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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 10.10.2023, RV/2100251/2022

Pfändung einer Geldforderung für eine Haftungsschuld

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter ***1*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Dr. Weinhandl & Partner Steuerberatungs KG, Kettenbrückengasse 9, 1052 Wien, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Pfändung einer Geldforderung 2021 in Höhe von 11.235 €, Steuernumer ***BF1StNr2*** bzw. zu Recht erkannt:

I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.
Die Pfändung wird auf einen Betrag von 3.887,69 € eingeschränkt.
3.842,23 € zuzüglich 38,42 € (Gebühren) und 7,04 € (Barauslagen).

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Im angefochtenen Bescheid wurde wegen Abgabenschuldigkeiten in Höhe von 11.176,79 € zuzüglich Gebühren und Barauslagen von 118,21 €, zusammen: 11.235 € gegenüber dem Drittschuldner zustehende Forderungen des Abgabepflichtigen gepfändet und gleichzeitig ihm die weitere Verfügung über die gepfändeten Forderungen untersagt.

In seiner rechtzeitig überreichten Beschwerde führte der Beschwerdeführer durch seinen Vertreter Folgendes aus:

"…
Der Pfändungsbescheid beruht offenbar auf dem nicht rechtskräftigen Haftungsbescheid des FA G. vom , welcher vor dem BFG bekämpft wurde und mit BFG Erkenntnis vom GZ. RV/7100620/2017 entschieden ist.
In diesem Erkenntnis heiß es aber im Spruch auf Seite 13 wörtlich, dass "der vom Bf. noch zu entrichtende Haftungsbetrag durch die [mittlerweile geleisteten) Zahlungen des Bf auf € 4.109,33 vermindert wurde."

Auf Grund dieses rechtskräftigen BFG-Erkenntnisses bleibt also kein Raum für eine Pfändung von € 11.116,76 zuzüglich Nebengebühren.
Dieser Pfändungsbescheid ist daher seiner Höhe nach rechtswidrig.

Ein Haftungsbescheid gegen einen Abgabenschuldner, der im Rahmen einer Haftung für eine bestimmte Steuerschuld eines Jahres einer Kapitalgesellschaft ausgestellt wird, setzt einen rechtskräftigen Steuerbescheid der Primärschuldnerin voraus, und eine daraus resultierende Steuerschuld (= Nachzahlung).

Das Finanzamt G. hebt aber am den USt-Bescheid 2014 der *** GmbH, welcher u.A. zu dem Haftungsbescheid geführt hatte, auf.
Mit gleichem Tag erlässt das gleiche Finanzamt Gänserndorf den neuen USt-Bescheid 2014, sohin am , wodurch eine Abgabengutschrift von USt 2014 in Höhe € 22.150,80 entsteht.
Alleine diese Gutschrift bedingt, dass der-sich damals noch im Rechtsmittel befindliche - Haftungsbescheid zumindest hinsichtlich der dort ausgewiesenen U 12/2014 im Ausmaß von € 12.403,83 damit jedenfalls überholt ist und somit materiellrechtlich keine Haftungsinanspruchnahme für eine nichtfestgesetzte Abgabe [Nachzahlung U 2014) des Primärschuldners denkmöglich ist.
Auch It. zitiertem BFG Erkenntnis verlangt die Akzessorietät des Abgabeverfahrens im Fall der Haftung, dass die Abgabenschuld auch entstanden ist, sohin muss ein Abgabenanspruch aufrecht sein (
95/16/0077).
Zahlungen des Haftenden, aber auch zwischenzeitige Steuergutschriften des Primärschuldners, ändern zwar grundsätzlich nichts am Umfang der bescheidmäßig ausgesprochenen Haftung, vermindern aber logischerweise den noch zu entrichtenden Haftungsbetrag ().
Sollte daher - wie in unserem Fall - zwar ein rechtskräftiger Haftungsbescheid vorliegen, ist dennoch vor Erlassung eines darauf basierenden Pfändungsbescheides die genaue Höhe der noch ausstehenden Abgabe festzustellen. Dies hat das BFG getan."

In ihrer abweisenden Beschwerdevorentscheidung führte die belangte Behörde Folgendes aus:

"Sie beziehen sich auf das rechtskräftige BFG Erkenntnis vom , in dem die Haftungssumme auf 27.030,04 € eingeschränkt wird. Die Inanspruchnahme des Haftenden erfolgte aufgrund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO zu Recht.
Wie bereits in der Beschwerdevorentscheidung vom erläutert, handelt es sich bei der Zahlung vom iHv 10.183,75 € um eine Nachtragsverteilung des ehemaligen Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren der GmbH (siehe Beilage). Die Abdeckung erfolgte somit anteilig auf alle angemeldeten Forderungen und nicht alleine auf die Haftungsschuld.
Daher ist die Höhe des offenen Haftungsbetrages mit 11.116,76 € samt Nebengebühren zu Recht und die Beschwerde war somit abzuweisen."

