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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.12.2023, RV/7400133/2021

Schätzung der Lohnzahlungen an "schwarz" beschäftigte Werbemittelverteiler

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***R*** in der Beschwerdesache ***Bf***, ***Bf-Adr***, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte, ***Bf-Adr*** über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Magistrats der Stadt Wien, Referat Landes- und Gemeindeabgaben, vom , GZ MA 6/ARL - 85291/19 E, betreffend Kommunalsteuer 2015 und 2016 und Säumniszuschlag, sowie GZ MA 6/ARL - 526873/19 E in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom , betreffend Dienstgeberabgabe 2015 und 2016 und Säumniszuschlag, zu Recht erkannt:

I. Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert. Die Kommunalsteuer 2015 wird mit € 10.090,90 festgesetzt. Die Kommunalsteuer 2016 wird mit € 10.974,49 festgesetzt. Die Dienstgeberabgabe 2015 wird mit € 726,00 festgesetzt. Die Dienstgeberabgabe 2016 wird mit € 852,00 festgesetzt. Der Säumniszuschlag zur Kommunalsteuer 2015 wird mit € 172,80, der Säumniszuschlag zur Kommunalsteuer 2016 mit € 173,08 und die Säumniszuschläge zu den Dienstgeberabgaben 2015 und 2016 mit je € 11,56 festgesetzt.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Mit Schriftsatz vom beantragte die Beschwerdeführerin u.a. die bescheidmäßige Festsetzung der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe für die Jahre 2015 und 2016. Hierauf setzte die belangte Behörde mit Bescheid vom , GZ: MA 6/ARL - 85291/19 E, die Kommunalsteuer 2015 mit € 9.865,88 und die Kommunalsteuer 2016 mit € 10.870,24 fest. Gleichzeitig setzte sie wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Kommunalsteuer einen Säumniszuschlag i.H.v. € 339,29 fest. Mit weiterem Bescheid vom selben Tage in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom , GZ: MA 6/ARL - 526873/19 E, setzte sie die Dienstgeberabgabe 2015 mit € 672,00 und die Dienstgeberabgabe 2016 mit € 808,00 fest und erlegte der Beschwerdeführerin wegen nicht fristgerechter Entrichtung der Dienstgeberabgabe einen Säumniszuschlag i.H.v. € 21,16 auf. Begründend führte sie aus, dass die - gegenüber den Erklärungen der Beschwerdeführerin erhöhten - Bemessungsgrundlagen im Zuge einer "Gemeinsamen Prüfung aller lohnabhängigen Abgaben" (GPLA) durch Organe der Finanzverwaltung (Finanzamt Wien 4/5/10) erhoben worden seien bzw. dass die erhöhten Abgaben aufgrund der Geschäftsaufzeichnungen ermittelt worden seien. Das Finanzamt Wien 4/5/10 ging im Rahmen der GPLA davon aus, dass die Beschwerdeführerin in den Jahren 2015 und 2016 neben acht ordnungsgemäß angemeldeten Dienstnehmer 25 weitere Dienstnehmer ohne Anmeldung und ohne Entrichtung von Lohnabgaben beschäftigt hat.

Die Bemessungsgrundlagen für die Kommunalsteuer setzten sich wie folgt zusammen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2015
2016
BMG lt. Erklärung Wien
48.365,00
77.353,67
BMG lt. Erklärung Linz
17.998,33
18.462,54
Mehrergebnis lt. GPLA Wien
131.249,50
133.262,53
Mehrergebnis lt. GPLA Linz
131.250,00
133.262,50
Summe
328.862,83
362.341,24

Dem war ein Kommunalsteuerverfahren beim Magistrat der Stadt Linz vorausgegangen, in dem auf Basis der in obiger Tabelle unter "BMG lt. Erklärung Linz" und "Mehrergebnis lt. GPLA Linz" angeführten Beträge (sohin auf Basis von € 149.248,33 für 2015 und auf Basis von € 151.725,04 für 2016) mit Bescheid vom zunächst ebenfalls Kommunalsteuer festgesetzt wurde. Mit Beschwerdevorentscheidung des Magistrats der Stadt Linz vom wurde jedoch die Kommunalsteuer für die Jahre 2015 und 2016 mit jeweils € 0,00 festgesetzt, da die Beschwerdeführerin in diesen Jahren keine Betriebsstätte in Linz unterhielt und demnach - entgegen der Erklärung und Abfuhr von € 17.998,33 im Jahr 2015 und € 18.462,54 im Jahr 2016 - in Linz nicht kommunalsteuerpflichtig war (bei der vermeintlichen "Betriebsstätte" handelte es sich tatsächlich um die Wohnung eines Dienstnehmers der Beschwerdeführerin). Die belangte Behörde rechnete daher die zunächst für Linz veranschlagten Beträge der Wiener Betriebsstätte zu und gelangte so zu den o.a. Bemessungsgrundlagen. Das Finanzamt Wien 4/5/10 ging im Rahmen der GPLA davon aus, dass die Beschwerdeführerin auch in Neumarkt am Wallersee und in Leonding Betriebsstätten unterhielt, sodass das Mehrergebnis aufgrund der Prüfung mit Teilbeträgen von jeweils € 131.250,00 (für 2015) und € 133.262,50 (für 2016) auf diese beiden Gemeinden entfiel.

