Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 14.11.2023, RV/2100810/2022

Verjährung durch Veranlagung festgesetzter Mehrsteuern mangels Vorliegens der subjektiven Tatseite einer Abgabenhinterziehung

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch den Richter X. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch BDO Assurance GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft, Am Belvedere 4, 1100 Wien, über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend
1. Umsatzsteuer 2014
2. Umsatzsteuer 2015
Steuernummer ***BF1StNr1*** zu Recht erkannt:

I. Den Beschwerden wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.

Die angefochtenen Bescheide werden abgeändert:

1. Die Umsatzsteuer 2014 wird festgesetzt mit: 534,08 € (Zahllast)
2. Die Umsatzsteuer 2015 wird festgesetzt mit: 2.300,20 € (Zahllast)

II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin (Bf.) ist ein drittländisches Telekommunikationsunternehmen. In den angefochtenen Bescheiden erfolgte eine Festsetzung der Bemessungsgrundlage auf Grund des Vorsteuervolumens zuzüglich eines Gewinnaufschlages von 30%. Weiters wurden entsprechende Vorsteuerberichtigungen nach § 16 UStG 1994 auf Grund von Entgeltsminderungen (Rabatte, Discounts) vorgenommen. Der angefochtene Bescheid führt u.a. Folgendes aus:

" …
Sie (Die Bf.) beantragte für die Zeiträume 2014 und 2015 die Erstattung von Vorsteuern (Anm.: es sind keine weiteren U5-Anträge bzw. Umsatzsteuererklärungen eingelangt). Diese Vorsteuern resultieren aus Rechnungen österreichischer Mobiltelefonnetz-Betreiber (Provider) und betreffen die Verrechnung bzw. Abrechnung von Roaminggebühren. Inhalt dieser Roamingleistungen ist die Zurverfügungstellung des österreichischen Mobiltelefonnetzes des jeweiligen österreichischen Providers an das geprüfte Unternehmen zur Nutzung durch dessen Kunden.

Der Umsatzsteuersatz beträgt in Thailand 7 %.
Die Bf. hat - Rechtslage ab - in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Leistungen, die das Erstattungsverfahren ausschließen, d.h. ihre Umsätze im allgemeinen Umsatzsteuerveranlagungsverfahren zu erklären (
§ 21 Abs. 4 UStG 1994) und bekommt auch (nur) dort die Vorsteuern aus der Rechnung des österr. Netzbetreibers.
Eine Umsatzsteuervoranmeldung/ -erklärung unter Berücksichtigung des Gewinnaufschlags bzw. erhaltener Rabatte wäre abzugeben gewesen.

Liegt der Ort der Telekommunikationsdienstleistung, Rundfunk- oder Fernsehdienstleistung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird sie nach der VO des BM für Finanzen, BGBl. II Nr. 383/2003 idgF im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird, wenn dadurch eine Nichtbesteuerung in der Union vermieden wird, ohne dass es hierbei darauf ankommt, welcher steuerlichen Behandlung diese Leistungen nach dem nationalen Steuerrecht des Drittlands unterliegen (vgl. C-593/19, SK Telecom Co. Ltd).
Das gilt unabhängig davon, ob die Leistung an einen Unternehmer iSd
§ 3a Abs. 5 Z 1 und 2 UStG 1994 oder an einen Nichtunternehmer iSd § 3a Abs. 5 Z 3 UStG 1994 erbracht wird.
Bis war zusätzliche Voraussetzung, dass die Leistung außerhalb des Gemeinschaftsgebietes keiner der inländischen Umsatzsteuerbelastung vergleichbaren Steuerbelastung unterlag.
Roamingleistungen, die von einem in einem Drittland ansässigen Mobilfunkbetreiber an seine Kunden, die ebenfalls in diesem Drittland ansässig sind bzw. dort ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben, erbracht werden und die es diesen Kunden ermöglichen, das nationale Mobilfunknetz des Mitgliedstaats, in dem sie sich vorübergehend aufhalten, zu nutzen, sind als Dienstleistungen anzusehen, deren "tatsächliche Nutzung oder Auswertung" im Gebiet dieses Mitgliedstaats erfolgt (vgl.
C-593/19, SK Telecom Co. Ltd).
Dass es im Ansässigkeitsstaat des Unternehmens zu einer Besteuerung kommt, wurde im Verfahren nicht nachgewiesen. Damit ist evident, dass keine vergleichbare Steuerbelastung zu der in Österreich mit 20% bestehend existiert. Auf die VwGH-Erkenntnisse v. , Ro 2016/15/0038 und Ro2016/15/0035, wonach die VO
BGBl. II Nr. 383/2003 idF BGBl. II Nr. 221/2009 in Art. 59a MwStSystRL idF Art. 2 der RL 2008/8/EG ihre unionsrechtliche Deckung findet, sowie die abweislichen BFG-Erkenntnisse GZ. RV/2101660/2015 v. und GZ. RV/2100943/2016, GZ. RV/2100365/2016 und GZ. RV/2100832/2016 v. , GZ. RV/2101050/2018 v. bzw. GZ. RV/2100831/2016 v. wird verwiesen.
Das Unternehmen hat es unterlassen, dem Finanzamt Umsätze in Österreich durch die Abgabe von Umsatzsteuerveranlagungserklärungen (U1) zu erklären.
Gemäß
§ 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung zu schätzen, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.
Ist eine Schätzung grundsätzlich zulässig, so steht die Wahl der anzuwendenden Schätzungsmethode der Abgabenbehörde im Allgemeinen frei, doch muss das Schätzungsverfahren einwandfrei durchgeführt werden, müssen die zum Schätzungsergebnis führenden Gedankengänge schlüssig und folgerichtig sein, und muss das Ergebnis, das in der Feststellung der Besteuerungsgrundlagen besteht, mit der Lebenserfahrung im Einklang stehen.
Das gewählte Verfahren muss stets auf das Ziel gerichtet sein, diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, die die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben. Ziel einer Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, wobei jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist und, wer zur Schätzung Anlass gibt, die mit der Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen muss.
Da die in Österreich erbrachten Leistungen vom geprüften Unternehmen nicht offengelegt wurden, waren diese zu schätzen.
Als Grundlage für die Schätzung der in Österreich ausgeführten Umsätze werden die Eingangsrechnungen von den österreichischen Telekomanbietern ohne Berücksichtigung nachträglich gewährter Gutschriften bzw. Rabatte herangezogen. Dadurch erhält man die Umsätze auf der "Vorleistungsebene", also die Preise, die sich die Netzbetreiber untereinander in Rechnung stellen. Den Grundsätzen eines ökonomisch denkenden Kaufmanns folgend, ist darüber hinaus noch ein Gewinnaufschlag zu berücksichtigen, der den Mobilfunknetz-Teilnehmern (weiter)verrechnet wird. Dies auch deswegen, da jeder Unternehmer bzw. jeder gesellschaftsrechtliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft nach Gewinnen streben muss, um das "Überleben" des Betriebes zu gewährleisten. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens wurden Roaminggebühren wiederholt als weitaus überhöht kritisiert (Konsumentenschutzorganisationen).
Ab dürfen Netzanbieter aus der EU bzw. dem EWR ihren Kunden für die Mobilfunknutzung im EU/EWR-Raum keine Roamingzuschläge mehr in Rechnung stellen. Dies betrifft jedoch nicht die Telekommunikationsfirmen in den Drittstaaten und werden dort die hohen Telefongebühren/ Roamingaufschläge weiterhin an (deren) Kunden verrechnet.
Nach Ansicht des ho. Finanzamtes erscheint daher unter Berücksichtigung aller Umstände ein Gewinnzuschlag von 30% - im unteren Bereich - als angemessen. Der auf diese Art ermittelte Inlandsumsatz ist mit 20 % zu versteuern. Die zahlenmäßige Darstellung der Berechnung ist der Beilage zu entnehmen.
Rabatte sind Preisnachlässe, die der Unternehmer dem Abnehmer auf den allgemeinen Preis gewährt. Nach dem Motiv der Rabattgewährung sind Mengenrabatte, Einführungsrabatte, Treuerabatte, Barzahlungsrabatte etc. zu unterscheiden. Unter dem Aspekt des
§ 16 UStG 1994 sind nur jene Rabatte von Bedeutung, die nachträglich gewährt oder in Anspruch genommen werden. Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage. Wurde der Rabatt von vornherein zugesagt, so ist die Entgeltsminderung doch erst eingetreten, wenn der Rabatt in Anspruch genommen wird ( 96/15/0229, ÖStZB 1999, 96). Gleiches gilt, wenn der Rabatt auf einem gesonderten Konto gutgeschrieben wird; in diesem Fall ist die Minderung der Bemessungsgrundlage nicht im Zeitpunkt der Gutschrift, sondern erst dann zu berücksichtigen, wenn sich der Kunde den Rabatt auszahlen lässt oder in anderer Weise darüber verfügt ( 086/99 "Freemans", Slg 1-4167; ebenso UStR Rz 2386 idF AÖF 56/2009).
Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so hat gemäß
§ 16 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgelts eingetreten ist. Diese Vorschrift soll sicherstellen, dass letztlich nur die tatsächlich erhaltene Gegenleistung der Umsatzsteuer unterliegt. Der Tatbestand des § 16 Abs. 1 leg.cit. ist daher erfüllt, wenn sich die Gegenleistung, die der Abnehmer (oder ein Dritter für die Leistung an den Abnehmer) aufzuwenden hat, nachträglich verändert ( 98/15/0127).
Die Bemessungsgrundlage bestimmt sich nach
§ 4 UStG 1994 und ist bei Lieferungen und sonstigen Leistungen im Entgelt zu sehen (Abs. 1). Entgelt ist alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Maßgebend für die Höhe des Entgelts ist, was der Leistungsempfänger vereinbarungsgemäß für die Leistung aufwendet. Dem entspricht, dass die zunächst maßgebende vereinbarte Bemessungsgrundlage durch eine nachträgliche Vereinbarung mit umsatzsteuerrechtlicher Wirkung verändert (erhöht oder ermäßigt) werden kann, und dass die Leistung des Unternehmers letzten Endes nur mit der Bemessungsgrundlage besteuert wird, die sich auf Grund der von ihm wirklich vereinnahmten Gegenleistung ergibt (BFH , V R 72/01; , V R 37/98).
Gewährte Rabatte führen zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage im Sinne des
§ 16 Abs. 1 UStG 1994 und lösen eine Verpflichtung des Leistungsempfängers zur Vorsteuerkorrektur aus (vgl. 2009/13/0254). Grundlage für die Berichtigung des Entgelts ist jeweils der Minderungs-(Erhöhungs-)Betrag und der Steuersatz, dem der betreffende Umsatz unterzogen wurde. Die Berichtigung hat jeweils für den Veranlagungszeitraum (Voranmeldungszeitraum) zu erfolgen, in dem die Änderung der Bemessungsgrundlage eingetreten ist; d.h. nachträgliche Rabattierungen/ "rückwirkende Mengenrabatte"/"Discounts" stellen eine Änderung der Bemessungsgrundlage iSd § 16 UStG 1994 dar und sind (immer) in UVAs ex nunc (Kz 067) zu erfassen/ entrichten (Fälligkeit).
§ 11 UStG 1994 findet hier keine Anwendung -dh eine ordnungsgemäße Rechnung ist hier nicht erforderlich.
Die Nichtabgabe von Steuererklärungen trotz einer gewerblichen Tätigkeit kann von der Abgabenbehörde in eigenständiger Beurteilung der Umstände des Falles als Abgabenhinterziehung, der sich gemäß
§ 33 Abs. 1 FinStrG schuldig macht, wer vorsätzlich unter Verletzung einer Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt, gewertet werden.
…"