In der verwiesenen Beschwerdevorentscheidung vom wird Folgendes ausgeführt:

"Mit Haftungsbescheid vom nahm das Finanzamt G. den Beschwerdeführer als Haftungspflichtigen gern § 9 iVm §§ 80 ff BAO für die aushaftenden R.M. GmbH (18-211/xxxx - ab E. GmbH) im Ausmaß von € 131.924,61, in Anspruch.
Dieser Bescheid wurde vom Beschwerdeführer vom mit Bescheidbeschwerde
angefochten, sodass nach Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung () und der Stellungeines Vorlageantrages () letztlich das BFG mit Erkenntnis vom , GZ.RV/7100620/2017, darüber abgesprochen hat.
Dabei wurde vom BFG die Haftung des Abgabepflichtigen gern.
§ 9 BAO im Spruch auf € 27.030,04 anstatt € 131.924,61 eingeschränkt.
In der Entscheidungsbegründung führt das BFG auf Seite 12 aus, "dass die Haftung laut Beschwerdevorentscheidung ohnehin nur mehr die Monate 12/2014 und 1/2015 umfasst. Weiters führt das Gericht auf derselben Seite des Urteils aus, dass laut Kontenabfrage die Umsatzsteuer 12/2014 nicht mehr und die Umsatzsteuer 1/2015 mit einem Betrag von € 4.109,33 unberichtigt aushafte. "Dies resultiere aus Überrechnungen der Beträge von € 6.393,93 am und € 5.876,00 am und der Bezahlung (Überweisung) der Umsatzsteuer 1/2015 im Betrag von € 10.183,75am (verbucht am ) durch den Bf."

Auf Grund des Vorliegens der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 BAO erfolge nach Ansicht des BFG somit die Inanspruchnahme des Beschwerdeführers für aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der R.M. GmbH (ab : E. GmbH) im Ausmaß von € 27.030,04 zu Recht, wobei der vom Beschwerdeführer noch zu entrichtende Haftungsbetrag durch die Zahlungen des Beschwerdeführers auf € 4.109,33 vermindert worden sei.
Der Haftungsbetrag iHv € 27.030,04 setzt sich wie folgt zusammen:

Umsatzsteuer 12/2014: € 12.403,83
Umsatzsteuer 01/2015: € 14.626,21

Am sowie am erfolgte eine Überrechnung vom Einkommensteuerkonto (71-121/xxxx) des Beschwerdeführers auf das Abgabenkonto der E. GmbH. Dabei wurde am ein Betrag iHv € 6.393,93 und am ein Betrag iHv € 5.876,- überrechnet.
Mit Schreiben vom wurde vom steuerlichen Vertreter des Abgabepflichtigen ein Antrag auf Rückzahlung zu Unrecht eingebrachter Haftungen gem.
§ 241 BAO im Ausmaß von € 22.587,58 gestellt.

Mit Bescheid vom wurde der Antrag vom durch das Finanzamt als unbegründet abgewiesen und dies damit begründet, dass die Voraussetzung "zu Unrecht zwangsweise eingebracht" nicht vorliegen würde, da die Tilgungen (letztlich) auf einem rechtskräftigen Leistungsgebot in Form der BFG-Entscheidung vom fuße.

Mit Schreiben vom , eingelangt am , brachte der der Beschwerdeführer (im Folgenden kurz: Bf.) eine Bescheidbeschwerde gegen den Bescheid über die Abweisung des Rückzahlungsantrages gem. § 241 BAO vom ein. Darin beantragte er weiterhin gem § 241 BAO die Rückzahlung zu Unrecht eingebrachter Haftungen im Ausmaß von € 6.393, 93 (ohne Titel eingebracht am: ) und € 5.876,- (ohne Titel eingebracht am: ), insgesamt sohin € 12.269,93.

Vorweg wird seitens der Abgabenbehörde festgehalten, dass hinsichtlich der strittigen Überrechnung vom iHv € 6.393,93 ein Antrag auf Rückzahlung nach
§ 241 Abs 1 BAO entsprechend Abs. 3 leg. cit. bis zum Ablauf des Jahres 2019 gestellt werden hätte müssen (Ausschlussfrist), weshalb diesbezüglich bereits eine Fristversäumnis auf Seitens des Antragstellers eingetreten ist (siehe 1147/64, wonach die Dreijahresfrist mit dem Zeitpunkt der Abgabenentrichtung zu laufen beginnt).

Im gegenständlichen (Fall, Anm. BFG) wurde vom Finanzamt G. am ein Haftungsbescheid iSd § 9 iVm §§ 80 ff BAO gegenüber dem Bf. erlassen.

Der Beschwerdeführer hatte im Rahmen seiner am eingebrachten Bescheidbeschwerde (gemeint: Haftungsbescheid) auch
einen Antrag auf Aussetzung der Einhebung der haftungsgegenständlichen Abgaben gem § 212a BAO gestellt, der vom Finanzamt unerledigt geblieben ist. Dieser Antrag änderte aber nichts an dereingetretenen Fälligkeit der Haftungsschuld, sondern führte lediglich dazu, dass bis zu seiner Erledigunghinsichtlich dieser Abgaben Einbringungsmaßnahmen weder eingeleitet noch fortgesetzt werden durften (§ 230 Abs. 6 BAO).
Vom Finanzamt J. wurden am und am Überrechnungen gem.
§ 215 Abs. 2 BAO vom Abgabenkonto (71-121/xxxx) zur Tilgung von fälligen Abgabenschuldigkeitenvorgenommen, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes (Haftungsschuld)hatte.

