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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 19.12.2023, RV/5100940/2021

Vorwegvereinbarung betreffend Ehewohnung ("Opting-Out"-Regelung iSd § 87 EheG) - kein Vergleich iSd § 33 TP 20 GebG 1957

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/5100940/2021-RS1
Wird im Zuge der Eheschließung die sog. "Opting-Out"-Regelung iSd § 87 EheG vereinbart, geht es um die Möglichkeit der vertraglichen Vorwegvereinbarung bestimmter Vermögenszuordnungen und nicht um einen Vergleich. Eine Gebührenpflicht iSd § 33 TP 20 GebG ist in diesem Fall zu verneinen.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike Stephan in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Gebührenbescheid Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (samt Verfahrensgang)

Zwischen der Beschwerdeführerin (in der Folge kurz Bf.) und ihrem Gatten (***X***, geb. ***Datum***) wurde am eine "Vorwegvereinbarung" in Form eines Notariatsaktes abgeschlossen.

Diese Vorwegvereinbarung regelt wie folgt:

"I.Präambel

Die Vertragsparteien haben am tt.mm.2020 miteinander die Ehe geschlossen. Sie sind österreichische Staatsangehörige und leben derzeit in ***Adr.***.

***X*** ist aufgrund des am abgeschlossenen Übergabsvertrages grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***1***, KG ***2***.

Im Bereich der Grundstücke ***3*** und ***4***, vorgetragen ob der Liegenschaft EZ ***1***, KG ***2***, bewohnen die Ehegatten ***X*** und ***Bf1*** eine Wohneinheit mit der Adresse ***Adr.*** samt Gartenflächen mit Gartenhaus.

Die Wohnung wurde von den Vertragsparteien saniert und ausgebaut, wobei auch ein Gartenhaus errichtet wurde und wurden die zur Finanzierung dieser Maßnahmen erforderlichen finanziellen Mittel gemeinsam aufgebracht.

Den Ehepartnern ist bekannt, dass nach österreichischem Recht als gesetzlicher ehelicher Güterstand gemäß § 1237 ABGB - mangels abweichender Vereinbarung durch Ehepakt - Gütertrennung gilt.

Die Ehepartner stellen klar, dass die gegenständliche Vereinbarung die bestehende Gütertrennung unberührt lässt und vereinbaren, dass Gütertrennung auch für den Fall einer Änderung der oben dargestellten Rechtslage gelten soll. Die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich und stellen klar, dass diese Vereinbarung hinsichtlich der ehelichen Liegenschaft als "Opting-Out"-Regelung im Sinne des § 87 Abs. 1 EheG zu verstehen ist.

II. Vertragsgegenstand

Gegenstand dieser Vorwegvereinbarung bildet die Regelung des rechtlichen Schicksals der im Bereich der Grundstücke ***3*** und ***4***, vorgetragen ob der Liegenschaft EZ ***1***, KG ***2***, im ersten Stock des landwirtschaftlichen Wohnhauses mit der Liegenschaftsadresse ***Adr.***, befindlichen Wohnung welche die zukünftige Ehewohnung bildet samt Gartenflächen und Gartenhaus.

Für den Fall der Scheidung aus welchem Grund auch immer, mit Ausnahme des Todes und ohne Rücksicht auf ein Verschulden am Scheitern der Ehe, vereinbaren ***X*** und ***Bf1*** nachstehende

VORWEGVEREINBARUNG:

***X*** verpflichtet sich binnen eines Monats nach Rechtskraft der Scheidung bzw. Aufhebung der Ehe und erfolgtem Auszug aus der ehelichen Liegenschaft bzw. Aufgabe desNutzungsrechts durch ***Bf1*** an ***Bf1*** folgende Ausgleichszahlungen zu leisten:

1. Einen Betrag in der Höhe von € 50.000,00. Mit dieser Zahlung gelten alle von ***Bf1*** im Bereich der ehelichen Liegenschaft bereits getätigten Aufwendungen bzw. Investitionen als abgegolten.

Eine zum Zeitpunkt der Fälligkeit dieser Zahlung allfällig noch bestehende Verbindlichkeit bezogen auf das von ***Bf1*** bei der Raiffeisenbank Oberes Innviertel eGen, IBAN ***12345***, aufgenommene Darlehen ist in die alleinige Rückzahlungsverpflichtung von ***Bf1*** zu übernehmen und ist ***X*** diesbezüglich vollkommen schad-, klag- und exekutionslos zu halten.

2. Ein Drittel des während aufrechter Ehe im Bereich der Ehewohnung bzw. der Gartenflächen durch getätigte Investitionen geschaffenen Mehrwerte (Bewertungsstichtag: Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichszahlung). Allfällig bestehende liegenschaftsbezogene Darlehensverbindlichkeiten reduzieren die Bemessungsgrundlage (Mehrwert).