Die Bf. wandte sich in ihrer überreichten Beschwerde gegen die Jahresbescheide gegen die oa. abgabenrechtlichen Feststellungen und führte Folgendes aus:

"Die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 2014 bis 2016 erweisen sich jedoch aus den nachstehenden Gründen als rechtswidrig:

1. Steuerpflicht der Ausgangsumsätze in Österreich
In der gegenständlichen Bescheidbegründung geht das Finanzamt davon aus, dass das Vorsteuer-Erstattungsverfahren für die Eingangsrechnungen nicht anwendbar ist, weil die Weiterverrechnung von in Österreich bezogenen Telekommunikationsdienstleistungen (Roamingleistungen) durch unseren Mandanten aufgrund der VO BGBl II 2003/383 idgF als in Österreich ausgeführt gelte und die Bf. daher in Österreich steuerbare und steuerpflichtige Ausgangsumsätze ausführe. Diese Rechtsansicht ist seit dem Urteil des EuGH in der Rs SK Telecom (
C-593/19) unstrittig.
Aufgrund der früheren österreichischen Judikatur (
2003/15/0059 sowie RV/2101653/2014) war die Rechtsansicht unseres Klienten, dass die Weiterverrechnung von in Österreich bezogenen Telekommunikationsdienstleistungen (Roamingleistungen) in Österreich nicht zu steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsumsätzen führt, in der Vergangenheit aber jedenfalls vertretbar. Die angeführte VwGH-Rsp ist zwar noch zur Vorgänger-Verordnung BGBl II 102/1997 ergangen, hat jedoch auch für die nunmehr geltende Verordnung Gültigkeit (Ruppe/Achatz, UStG5, § 3a Tz 183).
Aufgrund dieser (durch die frühere Judikatur gestützte) Rechtsansicht kann unserem Klienten auch nicht zu Lasten gelegt werden, dass die Ausgangsumsätze in der Vergangenheit nicht durch die Abgabe von Umsatzsteuererklärungen (U1) erklärt wurden.

2. Vorliegen einer Schätzungsbefugnis
Das Finanzamt hat die (unstrittiger Weise steuerpflichtigen) Ausgangsumsätze unseres Klienten mit den gegenständlichen Umsatzsteuerbescheiden mittels Schätzung nach
§ 184 BAO auf Basis der Eingangsumsätze zuzüglich eines Gewinnaufschlags von 30% festgesetzt.
Die Steuerpflicht der gegenständlichen Ausgangsumsätze ist aufgrund des zwischenzeitlich ergangenen EuGH Urteils in der Rs SK Telecom (
C-593/19) mittlerweile unstrittig (vgl. Punkt 1). Die Besteuerung hat dabei auf Basis der in Österreich steuerbaren und steuerpflichtigen Ausgangsumsätze zu erfolgen. Eine Schätzung der Ausgangsumsätze als Grundlage für die Besteuerung darf nur erfolgen, wenn die Ermittlung der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage unmöglich ist (Ritz, BAO6, § 184 Rz 6 sowie Stoll, BAO, 1912; 94/14/0157; , 2002/16/0255 ; , 2001/13/0)22; , 2002/15/0174; , 2008/15/0027). Die Schätzung stellt daher eine ultima ratio dar (vgl. 2003/16/0148). Schätzungen ohne vorhergehende Versuche, die tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, sind unzulässig (Ritz, BAO6, § 184 Rz 6).
Bloße Schwierigkeiten sachlicher oder rechtlicher Natur, deren Überwindung Mühe kosten mag, berechtigen ebenfalls nicht zur Durchführung einer Schätzung (Ritz, BAO
6, § 184 Rz 6; 2002/13/0105). Eine Schätzungsberechtigung liegt erst dann vor, wenn die Abgabenbehörde alle ihr zugänglichen und zumutbaren Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat (vgl. Ritz, SWI Nr 4/1997, 151). Die Schätzungsberechtigung ist außerdem zu begründen (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 184, Anm E397).
Bei der Vornahme von Schätzungen der Bemessungsgrundlage ist weiters das Parteiengehör zu wahren. Der Partei sind daher vor Bescheiderlassung die Ausgangspunkte, Überlegungen, Schlussfolgerungen, die angewandte Schätzmethode und das Schätzergebnis zur Kenntnis zu bringen (Ritz, BAO
6, § 184 Rz 20).
Im gegenständlichen Fall wird die Zulässigkeit der Schätzung vom Finanzamt mit der Nichtabgabe von USt-Jahreserklärungen begründet. Diese ist darauf zurückzuführen, dass die Steuerpflicht der gegenständlichen Ausgangsumsätze erst seit dem Jahr 2021 durch EuGH- Rechtsprechung feststeht und es unserem Klienten daher nicht vorwerfbar ist, für die hier gegenständlichen Veranlagungszeiträume keine Umsatzsteuerjahreserklärungen abgegeben zu haben.
Aufgrund der fehlenden Versuche zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage und der Missachtung des Parteiengehörs erweist sich die Schätzung der Ausgangsumsätze uE entsprechend den vorstehenden Ausführungen als rechtswidrig.

3. Ermittlung der korrekten Besteuerungsgrundlage
Selbst wenn man entgegen den obigen Ausführungen von einer Schätzungsberechtigung der Ausgangsumsätze ausgehen würde, ist die vom Finanzamt für die Umsatzschätzung gemäß
§ 184 BAO herangezogene Methode als grob unsachlich und damit rechtswidrig anzusehen. Das Finanzamt legt seiner Schätzung nämlich die nicht um Entgeltsminderungen gekürzten Eingangsleistungen an die Bf. zugrunde, wendet einen Gewinnzuschlag von 30% an und ermittelt solcherart die Bemessungsgrundlage für die Ausgangsumsätze. Gleichzeitig hat das Finanzamt jedoch im Verhältnis zu den Eingangsleistungen hohe Entgeltsminderungen ermittelt und daher den Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen entsprechend gekürzt.
Die vom Finanzamt vorgenommene Schätzung führt daher im Ergebnis dazu, dass die abzugsfähigen Vorsteuern für alle hier betrachteten Zeiträume (2014-2016) nach Abzug der Entgeltsminderungen mit EUR 21.279,08 festgesetzt werden, während die für Ausgangsumsätze geschuldete USt mit EUR 74.699,92 festgesetzt wird. Es wird somit nicht ein Gewinnaufschlag von 30%, sondern ein Gewinnaufschlag von ca. 250% unterstellt, was unverhältnismäßig ist und auch im Widerspruch zu den vom Finanzamt unterstellten 30% Gewinnaufschlag steht. Wenn überhaupt müsste eine Schätzung daher basierend auf den um Entgeltsminderungen gekürzten Eingangsleistungen an die Bf. erfolgen (zur zutreffenden Höhe dieser vgl. nachstehend).
Im Rahmen einer sachgerechten Schätzung wären die tatsächlichen Eingangsleistungen - abgeleitet aus den oa Vorsteuerbeträgen und vermindert um erhaltene Rabatte - als Ausgangsbasis heranzuziehen. Weiters ist zu berücksichtigen, dass es im Fall unternehmerischer Leistungsempfänger gem. § 19 Abs. 1 zweiter Satz UStG zum Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger (Reverse Charge) kommt, sodass die Bf. für die Weiterverrechnung von Roamingleistungen an unternehmerische Kunden keine österreichische Umsatzsteuer schuldet.
Gerade kostenintensive Roamingleistungen werden erfahrungsgemäß primär von Geschäftsreisenden und nur in geringerem Umfang von nichtunternehmerischen Leistungsempfängern in Anspruch genommen, was im Rahmen einer sachgerechten Schätzung ebenfalls vom Finanzamt zu berücksichtigen wäre. Im Rahmen einer sachgerechten Schätzung sind nämlich auch Umstände zugunsten des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen und zu schätzen (vgl. z.B. zur Schätzung von Vorsteuern Ritz, BAO
6, § 184 Rz 2).
Ziel der Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. z.B.
2002/14/0003; , 2009/17/0119 bis 0122; , 2007/15/0265; , 2008/15/0122), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (Ritz, BAO6, § 184 Rz 3). Die Schätzung darf nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO3, § 184 Anm 8).
Da die gegenständlichen Rabatte unstrittiger Weise gewährt wurden (und die darauf entfallene Minderung des Vorsteuerabzugs seitens des Finanzamtes entsprechend festgesetzt wurde), müssen sie, um den tatsächlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, jedenfalls in die Berechnung der Ausgangsumsätze miteinbezogen werden. Auch die Annahme des Finanzamtes, dass sämtliche Ausgangsumsätze an Nichtunternehmer erbracht werden, scheint in dieser Hinsicht nicht realitätsgetreu. Gerade Roamingdienstleistungen werden aufgrund oft hoher Kosten im Ausland primär von Geschäftsreisenden in Anspruch genommen, sodass eine Schätzung von deren Anteil am Ausgangsumsatz mit 50% u.E. sachgerecht erscheint. Da für die gegenständlichen Dienstleistungen an Unternehmer das Reverse Charge Verfahren zur Anwendung kommt, sind diese Erlöse von der Bemessungsgrundlage der steuerpflichtigen Ausgangsumsätze auszuscheiden.
Entsprechend den vorstehenden Ausführungen würde eine sachgerechte Schätzung u.E. am Beispiel des Jahres 2015 wie folgt aussehen:

Hinsichtlich des im Jahr 2014 erhaltenen Rabatts (USt-Betrag EUR 534,08) ist zudem zu berücksichtigen, dass sich dieser auf Vorleistungen aus dem Jahr 2013 bezieht, die Bf. im Jahr 2013 aber weder im Erstattungs- noch im Veranlagungsverfahren einen Vorsteuerabzug geltend gemacht oder erhalten hat. Da nur ein "in Anspruch genommener" Vorsteuerabzug gemäß § 16 Abs. 1 Z 2 UStG zu korrigieren ist, hat die Bf. im Jahr 2013 keine Vorsteuern zu berichtigen. Der gegenteiligen Ansicht des BFG (u.a. RV/2100410/2019) treten wir aus nachstehenden Gründen ausdrücklich entgegen:
Die vom BFG vertretene Ansicht, wonach die theoretische Möglichkeit zur Geltendmachung eines Vorsteuerabzugs (hier bezogen auf das Jahr 2013) für das nachgelagerte Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung bereits ausreichend und Letztere somit auch bei fehlendem ursprünglichen Vorsteuerabzug vorzunehmen sei, steht im Widerspruch zum Gesetzeswortlaut.
Hätte der österreichische Gesetzgeber ein derart weitreichendes Berichtigungserfordernis normieren wollen, so hätte es der Wortfolge "in Anspruch genommenen" in § 16 Abs. 1 Z 2 UStG nicht bedurft. Nachdem sich diese Formulierung jedoch im Gesetzestext findet, muss ihr der Gesetzgeber substanzielle Bedeutung zumessen. Diese kann unseres Erachtens nur darin erblickt werden, dass der Gesetzgeber eine Akzessorietät zwischen einem geltend gemachten
FN 1). Die in 2016 gewährten Rabatte (USt-Betrag iHv EUR 33.348,12) beziehen sich auf das Jahr 2015 und sind mangels der Festsetzung von Umsatzsteuer in 2016 sachgerechter Weise im Jahr 2015 zu berücksichtigen.
Vorsteuerabzug und dem Erfordernis einer Vorsteuerberichtigung herstellen
2 und Letztere somit nur für den Fall, dass der ursprüngliche Vorsteuerabzug durch den Leistungsempfänger (zumindest partiell) erfolgreich geltend gemacht wurde, anordnen wollte.
Dieses Ergebnis einer Wortinterpretation wird auch durch eine systematische und teleologische Interpretation des § 16 Abs 1 Z 2 UStG gestützt: S 16 UStG stellt sicher, dass entsprechend dem Charakter der Umsatzsteuer als Einkommens- bzw Vermögensverwendungssteuer
3 (nur) jener Betrag der Umsatzsteuer unterworfen wird, den der Abnehmer tatsächlich aufwenden muss4, der also den tatsächlichen Kosten der Erstellung seiner Ausgangsleistungen entspricht.5 6 7
Spiegelbildlich zwingt § 16 UStG den Leistungsempfänger zur Anpassung seines Vorsteuerabzugs auf die Höhe des vom leistenden Unternehmer letztlich (nach erfolgter Entgeltsänderung) geschuldeten Umsatzsteuerbetrags, nachdem er einen Vorsteuerabzug vor dem Hintergrund der steuerlichen Neutralität der Mehrwertsteuer (maximal) in jener Höhe geltend machen kann, der seine effektive Umsatzsteuerbelastung widerspiegelt.
5 Hat der Leistungsempfänger demgegenüber keinen (oder einen unter dem vom Leistenden nach erfolgter Entgeltsänderung geschuldeten Umsatzsteuerbetrag liegenden7) Vorsteuerabzug geltend gemacht, so bedarf es auch keiner Berichtigung des Vorsteuerabzugs, um das vom Gesetzgeber intendierte und systematisch gebotene Ergebnis herbeizuführen. § 16 Abs. 1 Z 2 UStG ist daher aus systematischer und teleologischer Perspektive die Bedeutung beizumessen, dass er eine Deckelung des Vorsteuerabzugs mit dem vom leistenden Unternehmer letztlich geschuldeten Umsatzsteuerbetrag vorsieht. Demgegenüber kann aus § 16 Abs. 1 Z 2 UStG kein von einem etwaigen vorgelagerten Vorsteuerabzug entkoppeltes originäres Besteuerungsrecht gegenüber dem Leistungsempfänger abgeleitet werden. Ein solches Verständnis des § 16 Abs. 1 Z 2 UStG
______________
FN 2) vgl. zum systematischen Gleichlauf zwischen Berichtigung der Umsatzsteuerschuld und Berichtigung des Vorsteuerabzugs
83/15/0177; , 86/15/0012; Ruppe/Achatz, Umsatzsteuergesetz: Kommentar (5. Auflage 2017) § 16 Tz 64; Kokott, Das Steuerrecht der Europäischen Union (2018) § 8 Rn 563; Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON301 § 16 Tz 3; UStR 2000 Rz 2381.
Vgl. zum Erfordernis einer kohärenten Ausdeutung der korrespondierenden Bestimmungen der MwStSystRL
C-396/16, T-2, Rn 35.
FN 3) Vgl. z.B. Tipke, Die Steuerrechtsordnung II (2. Auflage 2003) 976; Ruppe/Achatz, UStG5 Einführung Tz 36; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht II (8. Auflage 2019) Tz 200; Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EU VAT Law (2. Auflage 2020) 7; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht (24. Auflage 2021) Rz 17.11.
FN 4) Vgl. z.B.
C-230/87, Naturally Yours Cosmetics, Rn 16; , C-317/94, Elida Gibbs, Rn 28; , C-330/95, Goldsmiths, Rn 15; , C-427/98, Kommission/Deutschland, Rn 30. Siehe auch Scheiner/Kolacny/Caganek in Ecker/Epply/Rößler/Schwab (Hrsg), Mehrwertsteuer: Kommentar (34. Lfg, Juli 2012) § 16 Anm 12; Ruppe/Achatz, UStG5 § 16 Tz 4; Gaedke in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 16 Rz 5.
FN 5) Vgl. in diesem Sinne Kokott, Steuerrecht der EU, § 8 Rn 561; Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht
24, Rz 17.286.
FN 6) Vgl. auch
C-186/15, Kreissparkasse Wiedenbrück, Rn 47; , C-532/16, SEB bankas, Rn 37 f; , C-684/18, World Comm Trading Gfz, Rn 34. In diese Richtung auch UStR 2000 Rz 2381, gemäß derer nur "den Leistungsempfänger, der ganz oder teilweise zum Vorsteuerabzug berechtigt ist", die Verpflichtung zur Vorsteuerberichtigung trifft. Die Vorsteuerberichtigung hat bei Vorliegen der Voraussetzungen unabhängig von einer etwaigen Umsatzsteuerkorrektur beim Leistungsempfänger zu erfolgen; vgl C-107/13, FIRIN, Rn 57; , C-684/18, World Comm Trading Gfz, Rn 41.
FN 7) Letztlich handelt es sich beim Vorsteuerabzug um ein Recht des unternehmerischen Leistungsempfängers; somit kann er, muss aber nicht die auf Vorleistungen entfallende Umsatzsteuer (vollumfänglich) abziehen; in diesem Sinne auch Ruppe/Achatz, UStG
5 § 16 Tz 63. Vgl. auch den diesbezüglich präziseren Wortlaut des § 17 Abs. 1 dUStG, dem gemäß ein Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nicht zu berichtigen hat, "soweit er durch die Änderung der Bemessungsgrundlage wirtschaftlich nicht begünstigt wird".
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würde außerdem den Feststellungen des EuGH in der Rs Lennartz
8 zur systematisch ähnlichen Vorsteuerberichtigung bei Investitionsgütern (§ 12 Abs. 10 UStG) zuwiderlaufen9 und somit in Konflikt mit den unionsrechtlichen Vorgaben stehen.10
Die Rechtsprechung des BFG steht zudem im Widerspruch zu jener bei Vorsteuerberichtigungen gemäß § 12 Abs. 10 ff UStG: Bei diesen stellen sich aus systematischer Sicht ähnliche Fragen wie im Kontext des § 16 Abs 1 Z 2 UStG.11 Nach § 12 Abs. 10 ff UStG ist ein in Vorjahren geltend gemachter Vorsteuerabzug zu korrigieren, wenn sich die für den Vorsteuerabzug maßgeblichen Verhältnisse ändern. Typischer Anwendungsfall ist die spätere (ggf. partielle) Nutzung eines Gegenstandes, für den ursprünglich ein voller Vorsteuerabzug geltend gemacht wurde, für unecht steuerbefreite Umsätze (negative Vorsteuerberichtigung) und vice versa (positive Vorsteuerberichtigung).12
Ein Vergleich der Wortlaute des § 12 Abs. 10 UStG
13 und § 16 Abs. 1 Z 2 UStG zeigt, dass der Gesetzgeber für Zwecke des § 12 Abs. 10 UStG in allgemeingültiger Weise eine "Berichtigung des Vorsteuerabzugs" vorschreibt. Anders als im Kontext des § 16 Abs. 1 Z 2 UStG wird daher expresses verbis nicht verlangt, dass der Vorsteuerabzug ursprünglich "in Anspruch genommen" wurde. Trotz dieses vermeintlich weitergehenden Berichtigungserfordernisses haben sich Literatur, Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu § 12 Abs 10 UStG eindeutig positioniert: Ist ein an sich möglicher Vorsteuerabzug (aus welchen Gründen auch immer) unterblieben und ändern sich nachträglich die Verhältnisse, so hat eine (negative) Versteuerberichtigung zu unterbleiben. Es widerspräche nämlich sowohl dem Gesetzeswortlaut - der vom "Ausgleich
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FN 8)
C-97/90, Lennartz.
FN 9) Vgl.
C-97/90, Lennartz, Rn 12, wo der EuGH dezidiert festgehalten hat, dass Art 20 Abs. 2 der Sechsten Richtlinie (entspricht Art 187 MwStSystRL) kein Recht auf Vorsteuerabzug entstehen lassen kann; in diesem Sinne auch C-378/02, Waterschap Zeeuws Viaanderen, Rn 38.
FN 10) So wie hier (zur einschlägigen unionsrechtlichen Bestimmung des Art 184 MwStSystRL) Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EU VAT Law2 450; "Neither does Article 184 VAT Directive cover situations in which the taxable person did not reclaim any input VAT; even though he has a right to do so".
FN 11) Dies zeigt sich bereits anhand der Notwendigkeit einer Definition des Verhältnisses zwischen § 12 Abs. 10 ff und § 16 Abs. 1 UStG. Sollten die Voraussetzungen beider Berichtigungsvorschriften erfüllt sein, so geht § 16 Abs. 1 UStG dem § 12 Abs. 10 ff UStG vor (dh Berechnung der ggf. aliquoten Vorsteuerberichtigung gemäß § 12 Abs. 10 ff UStG auf Grundlage der adaptierten Bemessungsgrundlage); vgl. hierzu Ruppe/Achatz, UStG
5 § 16 Tz 5; Kanduth-Kristen in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON3DI § 16 Tz 8. So wie hier Kokott, Steuerrecht der EU, § 8 Rn 564, und wohl auch Van Doesum/Van Kesteren/Cornielje/Nellen, Fundamentals of EU VAT Law2 449.
FN 12) Für Gegenstände, die als Anlagevermögen verwendet oder genutzt werden, erfolgt die Berichtigung zeitanteilig über den jeweils maßgeblichen Berichtigungszeitraum (5,
10 oder 20 Jahre; vgl. § 12 Abs. 10 UStG). Bei Gegenständen des Umlaufvermögens, noch nicht in Gebrauch stehenden Anlagegegenständen und sonstigen Leistungen ist die Vorsteuer zeitlich unbeschränkt und zur Gänze im Veranlagungszeitraum, in dem die Änderung eintritt, zu berichtigen (vgl § 12 Abs 11 UStG). Bei sonstigen Leistungen unterbleibt eine Berichtigung aber, wenn deren Wert bereits vollständig verbraucht wurde; vgl verb Rs C-322/99 und C-232/99, Fischer, Rn 91 f; vgl auch Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 326; Ehrke-Rabel in Doralt/Ruppe, Steuerrecht IIs Tz 2481; Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig (Hrsg), UStG-ON3 02 (Stand , rdb.at) § 12 Rz 446.
FN 13) Die Wortlaute des § 12 Abs. 10 und 11 UStG sind insoweit vergleichbar formuliert (jeweils Rekurrierung auf eine "Berichtigung des Vorsteuerabzugs"). Vor dem Hintergrund, dass die im Folgenden zitierte Literatur, Verwaltungspraxis und Rechtsprechung zu § 12 Abs 10 UStG ergangen ist, wird in der weiteren Argumentation speziell auf diesen Tatbestand Bezug genommen. Den zu § 12 Abs. 10 UStG getroffenen Feststellungen wird indes auch sinngemäße Relevanz für Zwecke des § 12 Abs. 11 UStG beizumessen sein; in diesem Sinne auch Ecker/Epply/Rößler/Schwab, Mehrwertsteuer: Kommentar (62. Lfg, Jänner 2020) § 12 Rz 577.
__________________
durch eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs" spricht
14 - als auch dem Zweck der Vorschrift - Anpassung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs für den Leistungsbezug entsprechend den Verwendungsverhältnissen im gesamten Berichtigungszeitraum zurückzufordern, die zuvor nicht abgezogen wurde.14 15
Angesichts der vergleichbar gelagerten Normzwecke (der Herstellung eines Vorsteuerabzugs in richtiger - keinesfalls jedoch in überschießender - Höhe) wäre es nicht nachvollziehbar, warum für § 12 Abs. 10 UStG diesbezüglich andere Grundsätze als für § 16 Abs. 1 Z 2 UStG zur Anwendung gelangen sollten. Nachdem § 16 Abs. 1 Z 2 UStG - anders als § 12 Abs. 10 UStG - ausdrücklich auf die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs Bezug nimmt, muss für dessen Zwecke vielmehr erst recht Voraussetzung für eine Vorsteuerberichtigung sein, dass ursprünglich ein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde.
Die Festsetzung einer Vorsteuerberichtigung iHv EUR 534,08 im Jahr 2014 erweist sich daher als rechtswidrig.