Überrechnungen durch die Abgabenbehörde nach § 215 Abs. 2 BAO haben zwingend zu erfolgen (kein Ermessen; Stoll, BAO, 2308; 99/13/0071).
Die Verwendung von Guthaben ist nicht als Einbringungsmaßnahme anzusehen (vgl. Ellinger/Bibus/Ottinger, Abgabeneinhebung, § 215 Tz 4; Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO, § 215, Tz 7; RAE Tz 805), sodass eine Hemmung der Einbringung nach
§ 230 BAO einer Verrechnung von Guthaben mit fälligen Abgabenschuldigkeiten grundsätzlich nicht entgegensteht. Lediglich im Falle einer aufrechten Bewilligung der Aussetzung der Einhebung geht aus § 215 Abs. 1 letzter Halbsatz BAO hervor, dass eine Verrechnung von Guthaben mit ausgesetzten Abgaben nicht stattzufinden hat.
Aus diesem Grund steht aber ein unerledigter Antrag auf Aussetzung der Einhebung (
§ 212a BAO) der Verwendung von Guthaben bzw Gutschriften zur Tilgung vom Aussetzungsantrag umfasster Abgabenschuldigkeiten nicht entgegen (vgl. RV/0542-L/03).
Da die Haftungsschuld des Beschwerdeführers fällig war, konnte das am persönlichen Abgabenkonto bestehende Guthaben zur Abdeckung derselben verwendet werden. Durch die Geltendmachung der Haftung wurde der Berufungswerber zu einem Gesamtschuldner (
§ 7 BAO) und diesem gegenüber gemäß § 224 Abs. 1 BAO eine eigene Fälligkeit der Haftungsschuld begründet (Ritz, BA06, § 224 Tz. 8).
Wie bereits im Erstbescheid vom ausgeführt, liegt daher im beschwerdegegenständlichen Fall die Voraussetzung "zu Unrecht zwangsweise eingebracht jedenfalls nicht vor, da die beiden Überrechnungen (letztlich) auf einem rechtskräftigen Leistungsgebot in Form der BFG-Entscheidung vom fußen.

Den Ausführungen des Bf., wonach das BFG in seinem Erkenntnis vom im Spruch darüberabgesprochen habe, dass der Betrag iHv € 14.626,21 - für die UVA 01/2015 - verbucht worden sei undam auch tatsächlich der Höhe von € 10.183,75 einbezahlt worden sei, kann seitens desFinanzamtes nicht gefolgert werden. Dies aus mehreren Gründen:
Zum einen hat das Bundesfinanzgericht diese Aussagen im Rahmen der Erkenntnisbegründung und nicht
im Rahmen des Spruches getätigt, zum anderen geht das BFG - was die noch aushaftende Haftungsschuldbetrifft- davon aus, dass die Zahlung vom iHv€ 10.183,75 die Umsatzsteuer 01/2015 betroffenhat. Nach der Aktenlage wurde diese Zahlung jedoch auf Grund einer Nachtragsverteilung vom ehemaligenInsolvenzverwalter (X & Y RAE) geleistet.

Siehe dazu Verteilungsentwurf vom :

Mit der Entrichtung der Quotenzahlung iHv € 10.183,75 wurden die angemeldeten Forderungen iHv. € 157.610,54 anteilig abgedeckt. Auf die nach Überrechnung der Beträge iHv € 6.393,93 und € 5.876 gem.
§ 215 Abs 2 BAO noch aushaftende Umsatzsteuer 12/2014 und 01/2015 von insgesamt € 14.760,11 entfielen aufgrund der Quote iHv 14,42916 % ein Verteilungsbetrag von € 2.129,74.

Hinsichtlich der Haftung gem. § 9 BAO ist somit insgesamt noch ein Betrag iHv € 12.561,79 € offen:

…"

In seinem Vorlageantrag vom führte der Bf. u.a. Folgendes aus:
" …
Bedauerlicher Weise hat sich die Finanzverwaltung vermutlich mit den Argumenten unserer Beschwerde nicht ausreichend auseinandergesetzt. So ist z.B. aktenkundig:
- am wurde die U 1/2015 in der exakten Höhe von € 10.183,75 belastet.
- am wurde deren Zahlung in Höhe von exakt € 10.183,75 mit Verrechnungsanweisung dem Abgabenkonto der E. GmbH gutgeschrieben.

Das ist ein klarer, evidenter Beweis, dass diese U 1/2015 in dieser Höhe auch, und zwar schon am , überwiesen wurde. Es bleibt sohin kein weiterer Raum mehr unter diesem Titel und keine andere Interpretation für diese Zahlung.
…"

In der weiteren Folge wurde die Beschwerde mit Vorlagebericht vom zur weiteren Entscheidung durch das Bundesfinanzgericht vorgelegt. Neben der Wiederholung des bisher oa. Akteninhalt führte die belangte Behörde in ihrer Stellungnahme zur Beschwerde Folgendes aus:

"Die Pfändung einer Geldforderung gemäß § 65 Abs. 1 AbgEO kann nicht mit den Argumenten bekämpft werden, dass die Forderung nicht besteht. Ob die gepfändete Forderung besteht oder nicht, ist nicht Gegenstand der Prüfung im Pfändungsverfahren. Die Abgabenbehörde hat lediglich im Rahmen einer Schlüssigkeitsprüfung zu ermitteln, ob die Forderungen bestehen und dem (Abgaben-)Schuldner zustehen können und ob etwa Unpfändbarkeit vorliegt ( 90/14/0020).
Die Prüfung der Schlüssigkeit des Bestehens der Forderung ergibt folgendes Bild:
Das BFG hat mit Erkenntnis vom , RV/7100620/2017, erkannt, dass die Haftung gemäß
§ 9 BAO des Bf. auf € 27.030,04 anstatt € 131.924,61 eingeschränkt wird. Lediglich in den Entscheidungsgründen (= Begründung und nicht wie der Bf. behauptet im Spruch) hat das BFG - was die noch aushaftende Haftungsschuld betrifft - unrichtigerweise dargelegt, dass die Zahlung vom iHv € 10.183,75 die USt 01/2015 betroffen hat.
Aus der Beilage "Buchungsnachweis der Zahlung iHv € 10.183,75 - Insolvenz E. GmbH" vom ist erkennbar, dass diese Zahlung auf Grund der Insolvenz der E. GmbH vom ehemaligen Insolvenzverwalter ((X & Y RAE) geleistet wurde - "Insolvenz E. GmbH 26 S xx/15x, LG X. ON 3/66 Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur St. 18 - 211/yyyyZ".
Aus der Beilage "Verteilungsentwurf Insolvenz E. GmbH vom " ist auf Seite 2 des Verteilungsentwurfs auch erkennbar, dass die Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur, € 157.610,54 an Forderungen angemeldet hat, € 12.558,14 hinterlegt wurden und der Verteilungsentwurf eine Ausschüttung iHv € 10.183,75 an die Republik Österreich vorsieht. Das entspricht einer Quote von 14,42916 % (= € 22.741,89). Die Zahlung iHv € 10.183,75 erfolgte somit anteilig auf die angemeldeten Forderungen und nicht alleine auf die Haftungsschuld.
Die Forderung der Abgabenbehörde besteht daher zu Recht.
Zum Vorbingen des Bf. hinsichtlich der USt 12/2014 darf noch ausgeführt werden, dass die materielle Richtigkeit der der Vollstreckung zugrundeliegenden Abgabenforderung im Rechtsmittelverfahren betreffend die Abgabenvorschreibung zu prüfen ist und nicht im Vollstreckungsverfahren (vgl. Stoll, BAO-Kommentar, 2380).
Etwaige Einwendungen gegen den Abgabenanspruch wäre daher mit Beschwerde gegen die Abgabenbescheide (bzw. Haftungsbescheid) geltend zu machen gewesen (vgl
88/13/0089) und stellen unzulässige Einwendungen gegen den Exekutionstitel dar ( 96/17/0454).
Hinweise auf eine Unpfändbarkeit der Forderung ergeben sich weder aus dem Vorbringen des Bf. noch sonst aus dem Akteninhalt.
Der angefochtene Bescheid des Finanzamtes ist somit zu Recht ergangen, weshalb der Antrag gestellt wird, das BFG möge die Beschwerde vom gegen den Bescheid - Pfändung einer Geldforderung vom als unbegründet abweisen."

In der weiteren Folge wurde auf Ersuchen des Bundesfinanzgerichts von der belangten Behörde ein Rückstandsausweis, der offenbar Grundlage für die Pfändung der Geldforderung war.

Der Rückstandsausweis vom hat folgendes Aussehen:

In ihrer Erläuterung zur Ermittlung der hier maßgeblichen Abgabenschuld wurde folgende Berechnung beigeschlossen:

"Berechnung:
€ 66.374,26 (RA v. )
- € 53.812,47 ([minus] - Löschung durchgeführt)
- € 1.445,-- Guthaben v. Kto. St.Nr. 71-121/xxxx aufgrund Gutschrift v. E 2019 (M.)

ergibt Saldo € 11.116,79 plus anfallende Gebühren in Höhe v. € 118,21 - somit gesamt € 11.235 (Pfändung einer Geldforderung)."

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom im Verfahren RV/2100228/2021 erging an die belangte Behörde folgender Bedenkenvorhalt:

"Im Antrag vom beantragte der Bf. die Rückzahlung der von zu viel einbehaltenen Haftungen für USt 12/2014 in Höhe von 12.403,83 € und USt 1/2015 in Höhe von 14.626,21 € (zusammen: 27.030,04 €).

Hinsichtlich der USt 12/2014 behauptete der Bf. zusammengefasst sinngemäß, die streitgegenständliche Haftungsschuld sei durch die Erlassung des Umsatzsteuerjahresbescheides 2014 bereits erloschen.

Was die USt 1/2015 anlangt, sei eine gewidmete Zahlung von 10.183,75 € erfolgt, sodass die Haftung in diesem Ausmaß überhöht erschiene.

Im angefochtenen Bescheid bezieht sich die belangte Behörde auf den durch das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts RV/7100620/2017 vom rechtskräftig gewordenen Teil des gegen den Bf. erlassenen Haftungsbescheides, der ihn für die USt 12/2014 in Höhe von 12.403,83 € und die USt 1/2015 in Höhe von 14.626,21 € als Haftungspflichtigen nach § 9 BAO in Anspruch nimmt. In seiner Würdigung kommt der angefochtene Bescheid zum Schluss, dass Zahlungen des Verpflichteten auf die ihn treffende Haftungsschuld zwar den von ihm zu entrichteten Haftungsbetrag verminderten, aber nichts an dem grundsätzlich in Haftungsbescheid aufzuerlegenden Umfang der Haftungspflicht änderten, weshalb die Voraussetzung, dass ein "zu Unrecht zwangsweise eingebrachter Betrag" jedenfalls nicht vorliege.

In ihrer Beschwerdevorentscheidung wiederholt die belangte Behörde im Wesentlichen das im angefochtenen Bescheid Ausgeführte und vermeint, dass am und Überrechnungen gemäß § 215 BAO vom Abgabenkonto des Bf. zur Tilgung von fälligen Abgabenschuldigkeiten vorgenommen worden seien, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes (Haftungsschuld) hatte.

Im Detail werden, was die Erlassung von Jahresbescheiden anlangt, hinsichtlich der USt 12/2014, keine weiteren Ausführungen gemacht und die Tilgung der USt 1/2015 mit der Zahlung vom in Höhe von 10.183,75 € weitestgehend bestritten, weil es sich dabei um eine Quotenzahlung gehandelt hätte, durch die angemeldete Forderungen anteilig abgedeckt würden. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die vom Finanzamt auf dem Abgabenkonto der GmbH verbuchten Zahlungen nicht in diese Richtung deuten z.B. GF: 01, Betrag: 313,13 €; GF: 01, Betrag: 10.183,75 €; abgesehen davon wurden die vom Bf. geleisteten Zahlungen/Überrechnungen etc. nicht gezielt auf die Haftungsschuld des Bf. aufgerechnet, sondern als Einzahlung der GmbH gedeutet. M.a.W. kann aus dem vorliegenden Datenmaterial nicht eindeutig abgeleitet werden, welche Zahlungen/Gutschriften etc. der Primärschuldnerin (GmbH) und welche dem Haftungspflichtigen zuzurechnen sein werden und wie diese letztendlich abgaben- und insolvenzrechtlich richtig zu verrechnen gewesen wären.

