur wenn die Androhung wirksam zugestellt wurde, kann eine Zwangsstrafe auch rechtswirksam verhängt werden.

2.2 Zustellung an Bevollmächtigen erforderlich bei sonstiger Unwirksamkeit
[…]
Zwischenergebnis: Sowohl die Erinnerung vom als auch die Zwangsstrafen sowie der Säumnisbescheid wurden weder an die zustellbevollmächtigte steuerliche Vertretung (
***Stb***) adressiert noch dieser zugestellt. Sämtliche Bescheide wurden daher nicht wirksam zugestellt.

2.3 BFG-Rechtsprechung zu Bescheidzustellungen im Rahmen des WiEReG
[…]

3 In eventu: Antrag auf Aufhebung gem § 299 BAO - Zwangsstrafenbescheide vom und

Wie obenstehend unter Hinweis auf die Rechtsprechung ausgeführt, wurden beide Zwangsstrafenbescheide bis zum heutigen Tage NICHT wirksam zugestellt. Ohne wirksame Zustellung konnte der Bescheid noch keine rechtlichen Wirkungen entfalten. Auch die Rechtsmittelfrist des § 245 BAO bzw die Jahresfrist des § 299 BAO iVm § 302 BAO konnten sohin nicht in Lauf gesetzt werden.

Für den Fall einer gegenüber obenstehender Stellungnahme abweichenden rechtlichen Beurteilung beantragen wir hiemit namens und auftrags unserer Mandantschaft die ersatzlose Aufhebung gem § 299 BAO

des Zwangsstrafenbescheides vom sowie

des Zwangsstrafenbescheides vom .

Begründung: Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist (§ 299 Abs 1 BAO). Notwendig ist die Antragstellung binnen Jahresfrist (vgl § 302 BAO).

Diese Jahresfrist kann unter der Annahme einer erfolgten Zustellung jedenfalls eingehalten werden. Die Festsetzung der Zwangsstrafe erweist sich aufgrund folgender Überlegungen als rechtswidrig:

  1. Das Erinnerungsschreiben vom wurde der steuerlichen Vertretung am zugestellt.

  2. Die WiEReG-Meldung wurden am nachgeholt; somit binnen der sechswöchigen Frist gem § 16 WiEReG.

  3. Da sohin der WiEReG-Meldeverpflichtung fristgerecht nachgekommen wurde, waren die Voraussetzungen für die Verhängung der ersten und zweiten Zwangsstrafe nicht gegeben (vgl § 16 WiEReG).

[…]"

Mängelbehebung
Mit Bescheid vom erließ die belangte Behörde einen Mängelbehebungsauftrag wegen Fehlens der Unterschrift am Antrag vom , zumal lediglich der Aufdruck einer elektronischen Signatur auf einem ausgedruckten Schriftstück vorlag.

Mit Eingabe vom langte eine eigenhändig unterschriebene Eingabe bei der belangten Behörde ein.

Bescheid vom
Die belangte Behörde hat den Aufhebungsantrag mit Bescheid vom als unbegründet abgewiesen und dies wie folgt begründet (auszugsweise):
"[…] Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung, dass eine einer Behörde in einem bestimmten Verfahren bekannt gegebene Zustellungsbevollmächtigung nur in dem betreffenden Verfahren wirkt, keineswegs hat sie Bedeutung in einem vor einer anderen Behörde anhängigen Verfahren (; , 2008/16/0170).

Anderes gilt nach der VwGH-Rechtsprechung (Erkenntnis vom , 2008/17/0094) [nur] dann, wenn wiederkehrend zu erhebende Abgaben vorliegen bzw. wenn die Gebarung von Abgaben zusammengefasst verbucht wird, da dies insofern als eine einheitliche Verwaltungssache konstituierend zu verstehen ist, als zustellrechtliche Dispositionen grundsätzlich Wirkung für alle von der Behörde in Angelegenheiten dieser Abgaben vorzunehmenden Zustellungen haben.

Dieser Fall liegt aber im gegenständlichen Fall nicht vor, da es sich bei Zwangsstrafen nach dem WiEReG nicht um mit anderen Abgaben zu verbuchende Abgaben, sondern gem. § 16 Abs. 2 WiEReG ausdrücklich um solche gemäß § 213 Abs. 2 BAO handelt.

Die gegenüber dem Finanzamt für Großbetriebe für die von diesem zu erhebenden Abgaben erklärte Vollmacht der steuerlichen Vertretung ist somit vom Finanzamt Österreich nicht zu beachten gewesen, die Zustellung der Erinnerung und der Zwangsstrafenbescheide hatte somit unmittelbar an die ***Bf1*** zu erfolgen.

Die ***Bf1*** nahm im maßgeblichen Zeitraum gemäß § 2 Abs. 1 FOnV 2006 an FinanzOnline teil; ein Verzicht auf die Möglichkeit der elektronischen Zustellung lag nicht vor bzw. war ein solcher gemäß § 5b Abs. 3 erster Satz FOnV 2006 nicht möglich.

Die Zustellung der Bescheide erfolgte daher richtigerweise elektronisch über FinanzOnline unmittelbar an die ***Bf1***.

Elektronisch zugestellte Dokumente gelten als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind (§ 98 Abs. 2 BAO). Wie eine nochmalige Überprüfung durch das Finanzamt ergab, wurde das Erinnerungsschreiben (mit Androhung der ersten Zwangsstrafe) am , der erste Zwangsstrafenbescheid (mit Androhung der zweiten Zwangsstrafe) am und der zweite Zwangsstrafenbescheid am zugestellt.

Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer der ***Bf1*** erfolgte am . Somit wurde die Sechswochenfrist des § 16 Abs. 1 2. Satz WiEReG eingehalten und es wurde auch nicht unzulässigerweise eine Zwangsstrafe verhängt, nachdem die geforderte Leistung bereits erbracht worden war (maßgebend ist diesbezüglich der Zeitpunkt der Wirksamkeit des die Zwangsstrafe festsetzenden Bescheides).
[…]
"

Beschwerde
Am gab die Beschwerdeführerin eine mit datierte Beschwerde zur Post. Die Beschwerde lautet (auszugsweise):

"BESCHWERDE GEM § 243 BAO

ANTRAG AUF UNTERLASSUNG BESCHWERDEVORENTSCHEIDUNG

GEM 262 ABS 2 LIT A BAO

ANREGUNG AUSSETZUNG DER ENTSCHEIDUNG GEM 271 BAO

ANTRAG AUF MÜNDLICHE VERHANDLUNG GEM 274 ABS 1 Z 1 LIT A BAO

ANTRAG AUF ENTSCHEIDUNG DURCH DEN SENAT GEM 272 ABS 2 Z 1 LIT A BAO

[…]

1. Sachverhalt / Gang des Verfahrens

1.1. Erinnerungschreiben und Zwangsstrafenbescheide: Direkte Zustellung in FinOn-Databox der Beschwerdeführerin trotz aufrechter Zustellvollmacht
[…]
1.5. Beschwerdevorentscheidung vom
[…]
Das FAÖ ist somit im Ergebnis von einer wirksamen wenn auch "unentdeckten" - Zustellung der Erinnerung und der Zwangsstrafenbescheide ausgegangen. Die abgabenbehördliche Argumentation deckt sich mit jener im BFG-Verfahren , RV/7103389/2022. Das BFG lehnt in dieser Entscheidung den "Einwand der belangten Behörde, dass die Zustellungen der strittigen Schriftstücke direkt an die Bf. rechtens gewesen wären, weil die aufrechte Zustellvollmacht der steuerlichen Vertretung nur für die Verfahren betreffend die auf dem Abgabenkonto ***StNr1*** verbuchten Abgaben Gültigkeit besitze und daher eine Bevollmächtigung im Verfahren betreffend Zwangsstrafen nach dem WiEReG geltend gemacht werden hätte müssen" unter Verweis auf ab.

Der Bescheid vom besteht somit unverkennbar in Widerspruch zur gefestigten Rechtsprechung des ; , RV/7102373/2022; , RV/7103389/2022.

1.6. Kein Finanzstrafverfahren eingeleitet
[…]
Bereits am nächsten Tag () setzte der zuständige Sachbearbeiter die rechtsfreundliche Vertretung darüber in Kenntnis, dass aufgrund der Stellungnahme KEIN Finanzstrafverfahren eingeleitet und Verfahren abgeschlossen wird.

2. Rechtliche Beurteilung / Begründung

Es wird hiemit ausdrücklich an den rechtlichen Ausführungen in der Stellungnahme sowie dem Eventualantrag gem § 299 BAO vom festgehalten:

• Der Zustellmangel beim Erinnerungsschreiben vom wurde am geheilt. Die WiEReG-Meldung wurde bereits am nachgeholt; somit binnen der sechswöchigen Frist gem § 16 WiEReG.

• Da sohin der WiEReG-Meldeverpflichtung fristgerecht nachgekommen wurde, waren die Voraussetzungen für die Verhängung der ersten und zweiten Zwangsstrafe nicht gegeben (vgl § 16 WiEReG).

• Darüber hinaus erfolgte in Übereinstimmung mit der gefestigten Rechtsprechung des BFG KEINE wirksame Zustellung der Zwangsstrafenbescheide.

3. Antrag auf Unterlassung Beschwerdevorentscheidung

Wir stellen den

Antrag gem § 262 Abs 2 lit a BAO,

dass die Erlassung einer Beschwere unterbleibt und das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde entscheidet.

Begründung:

• Das Bundesfinanzgericht geht in gefestigter Rechtsprechung davon aus, dass Erinnerungsschreiben und Zwangsstrafenbescheide an den steuerlichen Vertreter zuzustellen sind; andernfalls liegt keine wirksame Zustellung vor (; , RV/7102373/2022; , RV/7103389/2022). Vor diesem Hintergrund würde im Falle einer abweisenden Beschwerdevorentscheidung zwingend ein Antrag auf Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht (§ 264 BAO) eingebracht werden.

• Die österr Verwaltung hat in ihrem Handeln auf Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit Bedacht zu nehmen. Das Unterlassen der Beschwerdevorentscheidung und die Vorlage der Beschwerde an das BFG durch das Finanzamt (§ 262 Abs 2 BAO) entspricht daher dem Grundsatz Verwaltungsökonomie.

4. Anregung Aussetzung der Entscheidung gem § 271 BAO
[…]
Wie obenstehend ausgeführt hat man sich in der Stellungahme (und sohin im Eventualantrag gem § 299 BAO) umfassend auf die Rechtsprechung des BFG berufen. Zu Entscheidung , RV/7103389/2022, ist nunmehr seit Anfang 2023 eine ordentliche (Amts-)Revision beim Verwaltungsgerichtshof anhängig: Ro 2023/13/0011.
Der vom BFG festgestellte Sachverhalt (, RV/7103389/2022) ist ident mit dem hier vorliegenden Sachverhalt:

5. Anträge

Wir stellen daher die Anträge auf

  1. Aufhebung des Bescheides gem § 299 BAO und Ausspruch, dass die Zwangstrafenbescheide vom und nicht wirksam zugestellt wurden (§ 250 Abs 1 lit c BAO).
    In eventu: Abänderung des Bescheides gem § 299 BAO dahingehend, dass dem Antrag auf Aufhebung stattgegeben wird, weil binnen 6 Wochen ab wirksamer Zustellung der "Erinnerung" die WiERG-Meldung nachgeholt wurde (§ 250 Abs 1 lit c BAO).