4. Verfahrensrechtliche Aspekte
Die Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2014 und 2015 sind bereits deshalb verfahrensrechtlich rechtswidrig, weil hinsichtlich dieser Veranlagungszeiträume bereits am Festsetzungsbescheide ergangen sind. Es wurde jedoch nunmehr weder eine Wiederaufnahme des Verfahrens verfügt noch die Rechtskraft dieser Bescheide aus anderen Gründen durchbrochen.
Abgesehen davon, dass ohnedies keine Wiederaufnahme des Verfahrens erfolgt ist, würde es sich bei der nunmehr erstmaligen Festsetzung von Umsatzsteuer für die Ausgangsumsätze von der Bf. zudem einzig um eine geänderte rechtliche Beurteilung eines dem Finanzamt von Anfang an bekannten Sachverhalts handeln, da dem Finanzamt von Anfang an bekannt war, dass es sich bei der Bf. um einen ausländischen Unternehmer handelt, welcher in Österreich Telekommunikationsdienstleistungen für Roamingzwecke bezieht und diese an seine Kunden weiterverrechnet. Eine derartige geänderte rechtliche Beurteilung eines bereits bekannten Sachverhaltes würde auch dem Grunde nach keinen Wiederaufnahmegrund darstellen. Dass das Finanzamt von vornherein Kenntnis von der Weiterverrechnung hatte und insoweit keine neue Tatsache vorliegt, wurde in Bezug auf unseren Klienten auch vom BFG mit Erkenntnis vom (RV/2100410/2019) bereits bestätigt. Auch die nachträgliche Kenntnis von erhaltenen Rabatten könnte bei den hier gegenständlichen Bescheiden keinen Wiederaufnahmegrund bilden, weil diese Rabatte bereits mit den Bescheiden vom festgesetzt wurden und deren Existenz im Februar 2022 somit - insbesondere auch aufgrund der unveränderten Höhe - keine neue Tatsache darstellt.
Der Umsatzsteuerbescheid 2016 erweist sich bereits deshalb verfahrensrechtlich als rechtswidrig, weil darin ausschließlich über Vorsteuerberichtigungen aufgrund von Entgeltsminderungen abgesprochen wird. Soweit das Finanzamt die Ansicht vertritt, dass im Jahr 2016 keine Ausgangsumsätze vorliegen, wäre über derartige Entgeltsminderungen eines ausländischen Unternehmers ausschließlich im Vorsteuererstattungsverfahren abzusprechen (
RV/2100143/2020; Haller, SWK 2020, 743).
_____________
FN 14) Sofern ursprünglich kein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde, bedarf es keines "Ausgleiches".
FN 15) Vgl. Ruppe/Achatz, UStG5 § 12 Tz 304; Kanduth-Kristen/Payerer in Berger/Bürgler/Kanduth-Kristen/Wakounig, UStG-ON302 § 12 Rz 390 f und 431; Ecker/Epply/Rößler/Schwab, Mehrwertsteuer Kommentar62 § 12 Rz 577; Kolimann in Melhardt/Tumpel, UStG3 § 12 Tz 492;
RV/0634-G/06 (hierzu Fink, Unterlassung der Geltendmachung des Vorsteuerabzugs - kein Anwendungsfall der Berichtigung, UFSjournal 2009,139 [139 ff]); UStR 2000 Rz 2078.

5. Antrag hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2014-2016
Entsprechend der vorstehenden Ausführungen beantragen wir eine ersatzlose Aufhebung der Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2014 bis 2016, da
• eine Abänderung der Festsetzungsbescheide von ohne Wiederaufnahme des Verfahrens unzulässig war bzw. das Veranlagungsverfahren nicht anwendbar ist (vgl. Punkt 4.) und zudem
• eine Schätzung der Ausgangsumsätze bereits dem Grunde nach unzulässig war (vgl. Punkt 2.)
In eventu beantragen wir die Abänderung der Bescheide unter Heranziehung einer sachgerechten Bemessungsgrundlage (vgl Punkt 3.).