Zusammenfassend kommt die belangte Behörde in ihren Ausführungen in der Beschwerdevorentscheidung zu folgendem Ergebnis:

Dieser Berechnung kann das Bundesfinanzfinanzgerichts in rechtlicher Hinsicht nicht folgen:

1.Es fehlen jegliche Feststellungen, in wie weit es durch die Erlassung des Umsatzsteuerbescheides 2014 vom , der zu einer Gesamtgutschrift von 22.150,80 € führte, zu einer Verrechnung mit bisher noch offenen Umsatzsteuerschuldigkeiten des Jahres 2014 gekommen ist. Möglicherweise wurde dadurch der Umsatzsteuerrückstand aus dem Umsatzsteuerbescheid vom in Höhe von 15.750,44 € zur Gänze und die haftungsgegenständliche USt 12/2014 (Gesamtbetrag 12.403,83 €) in Höhe von 6.400,36 € verrechnet, sodass die primärschuldnerische GmbH nur mehr 6.003,47 € zu entrichten gehabt hätte.

2.Ebenso ist die in der Berechnung der Beschwerdevorentscheidung denkfehlerbehaftet, weil die Quotenverrechnung erst nach der Tilgung der Haftungsschuld durch den Beschwerdeführer vorgenommen wurde, obwohl dieser nur für den Abgabenausfall haftet. Wurde eine Konkursquote ausgeschüttet und besteht Streit darüber, inwieweit die Abgabenschulden, für die der Vertreter haftet, dadurch getilgt sind, so ist dies jedoch nicht im Haftungsverfahren, sondern auf Grund eines entsprechenden Antrages - zudem der Haftungspflichtige legitimiert ist - in einem Abrechnungsbescheid gemäß § 216 BAO klären. Inhaltlich deuten sowohl der gegenständliche Antrag als auch das Beschwerdevorbringen in diese Richtung.

3.Nach richterlicher Ersteinschätzung wäre die Verrechnung auf die Haftungsschuld möglicherweise wie folgt vorzunehmen gewesen:

AbgabenschuldVerrechnungRestlichKorrektur
USt 2014 15.750,44- 15.750,440,00
USt 12/2014
12.403,83- 6.400,366.003,47
USt-Bescheid 2014 (Gutschrift)
22.150,80

USt 12/2014 (restlich)6.003,47
Quotenzahlung 0,46464%
- 27,90
Quotenzahlung 14,429%
- 866,24
Zwischensumme für den Haftungspflichtigen
5.109,33
Einhebung vom (Umbuchung)
- 6.393,93
Überzahlung (USt 12/2014)
- 1.284,03- 1.284,60

Hinsichtlich der USt 1/2015 dürfte sich folgende Berechnung ergeben:
USt 1/2015
14.626,21
Quotenzahlung 0,46464%
- 67,96
Quotenzahlung 14,429%
-2.110,42
Zwischensumme für den Haftungspflichtigen
12.447,03
Überzahlung (USt 12/2014)
- 1.284,03- 1.284,60
Restbetrag11.163,8011.163,23

Einhebung vom (Überrechnung)-5.876,00
Einhebung vom (Übertragung v. 71-121/xx06 Bf.)- 1.445,00
Einhebung vom (Pfändung Bf.)
- 1.403,07
Einhebung vom (Übertragung v. 18/216/5xxx)
- 9.713,72
Überzahlung
- 7.273,99- 7.274,56

Mit Schreiben vom antwortete die belangte Behörde auf die vom Bundesfinanzgericht mit Schreiben vom mitgeteilten Bedenken dahingehend, dass sie diese teilt. Mit der Bf. konnte ebenfalls Übereinstimmung erzielt werden, dass eine entsprechende Überzahlung ausgewiesen wurde.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Um unnötige Wiederholungen zu verweisen, wird vorerst auf den oa. dargestellten Verfahrensgang verwiesen und nur die entscheidungswesentlichsten Sachverhaltselemente wiedergegeben.

Der Bf. wurde mit Haftungsbescheid nach § 9 BAO vom in der Fassung der erlassenen Beschwerdevorentscheidung mit Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts GZ. RV/7100620/2017 vom für einen Betrag von € 27.030,04 (zusammengesetzt aus: USt 12/2014 iHv. € 12.403,83 und USt 1/2015 iHv. € 14.626,21) als Haftender für Abgaben der E. GmbH in Anspruch genommen.
In seinem Vorbringen behauptet der Bf. auf den zu geschuldeten Abgabenbetrag seien entsprechend den Ausführungen in oa. Erkenntnis des Bundesgerichts bereits Zahlungen geleistet worden, wodurch sich die zu entrichtende Abgabenschuld auf € 4.109,33 vermindert habe.

Außerdem habe der neu erlassene Umsatzsteuerbescheid 2014 vom zu einer Abgabengutschrift von € 22.150,80 geführt. Damit sei jedenfalls die im Haftungsbescheid ausgewiesene USt 12/2014 iHv. € 12.403,83 überholt abgedeckt (entrichtet).
Zu diesem Umstand hat die belangte Behörde nur in der Weise Stellung genommen, dass die Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes in seiner Begründung nicht weiter bindend seien. Wie die Verrechnung mit offenen Abgabenschulden, der daran anschließenden Verrechnung mit der geleisteten Konkursquote sowie die für den Bf. noch offene Haftungsschuld vorgenommen wurde, hat sie sich nicht weiter geäußert, sondern sich lediglich auf in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführte Berechnung zurückgezogen.