Hierzu ein Beispiel:

Wird durch den Ausbau des Dachgeschosses (zur Erweiterung der Ehewohnung) ein Betrag in der Höhe von € 300.000,00 investiert und beträgt der dadurch geschaffene Mehrwert zum Bewertungsstichtag (Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichszahlung) € 270.000,00, so errechnet sich ein Ausgleichszahlungsbetrag in der Höhe von € 90.000,00. Bestehen zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichszahlung Verbindlichkeiten in der Höhe von € 30.000,00, beträgt die Ausgleichszahlung € 80.000,00.

Die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich auf eine Wertsicherung und Verzinsung zu verzichten.

***Bf1*** verpflichtet sich im Gegenzug die auf der vertragsgegenständlichen Liegenschaft befindliche Wohnung samt Gartenhaus längstens binnen einem Monat nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe geräumt von ihren persönlichen Fahrnissen an ***X*** zu übergeben. Für den Fall, dass ***X*** und ***Bf1*** Eltern eines oder mehrerer Kinder sind, verpflichtet sich ***Bf1*** längstens binnen neun Monaten nach Rechtskraft der Scheidung der Ehe aufzugeben und die Liegenschaft von allen ihr gehörenden Fahrnissen zu räumen.

Das in der ehelichen Wohnung befindliche fixe Mobiliar verbleibt in der Ehewohnung und wird somit ebenfalls in das Alleineigentum von ***X*** übertragen. Sonstige im Bereich der vertragsgegenständlichen Liegenschaft befindliche Gegenstände bzw. Fahrnisse sind vom Regelungsinhalt dieser Vereinbarung nicht umfasst.

Allfällig bestehende gemeinsame liegenschaftsbezogene Darlehensverbindlichkeiten (ausgenommen das bei der bei der Raiffeisenbank Oberes Innviertel eGen, IBAN ***12345*** von ***Bf1*** aufgenommene Darlehen) sind in die alleinige Rückzahlungsverpflichtung von ***X*** zu übernehmen und ist ***Bf1*** diesbezüglich vollkommen schad-, klag- und exekutionslos zu halten.

Die Vertragsparteien sind in Kenntnis darüber, dass die Rechtswirkungen aus dieser Vereinbarung erst mit der Ehescheidung eintreten. Eine Scheidung der Ehe steht zum Zeitpunkt der Vertragserrichtung nicht im Raum.

Die Vertragsparteien schließen durch diese Vorwegvereinbarung die Übertragung des Eigentums oder dinglicher Rechte an der ehelichen Liegenschaft gemäß § 87 Abs. 1 EheG, soweit diese mit dieser Regelung in Widerspruch stehen würde, ausdrücklich aus.

[…].

Mit Bescheid vom erfolgte die Festsetzung der Gebühr iHv € 2.800,00 (2 % vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommen Leistung iHv € 140.000) gem. § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG durch das Finanzamt Österreich. Aus der Bescheidbegründung:

"Die Ausgleichszahlungen nach Pkt. II. Z. 1 + 2 des Vertrages betreffen bereits getätigte und zukünftige Aufwendungen und Investitionen unterliegen somit der Vergleichsgebühr."

Gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage dieses Gebührenbescheides richtet sich die fristgerecht eingebrachte Beschwerde der Bf., die wie folgt begründet wurde:

"In der Vorwegvereinbarung vom wurde in Pkt. II. 1. eine Summe von 50.000 € als fixe Ausgleichszahlung, im Falle einer Scheidung, definiert. Unter Pkt. II. 2. wurden keine real geleisteten/geplanten Investitionssummen genannt. Auch wird angeführt, dass der Bewertungsstichtag der Zeitpunkt der Fälligkeit der Ausgleichszahlung ist. Die angeführten Beträge dienen lediglich als fiktives Beispiel um die Herleitung der Berechnung verstehen zu können (Rechenbeispiel). Generell treten die Rechtswirkungen aus dieser Vereinbarung erst mit der Ehescheidung ein. Ich erbitte und erachte daher 50.000€ als Bemessungsgrundlage und werde die festgesetzte Gebühr von 1.000€ (2%) an das Konto AT ***56789*** entrichten.Ich beantrage, dass gemäß § 212a BAO die Einhebung des in Streit stehenden Betrages von 1.800€ ausgesetzt wird"

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Aus der Begründung:

"Gemäß § 17 Abs. 1 ist für die Festsetzung der Gebühr der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Urkunde maßgebend. Gem. Abs. 2 wird bis zum Gegenbeweis der Tatbestand der die Gebührenschuld begründet vermutet, wenn aus der Urkunde die für die Festsetzung der Gebühr bedeutsamen Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind. Die Ausgleichszahlung für zukünftigen Investitionen wurden mangels Angabe anderweitiger Zahlen in Höhe von € 90.000 gem.§ 184 Abs. 1 BAO geschätzt."

