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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 30.10.2023, RV/6100131/2022

Meldung im Zentralen Melderegister kommt bei der Bestimmung des Hauptwohnsitzes nur Indizwirkung zu

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht erkennt durch den Richter Mag. Patrick Brandstetter in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Einkommensteuer 2019 Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht:

I. Der angefochtene Bescheid wird abgeändert.

Die Bemessungsgrundlagen und die Höhe der festgesetzten Abgabe sind dem diesem Erkenntnis als Beilage angeschlossenem Berechnungsblatt zu entnehmen und bildet dieses einen Bestandteil des Spruches dieses Erkenntnisses.

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

Verfahrensgang

Mit Bescheid vom setzte das Finanzamt Österreich die Einkommensteuer des Beschwerdeführers für das Jahr 2019 fest. Hierbei berücksichtigte das Finanzamt Österreich Einkünfte aus privater Grundstücksveräußerung in Höhe von EUR 14.000,00 und führte es diesbezüglich aus, dass es sich bei dem veräußerten Objekt in ***Gemeinde*** um ein Fertighaus handle, das zu einem Fixpreis erstellt worden sei. Infolgedessen handle es sich um kein selbst hergestelltes Gebäude und könne folglich die Herstellerbefreiung nicht zur Anwendung kommen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde vom brachte der Beschwerdeführer vor, dass zwar ein Fertigteilhaus zu einem Fixpreis geliefert worden sei, allerdings sei dieses Fertigteilhaus auf zwei Geschossen errichtet worden, die der Beschwerdeführer in Zusammenarbeit mit einem Unternehmen und dem Schwiegervater errichtet habe. Dementsprechend habe ein persönlicher und finanzieller Einsatz des Beschwerdeführers betreffend die Errichtung des Gebäudes vorgelegen und sei er am Bauherrenrisiko beteiligt gewesen.

Nach Durchführung eines Vorhalteverfahrens wies das Finanzamt Österreich die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab und wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass die vom Beschwerdeführer vorgebrachten Kosten für die Errichtung der zwei Geschosse in Höhe von EUR 86.190,00 nicht den Fixpreis des Fertigteilhauses in Höhe von EUR 101.742,00 übersteigen würden. Es liege somit kein selbst hergestelltes Gebäude vor und stehe daher die Herstellerbefreiung nicht zu.

In weiterer Folge beantragte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und ergänzte dieser sein bisheriges Vorbringen dergestalt, als die Kosten für die Errichtung der beiden Geschosse insgesamt rd. EUR 113.000,00 betragen hätten und dementsprechend deutlich höher als der Preis für das Fertigteilhaus gewesen seien. Daraus ergebe sich, dass die Herstellerbefreiung zustehe.

Das Finanzamt Österreich legte die Beschwerde am dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor und wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 4005 zugeteilt. Mit Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom wurde die Beschwerdesache der Gerichtsabteilung 4005 zum Stichtag abgenommen und der Gerichtsabteilung 7004 zugeteilt.

Nach Übermittlung der Antwort des Beschwerdeführers vom auf den Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom sowie des Aktenvermerks vom über ein Telefonat mit dem Beschwerdeführer an das Finanzamt Österreich brachte die Abgabenbehörde eine Stellungnahme ein, wonach aufgrund der Eintragungen im Zentralen Melderegister der Ehefrau des Beschwerdeführers die Hauptwohnsitzbefreiung zustehe und auch gewährt worden sei, jedoch dem Beschwerdeführer die Hauptwohnsitzbefreiung nicht zustehe und auch von ihm auch nicht beantragt worden sei. Zudem gehe aus den Eintragungen im Zentralen Melderegister eine getrennte Lebensführung der Eheleute hervor.

Sachverhalt

Mit Kaufvertrag vom veräußerten der Beschwerdeführer sowie seine Ehefrau, ***Ehefrau***, ihren jeweiligen Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***NNN*** KG ***NNNNN*** mit dem darauf befindlichen Gebäude mit der Anschrift ***Straße***, ***Gemeinde***, um insgesamt EUR 200.000,00. Sowohl in diesem Kaufvertrag als auch in der in diesem Zusammenhang erstellten Bestätigung der Echtheit der Unterschriften der Vertragsparteien durch den Notar ist als Wohnanschrift des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau die Adresse ***Straße***, ***Gemeinde*** angeführt.