Im angefochtenen Bescheid über die Pfändung einer Geldforderung wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer (Bf.) 11.116.79 € zuzüglich Gebühren und Barauslagen für die Pfändung in Höhe von 118,21 € schulde und wegen dieses Gesamtbetrages die dem Abgabenschuldner angeblich gegen ihn zustehenden beschränkt pfändbaren Forderungen aus einem Arbeitsverhältnis oder sonstige Bezüge im Sinne des § 290a EO gemäß § 65 AbgEO gepfändet würden.

Die Abgabenschuldigkeiten aus der Haftung wären wie folgt zu verrechnen gewesen:

Aus der oa. Aufstellung ergibt sich, dass die Einhebungen durch Umbuchungen vom
in Höhe von 6.393,93 €,
in Höhe von 5.876 € und
in Höhe von 1.445 €
rechtens waren, da sie im Haftungsrückstand Deckung fanden.

Im Zeitpunkt der Pfändung war noch ein Haftungsrückstand von 3.842,23 € aushaftend. Unter Einbeziehung der Pfändungsgebühren in Höhe von 38,42 € und Nebenkosten ich Höhe von 7,04 € wird die Pfändung auf einem Betrag von 3.887,69 € eingeschränkt. Nur in diesem Ausmaß war sie rechtens. Lediglich die nicht streitgegenständliche Übertragung vom fand nur mehr teilweise im restlichen Haftungsrückstand Deckung.

Daher ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Pfändung der vorhin erwähnte Rückstand aushaftete und daher erwies sich die Einhebungsmaßnahme als berechtigt.

2. Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus der vorigen Aktenlage und der dargestellten Berechnung.

3. Rechtliche Beurteilung

Rechtsquellen:

Bundesabgabenordnung (BAO)

Gemäß § 215 Abs. 1 BAO ist ein sich aus der Gebarung (§ 213 BAO) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

Gemäß § 215 Abs. 2 BAO ist das nach einer gemäß Abs. 1 erfolgten Tilgung von Schuldigkeiten bei einer Abgabenbehörde des Bundes verbleibende Guthaben zur Tilgung der dieser Behörde bekannten fälligen Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die der Abgabepflichtige bei einer anderen Abgabenbehörde des Bundes hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist.

Gemäß § 215 Abs. 4 BAO sind Guthaben, soweit sie nicht gemäß Abs. 1 bis 3 zu verwenden sind, nach Maßgabe der Bestimmungen des § 239 BAO zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen.

Gemäß § 216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§ 213 BAO) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen abzusprechen. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb von fünf Jahren nach Ablauf des Jahres, in dem die betreffende Verbuchung erfolgt ist oder erfolgen hätte müssen, zulässig.

§ 229 BAO
Als Grundlage für die Einbringung ist über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis elektronisch oder in Papierform auszustellen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, daß die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren.

Abgabenexekutionsordnung (AbgEO)

§ 1 AbgEO
Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der von den Abgabenbehörden des Bundes zu erhebenden Abgaben im Sinne des
§ 3 der Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, sind die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung auch im Vollstreckungsverfahren anzuwenden.

§ 4 AbgEO

Als Exekutionstitel für die Vollstreckung von Abgabenansprüchen kommen die über Abgaben ausgestellten Rückstandsausweise in Betracht.

Einwendungen gegen den Anspruch

§ 12 AbgEO
(1) Gegen den Anspruch können im Zuge des abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahrens nur insofern Einwendungen erhoben werden, als diese auf den Anspruch aufhebenden oder hemmenden Tatsachen beruhen, die erst nach Entstehung des diesem Verfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten sind.
(2) Die Einwendungen sind bei jener Abgabenbehörde anzubringen, von welcher der Exekutionstitel ausgegangen ist.
(3) Alle Einwendungen, die der Abgabenschuldner zur Zeit der Antragstellung vorzubringen imstande war, müssen bei sonstigem Ausschluß gleichzeitig geltend gemacht werden.
(4) Wird den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben, ist die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung bestehender Pfändungspfandrechte einzustellen. Erfolgt die Einstellung wegen hemmender Tatsachen, sind nur jene Pfändungspfandrechte aufzuheben, die nach Eintritt der Hemmungswirkung erworben wurden.

Einwendungen gegen den Exekutionstitel

§ 13 AbgEO
(1) Wenn der Abgabenschuldner behauptet, dass ein Exekutionstitel (§ 4) aus Gründen, die bereits im Zeitpunkt seiner Ausfertigung vorgelegen sind, zu Unrecht ausgestellt wurde, hat er seine Einwendungen bei der Abgabenbehörde (§ 12 Abs. 2) geltend zu machen.
(2) § 12 Abs. 3 ist sinngemäß anzuwenden; wenn den Einwendungen rechtskräftig stattgegeben wird, ist die Vollstreckung unter gleichzeitiger Aufhebung aller bis dahin vollzogenen Vollstreckungsakte einzustellen.

Berichtigung des Exekutionstitels
§ 15 AbgEO
Im Exekutionstitel (§ 4) unterlaufene offenbare Unrichtigkeiten sind von Amts wegen oder auf Antrag des Abgabenschuldners zu berichtigen.