  2. Unterlassung einer Beschwerdevorentscheidung sodass gleich das Bundesfinanzgericht über die Beschwerde entscheiden möge (gern § 262 Abs 2 lit a BAO, siehe schon oben Pkt 3).

  3. mündliche Verhandlung gem § 274 Abs 1 Z 1 lit a BAO

  4. Entscheidung durch Senat gem § 272 Abs 2 Z 1 lit a BAO

[…]"

Vorlagebericht
Die belangte Behörde legte die Beschwerde vom mit Vorlagebericht vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Die darin abgegebene Stellungnahme der belangten Behörde lautet:
"Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom , Ro 2023/13/0011, unter Berufung auf Vorjudikatur ausführt, ist eine Vollmachtsurkunde, auch wenn sie etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten. Die gegenüber dem Finanzamt für Großbetriebe bestehende Vollmacht wirkte daher (vor Inkrafttreten des § 16 Abs. 3 WiEReG) nicht auf das Zwangsstrafenverfahren beim Finanzamt Österreich durch.

Erfolgte allerdings bereits eine WiEReG-Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter, so ist darin nach dem genannten Erkenntnis auch ein Berufen auf eine Bevollmächtigung zu sehen, die zumindest im Zweifel auch eine Zustellungsbevollmächtigung umfassen soll, wobei zwischen dem Verfahren der Meldung und der Festsetzung von Zwangsstrafen ein derart enger Zusammenhang bestehe, dass die Vertretungsbefugnis einheitlich zu beurteilen sei.

Anders als im Fall, den der VwGH im zitierten Erkenntnis zu entscheiden hatte, wurden aber im gegenständlichen Beschwerdefall die WiEReG-Meldungen bisher durch die Bf. selbst, nicht durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter eingebracht, wie dem Finanzamt Österreich von der Registerbehörde auf Nachfrage mitgeteilt wurde (siehe Mail vom ).

Die Zustellungen im Zwangsstrafenverfahren direkt an die Bf. erwiesen sich daher als korrekt, auch die Sechswochenfrist des § 16 Abs. 1 WiEReG wurde eingehalten.

Die Zwangsstrafenbescheide erwiesen daher nicht aus dem von der Bf. im Aufhebungsantrag genannten Grund rechtswidrig. Dieser von der Bf. genannte Grund stellt jedoch die Sache, über die im Rechtsmittelverfahren gegen den den Antrag abweisenden Bescheid zu entscheiden ist, dar (vgl. Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl., § 299 Rz. 28a mit Nachweisen aus der Judikatur).

Das Finanzamt Österreich beantragt daher die Abweisung der Beschwerde."

Mündliche Verhandlung

In der am durchgeführten mündlichen Verhandlung gaben die Vertreter beider Verfahrensparteien an, dass der Sachverhalt unstrittig sei.

Der Vertreter der Beschwerdeführerin betonte, dass mit der Novelle von § 16 Abs 3 WiEReG, die seit in Kraft ist, nur eine Klarstellung der schon bisher gebotenen Interpretation erfolgt wäre, die dahin gehe, dass bei einer bekannt gegebenen Zustellvollmacht auch ein Erinnerungsschreiben, das die Androhung einer Zwangsstrafe enthält, dem Zustellbevollmächtigten zuzustellen sei. Die Beschwerdeführerin habe stets darauf vertraut, dass bei einer bekannt gegebenen Zustellvollmacht auch wirklich alle Schriftstücke an den Vertreter zugestellt werden. Zum Zeitpunkt der Versendung des Erinnerungsschreibens im August 2022 hätte man gar keine Zustellvollmacht für ein Zwangsstrafenverfahren erteilen können. Daher müsse im Zweifel die bestehende Zustellvollmacht gelten.

Der Vertreter der belangten Behörde verwies auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom Juni 2023 und darauf, dass der Bevollmächtigte im jeweiligen Verfahren bekannt gegeben werden müsse. Nach Ansicht der belangten Behörde liege auch keine Klarstellung, sondern mit der Novellierung des § 16 Abs 3 WiEReG eine Änderung vor. Bei Zwangsstrafen handle es sich um Abgaben im Sinne der BAO, die nach § 213 Abs 2 BAO getrennt zu verbuchen seien. Schließlich habe der VwGH nur den Konnex zum Register und nicht zu anderen Abgaben betont.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung und nimmt am Verfahren FinanzOnline teil. Sie erteilte einer Steuerberatungskanzlei eine Vollmacht für alle steuerlichen Angelegenheiten. Diese Vollmacht enthält auch eine Zustellvollmacht.
Diese Vollmacht wurde dem damals zuständigen Finanzamt Wien 1/23 unter Bezugnahme auf die Steuernummer ***BF1StNr1*** angezeigt, das damals für die Erhebung von Abgaben von der Beschwerdeführerin zuständig war. Seit der Einrichtung des Finanzamtes für Großbetriebe ist die Beschwerdeführerin beim Finanzamt für Großbetriebe mit derselben Steuernummer steuerlich erfasst, das diese Zustellvollmacht bei den laufend zu erhebenden Abgaben auch beachtet. Gegenüber dem Finanzamt Österreich wurde die Zustellvollmacht nicht angezeigt.

Im Jahr 2022 wurde keine Meldung zum Wirtschaftlichen Eigentümerregister abgegeben. In den Jahren davor und danach hat die Beschwerdeführerin die Meldungen zum Wirtschaftlichen Eigentümer Register immer selbst erstattet. Bei der Registerbehörde ist kein Parteienvertreter hinterlegt.

Am legte das Finanzamt Österreich ein Erinnerungsschreiben zur Abgabe einer Meldung nach dem Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz in die Databox der Beschwerdeführerin ein und drohte eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 € an. Das Schreiben ist unmittelbar an die Beschwerdeführerin adressiert. Dabei verwendete das Finanzamt Österreich jene Steuernummer, unter welcher die Beschwerdeführerin beim Finanzamt für Großbetriebe erfasst ist.
Die Beschwerdeführerin bemerkte das Einlegen des Schreibens vom in ihre Databox nicht und erstattete auch keine WiEReG-Meldung.

