Rechtsunwirksamkeit einer Beschwerdevorentscheidung aufgrund eines mangelhaften Bescheidspruches
Entscheidungstext
BESCHLUSS
Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Bahl Fend Bitschi Fend Steuerberatung GmbH & Co KG, Hadeldorfstraße 30, 6830 Rankweil, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des ***FA*** vom betreffend Feststellung von Einkünften gemäß § 188 BAO für 2018, Steuernummer ***BF1StNr1***, beschlossen:
Der Vorlageantrag wird gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.
Wirksamkeit des Beschlusses:
Gemäß § 101 Abs. 3 BAO sind schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c BAO), einer nach § 81 BAO vertretungsbefugten Person oder abweichend von § 81 Abs. 2 BAO auch einem Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zuzustellen. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen.
Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Begründung
I. Verfahrensgang und Sachverhalt
Bei der Beschwerdeführerin (im Folgenden abgekürzt Bf.) handelt es sich um eine Personengemeinschaft, der gegenüber mit Bescheid vom eine erklärungsgemäße einheitliche und gesonderte Feststellung von Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 3.523,72 € gemäß § 188 BAO für das Jahr 2018 erfolgte. Den an dieser Personengesellschaft beteiligten Ehegatten wurden die betreffenden Einkünfte je zur Hälfte zugerechnet.
Mit Bescheid vom wurde der Feststellungsbescheid 2018 vom gemäß § 299 BAO aufgehoben und mit selben Datum ein neuer Feststellungsbescheid 2018 erlassen, mit dem die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft mit 0,00 € festgesetzt wurden. Die Aufhebung der Erstbescheides wurde damit begründet, dass die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid aufheben könne, wenn sich der Spruch des Bescheides nicht als richtig erweise. In der Begründung des neu erlassenen Feststellungsbescheides 2018 wurde auf das Erkenntnis des (Anmerkung: Richtigerweise handelt es sich dabei um einen Beschluss, mit dem zurückgezogene Vorlageanträge betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren bezüglich Einkommensteuer der Jahre 2011 bis 2015 als gegenstandslos erklärt wurden) verwiesen.
In der gegen den Aufhebungsbescheid sowie gegen den neuen Sachbescheid fristgerecht erhobenen Beschwerde beantragte die steuerliche Vertreterin der Bf. die Aufhebung dieser Bescheide sowie die Erlassung eines dem ursprünglichen Erstbescheid vom entsprechenden Feststellungsbescheides 2018. Begründend wurde vorgebracht, eine Bescheidbegründung habe vor allem das Vorliegen der Aufhebungsvoraussetzungen (insbesondere die Rechtswidrigkeit des Bescheidinhaltes) und die für die Ermessensübung relevanten Umstände des Einzelfalles darzulegen. Aus der Begründung des angefochtenen Aufhebungsbescheides gehe nicht hervor, aufgrund welcher Rechtswidrigkeit der ursprüngliche Feststellungsbescheid 2018 aufgehoben worden sei. Die Begründung des (neuen) Sachbescheides mit dem Verweis auf das Erkenntnis des , sei auch verfehlt, da es bei dieser BFG-Entscheidung lediglich darum gegangen sei, dass der Vorlageantrag bezüglich der Bescheide betreffend die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer für die Jahre 2011 bis 2015 als gegenstandslos erklärt worden sei. Erst eine korrekte Begründung mache sowohl den Aufhebungsbescheid als auch den neuen Sachbescheid nachvollziehbar und kontrollierbar.
Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde die Beschwerde abgewiesen. Begründend wurde nach ausführlicher Darstellung des Verfahrensgangs und des Sachverhalts zum gemäß § 299 BAO angefochtenen Aufhebungsbescheid ausgeführt, der Bf. sei zuzustimmen, dass das bloße Zitat des Gesetzestextes des § 299 BAO keine ausreichende Begründung darstelle, da es dem Adressaten keine Möglichkeit biete, zu beurteilen und zu kontrollieren, auf welchen Sachverhalt und auf welche Interpretation desselben die Behörde ihre Aufhebung stütze. Es handle sich beim § 299 BAO um eine Ermessensentscheidung (vgl. § 20 BAO). Eine solche habe ihre Grenzen in Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände. Das bloße Zitat des Gesetzestextes lege weder Billigkeit noch Zweckmäßigkeit dar (vgl. ). Allerdings könnten Begründungsmängel im Rechtsmittelverfahren saniert werden. Eine Beschwerdevorentscheidung könne daher mit ihrer Begründung den Begründungsmangel eines Bescheides richtigstellen (vgl. mwN; ).