Die Dienstgeberabgabe (€ 2,00 pro Arbeitswoche) errechnete die belangte Behörde dergestalt, dass sie die in obiger Tabelle unter "Mehrergebnis lt. GPLA Wien" angeführten Beträge durch einen angenommenen Wochenlohn von € 500,00 dividierte und so für das Jahr 2015 zu 262,5 Arbeitswochen bzw. einer zusätzlichen Dienstgeberabgabe von (gerundet) € 524,00 und für das Jahr 2016 zu 266,5 Arbeitswochen bzw. einer zusätzlichen Dienstgeberabgabe von (gerundet) € 534,00 gelangte. Einschließlich der erklärten und abgeführten Beträge (€ 148,00 für das Jahr 2015 und € 274,00 für das Jahr 2016) ergaben sich sohin die festgesetzten Summen.

In der dagegen erhobenen Beschwerde vom führt die Beschwerdeführerin aus, dass die im Rahmen der GPLA durch das Finanzamt Wien 4/5/10 vorgenommene Schätzung nicht zutreffe. Die Beschwerdeführerin habe im verfahrensgegenständlichen Zeitraum lediglich acht Mitarbeiter beschäftigt. Das Finanzamt sei unzutreffenderweise davon ausgegangen, dass die Beschwerdeführerin 25 weitere - nicht angemeldete - Dienstnehmer beschäftigt habe. Diese fehlerhafte Schätzung beruhe unter anderem auf Missverständnissen aufgrund der sprachlichen Barriere. So habe die Beschwerdeführerin etwa unter dem Begriff des Büros bzw. "Office" nur die Anschrift des Unternehmenssitzes verstanden und nicht auch allfällige Lagerräume. Zudem habe es auch Probleme mit den ehemaligen Steuerberatern gegeben. Diese hätten der Beschwerdeführerin nicht kommuniziert, dass Unterlagen nur in deutscher Sprache an die Behörde übermittelt werden können, weshalb die Beschwerdeführerin diese Unterlagen bislang nur in englischer Sprache vorgelegt habe. Deutsche Übersetzungen wurden mit der Beschwerde nachgereicht. Die Beschwerdeführerin habe in den streitgegenständlichen Jahren 2015 und 2016 über ein "virtuelles Büro" in ***Adr1***, einen Lagerraum in ***Adr2***, und einen Raum in ***Adr3***, verfügt. Soweit über die acht angemeldeten Mitarbeiter hinaus weitere Personen für die Beschwerdeführerin tätig waren, seien diese von den angemeldeten Mitarbeitern organisiert worden. Die Beschwerdeführerin habe eine derartige Akquise weder beauftragt noch gebilligt. Sie habe mit den zusätzlich angeworbenen Mitarbeitern weder Verträge abgeschlossen noch diese entlohnt.

Da die gegenständliche GPLA auch zum Ausspruch der Haftung für Lohnsteuer (LSt) sowie zur Festsetzung von Dienstgeberbeitrag (DB) und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (DZ) gegenüber der Beschwerdeführerin durch das Finanzamt Wien 4/5/10 geführt hat und auch die diesbezüglichen Bescheide angefochten wurden, verfügte die belangte Behörde mit Bescheid vom im gegenständlichen Beschwerdeverfahren gemäß § 271 Abs. 1 BAO die Aussetzung der Entscheidung. Nachdem das Parallelverfahren (betreffend LSt, DB und DZ) mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7102684/2019, erledigt wurde (Anm.: gegen dieses Erkenntnis wurde a.o. Revision erhoben, welche mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2021/13/0014, zurückgewiesen wurde) setzte die belangte Behörde das gegenständliche Beschwerdeverfahren fort und wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Sie führte i.W. aus, dass sich die Feststellung, wonach die Beschwerdeführerin über die acht angemeldeten Dienstnehmer hinaus 25 weitere Mitarbeiter beschäftige, auf die glaubwürdigen Aussagen von drei Zeugen gründe, während die von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen nicht geeignet seien, diese Feststellung zu widerlegen.

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin Vorlageantrag gemäß § 264 BAO. Darin hielt sie fest, dass die belangte Behörde einen Nachweis dafür, dass 25 weitere nicht angemeldete Dienstnehmer beschäftigt worden seien, nicht erbracht habe. Eine derartige Anzahl von Mitarbeitern sei für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin auch nicht erforderlich. Auch die Kommunalbehörde in Linz sei zum Schluss gekommen, dass die Beschwerdeführerin lediglich über acht Mitarbeiter verfügt habe, da aufgrund der gegenständlichen GPLA zunächst auch Abgaben in Linz festgesetzt, aufgrund einer Beschwerde jedoch entsprechend angepasst worden seien. Die Zeugen, auf deren Aussage die belangte Behörde ihre Feststellung gestützt hat, seien nicht glaubwürdig, da sie von der Beschwerdeführerin gekündigt worden seien und aufgrund dieser Kündigung negativ ihr gegenüber eingestellt seien. Überdies sei gegen einen Zeugen ein von der Beschwerdeführerin angeregtes Strafverfahren anhängig gewesen.