Am setzte das Finanzamt Österreich eine Zwangsstrafe in Höhe von 1.000 € bescheidmäßig fest und drohte gleichzeitig eine weitere Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 € an, falls weiterhin keine WiEReG-Meldung erfolgen sollte. Auch dieser Bescheid, der nun eine neu vergebene Steuernummer des Finanzamtes Österreich aufweist, wurde direkt in die Databox der Beschwerdeführerin eingelegt. Der Bescheid ist unmittelbar an die Beschwerdeführerin adressiert.
Die Beschwerdeführerin bemerkte das Einlegen des Schreibens vom in ihre Databox wieder nicht und erstattete auch keine WiEReG-Meldung.

Am setzte das Finanzamt Österreich eine Zwangsstrafe in Höhe von 4.000 € bescheidmäßig fest. Auch dieser Bescheid, auf dem die Steuernummer des Finanzamtes Österreich aufgedruckt ist, wurde unmittelbar an die Beschwerdeführerin adressiert und in ihre Databox eingelegt.

Am wurde die Beschwerdeführerin vom Amt für Betrugsbekämpfung per RSb-Schreiben zur Stellungnahme in einem möglichen Finanzstrafverfahren aufgefordert und erlangte in der Folge erstmals Kenntnis von Zwangsstrafenbescheiden.

Am übermittelte die Beschwerdeführerin das Erinnerungsschreiben vom an ihre steuerliche Vertreterin. Die Meldung der wirtschaftlichen Eigentümer der Beschwerdeführerin erfolgte am .

Mit Antrag vom wurde die Aufhebung der Zwangsstrafenbescheide vom und beantragt. Als Aufhebungsgrund wurde angeführt, dass die WiEReG-Meldung bereits zwei Tage nach rechtswirksamer Zustellung der Erinnerungsschreiben vorgenommen wurde.

Der steuerbare Umsatz der Beschwerdeführerin im Jahr 2021 betrug über 100.000 €.

Strittig ist, ob die Abweisung des Aufhebungsantrages zu Recht erfolgte.

Beweiswürdigung

Die Feststellungen zum Erinnerungsschreiben vom , zum Bescheid samt Androhung einer weiteren Zwangsstrafe vom und zum Zwangsstrafenbescheid vom gründen sich auf die Ausführungen im Antrag der Beschwerdeführerin vom (datiert mit ). In diesem Antrag sind auch die jeweiligen Schriftstücke als Abbildung enthalten. Darüber hinaus hat auch die belangte Behörde im Zuge der Beschwerdevorlage die beiden Bescheide zur Festsetzung der Zwangsstrafen vorgelegt.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin sowohl vor den strittigen Zwangsstrafen als auch danach die Meldungen zum Wirtschaftliche Eigentümer Register stets selbst vorgenommen hatte, ergibt sich aus einer Anfragenbeantwortung der belangten Behörde an die Registerbehörde, in die Einsicht genommen wurde.

Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin das Erinnerungsschreiben erst am an ihre steuerliche Vertretung übermittelte, ergibt sich einerseits aus dem diesbezüglichen Vorbringen der Beschwerdeführerin im Schriftsatz vom sowie in der Beschwerde vom . Andererseits ist aus der WiEReG-Zwangs- und Ordnungsstrafen-Datenbank, in die Einsicht genommen wurde, ersichtlich, dass das Erinnerungsschreiben vom erst am gelesen wurde. Insofern besteht kein Grund, an den diesbezüglichen Angaben der Beschwerdeführerin zu zweifeln. Dasselbe gilt für die Feststellung, dass die WiEReG-Meldung am nachgeholt wurde, was auch bereits die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid angeführt hatte.

Die Feststellung zum Aufhebungsgrund ergibt sich aus dem Antrag der Beschwerdeführerin vom , Punkt 3 (Seite 11). Darin heißt es:
"3. In eventu: Antrag auf Aufhebung gem § 299 BAO - Zwangsstrafenbescheide vom und

Wie obenstehend unter Hinweis auf die Rechtsprechung ausgeführt, wurden beide Zwangsstrafen bescheide bis zum heutigen Tage NICHT wirksam zugestellt. Ohne wirksame Zustellung konnte der Bescheid noch keine rechtlichen Wirkungen entfalten. Auch die Rechtsmittelfrist des § 245 BAO bzw die Jahresfrist des § 299 BAO iVm § 302 BAO konnten sohin nicht in Lauf gesetzt werden.

Für den Fall einer gegenüber obenstehender Stellungnahme abweichenden rechtlichen Beurteilung beantragen wir hiemit namens und auftrags unserer Mandantschaft die ersatzlose Aufhebung gem § 299 BAO […]
Die Festsetzung der Zwangsstrafe erweist sich aufgrund folgender Überlegungen als rechtswidrig:
Das Erinnerungsschreiben vom wurde der steuerlichen Vertretung am zugestellt.

Die WiEReG-Meldung wurden am nachgeholt; somit binnen der sechswöchigen Frist gern § 16 WiEReG.

Da sohin der WiEReG-Meldeverpflichtung fristgerecht nachgekommen wurde, waren die Voraussetzungen für die Verhängung der ersten und zweiten Zwangsstrafe nicht gegeben (vgl § 16 WiEReG)."

Die Feststellung, dass der steuerbare Umsatz der Beschwerdeführerin im Jahr 2021 über 100.000 € lag gründet sich aus einer Einsichtnahme in den Umsatzsteuerbescheid.