6. Bescheid über die Festsetzung von ersten Säumniszuschlägen bezüglich der Umsatzsteuer 2014-2016

7. Antrag auf Aussetzung der Einhebung

8. Weitere Anträge
Wir beantragen gemäß
§ 262 Abs. 2 BAO von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abzusehen und die Beschwerde dem Verwaltungsgericht vorzulegen, da im verwaltungsgerichtlichen Verfahren einzig Rechtsfragen zu klären (sind).
Wir beantragen die Entscheidung durch den gesamten Senat gemäß
§ 272 Abs. 2 Z 1 BAO.
Wir beantragen eine mündliche Verhandlung gemäß
§ 274 Abs. 1 Z 1 BAO.
Für den Fall einer abweisenden Entscheidung durch das BFG beantragen wir, die ordentliche Revision zuzulassen. U.a. die Frage, ob trotz Unterlassen des Vorsteuerabzugs in späteren Veranlagungszeiträumen eine Berichtigungspflicht gemäß § 16 UStG besteht, stellt eine Rechtsfrage von grundlegender Bedeutung dar, zu der höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Auch das BFG hat vor diesem Hintergrund zur gleichen Rechtsfrage die ordentliche Revision in einem anderen Verfahren bereits zugelassen (
RV/2100410/2019).
…"

In der erlassenen Beschwerdevorentscheidung wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Diese führte u.a. Folgendes aus:
"…
Hinsichtlich des äußerst geringen ho. angewandten 30%igen Gewinnaufschlags wird auf eine Gebühreninfo, z.B. als Drittlandsvergleich im Magenta-Netz verwiesen, wonach in der EU nach Fair Use bzw. im Drittland im Land und nach Österreich folgende Preise gelten:

Für die Preisgestaltung und die Schätzung des Gewinnaufschlags hinsichtlich der Auslandstarife sind die (ungekürzten) Eingangsrechnungen die der Realität entsprechende, richtige Basis und war in eventu sogar diese missbräuchliche Preisgestaltung der Anlass für die EU, die Preise im EU-Binnenmarktgebiet (Fair Use, danach oa. Gebühren) zu regulieren.
Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens waren Roaminggebühren wiederholt als zu hoch kritisiert worden, bis schließlich ab Netzanbieter aus der EU bzw. dem EWR ihren Kunden für die Mobilfunknutzung im EU/EWR-Raum keine Roamingzuschläge mehr in Rechnung stellen durften.
Zur ho. Schätzungsbefugnis bzw. ermittelter Bemessungsgrundlagen mangels Mitwirkung (vgl. dazu auch abweisl. U5-Begründungen mit jew. Hinweis auf die U-Veranlagungspflicht) bzw. betreffend nunmehr zum ersten Mal erwähnter ausgangsseitiger § 19 UStG/Reverse-Charge-Umsätze an unternehmerische Leistungsempfänger/"Geschäftsreisende" wird ho. vorgebracht, dass die/der jew. Leistungsempfänger weder namentlich genannt, noch nachgewiesen wurde(n) und sohin eine ho. Überprüfung der USt-Abfuhr, insbesondere und möglicherweise im Falle nicht vorsteuerabzugsberechtigter Unternehmer, nicht möglich ist.
Mangels Nachweises konkreter Gewinnaufschläge/ Vorlage der strittigen Ausgangsrechnungen/ namentlicher Nennung und Bekanntgabe der ho. STRNR oa. Geschäftskunden/Unternehmer in Listenform ist das Vorbringen der Bf. nach Ansicht der ho. Finanzverwaltung als wenig/nicht glaubwürdige unbewiesene bloße/ nachträgliche Schutzbehauptung zwecks Steuervermeidung bzw. dem Ziel einer weiteren Verfahrensverzögerung, ggfs, in Anbetracht eines zukünftig erwartbaren Finanzstrafverfahrens bzw. bis zur Uneinbringlichkeit der Abgaben, zu werten.

Es gab bisher keine Hinweise, dass die zuvor vertraglich vereinbarten/ nachträglichen Roaming-Rabatte an Kunden weitergegeben worden wären und wurde dies auch bisher in keinem Fall vorgebracht oder nachgewiesen. Die bei der Verrechnung der "Roaminggebühren" gewählte Vorgangsweise lässt vielmehr den Schluss zu, dass die Ausgangsrechnungen bewusst überhöht vereinbart/ausgestellt wurden, um die den Kunden in den verschiedenen Auslandszonen verrechneten Tarife, die die Inlandstarife dramatisch übersteigen, zu argumentieren.

Da die in Österreich erbrachten Leistungen vom geprüften Unternehmen nicht offengelegt wurden, waren diese zu schätzen.
Als Grundlage für die Schätzung der in Österreich ausgeführten Umsätze werden die Eingangsrechnungen von den österreichischen Telekomanbietern ohne Berücksichtigung nachträglich gewährter Gutschriften bzw. Rabatte herangezogen. Dadurch erhält man die Umsätze auf der "Vorleistungsebene", also die Preise, die sich die Netzbetreiber untereinander in Rechnung stellen. Den Grundsätzen eines ökonomisch denkenden Kaufmanns folgend, ist darüber hinaus noch ein Gewinnaufschlag zu berücksichtigen, der den Mobilfunknetz-Teilnehmern (weiter)verrechnet wird. Dies auch deswegen, da jeder Unternehmer bzw. jeder gesellschaftsrechtliche Vertreter einer Kapitalgesellschaft nach Gewinnen streben muss, um das "Überleben" des Betriebes zu gewährleisten. Nach den Erfahrungen des täglichen Lebens wurden Roaminggebühren wiederholt als weitaus überhöht kritisiert (Konsumentenschutzorganisationen). Ab dürfen Netzanbieter aus der EU bzw. dem EWR ihren Kunden für die Mobilfunknutzung im EU/EWR-Raum keine Roamingzuschläge mehr in Rechnung stellen. Dies betrifft jedoch nicht die Telekommunikationsfirmen in den Drittstaaten und werden dort die hohen Telefongebühren/ Roamingaufschläge weiterhin an (deren) Kunden verrechnet.
Nach Ansicht des ho. Finanzamtes erscheint daher unter Berücksichtigung aller Umstände ein Gewinnzuschlag von 30% - im unteren Bereich - als angemessen. Der auf diese Art ermittelte Inlandsumsatz ist mit 20 % zu versteuern. Die zahlenmäßige Darstellung der Berechnung ist der Beilage zu entnehmen.

Ob eine entsprechende Gewinnmarge aus den weiterverrechneten Roaminggebühren erzielt wurde, kann mangels entsprechender Offenlegung nicht festgestellt werden. Die Erzielung eines Rohverlustes aus der Verrechnung von Roaminggebühren ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen (vgl. BFG GZ. RV/2100410/2019 vom ).
…"

Gegen diese Entscheidung brachte die Bf. einen Vorlageantrag ein und beantragte die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung vor dem gesamten Senat.
In der Replik auf die vom Finanzamt erlassene Beschwerdevorentscheidung führte sie Folgendes aus:
"…
Hinsichtlich der u.E. sachgerechten Vorgehensweise bei Ermittlung der Bemessungsgrundlagen verweisen wir auf die Ausführungen in unserer Beschwerde. Der nunmehrigen Behauptung des Finanzamtes, es handle sich um ein "Geschäftsmodell", zunächst hohe Roaminggebühren zu verrechnen und im Nachhinein hohe Gutschriften auszustellen, wird entgegengetreten, zumal offenbleibt, worin dieses "Geschäftsmodell" bestehen soll. Abgesehen davon, dass derartige Verrechnungsmethoden in der gesamten Telekommunikationsbranche branchenüblich und nicht auf unseren Klienten beschränkt sind, bleibt das Finanzamt auch jeden Beweis für seine Behauptung schuldig. Ebenso ist unklar, inwiefern die Art der Verrechnung zwischen österreichischem Netzbetreiber und unserem Klienten Einfluss auf die Ausgangsumsätze von der Bf. haben soll. Es spielt betriebswirtschaftlich keine Rolle, ob zunächst eine Rechnung mit "hohen" Preisen ausgestellt und später ein verhältnismäßig "hoher" Rabatt gewährt wird, oder ob von vornherein der rabattierte Preis verrechnet wird. In beiden Fällen sind die Kosten für die Bf. dieselben. Es bleibt daher weiterhin unverständlich, warum die Vorleistungen ohne Abzug der Rabatte vom Finanzamt als Grundlage für die Schätzung herangezogen werden und somit eine völlig überhöhte, unsachliche Bemessungsgrundlage als Schätzungsbasis herangezogen wird. Wir verwiesen dazu weiterführend auf unsere Ausführungen in der Beschwerde.
Hinsichtlich der Existenz von "Geschäftskunden" wird vom Finanzamt ausgeführt, dass deren Existenz angeblich bloß behauptet wird, unternehmerische Leistungsempfänger aber weder nachgewiesen noch namentlich genannt werden und es sich um eine "Schutzbehauptung" handle. Dieser Vorwurf überrascht, weil das Finanzamt im gesamten bisherigen Ermittlungsverfahren weder Bestrebungen zur Ermittlung der Höhe der Ausgangsumsätze noch zur Feststellung der Unternehmereigenschaft der Kunden gesetzt hat. Dieses Versäumnis des Finanzamtes wird nunmehr unzulässiger Weise in ein Versäumnis unseres Mandanten umgedeutet.
Soweit das Finanzamt weiterhin auf einer Ermittlung der Ausgangsumsätze im Schätzungswege beharrt - und diese Zugangsweise liegt nach unserem Verständnis der Beschwerdevorentscheidung zu Grunde -, dann ist erneut darauf hinzuweisen, dass die Schätzung nicht den Charakter einer Strafbesteuerung haben darf (Ellinger/Sutter/Urtz, BAO
3, § 184 Anm 8). Ziel der Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen (den tatsächlichen Gegebenheiten) möglichst nahe zu kommen (vgl. z.B. 2002/14/0003; , 2009/17/0119 bis 0122; , 2007/15/0265; , 2008/15/0122), somit diejenigen Besteuerungsgrundlagen zu ermitteln, welche die größte Wahrscheinlichkeit der Richtigkeit für sich haben (Ritz, BAO6, § 184 Rz 3). Wenn das materielle Recht - hier § 19 Abs 1 zweiter Satz UStG - bei einem Teil der Leistungsempfänger, nämlich Nichtunternehmern, den leistenden Unternehmer als Steuerschuldner vorsieht (B2C) und beim anderen Teil der Leistungsempfänger, nämlich Unternehmern, einen Übergang der Steuerschuld auf den Leistungsempfänger vorsieht (B2B), dann ist bei einer Ermittlung der Ausgangsumsätze im Schätzungswege auch der Anteil der unternehmerischen bzw. der nichtunternehmerischen Leistungsempfänger zu schätzen, um den tatsächlichen Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Die nunmehrige Argumentation des Finanzamtes in der Beschwerdevorentscheidung soll offenbar das Vorliegen unternehmerischer Kunden zur Gänze in Abrede stellen. Eine derartige Annahme ist u.E. völlig wirklichkeitsfremd, da bereits im Inland eine Vielzahl von Unternehmern ihre Mitarbeiter mit Diensthandys ausstatten und Telekommunikationsdienstleistungen entsprechend von Unternehmern bezogen werden. Gerade im Ausland ist angesichts hoher Roamingpreise und beruflicher Notwendigkeiten davon auszugehen, dass der Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger deutlich höher liegt und diese Roaming zudem in höherem Ausmaß als Privatpersonen in Anspruch nehmen. Die vorsichtige Schätzung des Anteils unternehmerischer Leistungsempfänger am Umsatzvolumen mit 50% erscheint daher sachgerecht.
Zuletzt ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei den unternehmerischen Leistungsempfängern i.d.R. um ausländische, ebenfalls in Thailand ansässige Unternehmer handeln wird. Das UStG sieht in § 21 Abs. 4 Satz 4 vor, dass sich derartige ausländische Leistungsempfänger nicht in Österreich steuerlich erfassen müssen, wenn die Steuerschuld in Österreich auf sie als Leistungsempfänger übergeht, sie jedoch hinsichtlich der diesbezüglich geschuldeten USt zum Vorsteuerabzug berechtigt sind. Die fehlende steuerliche Erfassung der Leistungsempfänger in Österreich steht dem Übergang der Steuerschuld nicht entgegen und der Gesetzgeber verzichtet hinsichtlich dieser Leistungsempfänger auch ausdrücklich auf die Registrierung und damit auf ein allfälliges steuerliches Kontrollinstrumentarium. Da davon auszugehen ist, dass ein Großteil der unternehmerischen Leistungsempfänger aufgrund ihrer Vorsteuerabzugsberechtigung unter diese Regelung fällt, geht auch das vom Finanzamt vorgebrachte Argument der Prüfung der USt-Abfuhr auf Ebene der Leistungsempfänger überwiegend ins Leere (abgesehen davon, dass die Vorsteuerabzugsberechtigung des Leistungsempfängers ohnedies im Abgabenverfahren des Leistungsempfängers und nicht in jenem von der Bf. verfahrensgegenständlich ist.
…"