Mit Beschluss vom wurde den Parteien mitgeteilt, dass das Gericht aufgrund des Beschwerdevorbringens, wonach die Beschwerdeführerin über ein "virtuelles Büro" in ***Adr1***, einen Lagerraum in ***Adr2***, und einen Raum in ***Adr3***, verfügte, gegenwärtig davon ausgeht, dass nur in Wien Betriebsstätten unterhalten wurden und wurde die Beschwerdeführerin aufgefordert, allfällige weitere Betriebsstätten, etwa in Leonding oder Neumarkt am Wallersee innerhalb von 14 Tagen bekanntzugeben. Zu diesem Beschluss äußerte sich die Beschwerdeführerin nicht.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der in London ansässigen ***M*** Ltd. und vertreibt in Österreich Tarife ihrer Muttergesellschaft für Telefonie und Internet. Beim Firmensitz der Beschwerdeführerin (in den streitgegenständlichen Jahren: ***Adr1***a) handelt es sich um ein sogenanntes "virtuelles Büro", das lediglich als Anlaufstelle für Anfragen und Poststücke dient, die von der Vermieterin entgegengenommen und an die Beschwerdeführerin weitergeleitet werden. Daneben verfügt die Beschwerdeführerin über einen Lagerraum in ***Adr2***, in dem Werbematerialien (Flyer, SIM-Karten, etc.) aufbewahrt werden sowie über einen Raum in ***Adr3***, welcher von ***AN-M***, einem Angestellten der britischen Muttergesellschaft genutzt wurde, wenn dieser sich in Österreich aufhielt, um Werbemaßnahmen zu organisieren. Über weitere Räumlichkeiten oder sonstige Einrichtungen verfügte die Beschwerdeführerin nicht.

Zur Durchführung der Werbemaßnahmen beschäftigte die Beschwerdeführerin Mitarbeiter, welche in ganz Österreich - hauptsächlich vor Einkaufszentren und Geschäften - Werbematerialien an Passanten verteilten. Diese Werbematerialien erhielten sie im Lagerraum in ***Adr2***, von ***AN-M***. In den streitgegenständlichen Jahren waren acht ordnungsgemäß angemeldete Mitarbeiter (***AN1***, ***AN2***, ***AN3***, ***AN4***, ***AN5***, ***AN6***, ***AN7*** und ***AN8***) für die Beschwerdeführerin tätig, die als "Direktor Vertrieb", "Direktor Verkaufsförderung", "BDM-Manager" (Business Development Manager) bzw. "Teamleiter" eingestellt wurden und deren Aufgabe u.a. darin bestand, das "Team Geschäftsentwicklung" zu leiten und zu kontrollieren sowie Aktionen zur Verkaufsförderung zu leiten. Daneben waren 25 weitere Personen als Dienstnehmer für die Beschwerdeführerin tätig, welche die acht ordnungsgemäß angemeldeten Mitarbeiter unterstützten und diesen untergeordnet waren. Diesen 25 weiteren Personen, von denen im Schnitt rd. 22,22 % in Wien tätig waren, zahlte die Beschwerdeführerin Löhne i.H.v. € 900,00 monatlich, zwölfmal im Jahr.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen zu den gesellschaftsrechtlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin, zu ihrer geschäftlichen Tätigkeit und zu den von ihr genutzten Räumlichkeiten gründen sich auf das offene Firmenbuch sowie auf das Vorbringen der Beschwerdeführerin, welches auch die belangte Behörde ihrer Entscheidung zugrunde gelegt hat und daher unstrittig ist. Hinweise darauf, dass die Beschwerdeführerin auch außerhalb von Wien Betriebsstätten unterhält, liegen nicht vor. Dass das Finanzamt Wien 4/5/10 in der Niederschrift über die Schlussbesprechung zur GPLA vom das ermittelte Mehrergebnis auf mehrere Gemeinden aufgeteilt hat, beruht offenbar auf Tätigkeitsorten bzw. Wohnsitzen einzelner Dienstnehmer. So ist etwa durch die Beschwerdevorentscheidung des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom , GZ: 0063046/2018 MDion RM, geklärt, dass die Beschwerdeführerin über keine Betriebsstätte in Linz verfügt, sondern dass sich dort lediglich die Wohnung ihres Dienstnehmers ***AN5*** befindet. Nachdem sich die Beschwerdeführerin zum Beschluss vom nicht geäußert hat, ist anzunehmen, dass auch sie nunmehr davon ausgeht, lediglich in Wien über Betriebsstätten zu verfügen. Die Feststellungen zu den acht ordnungsgemäß angemeldeten Mitarbeitern gründen sich ebenfalls auf das unstrittige Beschwerdevorbringen sowie auf die diesbezüglichen Arbeitsverträge, welche (im englischen Original sowie in deutscher Übersetzung) mit der Beschwerde (Blg. 3 und 4) vorgelegt wurden.