Mit Vorlageantrag vom wurde fristgerecht die Entscheidung über die Sache durch das Bundesfinanzgericht beantragt. Die Beschwerde wurde wie folgt ergänzt:

"Da die zwischen mir und meinem Ehemann, Herrn ***X***, geschlossene Vorwegvereinbarung keinen Vergleich darstellt, nehme ich die Vergebührung It. Gebührenbescheid vom nicht zur Kenntnis und lege Beschwerde dagegen ein.

Ich beziehe mich auf die Entscheidung RV/7101539/2014 demnach eine bindende Trennungsfolgenvereinbarung/Vorwegvereinbarung betreffend Ehewohnung nach dem FamRÄG 2009 keinen Vergleich iSd § 33 TP 20 GebG 1957 darstellt. […]

Neben der Tatsache, dass ich die Vergebührung von Beträgen, welche bestenfalls nie ausbezahlt werden, sowie fiktiven Urkundeninhalten generell als unseriös und untragbar einstufe, wurde zudem Misstrauen gegenüber der Vorgehensweise des Finanzamts erhärtet, als dass bei telefonischer Nachfrage (,14:20-14:40, Hr. ***Y***) keine Argumente u. faktenbezogene Erklärungen zur Herangehensweise bei Schätzungen von zukünftigen Investitionssummen und daraus resultierenden Ausgleichszahlungen abgegeben werden konnten."

Mit Vorlagebericht vom wurde der Akt dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vorgelegt.

2. Beweiswürdigung

Der Sachverhalt ist auf Grund des eindeutigen Urkundeninhalts in Form des Notariatsaktes als erwiesen anzusehen. Der Verfahrensgang vor dem Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel sowie dem Bundesfinanzgericht ist durch den Gebührenbescheid, Bescheidbeschwerde, Vorlageantrag und schließlich Vorlage vor dem Bundesfinanzgericht evident.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Stattgabe)

Gem. § 33 TP 20 GebG 1957 unterliegen außergerichtliche Vergleiche einer Rechtsgeschäftsgebühr. Diese beträgt, wenn der Vergleich über (gerichts-) anhängige Rechtsstreitigkeiten getroffen wird, 1% und in allen übrigen Fällen 2% des Gesamtwertes der von jeder Partei übernommenen Leistungen. Da das GebG 1957 den Begriff des Vergleiches nicht definiert, ist diesbezüglich auf die zivilrechtliche Definition in § 1380 ABGB zurückzugreifen (; , 2006/16/0136). Demnach handelt es sich beim Vergleich um eine konstitutive Vereinbarung, mit der durch beiderseitiges Nachgeben der Vertragsparteien strittige oder zweifelhafte Rechte einverständlich neu festgelegt werden. Der Vergleich bereinigt sohin ein strittiges oder zweifelhaftes Rechtsverhältnis und dient damit v.a. der Beilegung oder Vermeidung von Rechtsstreitigkeiten (; , 2006/16/0136; , 2011/16/0122). Hierbei ist es nicht erforderlich, dass bereits bestehende bzw. der Vereinbarung vorangegangene Streitigkeiten bereinigt werden, sondern liegt ein Vergleich auch dann vor, wenn mit der Vereinbarung pro futuro gegensätzliche Interessen der Vertragsparteien ausgeglichen werden sollen (). Die durch den Vergleich bereinigte Ungewissheit betrifft in einem solchen Fall daher zukünftige Rechts- oder Tatsachenfragen ().

In diesem Sinne qualifiziert die ständige Rechtsprechung Vereinbarungen, die von Brautleuten vor Abschluss der Ehe getroffen werden und die Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse der Ehegatten im Fall der Scheidung regeln, als durch die Eheschließung und nachfolgende Scheidung (doppelt) bedingte und - da Bedingungen gemäß § 17 Abs. 4 GebG 1957 unbeachtlich sind - gebührenpflichtige Vergleiche i.S.d. § 33 TP 20 GebG 1957. Da die Folgen einer Scheidung gesetzlich nicht im Einzelnen festgelegt sind und derartige Vereinbarungen grundsätzlich der Disposition der Ehegatten unterliegen, steht bei Abschluss einer solchen Vereinbarung typischerweise noch nicht fest, ob und in welcher Höhe im Fall der Scheidung ein Ehegatte dem anderen zum Unterhalt oder zu sonstigen Leistungen verpflichtet sein wird. Dies gilt insbesondere für die einvernehmliche Scheidung, bei der eine Einigung u.a. über die unterhaltsrechtlichen Beziehungen und die vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehegatten sogar Scheidungsvoraussetzung ist (§ 55a Abs. 2 EheG). Bei einer solchen Scheidungsfolgenvereinbarung handelt es sich daher um die Regelung (zukünftiger) zweifelhafter Rechte mit Streitvermeidungsfunktion, bei der die Ehegatten zu gegenseitigen Zugeständnissen bereit waren (; , 2000/16/0332; , 2003/16/0117).