Rechtsgrundlagen

§ 9 ZustG lautet auszugswiese:

Zustellungsbevollmächtigter

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche oder juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften gegenüber der Behörde zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

(2) Einer natürlichen Person, die keinen Hauptwohnsitz im Inland hat, kann eine Zustellungsvollmacht nicht wirksam erteilt werden. Gleiches gilt für eine juristische Person oder eingetragene Personengesellschaft, wenn diese keinen zur Empfangnahme von Dokumenten befugten Vertreter mit Hauptwohnsitz im Inland hat. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des Zustellungsbevollmächtigten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist.

§ 16 WiEReG idF BGBl I 104/2019 lautet:

Zwangsstrafen

§ 16. (1) Wird die Meldung gemäß § 5 nicht erstattet, kann das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen.

(2) Zwangsstrafen gemäß Abs. 1 gelten als Abgaben im Sinne des § 213 Abs. 2 BAO.

§ 213 BAO lautet (auszugsweise)

§ 213.(1) Bei den von derselben Abgabenbehörde wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen ist, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, die Gebarung (Lastschriften, Zahlungen und alle sonstigen ohne Rücksicht aus welchem Anlaß entstandenen Gutschriften) in laufender Rechnung zusammengefaßt zu verbuchen.

(2) Bei den anderen als den im Abs. 1 genannten Abgaben ist die Gebarung für jeden Abgabepflichtigen, bei Gesamtschuldverhältnissen für die Gesamtheit der zur Zahlung Verpflichteten, nach den einzelnen Abgaben getrennt oder zusammengefaßt, jedoch abgesondert von den im Abs. 1 genannten Abgaben zu verbuchen.

§ 299 Abs 1 BAO lautet:

§ 299. (1) Die Abgabenbehörde kann auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Der Antrag hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung des aufzuhebenden Bescheides;
b) die Gründe, auf die sich die behauptete Unrichtigkeit stützt.

Rechtliche Beurteilung

Zustellvollmacht

Eine als Bescheid intendierte Erledigung wird erst wirksam, wenn sie der Partei, an die sie ergehen soll (§ 93 Abs 2 BAO), bekannt gegeben wird. Die Bekanntgabe erfolgt bei schriftlichen Erledigungen idR durch Zustellung. Gemäß § 98 Abs 2 BAO gelten elektronisch zugestellte Dokumente als zugestellt, sobald sie in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt sind. Die Erläuterungen zu § 98 Abs 2 BAO enthalten den Satz, der Zeitpunkt, in dem die Daten "in den elektronischen Verfügungsbereich des Empfängers gelangt" seien, sei "bei FinanzOnline der Zeitpunkt der Einbringung der Daten in die Databox" (ErläutRV 270 BlgNR 23. GP 13).
Unternehmen, die wegen Überschreiten der Umsatzgrenze zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet sind, können der Teilnahme an der elektronischen Zustellung nicht mehr widersprechen (§ 5b Abs 3 FinanzOnline-Verordnung 2006 idF BGBl II 122/2020). § 5b Abs 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 sieht vor, dass jeder Teilnehmer an der elektronischen Form der Zustellung über FinanzOnline, in FinanzOnline die Möglichkeit hat, eine E-Mailadresse anzugeben, wenn er über die elektronische Zustellung informiert werden möchte. § 5b Abs 2 FinanzOnline-Verordnung 2006 schafft somit die Möglichkeit, über eine elektronische Zustellung - unverbindlich - informiert zu werden, sofern dies gewünscht wird.

Die Bestellung eines Vertreters (auch zum Zustellungsbevollmächtigten) wird erst mit der Vorlage der Vollmachtsurkunde oder mit der mündlichen Erteilung der Vollmacht der Behörde gegenüber oder mit der Berufung auf die Vollmacht gegenüber der Behörde wirksam (Stoll, BAO-Kommentar, 818; ; ). Solange die Bevollmächtigung der Behörde gegenüber nicht zum Ausdruck gebracht worden ist, bleibt ihre Wirkung auf das Innenverhältnis beschränkt (). Umgekehrt wird die Kündigung oder der Widerruf einer Vollmacht der Behörde gegenüber erst wirksam, wenn dies der Behörde mitgeteilt wird ().

Auch wenn nach der Vollmachtsurkunde die Vollmacht etwa alle Verfahren vor Abgabenbehörden des Bundes umfasst, ist sie dennoch von der Abgabenbehörde nur in dem Verfahren, in dem darauf hingewiesen wird, zu beachten (vgl. ; ), weil es bei der Partei liegt, ob sie gegenüber der Behörde selbst einschreiten oder sich vertreten lassen will. Der entsprechende Willensentschluss der Partei, sich vertreten zu lassen, erlangt erst durch die Erklärung der Partei gegenüber der Behörde Bedeutung.

Im Fall des Bestehens eines wirksamen Vertretungsverhältnisses sind alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit dem Bevollmächtigten zuzustellen, der als Empfänger der Schriftstücke zu bezeichnen ist. Ist auf der Zustellverfügung ein Zustellungsbevollmächtigter als Empfänger zu bezeichnen, reicht die Adressierung an die Partei zu Handen des Zustellungsbevollmächtigten aus (). Wird statt an den Zustellungsbevollmächtigten an den von diesem Vertretenen zugestellt, so ist die Zustellung unwirksam (). Der Zustellmangel, dass der Zustellungsbevollmächtigte von der Behörde fälschlicherweise nicht als Empfänger bezeichnet wird, kann dadurch heilen, dass das zuzustellende Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zukommt, wobei die Behörde bzw das Verwaltungsgericht dafür die Beweislast trägt ().

Ein Recht auf Zuteilung einer Steuernummer ergibt sich aus den Bestimmungen des materiellen Steuerrechts nicht; Steuernummern dienen der Administrierung der Abgabenerhebung (). Bei der Festsetzung einer Zwangsstrafe wird unter Zugrundelegung des Ordnungsbegriffes der Steuernummer eine Verknüpfung mit den Grunddaten des Abgabepflichtigen hergestellt ().