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom wurden der Bf. folgende Umstände zur Kenntnis gebracht:
" …
2.
In den Jahren 2014-2016 wurden hinsichtlich der Zeiträume 1-12/2014 bis 1-12/2016 Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide vom unter Hinweis auf erhaltene Entgeltsminderungen erlassen und eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges vorgenommen. In der weiteren Folge wurden die vorhin erwähnte Feststellungen zu den Minderung der Entgelte der Eingangsumsätze (Berichtigung der in Anspruch genommenen Vorsteuern) im Rahmen einer Umsatzsteuerjahresveranlagung unter schätzungsweise Feststellung von entsprechenden Umsätzen vorgenommen und in einem Berechnungsblatt dargestellt. Zu den Schätzungsgrundlagen darf vorerst festgestellt werden, dass der Umfang des Vorsteuervolumens, der die Ausgangsbasis der abgabenbehördlichen Schätzung der erzielten Umsätze bildet, nicht weiter bestritten wird. Ebenso kann der angenommene Aufschlag von 30% als unbestritten angenommen werden.

2.1. Was die Berücksichtigung der Entgeltsminderungen, die in einem späteren Veranlagungsjahr stattgefunden haben, anlangt, haben diese keinen Einfluss auf die erzielten Umsätze, sondern nur auf die insgesamt zu berücksichtigende Zahllast. Sollten die von den Telekommunikationsunternehmen auf die verrechneten Roaminggebühren gewährten Rabatte, Discounts, etc. Einfluss auf die von der Bf. ihren Kunden angebotenen Telekommunikationsleistungen gehabt haben, müsste dies von der Bf. schlüssig nachgewiesen werden, dass eine Weiterrechnung der geminderten "Einkaufspreise" in Form von Gutschriften und sonstigen Entgeltsminderungen auch tatsächlich stattgefunden haben, denn es ist im Geschäftsleben nicht üblich, dass der Unternehmer erstens seine Preisgestaltung einschließlich erhaltener Rabatte offenlegt. Im Übrigen müsste nachgewiesen werden, dass bei dieser Vorgangsweise die Bf. überhaupt eine ausreichende Gewinnspanne erzielt hat, um ihre Kosten zu decken und noch einen Gewinn aus dem Anbieten von ausländischen Kommunikationsdienstleistungen zu erzielen. Mit einer bloßen Prozessbehauptung ist es dabei nicht getan.
2.2. Zur aufgestellten Behauptung der Bf., es seien zu 50% der Leistungen an Unternehmer (
§ 19 UStG 1994) erbracht worden, wird festgehalten, dass diese in keiner Weise quantifiziert ist und die Bf. daher eingeladen wird, entsprechend schlüssige Nachweise aus den Unternehmensdaten vorzulegen. Abschließend wird darauf aufmerksam gemacht, dass die Möglichkeiten der Sachverhaltsermittlung der österreichischen Behörden bei ausländischen Unternehmen entsprechend sehr beschränkt ist und daher die Bf. zur erhöhten Mitwirkung verpflichtet ist. Abgesehen davon ist ihr größere Sachverhaltsnähe zuzurechnen."

In ihrer Vorhaltsbeanwortung vom führte die Bf. Folgendes aus:

"1. Verfahrensrechtliche Aspekte

1.1. Bestehen von Bescheiden über einen identen Abgabengegenstand
Am hat das Finanzamt Bescheide über die Festsetzung von Umsatzsteuer für 01-12/2014, 01-12/2015 und 01-12/2016 erlassen. Da diese jeweils über das gesamte Kalenderjahr absprechen, ist u.E. davon auszugehen, dass sie trotz ihrer Bezeichnung als Bescheide gem. § 21 Abs. 3 UStG als Umsatzsteuerjahresbescheide anzusehen sind, da das UStG in § 21 nur einen Monat oder ein Quartal, nicht aber ein ganzes Kalenderjahr als Voranmeldungszeitraum vorsieht. Die Erlassung von neuen Umsatzsteuerjahresbescheiden für 2014 bis 2016 im Jahr 2022 war folglich schon deshalb unzulässig, weil bereits Bescheide über die Umsatzsteuer der betreffenden Streitjahre - sohin den identen Abgabengegenstand - bestehen. Dass die Bescheide aus dem Jahr 2018 im Jahr 2022 noch nicht in Rechtskraft erwachsen waren, ist dabei unerheblich, da auch diesfalls nur einmal über dieselbe Sache abgesprochen werden darf (siehe etwa
2004/17/0028). Aufgrund der Zurückziehung der Beschwerden gegen die Festsetzungsbescheide vom mit Schreiben vom sind diese zudem nunmehr rechtskräftig.

2. Eintritt der Festsetzungsverjährung bei Qualifikation der Bescheide aus 2018 als Voranmeldungsbescheide

Sofern man davon ausgeht, dass die Festsetzungsbescheide vom nicht als Umsatzsteuerjahresbescheide, sondern nur als Umsatzsteuervoranmeldungsbescheide (über einen im Gesetz nicht vorgesehenen Voranmeldezeitraum von zwölf Monaten) gem. § 21 Abs. 3 UStG anzusehen sind, wäre die spätere Erlassung von Umsatzsteuerjahresbescheiden für die Jahre 2014 bis 2016 dem Grunde nach zulässig.
Konkret steht der erstmaligen Erlassung von Umsatzsteuerjahresbescheiden für die Jahre 2014 und 2015 im Jahr 2022 aber der zwischenzeitliche Eintritt der Festsetzungsverjährung gem.
§ 207 Abs. 2 BAO entgegen - die Umsatzsteuerbescheide für 2014 und 2015 sind daher bereits aus diesem Grunde rechtswidrig. Die Festsetzungsverjährung beträgt gem. § 207 Abs. 2 BAO 5 Jahre; Verlängerungen sind nach Maßgabe des § 209 BAO möglich. Durch Erlassung der Festsetzungsbescheide am wurde für alle betroffenen Jahre eine derartige Verlängerungshandlung gesetzt, weshalb sich die Verjährungsfrist auf sechs Jahre verlängert hat. Weitere Verlängerungshandlungen gem. § 209 BAO sind nicht erfolgt. Somit ist die Festsetzungsverjährung für das Jahr 2014 mit Ablauf des Jahres 2020 und für das Jahr 2015 mit Ablauf des Jahres 2021 eingetreten.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass die Nichtabgabe von USt-Jahreserklärungen durch unseren Mandanten darauf zurückzuführen war, dass dieser von einer Nicht-Steuerbarkeit der Weiterverrechnung von Roamingdienstleistungen in Österreich ausging. Diese Rechtsansicht war in der Vergangenheit jedenfalls vertretbar, da erst mit Erkenntnis des EuGH in der Rs SK Telekom (C-593/19) am eine endgültige (gegenteilige) Klärung der Rechtslage erfolgt ist. Auch das BFG hat diese Rechtsansicht für Zeiträume vor 2021 daher bereits mehrfach als vertretbar angesehen (vgl. z.B.
RV/2100079/2022). Eine Anwendung der längeren Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben (§ 207 Abs. 2 Satz 2 BAO) scheidet daher jedenfalls aus.

3. Materiellrechtliche Aspekte

Sofern sich die gegenständlichen Bescheide nicht ohnedies als verfahrensrechtlich unzulässig erweisen, nehmen wir in eventu zu den im Vorhalt aufgeworfenen Fragen wie folgt Stellung:

3.1. Allgemeines
Die Steuerpflicht der in Österreich an Nichtunternehmer erbrachten Roaming-Dienstleistungen ist nunmehr unstrittig. Ebenso unstrittig, dass es für die an Unternehmer erbrachten Roaming-Dienstleistungen der Leistungsort in Österreich liegt, es jedoch zum Übergang der Steuerschuld auf diese Leistungsempfänger kommt. Strittig ist auf Sachverhaltsebene die Höhe der Ausgangsumsätze sowie der Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger.