Die Liegenschaft in ***Gemeinde*** war ursprünglich im Jahr 1961 vom Schwiegervater des Beschwerdeführers erworben worden und errichteten hierauf der Beschwerdeführer, seine Ehegattin sowie die Schwiegereltern nach vorheriger Bewilligung der Errichtung eines Zweifamilienhauses im Jahr 1979 gemeinsam ein Zweifamilienhaus, welches im Jahr 1981 fertiggestellt wurde. Ab der Fertigstellung des Zweifamilienhauses lebten darin die Schwiegereltern des Beschwerdeführers bis zu deren Ableben. Da der Beschwerdeführer und seine Ehefrau beruflich in Wien tätig waren, die im Jahr 1978 geborene gemeinsame Tochter in Wien zur Schule ging und der Beschwerdeführer in Wien über eine Eigentumswohnung verfügte, hielten sich der Beschwerdeführer, seine Ehefrau und die gemeinsame Tochter während der Zeit der Berufstätigkeit des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sowie während der Schulausbildung der Tochter nur an den Wochenenden sowie an den freien Tagen im Zweifamilienhaus in ***Gemeinde*** auf und befand sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in Wien.

Ab dem Jahr 1990 übernahm die Ehefrau des Beschwerdeführers die Pflege des Vaters bis zu dessen Ableben im Jahr 2000, da sie aufgrund ihrer beruflichen Tätigkeit im medizinischen Bereich über Erfahrung auf dem Gebiet der Pflege verfügte. Mit dem Ableben des Vaters im Jahr 2000 verschlechtere sich sodann der Gesundheitszustand der Schwiegermutter des Beschwerdeführers und übernahm auch in diesem Fall wiederrum die Ehefrau des Beschwerdeführers die Pflege bis zum Ableben der Mutter im Dezember 2013.

Beide Elternteile lebten bis zu ihrem Ableben im Zweifamilienhaus in ***Gemeinde*** und wurden sie auch dort von der Ehefrau des Beschwerdeführers gepflegt und betreut. Dies führte dazu, dass mit der Übernahme der Pflege der Eltern durch die Ehefrau des Beschwerdeführers ebenjene ab dem Jahr 1990 bis zu ihrem Pensionsantritt im November 2006 oft tageweise zwischen Wien und ***Gemeinde*** hin und her pendelte. Ab dem Pensionsantritt der Ehefrau des Beschwerdeführers war diese mit der Pflege der Mutter voll ausgelastet und somit durchgehend vor Ort in ***Gemeinde***, wo sie auch seit 1981 mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Spätestens ab diesem Zeitpunkt befand sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in ***Gemeinde***.

Der Beschwerdeführer selbst ging im April 2002 in Pension und war dieser von 1978 bis 2014 mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet, da diese Hauptwohnsitzmeldung in Wien Voraussetzung für den Erwerb einer geförderten Eigentumswohnung in Wien war. An der Adresse ***Straße***, ***Gemeinde***, ist der Beschwerdeführer seit mit Nebenwohnsitz gemeldet und ist diese Meldung immer noch aufrecht. Entgegen dieser unterschiedlichen Hauptwohnsitzmeldungen haben der Beschwerdeführer und seine Ehefrau immer zusammengelebt bzw. leben sie auch heute noch zusammen.

Der Beschwerdeführer war mehrere Perioden im Pfarrgemeinderat der Pfarre ***Gemeinde*** sowie in dessen Wirtschaftsrat tätig. Darüber hinaus ist der Beschwerdeführer trotz der Veräußerung der Liegenschaft in ***Gemeinde*** weiterhin im Vorstand des Vereins "***Verein***", der im Jahr 1969 gegründet wurde und hinsichtlich dessen der Beschwerdeführer ein Gründungsmitglied ist, tätig sowie ist er weiterhin aktives Mitglied des Kameradschaftsbunds ***Gemeinde***.