Als Behörden werden Staatsorgane etwa dann bezeichnet, wenn sie einseitig verbindliche Normen erlassen oder Zwangsakte setzen können. Die Art und Weise des Vorgehens der Behörden bei ihrer hoheitlichen Tätigkeit ist im Verfahrensrecht geregelt. Gem § 1 BAO gelten die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (außer Verwaltungsabgaben), soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind. Unter Erhebung im Sinn dieses Bundesgesetzes sind alle der Durchführung der Abgabenvorschriften dienenden abgabenbehördlichen Maßnahmen zu verstehen (§ 1 Abs 3 BAO). § 49 Z 1 lit b BAO zählt sowohl das Finanzamt Österreich als auch das Finanzamt für Großbetriebe als Abgabenbehörden. Auch der Bundesminister für Finanzen ist eine Abgabenbehörde (§ 49 Z 1 lit a BAO).

Gem § 323b BAO trat unter anderem das Finanzamt für Großbetriebe für den jeweiligen Zuständigkeitsbereich an die Stelle des bis zuständig gewesenen Finanzamtes. Somit ist die Zuständigkeit seit für die Erhebung von laufend wiederkehrenden Abgaben isd § 213 Abs 1 BAO vom damaligen Finanzamt Wien 1/23 auf das Finanzamt für Großbetriebe übergegangen. Die Vollmacht - samt Zustellvollmacht - die durch Vollmachtsvorlage dem damaligen Finanzamt Wien 1/23 angezeigt wurde, ist demnach seit für das Finanzamt für Großbetriebe beachtlich.
Beim Finanzamt Österreich handelt es sich um eine organisatorisch und personell eigenständige (Abgaben)Behörde, die vom Finanzamt für Großbetriebe getrennt ist. Gegenüber dem Finanzamt Österreich wurde diese Vollmacht nicht gesondert angezeigt und war vom Finanzamt Österreich daher nicht zu beachten.

WiEReG-Meldung

Gemäß § 3 Abs 1 Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz (WiEReG) haben die Rechtsträger (u.a. Gesellschaften mit beschränkter Haftung) die Identität ihres wirtschaftlichen Eigentümers festzustellen. Diese Feststellung ist zumindest jährlich durchzuführen, wobei insbesondere zu prüfen ist, ob die an das Register gemeldeten wirtschaftlichen Eigentümer noch aktuell sind. Rechtsträger, die nicht gemäß § 6 WiEReG von der Meldepflicht befreit sind, haben binnen vier Wochen nach der Fälligkeit der jährlichen Überprüfung (§ 3 Abs. 3 WiEReG) die festgestellten Änderungen zu melden oder die gemeldeten Daten zu bestätigen.

Gemäß § 14 Abs 1 WiEReG ist der Bundesminister für Finanzen die Registerbehörde.

Wird eine Meldung gemäß § 5 WiEReG nicht erstattet, so kann nach § 16 Abs 1 WiEReG das Finanzamt Österreich deren Vornahme durch Verhängung einer Zwangsstrafe gemäß § 111 BAO erzwingen. Die Androhung der Zwangsstrafe ist mit Setzung einer Frist von sechs Wochen vorzunehmen. § 16 Abs 2 WiEReG sieht vor, dass Zwangsstrafen nach § 16 Abs 1 WiEReG als Abgaben im Sinnes des § 213 Abs 2 BAO gelten.
§ 213 Abs 2 BAO sieht vor, dass bei den anderen als den in § 213 Abs 1 BAO genannten Abgaben die Gebarung für jeden Abgabepflichtigen nach den einzelnen Abgaben abgesondert von den Abgaben nach § 213 Abs 1 BAO zu verbuchen ist. § 213 Abs 1 BAO sieht vor, dass bei wiederkehrend zu erhebenden Abgaben und den zu diesen Abgaben zu erhebenden Nebenansprüchen die Gebarung in laufender Rechnung zusammengefasst für jeden Abgabenpflichtigen zu verbuchen ist. Unter wiederkehrend zu erhebenden Abgaben werden "periodisch festzusetzende Abgaben", wie z.B. veranlagte ESt, veranlagte KSt, USt und Selbstbemessungsabgaben wie z.B. USt-Vorauszahlung oder Lohnsteuer verstanden, weil diesen Abgaben gemeinsam ist, dass ihnen eine laufende Tätigkeit des Abgabepflichtigen zu Grunde liegt ().

Bezughabende Rechtsprechung

Zu den Verweisen der Beschwerdeführerin auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzgerichts ist anzuführen:
-) Dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ist zu entnehmen, dass im dortigen Beschwerdeverfahren der steuerliche Vertreter bereits vor der WiEReG-Erstmeldung der belangten Behörde (Anm: das kann im Beschwerdeverfahren über WiEReG-Zwangsstrafen nur das Finanzamt Österreich sein) namhaft gemacht wurde. Weiters ließ die Beschwerdeführerin die WiEReG-Erstmeldung und die Folgemeldungen durch diesen steuerlichen Vertreter wahrnehmen.
Insofern unterscheidet sich der Sachverhalt, welcher der Entscheidung im Verfahren RV/4100160/2022 zu Grunde lag, vom beschwerdegegenständlichen Sachverhalt.

-) Dem Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts ist weder aus dem Verfahrensgang noch aus den Sachverhaltsfeststellungen zu entnehmen, ob die "Steuernummer: ***5***", die auf der Aufforderung zur Vornahme der WiEReG-Meldung aufgedruckt war, zur Abgabenfestsetzung durch das Finanzamt Österreich oder durch das Finanzamt für Großbetriebe verwendet wurde - somit ob die dortige Beschwerdeführerin in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für Großbetriebe fällt. Ebenfalls unklar ist, ob WiEReG-Meldungen in der Vergangenheit durch den steuerlichen Vertreter oder durch das meldepflichtige Unternehmen selbst vorgenommen wurden.