Da die Einkünfte der Bf. im ursprünglichen Feststellungsbescheid 2018 vom fälschlicherweise aufgeteilt worden wären, obwohl sie zur Gänze dem Ehegatten als einem der beiden Beteiligten an der Bf., zugerechnet werden hätten sollen, habe sich der Bescheid als nicht rechtsrichtig erwiesen. Die Entscheidung zur Aufhebung des Bescheides liege im Ermessen der Behörde, die dieses Ermessen zweckmäßig und billig auszuüben habe. Im Beschwerdefall hätten die steuerlichen Auswirkungen deshalb als nicht geringfügig angesehen werden können, weil die Einkünfte 2018 der Bf. 3.523,72 € betragen hätten. Bei der im Sinne des § 20 BAO vorgenommenen Interessensabwägung sei dem Prinzip der Rechtsrichtigkeit (Gleichmäßigkeit der Besteuerung) der Vorrang vor dem Prinzip der Rechtsbeständigkeit (Parteiinteresse an der Rechtskraft) einzuräumen gewesen.
Hinsichtlich des ebenfalls angefochtenen Feststellungsbescheides vom wurde ausgeführt, dieser Sachbescheid verweise in seiner Begründung lediglich auf den . Der gegenständliche Beschluss treffe allerdings keine inhaltliche Entscheidung, sondern erkläre nur die Vorlageanträge bzw. die Wiederaufnahme der Einkommensteuer 2011 bis 2015 für gegenstandslos und damit das Beschwerdeverfahren für beendet. Es gebe keinen Anhaltspunkt für eine inhaltliche Beurteilung der Sachverhalte im Rahmen des Beschlusses. Damit sei der neue Feststellungsbescheid ohne rechtsrichtige Begründung, da der zur Begründung herangezogene Beschluss weder mit diesem Sachverhalt direkt zu tun habe noch über diesen abspreche.
Begründungsmängel könnten allerdings - wie bereits erwähnt - in der Beschwerdeentscheidung saniert werden (vgl. mwN; ; ).
Im Beschwerdefall seien trotz entsprechend umfassendem Ersuchen um Ergänzung vom keine weitergehenden Erklärungen eingegangen und es würden auch sonst keine Anhaltspunkte vorliegen, die eine Abkehr von der Beurteilung der Jahre 2016 und 2017, die wiederum auf den Beurteilungen der Jahre 2011 bis 2015 basieren würden, begründen könnten.
Auf die Begründungen der gegenüber dem an der Bf. beteiligten Ehegatten ergangenen Beschwerdevorentscheidungen vom bezüglich Einkommensteuer 2011 bis 2015, auf die gegenüber dem an der Bf. beteiligten Ehegatten ergangene Beschwerdevorentscheidung vom betreffend Einkommensteuer 2017 sowie auf den zugehörigen Erstbescheid 2017 vom werde verwiesen. Ebenso werde auf die Begründung der Bescheide über die Feststellung von Einkünften der Bf. gemäß § 188 BAO für die Jahre 2016 und 2017 vom sowie über die gegenüber der Bf. mit selben Datum erlassenen Wiederaufnahmebescheide 2016 und 2017, die alle in Rechtskraft erwachsen seien, verwiesen. Verwiesen werde auch auf das Ergebnis der bei dem an der Bf. beteiligten Ehegatten vorgenommenen Außenprüfung vom bezüglich Umsatzsteuer 2011 bis 2015 sowie Einkommensteuer 2011 bis 2015.
Es sei trotz umfangreichem Ergänzungsersuchen nicht dargelegt worden, inwiefern sich der Sachverhalt geändert habe. Es seien auch keine Gründe dargelegt worden, die die Behörde dazu veranlassen hätten sollen, von ihrer bisherigen Zurechnung der Einkünfte im Rahmen der wirtschaftlichen Betrachtungsweise abzurücken. Die Behörde gehe daher davon aus, dass sich am grundlegenden, in der Außenprüfung vom ermittelten Sachverhalt nichts Wesentliches geändert habe und der wahre wirtschaftliche Gehalt des Sachverhaltes immer noch derselbe geblieben sei wie im Jahr 2015. Entsprechende Beurteilungen der Jahre 2016 und 2017 (vgl. die gegenüber der Bf. ergangenen Wiederaufnahme- und Feststellungsbescheide 2016 und 2017 vom ) seien unbekämpft geblieben und würden daher auch dem Streitjahr 2018 zugrunde gelegt.