Strittig ist, ob die Beschwerdeführerin über diese acht angemeldeten Personen hinaus weitere Dienstnehmer beschäftigt hat. Diesbezüglich fand eine GPLA durch das damalige Finanzamt Wien 4/5/10 statt, bei der sich die Beschwerdeführerin zunächst äußerst unkooperativ verhielt. Die Fragen des Finanzamtes wurden - wenn überhaupt - nur sehr allgemein und auf Englisch beantwortet. So wurden etwa trotz zweier Fragenvorhalte zunächst weder die Dienstverträge und Arbeitsaufzeichnungen der Mitarbeiter, noch die abverlangten Sachkonten (betreffend Reise- und Fahrtaufwand, Provisionen, Werbung sowie Aufwendungen für bezogene Leistungen) und die zugehörigen Eingangsrechnungen vorgelegt. Die Frage nach dem verantwortlichen Manager für Österreich wurde im Rahmen des ersten Fragenvorhaltes lediglich mit "***AN-M Vorname***" beantwortet, im Rahmen des zweiten Fragenvorhaltes teilte die Beschwerdeführerin mit, dass es eine solche Position in Österreich nicht gebe, sondern ihre Geschäfte durch die britische Muttergesellschaft geführt werden, und dass es sich bei ***AN-M Vorname*** (vermutlich ***AN-M***; s.o.) um einen ehemaligen Dienstnehmer aus London handle.

Im Rahmen der GPLA wurden drei der angemeldeten Dienstnehmer (***AN1***, ***AN2*** und ***AN3***) als Zeugen einvernommen und gaben diese hierbei i.W. übereinstimmend an, dass die Beschwerdeführerin an zumindest sechs Tagen pro Woche Marketingkampagnen durchgeführt hat, indem Gratis-SIM-Karten und Flyer haupsächlich vor Einkaufszentren und Geschäften verteilt wurden. Die Mitarbeiter hatten sich zuvor im Lager in ***Adr2***, einzufinden und wurden von Angestellten der britischen Muttergesellschaft eingeteilt, d.h es wurde festgelegt, wer in welchem Gebiet Werbemittel verteilt. Dabei wurde ihnen auch ein Mobiltelefon mit installierter Überwachungsoftware (Tracker) ausgehändigt, welches sie bei sich zu führen hatten. In dieser Überwachungssoftware waren die Namen und Mailadressen jener Personen ersichtlich, die für die Beschwerdeführerin Werbematerial verteilten. Die Marketingkampagnen fanden in ganz Österreich statt, wobei allein in Wien durchschnittlich 5-7 Personen tätig waren. Der Zeuge ***AN1*** gab zudem an, dass ihm Personen zugeteilt waren, die teilweise keinen Aufenthaltstitel und keine Beschäftigungsbewilligung hatten. Das Gericht erachtet diese Aussagen, bei denen die Zeugen unter - strafbewehrter (§ 289 StGB) - Wahrheitspflicht standen, als glaubwürdig und legt sie seiner Entscheidung zugrunde. Dass zwei von ihnen mittlerweile gekündigt wurden (der Zeuge ***AN2*** war im Zeitpunkt der Einvernahme noch bei der Beschwerdeführerin beschäftigt) und daher möglicherweise negativ gegenüber der Beschwerdeführerin eingestellt sind, vermag die Glaubwürdigkeit der Zeugen nicht zu erschüttern, da nicht davon auszugehen ist, dass sie eine Strafverfolgung wegen falscher Beweisaussage riskieren würden, lediglich um sich für die Kündigung zu "revanchieren". Das von der Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang erwähnte Strafverfahren gegen den Zeugen ***AN1*** wegen angeblichen Diebstahls von 80.000 Wertkarten und eines Printers war, wie dieser Zeuge glaubwürdig angegeben hat, im Zeitpunkt der Einvernahme bereits eingestellt.

Angesichts dessen, dass allein in Wien 5-7 Personen bei den Marketingkampagnen der Beschwerdeführerin tätig waren, ist auszuschließen, dass das gesamte Bundesgebiet lediglich von den angemeldeten acht Dienstnehmern betreut wurde. Diese acht angemeldeten Dienstnehmer waren zudem - wie sich aus der Bezeichnung ihrer Funktion und der Beschreibung ihrer Aufgaben in den jeweiligen Arbeitsverträgen ergibt - offenkundig in leitender Funktion tätig, was voraussetzt, dass weitere Personen vorhanden sind, die unter ihrer Führung und Kontrolle stehen. Dies ergibt sich auch aus der Aussage des Zeugen ***AN1***, der von Mitarbeitern berichtet hat, die im zugeteilt waren und ohne Aufenthaltstitel und Beschäftigungsbewilligung gearbeitet haben und daher offenkundig nicht zum Kreis der angemeldeten acht Dienstnehmer gezählt haben können.

