Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 20.10.2023, RV/3100505/2019

DB- und DZ-Pflicht von im Rahmen einer abgabenbehördlichen Prüfung dem Arbeitgeber vorgeschriebenen Sozialversicherungsbeiträgen

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/3100505/2019-RS1
Da der Arbeitgeber sowohl die Arbeitgeber- als auch die Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung schuldet, erfüllt er bei deren Bezahlung eine eigene Schuld. Ist dem Arbeitgeber die Einbehaltung der Arbeitnehmerbeiträge vom Arbeitslohn des Arbeitnehmers rechtlich nicht möglich, wie dies bei Nachzahlungen auf Grund einer abgabenbehördlichen Prüfung regelmäßig der Fall sein wird, erhöht die Bezahlung (auch) der Arbeitnehmerbeiträge nicht die Beitragsgrundlage für den DB und den DZ.

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter***Ri*** in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Obermoser + Partner Steuerberatungs GmbH, St.Johanner Straße 49a, 6370 Kitzbühel, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Kitzbühel Lienz (nunmehr: Finanzamt Österreich) vom betreffend Festsetzung des Dienstgeberbeitrages zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlag zu diesem Beitrag, jeweils für das Jahr 2012, Steuernummer ***BF1StNr1***,

zu Recht erkannt:

I.

Der Beschwerde wird Folge gegeben.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgaben sind dem Ende der Entscheidungsgründe zu entnehmen und bilden einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Als Ergebnis einer bei der Arbeitgeberin durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung setzte das Finanzamt mit Bescheiden vom den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zu diesem Beitrag für die Jahre 2011 bis 2014 fest.

Gegen diese Bescheide wurde innerhalb offener Frist Beschwerde erhoben. In der Beschwerde wurde einerseits die Einbeziehung eines zu hohen Sachbezuges für die Nutzung eines Firmenfahrzeuges durch den Geschäftsführer in den Jahren 2011 bis 2014, andererseits die Einbeziehung von Arbeitnehmerbeiträgen zur Sozialversicherung, welche aus einer Vorprüfung resultierten und im Jahr 2012 bezahlt wurden, in die Bemessungsgrundlage für die Lohnnebenkosten gerügt.

Mit Beschwerdevorentscheidung vom wurde der Beschwerde teilweise Folge gegeben. Das Finanzamt folgte der Rechtsansicht hinsichtlich der PKW-Nutzung und setzte antragsgemäß einen Sachbezug "nur" für die Privatnutzung (geschätztes Ausmaß 20%) in den Jahren 2011 bis 2014 fest.
Hinsichtlich der aus einer Vorprüfung resultierenden und im Jahr 2012 nachgezahlten Arbeitnehmerbeiträge zur Sozialversicherung erfolgte eine abweisende Erledigung. Der Arbeitgeber würde bei einer derartigen Nachforderung nicht seine eigene gesetzliche Verpflichtung erfüllen, weshalb ein lohnnebenkostenpflichtiger Vorteil gegeben sei.

Daraufhin wurde ausschließlich betreffend das Jahr 2012 ein Vorlageantrag gestellt. Zusammenfassend argumentierte die Beschwerdeführerin, dass mit der Bezahlung der in Rede stehenden Beiträge der Arbeitgeber seine eigene gesetzliche Verpflichtung erfüllt habe und daher kein Arbeitslohn vorliege.

Das Finanzamt legte die Beschwerde dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und beantragte "die Beschwerde lt Beschwerdevorentscheidung zu erledigen".