Pfändung

§ 65 AbgEO
(1)Die Vollstreckung auf Geldforderungen des Abgabenschuldners erfolgt mittels Pfändung derselben. Im Pfändungsbescheid sind die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sofern nicht die Bestimmung des § 67 zur Anwendung kommt, geschieht die Pfändung dadurch, daß die Abgabenbehörde dem Drittschuldner verbietet, an den Abgabenschuldner zu bezahlen. Zugleich ist dem Abgabenschuldner selbst jede Verfügung über seine Forderung sowie über das für dieselbe etwa bestellte Pfand und insbesondere die Einziehung der Forderung zu untersagen. Ihm ist aufzutragen, bei beschränkt pfändbaren Geldforderungen unverzüglich dem Drittschuldner allfällige Unterhaltspflichten und das Einkommen der Unterhaltsberechtigten bekanntzugeben.
(2) Sowohl dem Drittschuldner wie dem Abgabenschuldner ist hiebei mitzuteilen, daß die Republik Österreich an der betreffenden Forderung ein Pfandrecht erworben hat. Das Zahlungsverbot ist mit Zustellnachweis zuzustellen, wobei die Zustellung an einen Ersatzempfänger zulässig ist.
(3) Die Pfändung ist mit Zustellung des Zahlungsverbotes an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen.
(4) Der Drittschuldner kann das Zahlungsverbot anfechten oder bei der Abgabenbehörde die Unzulässigkeit der Vollstreckung nach den darüber bestehenden Vorschriften geltend machen.
(5) Ein für die gepfändete Forderung bestelltes Handpfand kann in Verwahrung genommen werden.

Ausschluß von Rechtsmitteln

§ 77 AbgEO
(1) Ein Rechtsmittel ist unstatthaft gegen Bescheide, welche
1. dem Abgabenschuldner nach der Pfändung die Verfügung über das gepfändete Recht und das für die gepfändete Forderung bestellt Pfand untersagen (§ 65 Abs. 1 und 5);
2. dem Drittschuldner die Abgabe einer Erklärung nach § 70 auftragen;
3. die Überweisung der gepfändeten Forderung verfügen (§ 71 Abs. 3).
(2) In betreff der Beschlüsse, durch welche die Verwahrung von Gegenständen angeordnet oder ein Verwahrer ernannt wird, gelten die Bestimmungen des § 52.

3.1. Zu Spruchpunkt I. (teilweise Stattgabe, Abänderung)

Die abgabenbehördliche Vollstreckung der Abgabenansprüche ist auf Grund von Urkunden vorzunehmen, die übereinstimmend mit der EO unter der Bezeichnung "Exekutionstitel" zusammengefasst werden. Als solche kommen abweichend von der umfangreichen Aufzählung in den §§ 1, 2 EO nur die mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit versehenen Rückstandsausweise über Abgaben und Abgabenstrafen in Betracht. Die Voraussetzungen für die Ausstellung dieser Exekutionstitel und deren Inhalt sind in der BAO geregelt (Liebeg, Die Abgabenexekutionsordnung2 (2020) § 4 AbgEO Rz 1).

In rechtlicher Hinsicht ist - wie bereits im Vorhalteverfahren angedeutet - davon auszugehen, dass das bf. Vorbringen primär die Richtigkeit der abgabenrechtlichen Verrechnungen der Abgabenbehörde bei der primärschuldnerischen GmbH anzweifelt.

Strittig ist im gegenständlichen Fall, ob ein ausreichender Exekutionstitel (Rückstandsausweis) vorliegt.

Daher war in diesem Rahmen die Beschwerde als materiellrechtliche Einrede gegen die Richtigkeit des Exekutionstitels (Rückstandsausweis) zu deuten. Ein solcher kann nur mittelbar ermittelt werden, als davon auszugehen war, dass die belangte Behörde dies aus einer angefertigten Rückstandsaufgliederung im Zeitpunkt der Pfändung in Höhe von 11.116,79 € der E. GmbH StNr. 18-216/xxxx errechnete.

Damit geht es primär darum, ob das Finanzamt die im Wege der Überrechnung vorgenommene Aufrechnung des Guthabens mit offenen Haftungsschulden des Bf. durchführen durfte. Der angefochtene Bescheid kann seinem materiellen Inhalt nach als Abrechnungsbescheid im Sinne des § 216 BAO gedeutet werden (, mit Hinweis auf ).

Der Rückstandsausweis selbst ist kein Bescheid (, Slg 11.177; ; ; , 2005/17/0174; , 2007/16/0058; ; ; LVwG NÖ , LVwG-AV-752/002-2019). Er ist jedoch Exekutionstitel für das finanzbehördliche Vollstreckungsverfahren (§ 229 letzter Satz BAO, § 4 AbgEO).

Die Rechtswidrigkeit von Rückstandsausweisen (etwa wegen bereits erfolgter Tilgung der Abgabenschuldigkeit oder wegen Eintrittes der Einhebungsverjährung) ist mit Einwendungen nach § 13 AbgEO bzw. mit Antrag nach § 15 Abs. 2 AbgEO geltend zu machen (; , 2002/17/0063; , 2000/15/0141; , 2009/16/0175).

Aus der Natur der Sache werden jedoch Einwendungen, mit denen der Eintritt der Vollstreckbarkeit bestritten wird, aus der Zeit vor der Entstehung des Exekutionstitels herrühren, während ein Exekutionsverzicht oder eine Exekutionsstundung regelmäßig zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen.

Einwände gegen den Exekutionstitel - als solchen - (hier: Rückstandsausweis nach § 177 NÖ AO 1977 idF 3400-2) betreffend einen abgabenrechtlichen Anspruch auf Leistung einer Gemeindeabgabe - bestritten wurde die ordnungsgemäße Vorschreibung der Abgabe an den richtigen Bescheidadressaten - sind nach § 15 und im Falle der Strittigkeit bescheidmäßig nach § 13 zu behandeln ( = ÖStZB 1991, 144; vgl auch = ÖStZB 2003, 392; ; ; ).