Dass über die acht angemeldeten Dienstnehmer hinaus weitere Personen bei der Verteilung von Werbematerial tätig waren, bestreitet die Beschwerdeführerin an sich nicht. Sie behauptet jedoch, dass diese nicht von ihr, sondern ihren (angemeldeten) Dienstnehmern angeworben und angestellt worden seien. Hierzu ist festzuhalten, dass eine derartige Anstellung von "Sub-Arbeitnehmern" absolut unüblich und auch unzulässig (Arbeitnehmer sind gem. § 1153 ABGB zur persönlichen Arbeitsleistung verpflichtet) und daher nach Einschätzung des Gerichtes in hohem Maße unwahrscheinlich ist. Hinzu kommt, dass die acht angemeldeten Dienstnehmer der Beschwerdeführerin lt. den vorliegenden Arbeitsverträgen Bruttolöhne i.H.v. € 1.100,00 bis € 1.900,00 (netto daher rd. € 900,00 bis € 1.500,00) für eine Vollzeitbeschäftigung bezogen haben (lediglich der Zeuge ***AN1*** bezog mit knapp € 3.000,00 brutto einen höheren Lohn) und daher nicht ersichtlich ist, wie sie aus diesem Einkommen "Sub-Arbeitnehmer" bezahlen hätten können ohne ihren eigenen Lebensunterhalt zu gefährden.

Das Gericht geht daher davon aus, dass die Beschwerdeführerin neben den acht angemeldeten Dienstnehmern weitere Personen bei der Verteilung von Werbemitteln beschäftigt hat. An dieser Einschätzung ändert die mit der Beschwerde vorgelegte (Blg. 2) eidesstattliche Erklärung des Geschäftsführers der Beschwerdeführerin vom nichts. Insbesondere ist diese eidesstattliche Erklärung nicht geeignet, die Glaubwürdigkeit der Zeugen zu erschüttern. Anders als die Zeugen stand der Geschäftsführer der Beschwerdeführerin bei Abgabe der Erklärung nicht unter Wahrheitspflicht (eine eidesstattliche Erklärung ist kein Eid i.S.d. § 288 Abs. 2 StGB: Plöchl in Höpfel/Ratz, WK [2. Aufl.] StGB, Rz 52 zu § 288 m.w.N.) und verwirklicht die gegenständliche eidesstattliche Erklärung, die lediglich das Beschwerdevorbringen (teilweise wörtlich) wiedergibt, auch nicht den Tatbestand des § 293 StGB (Fälschung eines Beweismittels; sog "Lugurkunde"; vgl. RIS-Justiz RS0117739). Auch die mit der Beschwerde vorgelegten Arbeitsaufzeichnungen (Blg. 5) vermögen daran nichts zu ändern, da es geradezu in der Natur der Sache liegt, dass Schwarzarbeiter in offiziellen Unterlagen nicht aufscheinen. Im Übrigen ist festzuhalten, dass selbst in diesen Aufzeichnungen für die Monate Jänner und Februar 2015 eine Person (***AN9***) erwähnt wird, die offenkundig nicht zum Kreis der angemeldeten Mitarbeiter zählt.

Soweit die Beschwerdeführerin ins Treffen führt, dass auch Abgaben in Linz festgesetzt, aufgrund einer Beschwerde jedoch entsprechend angepasst worden seien, bezieht sie sich offenkundig auf die bereits erwähnte Beschwerdevorentscheidung des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom , GZ: 0063046/2018 MDion RM. Dass mit dieser Entscheidung "Abgaben entsprechend angepasst", nämlich die Kommunalsteuern für die Jahre 2015 und 2016 mit jeweils € 0,00 festgesetzt wurden, ist zutreffend. Der Grund hierfür lag jedoch nicht darin, dass die Behörde zum Schluss gekommen wäre, dass die Beschwerdeführerin lediglich acht (ohnedies angemeldete) Dienstnehmer beschäftigt, sondern darin, dass die Beschwerdeführerin keine Betriebsstätte in Linz unterhält und daher allein aus diesem Grunde in Linz nicht kommunalsteuerpflichtig ist.

In Ermangelung von Unterlagen bzw. Angaben der Beschwerdeführerin zur Gesamtzahl der beschäftigten Mitarbeiter konnte diese nur geschätzt werden. Angesichts dessen, dass nach dem Wissensstand der Zeugen allein in Wien bis zu 7 Mitarbeiter tätig waren, erscheint die Annahme des Finanzamtes Wien 4/5/10 im Bericht über die Außenprüfung vom (S. 5), dass es im gesamten Bundesgebiet - einschließlich der acht angemeldeten Dienstnehmer - rd. 33 Personen waren, unter Zugrundelegung des Verhältnisses der Einwohnerzahl Wiens (rd. 2 Mio) zur Einwohnerzahl Gesamtösterreichs (rd. 9 Mio; daher Faktor 4,5) sowie unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages (vgl. ; , 2000/14/0113) plausibel. Das Bundesfinanzgericht schließt sich daher der Schätzung durch das Finanzamt Wien 4/5/10 an. Demnach ist auch davon auszugehen, dass von den 25 nicht angemeldeten Mitarbeitern im Schnitt rund 5,55 (25 : 4,5) bzw. 22,22 % in Wien tätig waren.