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Bei der Beschwerdeführerin fand für die Jahre 2008 bis 2010 eine abgabenbehördliche Prüfung statt. Im Rahmen dieser wurde ua festgestellt, dass der handelsrechtliche Geschäftsführer in einem versicherungspflichtigen Dienstverhältnis gestanden ist. Diese rechtliche Beurteilung blieb unbekämpft. Die entsprechenden nicht abgerechneten Sozialversicherungsbeiträge nach dem ASVG wurden nachverrechnet. Dabei entfielen lt im Akt aufliegender Berechnung € 5.460,00 auf Arbeitnehmerbeiträge, welche von der Beschwerdeführerin am bezahlt wurden. Ein Rückgriff auf den Geschäftsführer hinsichtlich der Arbeitnehmerbeiträge war (gesetzlich) nicht möglich und fand daher auch nicht statt.

Im Rahmen der Folgeprüfung wurde dieser Umstand aufgegriffen, ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis angenommen und daher die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag für das Jahr 2012 erhöht. In den bekämpften Bescheiden wurde diesbezüglich ohne Begründung ein die Bemessungsgrundlage erhöhender Betrag von "nur" € 5.450,00 angesetzt.

2. Beweiswürdigung

Der oben dargestellte Sachverhalt ergibt sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt und ist unstrittig. Insbesondere blieben die Ausführungen im Vorlageantrag zur nicht möglichen Rückforderung der Arbeitnehmerbeiträge vom Arbeitnehmer (Geschäftsführer) unbestritten.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I.

Im vorliegenden Fall sind nachfolgende gesetzlichen Bestimmungen anzuwenden:

§ 41 FLAG 1967

(1) Den Dienstgeberbeitrag haben alle Dienstgeber zu leisten, die im Bundesgebiet Dienstnehmer beschäftigen; als im Bundesgebiet beschäftigt gilt ein Dienstnehmer auch dann, wenn er zur Dienstleistung ins Ausland entsendet ist.

(2) Dienstnehmer sind Personen, die in einem Dienstverhältnis im Sinne des § 47 Abs 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 stehen, freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG, sowie an Kapitalgesellschaften beteiligte Personen im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988.

(3) Der Beitrag des Dienstgebers ist von der Summe der Arbeitslöhne zu berechnen, die jeweils in einem Kalendermonat an die im Abs 1 genannten Dienstnehmer gewährt worden sind, gleichgültig, ob die Arbeitslöhne beim Empfänger der Einkommensteuer unterliegen oder nicht (Beitragsgrundlage). Arbeitslöhne sind Bezüge gemäß § 25 Abs 1 Z 1 lit a und b des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 und an freie Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs 4 ASVG.

(4) Zur Beitragsgrundlage gehören nicht:
a) Ruhe- und Versorgungsbezüge,
b) die im § 67 Abs 3 und 6 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Bezüge,
c) die in § 3 Abs 1 Z 11 und Z 13 bis 21 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten Bezüge sowie 60% der in § 3 Abs 1 Z 10 des Einkommensteuergesetzes 1988 genannten laufenden Bezüge;
d) Gehälter und sonstige Vergütungen jeder Art, die für eine ehemalige Tätigkeit im Sinne des § 22 Z 2 des Einkommensteuergesetzes 1988 gewährt werden.
e) Arbeitslöhne, die an Dienstnehmer gewährt werden, die als begünstigte Personen gemäß den Vorschriften des Behinderteneinstellungsgesetzes beschäftigt werden,
f) Arbeitslöhne von Personen, die ab dem Kalendermonat gewährt werden, der dem Monat folgt, in dem sie das 60. Lebensjahr vollendet haben.

Übersteigt die Beitragsgrundlage in einem Kalendermonat nicht den Betrag von 1 460 Euro, so verringert sie sich um 1 095 Euro.

(5) Der Beitrag beträgt 4,5 vH der Beitragsgrundlage.