3.2. Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger
Aufgrund des Ablaufs der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen kann unser Klient den Anteil unternehmerischer und nichtunternehmerischer Leistungsempfänger für die Jahre 2014 und 2015 nicht mehr eruieren. Unser Mandant konnte für die Jahre 2019 bis 2022 den Anteil unternehmerischer bzw. nichtunternehmerischer Kunden, welche Roamingleistungen in Österreich in Anspruch genommen haben, wie folgt bestimmen:

Im Mittel ergibt sich somit für den Zeitraum 2019 bis 2022 ein Anteil von 18% unternehmerischer Leistungsempfänger. Dieser Anteil wird - insbesondere aufgrund des im Zeitablaufs gesunkenen Anteils unternehmerischer Kunden - auch für die Streitjahre 2014 und 2015 als Mindestanteil unternehmerischer Leistungsempfänger anzunehmen sein, weshalb zumindest diese 18% - als unter das Reverse Charge-System fallende Ausgangsumsätze - aus der Bemessungsgrundlage der Ausgangsumsatzsteuer auszuscheiden sind. Wir verweisen erneut darauf, dass im Rahmen einer Schätzung auch Umstände zugunsten unseres Mandanten zu berücksichtigen sind. Die Annahme des Finanzamtes, dass es sich bei sämtlichen Kunden unseres Mandanten um Nichtunternehmer handelt, ist demgegenüber u.E. schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung als völlig realitätsfremd anzusehen, da Telekommunikationsleistungen in beträchtlichem Umfang auch von Unternehmern in Anspruch genommen werden.

3.3. Höhe der Rabatte
Zur Höhe der Rabatte hat unser Klient keine Rückmeldung von T-Mobile Austria erhalten. Für das Jahr 2016 können wir aber gerne bestätigen, dass die Höhe der Entgeltsminderungen unstrittig ist, da die entsprechenden Gutschriften von A1 Telekom Austria und T-Mobile vorliegen.
Auch wenn für die Jahre 2014 und 2015 die entsprechenden Gutschriften von T-Mobile nicht vorliegen, stellen wir die diesbezüglichen Beträge in Hinblick auf die verhältnismäßig geringe Höhe außer Streit, zumal diese ohnedies mit den bereits rechtskräftigen "Voranmeldungsbescheiden" für die Jahre 2014 und 2015 aus 2018 übereinstimmen. Der
Vollständigkeit halber ist jedoch auf die Ausführungen in unserer Beschwerde zu verweisen, wonach die in 2014 für Vorjahre gewährte Gutschrift mangels Geltendmachung des VSt-Abzugs in Vorjahren u.E. zu keiner VSt-Berichtigung führen darf.

3.4. Höhe der Ausgangsumsätze
Aufgrund des Ablaufs der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen kann unser Klient die Ausgangsumsätze für 2014 und 2015 nicht eruieren. Unser Klient hat jedoch bestätigt, dass er zugesagte Rabatte bei der Bepreisung seiner Ausgangsumsätze einkalkuliert, sodass eine sachgerechte Schätzung die um Entgeltsminderungen reduzierten Vorleistungen als Ausgangsbasis heranziehen muss. Wir treten daher den Ausführungen, Rabatte hätten keine Auswirkungen auf die Ausgangsumsätze, entgegen. Vielmehr ist es in der Telekommunikationsbranche branchenüblich, Leistungen zunächst auf Basis (unrealistisch) hoher Listenpreise zu verrechnen. Im nächsten Schritt treten die Telekommunikationsunternehmen in Kontakt und handeln signifikante Rabatte auf diese Listenpreise aus, was typischer Weise im gegenseitigen Interesse liegt und daher stattfindet.
Denn nur unter Berücksichtigung dieser Rabatte können sie wettbewerbsfähige Preise anbieten.
Wir stimmen Ihrer Aussage, dass die Rabatte keine Auswirkungen auf die Umsätze desselben Jahres haben, zu, da sich die Rabatte jeweils auf das Vorjahr beziehen. Sie haben entsprechend aber Auswirkungen auf die Umsätze des Vorjahres. Im konkreten Fall beziehen sich sowohl die Gutschrift von T-Mobile als auch von A1 Telekom Austria aus dem Jahr 2016 auf den Leistungszeitraum 2015. Daher müssen diese Rabatte (VSt-Betrag EUR 33.348) von den Vorleistungen des Jahres 2015 (VSt-Betrag EUR 45.517) in Abzug gebracht werden. Somit sind Vorleistungen iHv EUR 60.845 ([45.517-33.348] x 5)) ein sachgerechter Ausgangspunkt für die Schätzung des Ausgangsumsatzes in 2015. Bei 82% nichtunternehmerischen Kunden und einer Marge von 30%
ergibt sich damit eine Bemessungsgrundlage von EUR 64.860 sowie eine USt-Schuld iHv EUR12.972 für das Jahr 2015. Für 2014 ist analog vorzugehen.
Die Annahme des Finanzamtes, dass ein Unternehmer ihm zustehende Rabatte für Vorleistungen bei der Bepreisung seiner Ausgangsumsätze nicht in seine Kalkulation einbeziehen würde, erscheint uns völlig realitätsfremd, zumal die Rabatte im konkreten Fall (am Beispiel des Jahres 2015) etwa 75% der Vorleistungen ausmachen. Hätten die österreichischen Netzbetreiber von vornherein nur den rabattierten Preis an unseren Klienten verrechnet, dann wäre auch das Finanzamt zudem zur gleichen (geschätzten) Umsatzsteuer gelangt. Das Ergebnis einer Schätzung kann aber nicht von formalen Fragen der Abrechnung abhängen, sondern muss sich an den wirtschaftlichen Gegebenheiten orientieren.
4. Antrag auf Senat und mündliche Verhandlung
Hinsichtlich der Beschwerden gegen die Verspätungszuschlagsbescheide für die Jahre 2014, 2015 und 2016 ziehen wir den Antrag auf Entscheidung durch den gesamten Senat sowie auf Abhaltung einer mündlichen Verhandlung hiermit zurück.
Hinsichtlich der Beschwerden gegen die Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015 und 2016 werden diese Anträge aufrecht erhalten."

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom wurden die Vorhalte des Bundesfinanzgerichts vom und deren Beantwortungen vom (tw. Beschwerderücknahme) und die Vorhaltsbeantwortung vom insbesondere hinsichtlich der erhobenen Verjährungseinrede hinsichtlich der Veranlagungszeiträume 2014 und 2015 dem Finanzamt zur Kenntnis gebracht.

Mit Antwortschreiben vom führte das Finanzamt Folgendes aus:
" …
1. Bei den Bescheiden vom handelt es sich um Festsetzungsbescheide. Gesetzliche Grundlage für die Festsetzung ist § 21 Abs. 3 UStG. Eine Festsetzung nach § 21 Abs. 3 UStG hat zu erfolgen, wenn ein Unternehmer die Einreichung der Voranmeldung pflichtwidrig unterlässt oder wenn sich die Selbstberechnung als nicht richtig erweist. Eine Festsetzung kann nur so lange erfolgen, als nicht ein dem Voranmeldungszeitraum beinhaltender Veranlagungsbescheid erlassen wurde. Bei den Bescheiden vom handelt es sich um Veranlagungsbescheide gemäß § 21 Abs. 4 UStG. Nach § 21 Abs. 4 UStG wird der Unternehmer nach Ablauf des Kalenderjahres zur Steuer veranlagt. Es ist dem System der Umsatzsteuer immanent, dass nach Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. Festsetzungen gem. § 21 Abs. 3 UStG eine Jahresveranlagung zu erfolgen hat. Bei einer Festsetzung für die Monate 1-12 eines Jahres handelt es sich um einen Sammelbescheid, der mehrere Festsetzungen in einem Bescheid zusammenfasst. Dies ändert nichts daran, dass es sich um Festsetzungen gem. § 21 Abs. 3 UStG handelt. Der Einwand der entschiedenen Sache geht daher ins Leere.
2. Gegenständlich wurden seitens der Abgabenbehörde nach Erlassung der Festsetzungsbescheide am keine Verlängerungshandlungen iSd
§ 209 BAO gesetzt. Die Umsatzsteuer 2014 wäre dementsprechend nach der allgemeinen Verjährungsbestimmung des § 207 (2) Satz 1 BAO (iVm § 209 BAO) mit Ablauf des Jahres 2020 als verjährt anzusehen. Betreffend die Umsatzsteuer 2015 wäre folglich vom allgemeinen Verjährungseintritt mit Ablauf des Jahres 2021 auszugehen. Entgegen den Ausführungen der steuerlichen Vertreterin der Beschwerdeführerin kommt gegenständlich jedoch die längere Verjährungsfrist für hinterzogene Abgaben iSd § 207 (2) Satz 2 BAO zur Anwendung. Ob eine Abgabe hinterzogen ist, ist eine Vorfrage. Nicht erforderlich ist daher für die Annahme der zehn Jahre betragenden Verjährungsfrist ein rechtskräftiger Schuldausspruch im Finanzstrafverfahren oder die Einleitung eines Finanzstrafverfahrens. Gemäß § 33 (1) FinStrG macht sich einer Abgabenhinterziehung schuldig, wer vorsätzlich unter Verletzung einer abgabenrechtlichen Anzeige-, Offenlegungs- oder Wahrheitspflicht eine Abgabenverkürzung bewirkt. Für das Vorliegen einer Abgabenhinterziehung iSd § 33 (1) FinStrG genügt der bedingte Vorsatz. Bedingter Vorsatz ist gegeben, wenn der Täter die Verwirklichung des Unrechtes des Sachverhaltes zwar nicht anstrebt, nicht einmal mit Bestimmtheit mit dem Eintritt des verpönten Erfolges rechnet, dies jedoch für möglich hält, somit als naheliegend ansieht und einen solchen Erfolg hinzunehmen gewillt ist bzw. sich damit abfindet (vgl. 89/16/0201; 2005/16/0260; 2009/16/0188). Von der Judikatur werden an die Wissenskomponente keine allzu strengen Maßstäbe angelegt. Demnach genügt es für den Hinterziehungsvorsatz des § 33 FinStrG, wenn der Bürger eine grundsätzliche Steuerpflicht seiner Zusatzeinkünfte ernstlich für möglich hält. Der Vorsatz entfällt nicht deshalb, weil er nicht weiß, welche Rechtsnorm anzuwenden bzw. welche Einkunftsart davon betroffen ist. Eben dies muss auch für einen Unternehmer hinsichtlich seiner Umsatzsteuerpflicht für Leistungen gelten, die er in einem (anderen) Land (gegenständlich: Österreich) tätigt. Es ist daher gegenständlich zumindest von bedingtem Vorsatz iSd § 33 FinStrG auszugehen, weshalb seitens der Abgabenbehörde die Auffassung vertreten wird, dass auch hinsichtlich der Umsatzsteuer 2014 und 2015 noch keine Festsetzungsverjährung eingetreten ist.