In Ermangelung weitergehender Erklärungen werde weiterhin angenommen, dass sich der Sachverhalt darstelle, wie er in der betreffend Einkommensteuer 2011 bis 2015 erlassenen Beschwerdevorentscheidung vom dargelegt worden sei und wie er auch dem Außenprüfungsbericht vom , die sich beide an den an der Bf. beteiligten Ehegatten richten würden, zu entnehmen sei. Dort sei festgehalten worden, dass die Arbeitsleistungen tatsächlich von dem an der Bf. beteiligten Ehegatten erbracht worden seien, dieser über die Einkunftsquelle verfügt sowie wirtschaftlich disponiert hätte und so über die Art ihrer Nutzung bestimmen sowie tatsächlich am Wirtschaftsleben teilnehmen habe können (). Die Einkunftsquelle sei daher dem an der Bf. beteiligten Ehegatten zuzurechnen. Eine Beurteilung als Nebenbetrieb zum land- und forstwirtschaftlichen Hauptbetrieb iSd § 21 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 iVm § 7 LuF-PauschVO 2015 nach dem Jahr 2013 scheitere an der reduzierten Größe des Hauptbetriebes, der mit ca. 3,8 ha und einem geringen Viehbestand nicht mehr groß genug sei, um als wirtschaftliches Übergewicht des Hauptbetriebes über den Nebenbetrieb zu fungieren. Somit sei auch im Streitjahr 2018 wie schon in den Vorjahren von einem eigenständigen Gewerbebetrieb des an der Bf. beteiligten Ehegatten auszugehen und diesem seien die in Frage stehenden Einkünfte zur Gänze zuzurechnen. Eine Aufteilung auf beide an der Bf. beteiligten Ehepartner sei also nicht vorzunehmen.
Im am über FinanzOnline fristgerecht eingebrachten Vorlageantrag wurde unter Verweis auf das bisherige Beschwerdevorbringen ein Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat gestellt.
Im Vorlagebericht vom wurde auf die mangelnde Rechtswirksamkeit der Beschwerdevorentscheidung wegen Fehlens eines Verweises auf die Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO hingewiesen. Der Vorlageantrag sei daher als unzulässig zurückzuweisen.
II. Beweiswürdigung
Der Sachverhalt ergibt sich aus den dem BFG übermittelten Aktenteilen.
III. Rechtsgrundlagen und rechtliche Beurteilung
Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.
Gemäß § 97 Abs. 1 erster Satz BAO werden Erledigungen der Abgabenbehörden dadurch wirksam, dass sie demjenigen bekannt gegeben werden, für den sie ihrem Inhalt nach bestimmt sind.
Gemäß § 191 Abs. 1 lit. c BAO ergeht der Feststellungsbescheid in den Fällen des § 188 an die Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Gesellschaftern (Mitgliedern) gemeinschaftliche Einkünfte zugeflossen sind.
Gemäß § 191 Abs. 3 zweiter Satz BAO wirken Feststellungsbescheide gemäß § 188 BAO gegen alle, denen im Spruch des Bescheides Einkünfte zugerechnet bzw. nicht zugerechnet werden.
Gemäß § 101 Abs. 3 BAO können schriftliche Ausfertigungen, die in einem Feststellungsverfahren an eine Personenvereinigung (Personengemeinschaft) ohne eigene Rechtspersönlichkeit gerichtet sind (§ 191 Abs. 1 lit. a und c), einer nach § 81 vertretungsbefugten Person oder abweichend von § 81 Abs. 2 auch einem Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zugestellt werden. Mit der Zustellung einer einzigen Ausfertigung an diese Person gilt die Zustellung an alle Mitglieder der Personenvereinigung oder Personengemeinschaft als vollzogen, wenn auf diese Rechtsfolge in der Ausfertigung hingewiesen wird.
Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden nach Durchführung der etwa noch erforderlichen Ermittlungen von der Abgabenbehörde, die den angefochtenen Bescheid erlassen hat, mit als Beschwerdevorentscheidung zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.
Gemäß § 262 Abs. 2 BAO hat die Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung zu unterbleiben, wenn dies in der Bescheidbeschwerde beantragt wird (lit. a) und wenn die Abgabenbehörde die Bescheidbeschwerde innerhalb von drei Monaten ab ihrem Einlangen dem Verwaltungsgericht vorlegt (lit b).