Nach dem Ableben der Schwiegermutter im Dezember 2013 entschlossen sich der Beschwerdeführer und seine Ehefrau im Jahr 2015 die Liegenschaft in ***Gemeinde*** zu veräußern, um so den gemeinsamen Wunsch, in der Pension ins Bundesland Salzburg zu ziehen, erfüllen zu können. Zu diesem Zeitpunkt hatte das Ehepaar bereits eine Wohnung in der Stadt Salzburg angemietet gehabt, allerdings wurde das Geld aus der Veräußerung der Liegenschaft in ***Gemeinde*** benötigt, um eine Eigentumswohnung bzw. Eigentum an einer Liegenschaft im Bundesland Salzburg erwerben zu können. Da sich die Suche nach einem Käufer betreffend die Liegenschaft in ***Gemeinde*** aufgrund der Lage der Liegenschaft als schwierig erwies, konnte die Liegenschaft erst im Jahr 2019 veräußert werden und blieb es bis zu diesem Zeitpunkt vorerst bei der Anmietung einer Wohnung in der Stadt Salzburg durch den Beschwerdeführer und seiner Ehefrau. Aus diesem Grund pendelten der Beschwerdeführer und seine Ehefrau bis zum Zeitpunkt des Verkaufs der Liegenschaft im Jahr 2019 wöchentlich zwischen Salzburg und ***Gemeinde*** hin und her und verbrachten sie ihre Zeit im gleichen Ausmaß sowohl in der Mietwohnung in Salzburg als auch im Zweifamilienhaus in ***Gemeinde***. Mit der Veräußerung der Liegenschaft im Jahr 2019 verlagerte sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau nach Salzburg.

Beweiswürdigung

Die Sachverhaltsfeststellungen in Bezug auf die Anschaffung der Liegenschaft in ***Gemeinde*** durch den Schwiegervater des Beschwerdeführers, die Errichtung eines Zweifamilienhauses hierauf sowie die im Jahr 2019 stattgefundene Veräußerung der Liegenschaft haben ihre Grundlage in dem vorgelegten Notariatsakt vom über die Veräußerung der Liegenschaft, dem Bescheid der Gemeinde ***Gemeinde*** über die Bauvollendung des bewilligten Zweifamilienhauses sowie den mit diesen Urkunden in Einklang stehenden und aus diesem Grund auch glaubhaften Vorbringen des Beschwerdeführers.

Die Feststellung hinsichtlich der Anführung der Anschrift ***Straße***, ***Gemeinde***, als Wohnanschrift des Beschwerdeführers und dessen Ehefrau im Kaufvertrag vom sowie in der in diesem Zusammenhang erstellten Bestätigung der Echtheit der Unterschriften der Vertragsparteien durch den Notar ergibt sich unmittelbar aus dem Inhalt dieser beiden Urkunden.

Die Sachverhaltsfeststellungen betreffend die berufliche Tätigkeit des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau in Wien, den Schulbesuch der Tochter in Wien, die Zeitgestaltung hinsichtlich des Aufenthalts in Wien und in ***Gemeinde***, der Pflegebedürftigkeit der Schwiegereltern, der Pflege der Schwiegereltern durch die Ehefrau, den Beweggrund und den Ablauf hinsichtlich der Wohnsitzbegründung im Bundesland Salzburg, die zeitliche Verteilung des Aufenthalts betreffend den Wohnsitz in Salzburg und den Wohnsitz in ***Gemeinde*** sowie die Betätigung des Beschwerdeführers in verschiedenen Vereinen und Organisationen in ***Gemeinde*** wurden anhand des glaubhaften Vorbringens der beschwerdeführenden Partei im Rahmen ihrer Antwort vom auf den Vorhalt des Bundesfinanzgerichts vom sowie ihrer Aussagen im Rahmen des am geführten Telefonats getroffen.