§ 122 WKG

(7) Die Landeskammern können zur Bedeckung ihrer Aufwendungen festlegen, dass die Kammermitglieder eine weitere Umlage zu entrichten haben. Diese ist beim einzelnen Kammermitglied von der Summe der in seiner Unternehmung (seinen Unternehmungen) nach § 2 anfallenden Arbeitslöhne zu berechnen, wobei als Bemessungsgrundlage die Beitragsgrundlage nach § 41 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl Nr 376/1967, gilt (Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag). Die Umlage ist in einem Hundertsatz dieser Beitragsgrundlage zu berechnen. Der Hundertsatz ist vom Wirtschaftsparlament der Landeskammer festzusetzen; er darf 0,29 vH der Beitragsgrundlage nicht übersteigen. Hat ein Kammermitglied gemeinsam mit einem oder mit mehr als einem anderen Kammermitglied eine Arbeitsgemeinschaft gebildet, so wird die weitere Umlage hinsichtlich der Arbeitslöhne, die bei der Arbeitsgemeinschaft anfallen, durch diese entrichtet. Bei einer Personengesellschaft des Handelsrechts, bei der ein Komplementär eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechts ist, gehören die diesbezüglichen, bei der Komplementärgesellschaft anfallenden Arbeitslöhne auch dann zur Beitragsgrundlage, wenn die Komplementärgesellschaft keine Berechtigung nach § 2 besitzt. Die Bestimmungen der §§ 42a und 43 Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl Nr 376/1967, finden auf die Umlage sinngemäß Anwendung.

(8) Die Bundeskammer kann zur Bedeckung ihrer Aufwendungen eine Umlage nach Abs. 7 festlegen. Abs 7 ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Umlage 0,15 vH der dort angeführten Beitragsgrundlage nicht übersteigen darf.

Nach § 47 Abs 1 EStG 1988 ist Arbeitnehmer eine natürliche Person, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bezieht. Arbeitgeber ist, wer Arbeitslohn im Sinne des § 25 EStG 1988 auszahlt. § 25 Abs 1 EStG 1988 bestimmt, dass ua Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) sind.

Gemäß § 19 Abs 1 leg cit sind - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - Einnahmen in jenem Kalenderjahr bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Ausgaben sind nach Abs 2 für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.

Die einschlägigen Bestimmungen des ASVG lauten:

§ 58 Abs 2 ASVG normiert, dass die auf den Versicherten und den Dienstgeber, bei Heimarbeitern auf den Auftraggeber entfallenden Beiträge der Dienstgeber (Auftraggeber) schuldet. Er hat diese Beiträge auf seine Gefahr und Kosten zur Gänze einzuzahlen.
Nach Abs 4 der genannten Bestimmung hat der Beitragsschuldner die Beiträge von der Gesamtsumme der im Beitragszeitraum gebührenden und darüber hinaus bezahlten Entgelte zu ermitteln (Lohnsummenverfahren) und an den zuständigen Träger der Krankenversicherung unaufgefordert einzuzahlen, sofern dieser die Beiträge nicht vorschreibt.

Dazu bestimmt § 60 Abs 1 ASVG, dass der Dienstgeber berechtigt ist, den auf den Versicherten entfallenden Beitragsteil vom Entgelt in barem abzuziehen. Dieses Recht muss bei sonstigem Verlust spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrages nächstfolgenden Entgeltzahlung ausgeübt werden, es sei denn, dass die nachträgliche Entrichtung der vollen Beiträge oder eines Teiles dieser vom Dienstgeber nicht verschuldet ist. Im Falle der nachträglichen Entrichtung der Beiträge ohne Verschulden des Dienstgebers dürfen dem Versicherten bei einer Entgeltzahlung nicht mehr Beiträge abgezogen werden, als auf zwei Lohnzahlungszeiträume entfallen.

Im vorliegenden Fall besteht Streit darüber, ob die im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge, soweit sie auf Arbeitnehmerbeiträge entfallen, im Jahr der Zahlung als Arbeitslohn zu qualifizieren und in die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und den Zuschlag zu diesem Beitrag einzubeziehen sind.