Gemäß § 262 Abs. 3 BAO ist keine Beschwerdevorentscheidung zu erlassen, sondern die Bescheidbeschwerde unverzüglich dem Verwaltungsgericht vorzulegen, wenn in der Bescheidbeschwerde lediglich die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen, die Verfassungswidrigkeit von Gesetzen oder die Rechtswidrigkeit von Staatsverträgen behauptet wird.
Gemäß § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe (§ 97) der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag). Der Vorlageantrag hat die Bezeichnung der Beschwerdevorentscheidung zu enthalten.
Gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO ist für Vorlageanträge § 260 Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.
Gemäß § 264 Abs. 5 BAO obliegt die Zurückweisung nicht zulässiger oder nicht fristgerecht eingebrachter Vorlageanträge dem Verwaltungsgericht.
Unabdingbare Voraussetzung eines Vorlageantrags ist, sofern nicht eine der Ausnahmebestimmungen des § 262 Abs. 2 bis 4 BAO vorliegt, dass die Abgabenbehörde eine (rechtswirksame) Beschwerdevorentscheidung erlassen hat (siehe dazu z.B. Ritz/Koran, BAO7, § 264 Rz 6, unter Hinweis auf ; ; ; ; ).
In der von der steuerlichen Vertretung der Bf. eingebrachten Beschwerde hat sich diese hinsichtlich ihrer Bevollmächtigung auf § 77 Abs. 11 WTBG 2017 berufen. Eine solche allgemeine Vollmacht umfasst nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs grundsätzlich auch die Zustellungsbevollmächtigung (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7, ZustG, § 9 Rz 20, unter Hinweis auf ; ; ; ). Dieser Grundsatz gilt auch dann, wenn sich ein Vertreter (z.B. gemäß § 77 Abs. 11 WTBG 2017) auf die ihm erteilte Vollmacht beruft (vgl. Ritz/Koran, BAO7, ZustG, § 9 Rz 21, unter Hinweis auf ; ).
Im Beschwerdefall richtete sich die mit datierte Beschwerdevorentscheidung an die Personenvereinigung als solche. Die in der Beschwerde ausgewiesene steuerliche Vertreterin war bei der als Beschwerdevorentscheidung intendierten Erledigung nicht als Empfängerin (etwa mit dem Zusatz "zu Handen der") angeführt.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Ra 2018/15/0061, zum Ausdruck gebracht hat, kann eine an eine Personenvereinigung gerichtete Erledigung nicht als gegenüber dieser Personenvereinigung ergangen angesehen werden, weil sie, um ihre Wirkung iSd § 191 Abs. 3 BAO zu erreichen, nicht nur an die Gesellschaft zu richten ist, sondern auch an eine für die Gesellschaft vertretungsbefugte Person (als Empfängerin) zugestellt werden muss (vgl. , sowie ). Aufgrund der ausdrücklichen Anordnung des § 101 Abs. 3 BAO, wonach die dort bezeichneten schriftlichen Ausfertigungen an eine gemäß § 81 BAO vertretungsbefugte Person oder einem Zustellungsbevollmächtigten nach § 9 Abs. 1 ZustG zuzustellen sind, kommt auch eine Heilung des Zustellmangels weder gemäß § 7 ZustG noch gemäß § 9 Abs. 3 ZustG in Betracht. § 7 ZustG kommt deshalb nicht zur Anwendung, weil diese Norm voraussetzt, dass eine vertretungsbefugte Person als Empfänger angegeben wird. Eine Heilung gemäß § 9 Abs. 3 ZustG ist deshalb nicht möglich, weil die Angabe einer "nach § 81 BAO oder nach § 9 Abs. 1 ZustG vertretungsbefugten Person" für die Anwendung der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO konstitutive Voraussetzung ist und es sich insofern nicht um eine bloße Zustellbevollmächtigung handelt.