Die Feststellung in Bezug auf den Zeitpunkt des Pensionsantritts betreffend den Beschwerdeführer und dessen Ehefrau fußen auf den im Steuerakt des Beschwerdeführers aufliegenden Lohnzettel betreffend den Zeitraum 01. April bis sowie auf den im Steuerakt der Ehefrau aufliegenden Lohnzettel betreffend den Zeitraum 01. November bis . In diesen Lohnzetteln finden sich erstmals die Vermerke "ASVG-Pensionist" bzw. "Sonst. Pensionist".

Die Feststellung betreffend das Geburtsdatum der Tochter des Beschwerdeführers hat ihre Grundlage in den Grunddaten der Finanzverwaltung betreffend die Tochter.

Die Sachverhaltsfeststellungen in Bezug auf die Wohnsitzmeldungen betreffend den Beschwerdeführer und seine Ehefrau wurden anhand der Daten des Zentralen Melderegisters getroffen.

Insoweit das Finanzamt Österreich in der Nebenwohnsitzmeldung des Beschwerdeführers an der Liegenschaft in ***Gemeinde*** den Nachweis dafür zu erkennen vermeint, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nicht ständig zusammengelebt hätten, vermag sich das Bundesfinanzgericht dieser Ansicht nicht anzuschließen. So entspricht es dem Wesen der Ehe, dass bei einer aufrechten Ehe die Eheleute im Regelfall zusammenleben und diese einen gemeinsamen Mittelpunkt der Lebensinteressen haben. Den unterschiedlichen Meldungen im Melderegister betreffend die Art des Wohnsitzes des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau an der Anschrift ***Straße***, ***Gemeinde***, kommt lediglich Indizwirkung zu und vermögen diese allein noch nicht den Nachweis zu erbringen, dass der Beschwerdeführer und seine Ehefrau nicht zusammengelebt haben, zumal der Beschwerdeführer glaubhaft erklärt hat, dass der Grund für seine Hauptwohnsitzmeldung in Wien im Erwerb einer geförderten Eigentumswohnung in Wien zu finden ist.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer im Rahmen des am geführten Telefonates glaubhaft vorgebracht, dass er und seine Ehefrau seit jeher immer zusammengelebt haben, und hat das Finanzamt Österreich außer den Daten des Melderegisters diesbezüglich keine gegenteiligen Beweise vorgebracht. An dieser Stelle muss in Bezug auf die Beweiskraft der Eintragungen im Zentralen Melderegister betreffend den gegenständlichen Fall hervorgehoben werden, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden Urteils weiterhin im Zentralen Melderegister mit Nebenwohnsitz in ***Straße***, ***Gemeinde***, geführt wird, wiewohl diese Liegenschaft durch den Beschwerdeführer und seiner Ehefrau bereits im Jahr 2019 veräußert wurde. Bereits anhand dieses Umstands ist ersichtlich, dass den Eintragungen im Melderegister im vorliegenden Fall nur bedingt Aussagekraft zukommt.

In Bezug auf die Feststellungen zum Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers gilt es zum einen auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs der Mittelpunkt der Lebensinteressen an jenem Ort vorzufinden ist, zu dem eine engere persönliche und wirtschaftliche Beziehung besteht (). Zum anderen muss, wie bereits oben ausgeführt wurde, der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers aufgrund der aufrechten Ehe sowie des ständigen Zusammenlebens mit der Ehefrau grundsätzlich ident mit dem Mittelpunkt der Lebensinteressen der Ehefrau sein.

Vor diesem Hintergrund ist den Ausführungen Finanzamt Österreich, wonach aufgrund der Schulausbildung der Tochter in Wien sowie des Aufenthalts eines Elternteils in Wien zwecks Betreuung der Tochter der Mittelpunkt der Lebensinteressen des Beschwerdeführers in Wien gelegen sei, insoweit zuzustimmen, als sich während der Zeit der aufrechten Beschäftigungstätigkeit des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau sowie der Zeit der Schulausbildung der Tochter in Wien der Lebensmittelpunkt der Familie des Beschwerdeführers in Wien befunden hat, bestand doch durch die Beschäftigung der Eheleute in Wien sowie den Schulbesuch der Tochter in Wien eine engere wirtschaftliche und persönliche Bindung der Familie des Beschwerdeführers zu Wien als zu ***Gemeinde***.