Die Löhne der zusätzlichen - nicht angemeldeten - Mitarbeiter hat das Finanzamt Wien 4/5/10 auf Grundlage des Kollektivvertrages "Allgemeiner Groß- und Kleinhandel", Beschäftigungsgruppe 3, mit dem dort vorgesehenen Mindestlohn von € 1.500,00 brutto (für 2015) bzw. € 1.523,00 brutto (für 2016), jeweils 14-mal pro Jahr, geschätzt. Hierzu ist festzuhalten, dass diese Schätzung zu hoch gegriffen erscheint. Die Beträge entsprechen dem durchschnittlichen Lohn der acht angemeldeten Bediensteten. Hinsichtlich der nicht angemeldeten Schwarzarbeiter, die den angemeldeten Bediensteten untergeordnet waren, ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass deren Entlohnung deutlich geringer war und von dieser Entlohnung keine Sozialabgaben entrichtet wurden. Das Gericht geht daher - wie im Parallelverfahren RV/7102684/2019 - davon aus, dass die Schwarzarbeiter mit lediglich € 900,00 monatlich, dies zwölfmal im Jahr, entlohnt wurden.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem. § 1 Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl Nr. 819/1993 (KommStG 1993) unterliegen Arbeitslöhne, die jeweils in einem Kalendermonat an Dienstnehmer einer im Inland gelegenen Betriebsstätte des Unternehmens gewährt worden sind, der Kommunalsteuer. Als Betriebsstätte gilt hierbei jede feste örtliche Anlage oder Einrichtung, die mittelbar oder unmittelbar der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit dient (§ 4 Abs. 1 KommStG 1993). Steuerschuldner ist der Unternehmer, in dessen Unternehmen die Dienstnehmer beschäftigt werden (§ 6 KommStG 1993). Erhebungsberechtigt ist die Gemeinde, in der eine Betriebsstätte unterhalten wird (§ 7 Abs. 1 KommStG 1993). Die Steuer beträgt 3 % der Summe der gewährten Arbeitslöhne, d.s. im Fall von Dienstverhältnissen die Bezüge gemäß § 25 Abs. 1 Z. 1 lit. a und b EStG 1988 (§ 5 Abs. 1 lit. a i.V.m. § 9 KommStG 1993). Die Steuerschuld entsteht mit Ablauf des Kalendermonats, in dem Lohnzahlungen gewährt worden sind und ist die Kommunalsteuer vom Unternehmer für jeden Kalendermonat selbst zu berechnen und bis zum 15. des darauffolgenden Monates an die Gemeinde zu entrichten (§ 11 Abs. 1 u. 2 KommStG 1993). Wird kein selbst berechnete Betrag bekannt gegeben oder erweist sich die Selbstberechnung als nicht richtig, hat die Festsetzung der Abgaben mit Abgabenbescheid zu erfolgen (§ 11 Abs. 3 KommStG 1993). Hierbei besteht kein Ermessen (arg. "… hat die Festsetzung… zu erfolgen."; s. auch Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. [2021], Rz 17a zu § 201). Die Kommunalsteuer ist daher bei unterbliebener/unrichtiger Selbstberechnung zwingend festzusetzen, ohne dass Ermessenskriterien zu prüfen wären. Bei § 11 Abs. 3 KommStG 1993 handelt es sich um eine Spezialbestimmung, welche die allgemeinen Bestimmungen der BAO verdrängt (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. [2021], Rz 12 zu § 201).

Im vorliegenden Fall betrieb die Beschwerdeführerin in den streitgegenständlichen Jahren mit dem "virtuellen Büro" in ***Adr1***, in dem Anfragen und Postsendungen entgegengenommen wurden, dem Lager in ***Adr2***, in dem Werbematerialien gelagert und die Dienste der Mitarbeiter besprochen und eingeteilt wurden, und dem Raum in ***Adr3***, der von ***AN-M*** während seiner Aufenthalte in Österreich genutzt wurde, drei feste örtliche Anlagen bzw. Einrichtungen, die der Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit dienten, und damit als Betriebsstätten i.S.d. § 4 Abs. 1 KommStG 1993 zu qualifizieren sind. Da die Beschwerdeführerin weitere Betriebsstätten nicht unterhält, ist sie ausschließlich in Wien kommunalsteuerpflichtig und ist die Gesamtsumme der von ihr gewährten Arbeitslöhne den Wiener Betriebsstätten als Bemessungsgrundlage zuzurechnen.

Die Beschwerdeführerin hat zusätzlich zu den acht ordnungsgemäß angemeldeten Mitarbeitern 25 weitere Dienstnehmer beschäftigt, denen sie in den Jahren 2015 und 2016 € 900,00 monatlich, zwölfmal jährlich (insg. sohin € 270.000,00 pro Jahr), an Arbeitslohn bezahlt hat. Da sie die auf diese Arbeitslöhne entfallende Kommunalsteuer nicht selbst berechnet und entrichtet hat, erfolgte deren bescheidmäßige Festsetzung dem Grunde nach zu Recht. Dies gilt auch für die zunächst gegenüber dem Magistrat der Stadt Linz erklärten und abgeführten Beträge von € 17.998,33 im Jahr 2015 und € 18.462,54 im Jahr 2016, die richtigerweise in Wien erklärt und abgeführt hätten werden müssen.