Aus obigen Ausführungen ergibt sich, dass die gegenständliche Beschwerdevorentscheidung schon mangels einer ordnungsgemäßen Zustellverfügung (Benennung des Vertreters gemäß § 81 BAO bzw. gemäß § 9 Abs. 1 ZustG) keine Rechtswirkung entfalten konnte (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7, ZustG, § 9 Rz 24, sowie BAO, § 101 Rz 8 iVm § 81 Rz 2). Hinzu kommt, dass die als Beschwerdevorentscheidung bezeichnete Erledigung keinen Hinweis nach § 101 Abs. 3 BAO enthält. Bereits dieser Mangel bewirkt, dass die Erledigung in ihrem Abspruch über die Feststellung (bzw. das Unterbleiben einer Feststellung) von Einkünften nach § 188 BAO im Hinblick auf das durch die Einheitlichkeit einer solchen Feststellung geprägte Wesen insgesamt keine Wirkung entfalten konnte (Ritz/Koran, BAO7, § 101 Rz 9 unter Verweis auf ; ; ; , 0073; ).
Mangels Erlassung einer im Beschwerdefall zwingend erforderlichen rechtswirksamen Beschwerdevorentscheidung kann somit über die Beschwerde nicht inhaltlich abgesprochen werden, sondern ist der Vorlageantrag gemäß § 264 Abs. 4 lit. e BAO in Verbindung mit § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückzuweisen.
Hinsichtlich dem im Beschwerdefall gestellten Antrag auf Senatsentscheidung wird auf § 272 Abs. 4 BAO in Verbindung mit § 264 Abs. 4 lit. e BAO verwiesen, wonach Zurückweisungen eines Vorlageantrages von der bzw. dem nach der Geschäftsverteilung zuständigen Berichterstatter(in) zu erlassen sind.
Betreffend den Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird auf § 274 Abs. 3 BAO hingewiesen, wonach bei Formalentscheidungen - um eine solche handelt es sich bei der Zurückweisung eines Vorlageantrages - davon abgesehen werden kann. Ob von der Abhaltung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen wird, liegt im Ermessen. Ermessensentscheidungen sind im Sinne des § 20 BAO innerhalb der vom Gesetz gezogenen Grenzen nach Billigkeit und Zweckmäßigkeit unter Berücksichtigung aller in Betracht kommenden Umstände zu treffen. Unter Billigkeit versteht die ständige Rechtsprechung die "Angemessenheit in Bezug auf berechtigte Interessen der Partei", unter Zweckmäßigkeit das "öffentliche Interesse, insbesondere an der Einbringung der Abgaben" (siehe dazu Ritz/Koran, BAO7, § 20 Rz 7 unter Verweis auf ; ; ; ).
Die mündliche Verhandlung dient primär der Aufklärung des maßgeblichen Sachverhaltes ( Zl. 2013/15/0245). Von einer mündlichen Verhandlung kann das Gericht unter Berücksichtigung der Anforderungen an Verfahrensökonomie und Effektivität absehen, wenn der Fall auf der Grundlage der Akten und der schriftlichen Stellungnahmen der Parteien angemessen entschieden werden kann (siehe dazu z.B. , mit Verweis auf EGMR , Fall Döry, Appl. 28.394/95, Z37 ff.; EGMR , Fall Miller, Appl. 55.853/00, Z29).
Im Beschwerdefall ergibt sich der Sachverhalt - insbesondere die Umstände, dass keine Zustellung der Beschwerdevorentscheidung an die beiden Beteiligten an der Personenvereinigung, sondern an die Personenvereinigung als solche erfolgt ist, dass deshalb von der Zustellfiktion des § 101 Abs. 3 BAO Gebrauch gemacht werden wollte und dass sich die steuerlichen Vertretung der Bf. im Beschwerdeschriftsatz hinsichtlich ihrer Bevollmächtigung auf § 77 Abs. 11 WTBG 2017 berufen hat - aus den dem BFG übermittelten Aktenteilen. Einer weiteren Sachverhaltsklärung bedarf es daher nicht, sodass nach Auffassung des BFG durch das Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung auch keine (berechtigten) Parteieninteressen verletzt werden können.
Zulässigkeit einer Revision
Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Die Rechtsfolge der Zurückweisung eines Vorlageantrages wegen Unzulässigkeit mangels zwingender Erlassung einer rechtswirksamen Beschwerdevorentscheidung ergibt sich schon aus den im Beschluss zitierten Gesetzestexten, sodass eine Revision nicht zuzulassen war.
Gesamthaft war somit spruchgemäß zu entscheiden.
Feldkirch, am
Zusatzinformationen
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 97 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 101 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 191 Abs. 1 lit. c BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 191 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 262 Abs. 3 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 4 lit. e BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 § 264 Abs. 5 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961 |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.1100257.2023 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at