Allerdings lag spätestens ab dem Zeitpunkt des Pensionsantritts der Ehefrau des Beschwerdeführers im November 2006 und der damit einhergegangenen nunmehr möglichen Vollzeitpflege der Schwiegermutter des Beschwerdeführers durch dessen Ehefrau eine engere persönliche Beziehung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau zu ***Gemeinde*** anstatt zu Wien vor. Diese engere persönliche Bindung zu ***Gemeinde*** ergibt sich insbesondere aufgrund der ständigen Pflege und Betreuung der Schwiegermutter im Zweifamilienhaus in ***Gemeinde*** durch die Gattin des Beschwerdeführers, des hierdurch notwendigerweise bedingten Aufenthalts in ebendiesem Zweifamilienhaus, der Betätigung des Beschwerdeführers im Verein "***Verein***", dessen aktive Mitgliedschaft im Kameradschaftsbund ***Gemeinde*** sowie dessen Mitarbeit in Organisationen der Pfarre ***Gemeinde*** über mehrere Perioden.

Zudem existierten ab diesem Zeitpunkt keine Umstände mehr, die eine engere wirtschaftliche Beziehung des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin zu Wien begründen würden, befanden sich doch sowohl der Beschwerdeführer als auch dessen Ehefrau ab November 2006 in Pension und ist die Erzielung von Pensionseinkünften ortsunabhängig. Ebenso kann auch angesichts des Alters der Tochter von 28 Jahren im Jahr 2006 mit der Schulausbildung der Tochter in Wien bzw. mit einer allfälligen Beaufsichtigung der Tochter durch die Eltern eine engere persönliche Beziehung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau zu Wien nicht mehr erfolgreich argumentiert werden.

Diese ab diesem Zeitpunkt bestehende engere persönliche Bindung zu ***Gemeinde*** wurde erst durch den Verkauf der Liegenschaft im Jahr 2019 getrennt, brachten doch der Beschwerdeführer und seine Ehefrau mit dem Verkauf unmissverständlich zum Ausdruck, dass sie von nun an nur noch in Salzburg aufhältig sein möchten. Vor allem aber sprechen die Umstände, dass der Beschwerdeführer bis zum Verkauf der Liegenschaft bzw. auch darüber hinaus in Vereinen mit Bezug zu ***Gemeinde*** und Organisationen der Pfarre ***Gemeinde*** tätig war bzw. ist, im Kaufvertrag vom bzw. der diesbezüglichen Bestätigung der Unterschriften der Vertragsparteien durch den Notar die Wohnanschrift des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau mit ***Straße***, ***Gemeinde*** angeführt ist, der Beschwerdeführer und seine Ehefrau wöchentlich zwischen Salzburg und ***Gemeinde*** hin und her gependelt sind und an beiden Orten zu gleichen Teilen Zeit verbracht haben, für das Bestehen einer engeren persönlichen Bindung des Beschwerdeführers und seiner Ehefrau zu ***Gemeinde*** bis zum Zeitpunkt des Verkaufs.

Rechtliche Beurteilung

Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

Gem. § 30 Abs. 2 Z 1 lit. b EStG 1988 in der Fassung des Jahressteuergesetz 2018, BGBl. I 62/2018, sind die Einkünfte aus der Veräußerung von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen samt Grund und Boden von der Besteuerung ausgenommen, wenn sie dem Veräußerer innerhalb der letzten zehn Jahre vor der Veräußerung mindestens fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz gedient haben und der Hauptwohnsitz aufgegeben wird.

Bereits nach der Rechtslage vor dem 1. StabG 2012 war die Veräußerung des Hauptwohnsitzes nach § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 unter bestimmten Voraussetzungen nicht als Spekulationsgeschäft erfasst. Diese Befreiungsbestimmung wurde anlässlich der Neuregelung der Grundstücksbesteuerung durch das 1. StabG 2012 übernommen, angepasst und um einen weiteren Befreiungstatbestand ergänzt (ErlRV 1680 BlgNR XXIV GP, 8).