§ 13 AbgEO räumt dem Abgabepflichtigen die Möglichkeit ein, gegen den Exekutionstitel als solchen Einwendungen zu erheben (; ; ).
Im abgabenbehördlichen Verfahren besteht - im Gegensatz zum gerichtlichen Verfahren - kein verfahrensrechtlicher Unterschied zwischen den Einwendungen gegen den Anspruch (§ 12 AbgEO) (Oppositionsklage oder Oppositionsgesuch nach EO) und den Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung (EO: Impugnationsklage oder Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung). Als Stichtag für die Einwendungen iS des § 12 Abs. 1 kann der Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises angenommen werden (vgl ) Gegenstand der Anträge gem § 15 sind Umstände, die bereits im Zeitpunkt der Ausstellung des Rückstandsausweises existent waren (Reeger/Stoll 56; ). (Liebeg, AbgEO2, § 13 Rz. 4, 5).

Gegenstand eines Antrages nach § 15 AbgEO können z.B. behauptete Fehler des Rückstandsausweises sein, wie etwa das Nichtübereinstimmen der Rückstandssumme mit dem Leistungsgebot bzw. mit der tatsächlich offenen Schuld oder die Nichtübereinstimmung des materiellen im Abgabenrecht ausgewiesenen Abgabepflichtigen mit dem im Rückstandsausweis genannten Vollstreckungsschuldner (; ; ; Stoll III 2380).
Dem Abgpfl kommt ein subjektives Recht darauf zu, dass ein Rückstandsausweis nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen ausgestellt wird ( = ÖStZB 2012, 351 [kein Rückstandsausweis aufgrund einer bloß zivilrechtlichen Vereinbarung möglich]).
Trotz Einstellung des Exekutionsverfahrens wegen Zahlung kann weiterhin ein rechtliches Interesse des Abgabepflichtigen an einer Entscheidung bestehen. Ein vollstreckbarer Rückstandsausweis stellt nämlich nicht nur einen gültigen Exekutionstitel dar, sondern bildet auch (ähnlich einer vollstreckbaren Judikatschuld) einen Titel sui generis für das "Behalten dürfen" des auf Grund des vollstreckbaren Rückstandsausweises exekutiv hereingebrachten oder unter exekutivem Druck geleisteten Geldbetrages. Solange ein solcher vollstreckbarer Rückstandsausweis nicht beseitigt wird, könnte der hiedurch Begünstigte einem auf § 1435 ABGB (in analoger Anwendung im Verwaltungsrecht) gestützten Rückforderungsanspruch des im seinerzeitigen Exekutionsverfahren Verpflichteten entgegenhalten, der Geldbetrag sei auf Grund eines vollstreckbaren Exekutionstitels geleistet worden und schon aus diesem Grunde nicht rückforderbar. Nach Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Rückstandsausweises könnte einem Rückforderungsanspruch jedenfalls dieser Einwand nicht entgegengehalten werden ( = ÖStZB 2002, 950). (s. Liebeg, AbgEO, § 15)

Erkennt die Abgabenbehörde, die den Exekutionstitel ausgestellt hat (Titelbehörde), von selbst, dass der Exekutionstitel an den im § 15 angeführten Mängeln leidet (offenbare Unrichtigkeit, gesetzwidrig oder unrichtig erteilte Vollstreckbarkeitsklausel), so hat sie ihn von Amts wegen - formlos, ohne dass es eines förmlichen Bescheides bedarf - zu berichtigen, bzw. aufzuheben. Ebenso hat die Abgabenbehörde vorzugehen, wenn sie auf solche Mängel durch einen Antrag des Abgabepflichtigen hingewiesen wird und den Antrag für gerechtfertigt erachtet. Glaubt jedoch die Abgabenbehörde, einem solchen Vorbringen nicht oder nicht voll entsprechen zu können, muss das Vorbringen - bei Strittigkeit - als eine Einwendung nach § 13 in Behandlung genommen und hierüber mit Bescheid abgesprochen werden ( = ÖStZB 2012, 638; , 2002/16/0266 = ÖStZB 2004, 695; ; ; Reeger/Stoll 55, Liebeg in: Liebeg (Hrsg), Die Abgabenexekutionsordnung2 (2020) § 15 AbgEO Rz 6).

Im Pfändungsbescheid sind gem. § 65 Abs. 1 die Höhe der Abgabenschuld und der Gebühren und Auslagenersätze (§ 26) anzugeben. Sache ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches erster Instanz gebildet hat (). Angelegenheit des angefochtenen Bescheides ist die Pfändung von Forderungen gemäß § 65 (; ).

Das Beschwerderecht gegen die Pfändung konkurriert mit anderen Rechtsbehelfen gegen eine bewilligte Exekution, wobei hier Einwendungen gegen den Anspruch nach § 12 AbgEO, Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung nach § 13 AbgEO oder Berichtigung des Exekutionstitels nach § 15 AbgEO in Frage kommen. Die vorhin erwähnten Rechtsbehelfe sind in Anlehnung an die Exekutionsordnung im gerichtlichen Verfahren zu sehen, wobei dem Beschwerderecht am ehesten der Rekurs (§ 65 EO), Einwendung gegen den Anspruch (Oppositionsklage nach § 35 EO), Einwendungen gegen die Durchführung der Vollstreckung (Impugnationsklage nach § 36 EO) oder Berichtigung des Exekutionstitels (Anträge auf Aufhebung einer gesetzwidrig oder irrtümlich erteilten Vollstreckbarkeitsbestätigung beim Titelgericht nach § 7 Abs. 4 EO).

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 215 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 65 Abs. 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 216 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 215 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 1 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 4 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 12 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 13 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 15 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 65 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 77 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
§ 229 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 15 Abs. 2 AbgEO, Abgabenexekutionsordnung, BGBl. Nr. 104/1949
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100251.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at