Dazu ist festzuhalten, dass sich aus den oben zitierten Bestimmungen des ASVG klar ergibt, dass die Sozialversicherungsbeiträge regelmäßig - von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen - ausschließlich der Arbeitgeber schuldet. Damit ist der Arbeitgeber aber auch hinsichtlich des Arbeitnehmeranteiles zur Sozialversicherung nicht etwa nur Inkassant oder Zahlstelle, sondern erfüllt mit der Zahlung eine eigene Schuld (vgl ).
Wenn das Finanzamt in der Beschwerdevorentscheidung ausführt, der Dienstgeber erfülle mit der Zahlung der vom Versicherten zu tragenden Anteile eine Schuld des Versicherten, setzt es sich in Widerspruch zur eindeutigen Rechtslage (§ 58 Abs 2 ASVG).

Der Arbeitgeber hat aber das Recht, die auf den Arbeitnehmer entfallenden Teile der Beiträge, somit die sog Arbeitnehmerbeiträge, von dem an den Arbeitnehmer auszuzahlenden Arbeitslohn abzuziehen. In diesem Sinne entsteht, wenn der Arbeitgeber seine Schuld (fristgerecht) erfüllt, eine Schuld des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber.
Die einbehaltenen Beträge kürzen beim Arbeitnehmer in Form von Werbungskosten nach § 16 Abs 1 Z 4 EStG 1988 zwar die Bemessungsgrundlage für die Einkommensteuer, nicht jedoch die Bemessungsgrundlage für den Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag beim Arbeitgeber (vgl Kuprian in Lenneis/Wanke (Hrsg), FLAG2 §§ 41-43 Rz 45).

Verzichtet der Arbeitgeber auf die bestehende Möglichkeit des Einbehaltes und trägt die Sozialversicherungsbeiträge damit freiwillig zur Gänze selbst, stellt dies beim Arbeitnehmer, dem eine Schuld gegenüber dem Arbeitgeber von diesem erlassen wird, einen (zusätzlichen) Vorteil aus dem Dienstverhältnis dar (vgl ), der dem Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Verzichtes zufließt (§ 19 EStG 1988).

§ 60 ASVG sieht jedoch keine unbeschränkte Berechtigung des Arbeitgebers zum Einbehalt vor. Vielmehr muss dieses Recht bei sonstigem Verlust spätestens bei der auf die Fälligkeit des Beitrages nächstfolgenden Entgeltzahlung ausgeübt werden, es sei denn, dass die nachträgliche Entrichtung der vollen Beiträge oder eines Teiles dieser vom Arbeitgeber nicht verschuldet ist. Im Falle der nachträglichen Entrichtung der Beiträge ohne Verschulden des Arbeitgebers dürfen dem Versicherten bei einer Entgeltzahlung nicht mehr Beiträge abgezogen werden, als auf zwei Lohnzahlungszeiträume entfallen.

Bei Beträgen zur Sozialversicherung, welche der Arbeitgeber beim Arbeitnehmer nicht (mehr) einfordern kann, entsteht - im Gegensatz zur Konstellation bei einem bestehenden Einbehaltungsrecht - eben keine Schuld des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber. Somit kann auch kein (freiwilliger) Verzicht auf die Geltendmachung eines bestehenden Anspruches auf Einbehaltung gegenüber dem Arbeitnehmer erfolgen. Damit erfolgt auch kein (durch den Verzicht auf Einbehalt realisierter) Zufluss (von Arbeitslohn) beim Arbeitnehmer, weil der Arbeitgeber schlicht seine - wie oben dargelegt - eigene Schuld begleicht.

Im Erkenntnis , hat der Verwaltungsgerichtshof im Zusammenhang mit § 7 Abs 2 BSchEG daher auch folgerichtig ausgesprochen, dass (mangels Einbehaltungsrecht) ausschließlich vom Arbeitgeber zu tragende Sozialversicherungsbeiträge nicht in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung des Dienstgeberbeitrages und des Zuschlages zu diesem Beitrag einzubeziehen sind, da, so der Gerichtshof begründend, der Arbeitgeber damit - was sich, wie oben dargestellt, aus den Bestimmungen des ASVG ergibt - eben seine eigene Schuld begleicht.