Allerdings ist aufgrund der gegenüber dem angefochtenen Bescheid geänderten Bemessungsgrundlage (die belangte Behörde hatte - dem GPLA-Bericht folgend - einerseits 14 Monatslöhne á € 1.500,00 [2015] bzw. € 1.523,00 [2016] zugrunde gelegt und andererseits lediglich die im Bericht für Wien und Linz ausgewiesenen Beträge veranschlagt) folgende Neuberechnung vorzunehmen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2015
2016
BMG lt. Erklärung Wien
48.365,00
77.353,67
BMG lt. Erklärung Linz
17.998,33
18.462,54
Mehrergebnis lt. GPLA
270.000,00
270.000,00
Summe
336.363,33
365.816,21
Kommunalsteuer 3 %
10.090,90
10.974,49

Gemäß § 1 des Wiener Landesgesetzes über die Einhebung einer Dienstgeberabgabe (Wr. Dienstgeberabgabegesetz - WDGAG), LGBl Nr. 17/1970, haben Dienstgeber für das Bestehen eines Dienstverhältnisses in Wien eine Abgabe zu entrichten. Ein Dienstverhältnis besteht dann in Wien, wenn der Beschäftigungsort des Dienstnehmers in Wien liegt (§ 2 WDGAG). Die Abgabe beträgt für jeden Dienstnehmer und für jede angefangene Woche eines bestehenden Dienstverhältnisses € 2,00 (§ 5 WDGAG). Der Abgabepflichtige hat bis zum 15. Tag jedes Monates die im Vormonat entstandene Abgabenschuld zu entrichten (§ 6 Abs. 1 WDGAG).

Für die Dienstgeberabgabe besteht keine dem § 11 Abs. 3 KommStG 1993 entsprechende Sonderregelung. Die Voraussetzungen für ihre bescheidmäßige Festsetzung richten sich daher nach den einschlägigen Bestimmungen der BAO. Gem. § 201 Abs. 1 BAO kann nach Maßgabe des Abs. 2 eine bescheidmäßige Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag bekannt gibt oder wenn sich die bekannt gegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Auch hinsichtlich der Dienstgeberabgabe hat die Beschwerdeführerin in Bezug auf jene Mitarbeiter, die sie zusätzlich zu den acht angemeldeten Mitarbeitern im streitgegenständlichen Zeitraum in Wien für Werbemaßnahmen eingesetzt hat, keine selbst berechneten Beträge bekannt gegeben. Es liegt daher der Tatbestand des § 201 Abs. 2 Z. 3 erster Fall BAO vor, sodass auch die Festsetzung der Dienstgeberabgabe zu Recht erfolgte.

Aufgrund der gegenüber dem angefochtenen Bescheid geänderten Bemessungsgrundlage ist auch hinsichtlich der Dienstgeberabgabe eine Neuberechnung vorzunehmen. Ausgehend davon, dass die Zahl der insgesamt für die Beschwerdeführerin tätigen Arbeitnehmer im Faktor 4,5 zur Zahl der in Wien tätigen Arbeitnehmer steht (s.o.), ist davon auszugehen, dass von den 25 nicht angemeldeten Arbeitnehmern durchschnittlich 5,55 (25 : 4,5) in Wien tätig waren, sodass sich pro Jahr 289 (5,55 x 52) zusätzliche angefangene Arbeitswochen bzw. € 578,00 (289 x € 2,00) an zusätzlicher Dienstgeberabgabe ergeben. Einschließlich der erklärten und abgeführten Beträge (€ 148,00 für das Jahr 2015 und € 274,00 für das Jahr 2016) beträgt die Dienstgeberabgabe für das Jahr 2015 sohin € 726,00 und für das Jahr 2016 € 852,00.

Die Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben nach den in § 201 Abs. 2 BAO genannten Tatbeständen liegt im Ermessen ("Die Festsetzung kann erfolgen…"). Ermessensentscheidungen sind gemäß § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter dem Gesetzesbegriff "Billigkeit" sind hierbei die berechtigten Interessen der Partei zu verstehen, unter dem Begriff "Zweckmäßigkeit" das öffentliche Interesse an der Einbringung der Abgaben (). Die Kriterien der Ermessensübung sind vorrangig dem Zweck jener Norm zu entnehmen, die das Ermessen einräumt (). Da die Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben mit den Berichtigungs-, Änderungs- oder Aufhebungsbestimmungen der §§ 293ff BAO vergleichbar ist, kommt - wie bei diesen - dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung besondere Bedeutung zu (Ritz/Koran, BAO, 7. Aufl. [2021], Rz 30 zu § 201), sodass grundsätzlich das Prinzip der Rechtsrichtigkeit Vorrang vor jenem der Rechtsbeständigkeit genießt und die Abgaben demnach grundsätzlich festzusetzen sind. Angesichts dessen, dass sich die Nachforderung an Dienstgeberabgabe auf € 578,00 pro Jahr beläuft, kann die Festsetzung jedenfalls nicht wegen Geringfügigkeit der Auswirkungen unterbleiben. Hinweise darauf, dass die Abgabe uneinbringlich sein könnten und die Festsetzung im Sinne der Verwaltungsökonomie unzweckmäßig wäre, liegen nicht vor, wobei eine Unzweckmäßigkeit nicht zuletzt auch im Hinblick darauf zu verneinen ist, dass die Kommunalsteuer zwingend festzusetzen und ein Abgabenverfahren demnach ohnedies durchzuführen war. Ebensowenig liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Einhebung nach Lage des Falles (sachlich oder persönlich) unbillig sein könnte. Die Ermessenskriterien sprechen daher klar für die Festsetzung der Dienstgeberabgabe, sodass diese auch i.S.d. Ermessens zu Recht festgesetzt wurden.