Scheidungsfolgenvereinbarungen ("Vorwegvereinbarungen"), die für den Fall der Auflösung der Ehe abschließend sowohl vermögensrechtliche Regelungen über die Aufteilung als auch Regelungen über den Unterhalt umfassen, wurden unter Berücksichtigung der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom Bundefinanzgericht weiterhin als der Gebühr nach § 33 TP 20 GebG unterliegend beurteilt (vgl dazu ua. , ; ; ; ; ).

Die gegenständliche Vorwegvereinbarung unterscheidet sich aber von einer generellen Trennungsfolgenvereinbarung dadurch, dass ausschließlich eine Vorwegvereinbarung hinsichtlich der gemeinsamen Ehewohnung iSd § 87 EheG getroffen wurde ("Opting-Out"-Regelung).

In der Entscheidung hat des Bundesfinanzgericht zu einer nach dem Inkrafttreten des FamRÄG 2009 abgeschlossenen Trennungsfolgenvereinbarung, in der die Ehewohnung mit einer "Opting-Out"-Regelung aus der nachehelichen Aufteilung ausgeschlossen wurde und für den Fall der Scheidung, Nichtigerklärung oder Aufhebung der Ehe eine Ausgleichszahlung in Anerkennung von Investitionen und der Beteiligung am Darlehen vereinbart wurde, entschieden, dass kein Vergleich iSd § 33 TP 20 GebG 1957 vorliege, weil das Tatbestandsmerkmal des "gegenseitigen Nachgebens" nicht erfüllt sei.

Bei der rechtlichen Beurteilung, ob die gegenständliche Vorwegvereinbarung als Vergleich zu qualifizieren ist, ist auf Grund des geltenden Urkundenprinzips gem. § 17 GebG auf den Inhalt der Vereinbarung abzustellen.

Die Bf. und Ihr Gatte haben am tt.tmm2020 die Ehe miteinander geschlossen und am die gegenständliche Vorausvereinbarung getroffen. Der Gatte der Bf. ist aufgrund des am abgeschlossenen Übergabsvertrages grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***1***, KG ***2***, in welcher die Bf. und ihr Gatte eine Wohneinheit bewohnen. Die Vertragsparteien vereinbaren ausdrücklich und stellen klar, dass diese Vereinbarung hinsichtlich der ehelichen Liegenschaft als "Opting-Out"-Regelung im Sinne des § 87 Abs. 1 EheG zu verstehen ist.

Die gegenständliche Vorwegvereinbarung wurde im Zuge der Eheschließung geschlossen, also zu einem Zeitpunkt, zu welchem über das Schicksal der gemeinsamen Ehewohnung im Fall der Scheidung kein Streit und keine Unklarheit herrschte.

Eine Vereinbarung, in der die Vertragsparteien Rechte und Pflichten, über deren Art und Ausmaß kein Streit herrscht, anders regeln als es im Gesetz vorgesehen ist, stellt aber keinen gebührenpflichtigen Vergleich dar (vgl. ; ; , 1769/54, VwSlg 1471/F).

Gegenständlich geht es um die Möglichkeit der vertraglichen Vorwegregelung bestimmter Vermögenszuordnungen und nicht um einen Vergleich. Eine Gebührenpflicht iSd § 33 TP 20 GebG ist in diesen Fällen zu verneinen (vgl. Gitschthaler in Schwimann/Kodek, ABGB Praxiskommentar5, § 97 Rz 28).

Aus den genannten rechtlichen Gründen und Erwägungen ist die gegenständliche Vorwegvereinbarung nicht als Vergleich anzusehen und unterliegt daher nicht der Gebührenpflicht des § 33 TP 20 GebG.

Die Festsetzung der Gebühr gemäß § 33 TP 20 Abs 1 lit.b GebG 1957 erfolgte somit zu Unrecht.

3.1. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

In Hinblick darauf, dass hinsichtlich der Vergleichsgebühr für Vorwegvereinbarungen über eine eingebrachte Ehewohnung noch keine einschlägige Judikatur vorliegt, ist im Beschwerdefall eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, sodass die Revision zuzulassen war.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 33 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
§ 33 TP 20 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957
Zitiert/besprochen in
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100940.2021

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at