Nichts anderes ist auch im vorliegenden Fall gegeben. Im Zuge der Vorprüfung wurde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin trotz Vorliegens eines Dienstverhältnisses die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge nicht abgeführt hat, was zu einer Nachzahlung dieser Sozialversicherungsbeiträge führte. Im Verfahren unstrittig geblieben ist, dass die Beschwerdeführerin gemäß den Bestimmungen des ASVG nicht berechtigt war, die Arbeitnehmeranteile beim Arbeitnehmer geltend zu machen. § 60 Abs 1 ASVG stellt nämlich eine abschließende Regelung dar, nach der, wenn ein Abzug nach dieser Bestimmung nicht mehr möglich ist, grundsätzlich keine Verpflichtung des Dienstnehmers zum Ersatz der auf ihn entfallenden Sozialversicherungsbeiträge besteht (vgl ).
Daran ändert auch die Entscheidung , nichts, da der Gerichtshof in dieser Entscheidung lediglich zum Schluss gekommen ist, dass der Arbeitnehmer allenfalls schadenersatzpflichtig werden kann, wenn er treuwidrig das Abzugsrecht des Arbeitgebers vereitelt und ausschließlich ihm die nicht fristgerechte Beitragsentrichtung anzulasten ist. Ein derartiger Fall liegt gegenständlich jedoch nicht vor und ist darüber hinaus in der potentiellen Verpflichtung zur Leistung von Schadenersatz auch nicht die Begleichung von Sozialversicherungsbeiträgen zu sehen, da der verursachte Schaden nach dem in Rede stehenden Judikat ua auch in Zinszahlungen besteht.

Somit erfolgte im Jahr 2012 im Zusammenhang mit der Bezahlung der im Zuge der Vorprüfung nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber kein die Bemessungsgrundlage für die im vorliegenden Fall gegenständlichen Abgaben erhöhender weiterer Zufluss von Arbeitslohn.
Die Hinzurechnung eines Betrages von € 5.450,00 zur Bemessungsgrundlage für das Jahr 2012 erfolgte damit zu Unrecht.

Zu der bereits im Zuge der Beschwerdevorentscheidung erfolgten Stattgabe hinsichtlich des KFZ-Sachbezuges wird auf die Beschwerdevorentscheidung verwiesen.

Der Ansatz der GSVG-Beiträge lt den bekämpften Bescheiden blieb sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach unbestritten.

Die bekämpften Bescheide für das Jahr 2012 sind daher wie folgt zu ändern:


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BMGl lt Bescheiden
313.944,44
abzgl Sachbezug PKW lt Bescheid
- 14.000,00
zzgl Sachbezug PKW lt BVE (unbestritten)
+ 2.800,00
abzgl Arbeitnehmerbeiträge lt Bescheid
- 5.450,00
BMGl lt BFG
297.294,44
Dienstgeberbeitrag (4,5% der BMGl)
13.378,25
Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag (0,43% der BMGl)
1.278,36

Auf Grund der für das Jahr 2012 bereits (vor der Prüfung) abgeführten Beträge in Höhe von
- € 13.036,83 an Dienstgeberbeitrag und
- € 1.245,74 an Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag
ergeben sich für das Jahr 2012 folgende Nachforderungen:

Dienstgeberbeitrag € 341,42

Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag € 32,62

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Auf die oben angeführte Judikatur der Höchstgerichte wird verwiesen. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war nicht zu lösen.

Innsbruck, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
FLAG
betroffene Normen
§ 58 Abs. 2 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 41 FLAG 1967, Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376/1967
§ 60 Abs. 1 ASVG, Allgemeines Sozialversicherungsgesetz, BGBl. Nr. 189/1955
§ 122 WKG, Wirtschaftskammergesetz 1998, BGBl. I Nr. 103/1998
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.3100505.2019

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at