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zu § 30 Abs. 2 Z 7 EStG 1988 in der Fassung vor dem 1 StabG 2012 ist der Begriff "Hauptwohnsitz" in § 30 EStG 1988 nicht definiert, allerdings hat nach § 26 Abs. 1 BAO jemand einen Wohnsitz im Sinne der Abgabenvorschriften dort, wo er eine Wohnung inne hat unter Umständen, die darauf schließen lassen, dass er die Wohnung beibehalten und benutzen wird. Hat jemand mehrere Wohnsitze, so ist jener Wohnsitz der Hauptwohnsitz, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen (Mittelpunkt der Lebensinteressen) ().

Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist infolge der Intention des Gesetzgebers, im Rahmen des 1. StabG 2012 die in § 30 Abs. 2 Z 1 EStG 1988 vor dem 1. StabG 2012 vorgesehene Befreiungsbestimmung zum einen zu übernehmen sowie um den obig zitierten Befreiungstatbestand des § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG 1988 zu erweitern, ebenso auf die Hauptwohnsitzbefreiungstatbestände entsprechend der Neuregelung der Grundstücksbesteuerung durch das 1. StabG 2012 anwendbar.

Vor diesem Hintergrund ist sodann in Bezug auf den Fall des Beschwerdeführers auszuführen, dass der Beschwerdeführer laut dem festgestellten Sachverhalt seinen Hauptwohnsitz ab spätestens November 2006 in ***Gemeinde*** gehabt hat und er diesen Hauptwohnsitz erst im Zeitpunkt der Veräußerung der Liegenschaft im Jahr 2019 aufgegeben hat. Folglich diente die Liegenschaft in ***Gemeinde*** dem Beschwerdeführer innerhalb der letzten zehn Jahre vor dem Verkauf ebendieser Liegenschaft im Jahr 2019 für zumindest fünf Jahre durchgehend als Hauptwohnsitz und sind damit die vom Gesetzgeber in § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG 1988 vorgesehenen Voraussetzungen für die Befreiung der Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Veräußerung seines Hälfteanteils an der Liegenschaft in ***Gemeinde*** gegeben. Da die Einkünfte des Beschwerdeführers bereits nach § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG 1988 von der Besteuerung befreit sind, erübrigte sich eine Auseinandersetzung mit der Frage, inwieweit § 30 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 Anwendung auf den vorliegenden Fall findet.

Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom erweist sich somit insoweit als rechtswidrig, als das Finanzamt Österreich mit diesem Bescheid die Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Veräußerung seines Hälfteanteils an der Liegenschaft in ***Gemeinde*** einer Besteuerung zugeführt hat, wiewohl diese nach den obigen Ausführungen gem. § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG 1988 von der Besteuerung ausgenommen sind. Der bekämpfte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2019 vom war daher durch das Bundesfinanzgericht dergestalt abzuändern, als bei der Festsetzung der Einkommensteuer für das Jahr 2019 die Einkünfte des Beschwerdeführers aus der Veräußerung seines Hälfteanteils an der Liegenschaft in ***Gemeinde*** nicht zu berücksichtigen waren.

Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Eine Revision gegen das vorliegende Erkenntnis ist nicht zulässig, da der Gesetzgeber mit § 30 Abs. 2 Z 1 lit b EStG 1988 eine klare Rechtslage in Bezug auf die Befreiung von Liegenschaften, die als Hauptwohnsitz gedient haben, geschaffen hat und der Verwaltungsgerichtshof in der zitierten Entscheidung klargestellt hat, welcher Wohnsitz bei Vorliegen von mehreren Wohnsitzen als Hauptwohnsitz anzusehen ist. Von dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ist das Bundesfinanzgericht im vorliegenden Erkenntnis nicht abgewichen und handelt es sich bei der Bestimmung des Hauptwohnsitzes bei Vorliegen mehrerer Wohnsitze um eine Frage der Beweiswürdigung, zu deren Überprüfung der Verwaltungsgerichtshof grundsätzlich nicht berufen ist.

Salzburg, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
Verweise
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.6100131.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at