Soweit die Beschwerdeführerin auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen bekämpft, ist festzuhalten, dass sich die Beschwerde inhaltlich ausschließlich mit der Kommunalsteuer und der Dienstgeberabgabe befasst und keinerlei dezidiertes Vorbringen zu den Säumniszuschlägen enthält. Nach ständiger Rechtsprechung setzt die Säumniszuschlagspflicht nicht den Bestand einer sachlich richtigen Abgabenschuld, sondern nur einer formellen Abgabenzahlungsschuld voraus. Maßgeblich für die Festsetzung des Säumniszuschlages ist daher lediglich das objektive Vorliegen einer Säumnis, nicht aber die Richtigkeit des zugrunde liegenden Abgabenbescheides. Der Säumniszuschlag ist auch dann geschuldet, wenn der Bescheid über die Festsetzung der Stammabgabe sachlich unrichtig sein sollte. Auch wenn gegen den Stammabgabenbescheid ein Rechtsmittel erhoben wird, steht dies der Festsetzung von Säumniszuschlägen nicht entgegen (; , 99/13/0054; , 99/15/0145; , 2002/16/0072; , 2005/16/0240; , Ra 2017/13/0023). Nachdem die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall ausschließlich Einwendungen gegen die Stammabgaben (Kommunalsteuer, Dienstgeberabgabe) erhoben hat und Umstände, die einer Festsetzung von Säumniszuschlägen entgegenstehen würden, weder vorgebracht wurden noch ersichtlich sind, musste der Beschwerde gegen die Säumniszuschläge ein Erfolg schon alleine deswegen versagt bleiben. Anlässlich der Neufestsetzung der Stammabgaben waren allerdings auch die Säumniszuschläge neu zu berechnen und entsprechend festzusetzen (vgl. , wonach dann, wenn sowohl die Stammabgaben als auch die darauf basierenden Säumniszuschläge mit Bescheidbeschwerde angefochten sind, die Neuberechnung der Säumniszuschläge im Falle einer Reduktion oder Erhöhung der Stammabgaben in der Kompetenz des BFG liegt). Die nicht fristgerecht an die belangte Behörde entrichtete Kommunalsteuer 2015 beträgt € 8.639,95 (3 % von € 17.998,33 [BMG lt. Erklärung Linz] und € 270.000,00 [Mehrergebnis lt. GPLA]), der darauf entfallende 2 %ige Säumniszuschlag daher € 172,80. Die nicht fristgerecht entrichtete Kommunalsteuer 2016 beträgt € 8.653,88 (3 % von € 18.462,54 [BMG lt. Erklärung Linz] und € 270.000,00 [Mehrergebnis lt. GPLA]), der darauf entfallende 2 %ige Säumniszuschlag daher € 173,08. Die nicht fristgerecht entrichtete Dienstgeberabgabe 2015 und 2016 beträgt je € 578,00, die darauf entfallenden 2 %igen Säumniszuschläge daher je € 11,56.

Zusammenfassend konnte daher der Beschwerde nicht Folge gegeben werden und waren stattdessen die streitgegenständlichen Abgaben auf Basis der geänderten Bemessungsgrundlagen neu festzusetzen. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass angefochtene Bescheide gem. § 279 Abs. 1 BAO vom Verwaltungsgericht nach jeder Richtung - auch zu Ungunsten des Beschwerdeführers - abgeändert werden können () und dass bei bescheidmäßiger Festsetzung von Selbstbemessungsabgaben nicht nur die Nachforderung, sondern die gesamte Abgabe (einschließlich der bereits abgeführten Beträge) festzusetzen ist ().

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Die im vorliegenden Fall maßgeblichen Rechtsfragen ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz bzw. aus der zitierten Rechtsprechung, von der das BFG nicht abgewichen ist. Strittig war lediglich die Sachverhaltsfrage, ob die Beschwerdeführerin über die acht ordnungsgemäß angemeldeten Dienstnehmer hinaus weitere Personen beschäftigt hat. Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung war daher nicht zu lösen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Landesabgaben Wien
betroffene Normen
§ 1 WDGAG, Wr. Dienstgeberabgabegesetz, LGBl. Nr. 17/1970
§ 1 KommStG 1993, Kommunalsteuergesetz 1993, BGBl. Nr. 819/1993
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7400133.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at