-) Der Sachverhalt, welcher der Entscheidung des (Amtsrevision abgewiesen) zu Grunde liegt, ist mit dem beschwerdegegenständlichen Sachverhalt insofern vergleichbar, als auch die Beschwerdeführerin im dortigen Verfahren grundsätzlich in den Zuständigkeitsbereich des Finanzamtes für Großbetriebe gefallen ist. Im Unterschied zum beschwerdegegenständlichen Sachverhalt hat jedoch die dortige Beschwerdeführerin die WiEReG-Meldungen durch die dortige steuerliche Vertreterin erstatten lassen. In den rechtlichen Erwägungen wird ausdrücklich auf die Entscheidung zur GZ RV/4100160/2022 - und somit zum Vertretungsverhältnis im Zusammenhang mit WiEReG-Meldungen - verwiesen.

Im Erkenntnis vom , Ro 2023/13/0011 hat der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang festgehalten: "Zwangsstrafen nach § 111 BAO sind - gemäß § 3 Abs. 2 lit. c BAO - Nebenansprüche. Betreffend die hier geforderte Meldung von Daten nach dem WiEReG besteht aber keine Abgabenpflicht als Hauptanspruch. Die durch die Zwangsstrafe zu erzwingende Hauptleistung ist die (bloße) Meldung, an die keine Festsetzung von Abgaben anschließt. Die Zwangsstrafe ist nach § 16 Abs. 2 WiEReG eine Abgabe iSd § 213 Abs. 2 BAO und demnach gesondert von den wiederkehrend zu erhebenden Abgaben zu verbuchen. Eine Zustellungsbevollmächtigung muss sich daher, um nach § 103 Abs. 2 lit. b BAO wirksam zu sein, nicht auch auf diese Zwangsstrafen erstrecken.Die vorliegende Vollmachtsurkunde enthält allerdings auch keine Einschränkung in diesem Sinne."

Weiters heißt es im Erkenntnis vom , Ro 2023/13/0011: "Erfolgte bereits eine Meldung durch einen berufsmäßigen Parteienvertreter, so ist darin auch ein Berufen auf eine Bevollmächtigung zu sehen, die - jedenfalls im Zweifel - auch eine Zustellungsbevollmächtigung umfasst. Da nur im Rahmen eines förmlichen Verfahrens ein Wechsel des Vertreters erfolgen kann, ist davon auszugehen, dass diese Vertretungsbefugnis auch für eine Folgemeldung besteht und damit auch für den Fall einer Unterlassung oder Verzögerung dieser Folgemeldung zu beachten ist.
Dass die Registerbehörde (Bundesminister für Finanzen) nicht mit jener Behörde übereinstimmt, die für die Festsetzung von Zwangsstrafen zuständig ist (Finanzamt Österreich […]), kann daran nichts ändern, da die vom Finanzamt festzusetzende Zwangsstrafe eben gerade dazu dienen soll, die Meldung an die Registerbehörde vorzunehmen. Demnach besteht ein derart enger Zusammenhang zwischen den Verfahren der Meldung und der Festsetzung von Zwangsstrafen (im Sinne eines Nebenanspruches), dass die Vertretungsbefugnis einheitlich zu beurteilen ist.
"

Zusammenhängende Verfahren für Zustellvollmachten

Wenn nun zwischen dem Verfahren zur WiEReG-Meldung gegenüber der Registerbehörde und dem Verfahren zur Festsetzung von Zwangsstrafen durch das Finanzamt Österreich als Abgabenbehörde ein derart enger Zusammenhang besteht, dass das Finanzamt Österreich eine Zustellbevollmächtigung, die (nur) gegenüber der Registerbehörde erteilt wurde, für den Nebenanspruch "Zwangsstrafe" (§ 213 Abs 2 BAO) beachten muss, kann gerade kein Zusammenhang zwischen diesem Zwangsstrafenverfahren und dem / den Verfahren zur Erhebung wiederkehrender Abgaben (§ 213 Abs 1 BAO) wie bspw der Körperschaftsteuer oder der Umsatzsteuer bestehen.

Kann nicht von derselben Angelegenheit oder Rechtssache gesprochen werden, kommt es darauf an, ob eine Parteienerklärung vorliegt, die so gedeutet werden kann, dass auch das jeweilige weitere oder andere Verfahren von der Vertretungsbefugnis des für das Erstverfahren Bevollmächtigten erfasst sein soll.
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist die Behörde nicht berechtigt, auch wenn der Gewalthaber in einer Rechtssache eine allgemeine Vollmacht des Machtgebers vorgelegt hat, diesen im Verfahren über andere, bereits schwebende oder erst später anhängige Rechtsangelegenheiten ebenfalls als durch den einmal ausgewiesenen Gewalthaber vertreten zu behandeln, es sei denn, dass die Partei ihren Willen, sich auch in allen weiteren Rechtssachen eben dieses Vertreters zu bedienen, unmissverständlich zu erkennen gegeben hat (). Bei der Zustellung von verwaltungsbehördlichen Erledigungen ist nach der Judikatur des VwGH (vgl. ) von einem engen Begriff der "selben Angelegenheit" auszugehen. Bespielsweise besteht bei Abgabenverfahren und Finanzstrafverfahren kein so enger Zusammenhang, dass das Verhalten des Vollmachtgebers anlässlich der Bekanntgabe der Bevollmächtigung im Finanzstrafverfahren als Vollmachtsanzeige auch für Zwecke von Steuerfestsetzungsverfahren verstanden werden durfte ().

Mit dem Bundesgesetz über die "Änderung des Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetzes" (BGBl I 97/2023) wurde in § 16 WiEReG ein dritter Absatz eingefügt, der besagt, dass sowohl die Androhung als auch die Festsetzung einer Zwangsstrafe wegen Nichtmeldung der wirtschaftlichen Eigentümer an einen, dem Finanzamt Österreich oder dem Finanzamt für Großbetriebe in einem Verfahren betreffend Abgaben gem § 213 Abs 1 BAO bekannt gegebenen Zustellbevollmächtigten zuzustellen ist. § 16 Abs 3 WiEReG fingiert dabei eine Zustellungsbevollmächtigung (ErläutRV 2091 BlgNR 27. GP, 17). Die Fiktion der Zustellungsbevollmächtigung kann nur bedeuten, dass der Gesetzgeber wohl davon ausgeht, dass gerade in jenen Fällen, in denen das Finanzamt für Großbetriebe für die Erhebung der Körperschaft- und Umsatzsteuer zuständig ist, das Zwangsstrafenverfahren aber vom Finanzamt Österreich geführt wird, auf Grund einer Zustellungsbevollmächtigung hinsichtlich der Erhebung der Körperschaft- und Umsatzsteuer gerade nicht bedeutet, dass diese Zustellungsbevollmächtigung auch für das Zwangsstrafenverfahren besteht.

Der beschwerdegegenständliche Sachverhalt ist dadurch gekennzeichnet, dass die (Zustell)Vollmacht (nur) gegenüber einer (von mehreren) Abgabenbehörden, nämlich dem Finanzamt für Großbetriebe, bekannt gegeben wurde. Auch gegenüber der Registerbehörde wurde keine Zustellungsbevollmächtigung - etwa durch Vornahme der WiEReG-Meldung durch einen steuerlichen Vertreter bekannt gegeben, die auf das Zwangsstrafenverfahren durchschlagen würde (siehe auch ). Insofern konnte bzw durfte das Finanzamt Österreich hinsichtlich des Zwangsstrafenverfahrens für die verabsäumte WiEReG-Meldung für das Jahr 2022 eine Zustellbevollmächtigung nicht beachten und musste sowohl die Androhung der Zwangsstrafe(n) als auch die Zwangsstrafe(n) unmittelbar der Beschwerdeführerin zustellen.

Aufhebungsgrund

Im Aufhebungsantrag vom wird als Aufhebungsgrund (jener Grund, aus dem sich die Erledigung als rechtswidrig erweist) angeführt, dass das Erinnerungsschreiben vom rechtswirksam erst am zugestellt wurde und eine Zwangsstrafe nur nach vorheriger Androhung festzusetzen ist, wobei gem § 16 Abs 1 WiEReG die Frist, bevor die Zwangsstrafe festgesetzt werden darf, sechs Wochen (ab Androhung) beträgt. Damit ist die Sache, über die im Rechtsmittelverfahren bezüglich eines abgewiesenen Aufhebungsantrages gem § 299 BAO zu entscheiden ist, festgelegt.

Ein Bescheid einer Abgabenbehörde kann gemäß § 299 BAO aber nur dann aufgehoben werden, wenn sich dieser Bescheid im Rechtsbestand befindet. Ein Bescheid gehört dann dem Rechtsbestand an, wenn er dem Bescheidadressaten auch wirksam zugestellt wurde. Die belangte Behörde hat über den Antrag der Beschwerdeführerin in meritorischer Form (durch Abweisung) entschieden. Die Frage der (elektronischen) Zustellung der Zwangsstrafenbescheide ist von der Sache des Rechtsmittelverfahrens gar nicht mehr erfasst.

Da die Zustellung des Erinnerungsschreibens vom unmittelbar an die Beschwerdeführerin zu erfolgen hatte, weil für das WiEReG-Verfahren keine Zustellungsbevollmächtigung bestand, die vom Finanzamt Österreich zu beachten war, erfolgte die Festsetzung der Zwangsstrafe am (mehr als sieben Wochen nach der Androhung) zu Recht, zumal keine WiEReG-Meldung vorgenommen wurde. Gleichzeitig mit der Festsetzung der ersten Zwangsstrafe mit Bescheid vom wurde auch eine weitere Zwangsstrafe angedroht, die nach weiteren mehr als sieben Wochen festgesetzt wurde. Bis zum wurde weder ein WiEReG-Meldung erstattet noch eine Zustellungsbevollmächtigung für WiEReG-Zwecke bekannt gegeben - weder gegenüber der Registerbehörde noch gegenüber dem Finanzamt Österreich.

Die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bescheide vom und gemäß § 299 BAO liegen nicht vor. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Revisionszulassung

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom , Ro 2023/13/0011 betrifft die Sachverhaltskonstellation, dass sich eine Beschwerdeführerin von einer berufsrechtlich dazu befugten Person gegenüber der WiEReG-Registerbehörde zur Vornahme von WiEReG-Meldungen vertreten ließ und vom Finanzamt Österreich eine Zwangsstrafe direkt der Beschwerdeführerin vorgeschrieben wurde, wobei eine Zustellvollmacht jedenfalls gegenüber dem Finanzamt für Großbetriebe, das für die Erhebung der regelmäßig anfallenden Abgaben zuständig war, bestand.

Zum beschwerdegegenständlichen Sachverhalt (WiEReG-Meldung durch die Beschwerdeführerin selbst, Zustellvollmacht gegenüber dem allgemein zuständigen Finanzamt für Großbetriebe und Zwangsstrafenfestsetzung durch das Finanzamt Österreich ohne Beachtung einer Zustellbevollmächtigung) ist bislang keine höchstgerichtliche Rechtsprechung ersichtlich. Die ordentliche Revision war daher zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 16 Abs. 2 WiEReG, Wirtschaftliche Eigentümer Registergesetz, BGBl. I Nr. 136/2017
§ 9 ZustG, Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 213 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
Verweise







ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.7102803.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at