3.2. Festgehalten wird, dass keinerlei Nachweise bzw. Beweismittel über die Qualifikation der Leistungsempfänger vorgelegt wurden. Außerdem haftet der leistende Unternehmer gem. § 19 Abs. 1 letzter Satz UStG für die Umsatzsteuer. Nachdem die Beschwerdeführerin in den streitgegenständlichen Jahren selbst die Steuerpflicht in Österreich bestritten hat und somit auch keine Rechnungen mit Hinweis auf den Übergang der Steuerschuld ausgestellt hat, kann ausgeschlossen werden, dass die Leistungsempfänger tatsächlich die Umsatzsteuer abgeführt haben. Mangels Vorlage einer entsprechenden Kundenliste, kann auch nicht festgestellt (werden), ob bzw. in welchem Ausmaß die unternehmerischen Leistungsempfänger Recht auf Vorsteuerabzug hatten. Einem Ausscheiden von einem gewissen Prozentsatz von Umsätzen für unternehmerische Leistungsempfänger kann die belangte Behörde daher nicht zustimmen.
3.4.
Im Zusammenhang mit den Rabatten konnten keinerlei Vereinbarungen mit den österreichischen Telekommunikationsunternehmen vorgelegt werden. Auch kann die Höhe der Rabattierungen nicht logisch nachvollzogen werden. Es war daher nicht kalkulierbar, ob, wann und in welcher Höhe Rabatte gewährt werden. Es erscheint daher völlig unrealistisch, dass ein dem Grunde nach unsicherer und insbesondere der Höhe nach unkonkreter Rabatt bereits in einer Preiskalkulation berücksichtigt wurde.
Der bisher gewählte Aufschlag entspricht sicher nicht den wahren Gegebenheiten in der Telekommunikationsbranche der gegenständlichen Jahre.
Zur Plausibilisierung der Aufschläge hat die belangte Behörde Auskunftsersuchen an zwei österreichische Telekommunikationsunternehmen verschickt und eine Aufstellung ihrer Aufschläge bei den Roaminggebühren in den gegenständlichen Jahren abverlangt. Zur Wahrung der abgabenrechtlichen Geheimhaltungsverpflichtung sind die Namen der Unternehmen in den Antworten unkenntlich gemacht.
Mit Antwortschreiben vom hat das erste österreichische Telekommunikationsunternehmen bekanntgegeben, dass nur Daten für die Jahre ab 2016 geliefert werden können ("aufbewahrungspflichtige Zeiträume"). Eine Darstellung pro Einheit sei für Roaming nicht möglich, daher wurde eine Gesamtaufstellung der Kosten ("Cost") und der Einnahmen ("Revenue") iZm verrechneten Roaminggebühren vorgelegt (siehe Beilage 1). Dabei ergibt sich bei Telefongesprächen ein Aufschlag von 174%, bei SMS ein Aufschlag von 202% und bei Datenvolumen sogar ein Aufschlag von 651%. Der durchschnittliche Aufschlag beträgt daher 342%. Die Roaminggebühren für Datenvolumen machen auch in absoluten Zahlen den größten Teil der Einnahmen aus.
Das zweite österreichische Telekommunikationsunternehmen hat der Beantwortung des Auskunftsersuchens je eine Excel-Liste mit den Einkaufspreisen und den verrechneten Umsätzen beigefügt (siehe Beilagen 2-6). Die Liste geht zurück bis in das Jahr 2008 und ist unterteilt nach Ländern. Exemplarisch werden 3 Länder herausgenommen und die Aufschläge in zwei Jahren dargestellt:

Auffallend dabei ist, dass die Einkaufspreise sinken, die Verkaufspreise allerdings trotzdem ansteigen. Einkaufspreise werden laut Antwortmail vom auf Minutenbasis bzw. MB vereinbart. In diesem Einkaufspreis müssen sowohl die variablen Entgelte als auch die Paketpreise Deckung finden. Es ist daher sicherlich so, dass die Aussagekraft der Aufschläge aus der Antwort des zweiten Telekommunikationsunternehmens im Vergleich zur Gesamtgegenüberstellung Kosten und Einnahmen des ersten Telekommunikationsunternehmens eingeschränkt ist, trotzdem kann man eindeutig erkennen, dass die Aufschläge in den gegenständlichen Jahren weit über 30% betragen haben. Die hohen Aufschläge decken sich auch mit diversen Medienberichten. So kommt es z.B. laut der ORF-Sendung Bürgeranwalt vom bei Datenvolumen zu Aufschlägen von 133.000% (siehe parlamentarische Anfrage vom , Beilage 7). Weitere unzählige Berichte über die horrenden Aufschläge bei Roaminggebühren im Drittland können über Google-Suchabfragen aufgefunden werden. Die hohen Kosten bei Handynutzung im Drittland kann man auch noch anhand der derzeitigen Preise erkennen, so ist auf der Homepage von Drei ersichtlich, dass ein abgehendes Telefonat in Thailand € 1,99/Min kostet. Innerhalb der EU wird der gleiche Preis wie für Inlandstelefonate verrechnet, in Drittländern der Zone 1 (zB. Großbritannien) € 0,06/Min. Für Datenvolumen werden immer noch € 10,00/MB verrechnet, innerhalb der EU der gleiche Preis wie in Österreich und €0,06/MB für Drittländer der Zone 1. (siehe www.drei.at/de/info/roaminq/roaminq-mit-vertrag/: abgefragt am ) Bei Magenta betragen die Kosten für ein abgehendes Telefonat nach Österreich bzw. innerhalb von Thailand € 3,49/Min und für Datenvolumen € 15,36/MB (siehe Screenshot vom , Beilage 8). In den Jahren 2014 - 2016 gab es hinsichtlich der Roamingkosten in Drittstaaten keine wechselseitigen Einschränkungen bei der Höhe der Aufschläge. Innerhalb der EU hat man bereits vor einigen Jahren reagiert und die Aufschläge bei den Roamingkosten reglementiert bzw. abgeschafft (EU-Roaming-Verordnung). Mit Drittstaaten gibt es weiterhin keine entsprechenden Regelungen. Die Aufschläge für Roaming sind und waren weltweit extrem hoch, wie die obige Darstellung aus Sicht eines österreichischen Kunden, der im Ausland telefoniert bzw. im Internet surft, eindeutig zeigt. Es wäre weltfremd zu glauben, dass es umgekehrt aus Sicht eines thailändischen Kunden anders ist. Die bisherige Schätzung der Umsätze scheint daher deutlich zu niedrig angesetzt worden zu sein, weshalb eine Erhöhung der Umsätze (Verböserung) angedacht werden sollte.
…"

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichts vom wurde die Äußerung des Finanzamtes der Bf. mit dem Bemerken zur Kenntnisnahme übermittelt, dass die Veranlagungsjahre 2014 und 2015 noch nicht verjährt seien und von einem durchschnittlichen Aufschlag von 342% auszugehen sei.

Mit Vorhaltsbeantwortung der Bf. vom führte diese Folgendes aus:
"…
1. Verfahrensrechtliche Aspekte
1.1. Eintritt der Festsetzungsverjährung für die Jahre 2014 und 2015
Einleitend ist festzuhalten, dass gegenständlich nur die fünfjährige Verjährungsfrist des
§ 207 Abs. 2 erster Satz BAO zur Anwendung kommt, da - anders als vom Finanzamt behauptet - eben keine vorsätzliche Abgabenhinterziehung vorliegt.
Unser Mandant ist in den Streitjahren 2013-2016 davon ausgegangen, dass seine Roaming-dienstleistungen in Österreich nicht der Umsatzsteuer unterlägen, da die Verordnung BGBl II 2003/383 unionsrechtswidrig sei. Auch wenn diese Frage mittlerweile durch das , SK Telecom anderwärtig entschieden ist, ist zu beachten, dass die Unionsrechtswidrigkeit im Jahr 2016 selbst vom BFG angenommen wurde (siehe z.B.
RV/2101653/2014). Die Ansicht, dass die Weiterverrechnung der Roaming-Umsätze nicht der österreichischen USt unterliegt, ist daher im Zeitraum vor Ergehen des o.a. EuGH-Urteils jedenfalls als vertretbare Rechtsansicht anzusehen. Eine vorsätzliche Hinterziehung von Ausgangsumsatzsteuer durch die Nichterklärung ist daher aufgrund des Handelns im Rahmen einer vertretbaren Rechtsauffassung jedenfalls auszuschließen.
Auch hinsichtlich der Entgeltsminderungen liegt keine vorsätzliche Abgabenhinterziehung vor, da diese ausschließlich im Erstattungsverfahren gemeldet werden hätten müssen, da keine Verpflichtung zur Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen bestanden hat (vgl zuletzt
RV/2100462/2022). Wie das Finanzamt zutreffend ausführt, ist für das Vorliegen einer vorsätzlichen Abgabenhinterziehung das Vorliegen eines zumindest bedingten Vorsatzes notwendig. Auf der subjektiven Tatbestandsebene ist aber zu berücksichtigen, dass die Rabatt-vereinbarungen häufig nicht zwischen den eigentlich kontrahierenden Telekommunikationsunternehmen, sondern zwischen deren Muttergesellschaften vereinbart werden.
Dies gilt insbesondere für von der T-Mobile-Gruppe gewährte Gutschriften: Diese wurden ausschließlich mit der deutschen Muttergesellschaft Deutsche Telekom AG vereinbart, weshalb unseres Wissens auch keine Rechnungsberichtigungen bzw. Gutschriftsausstellungen von der eigentlichen Leistungserbringerin T-Mobile Austria GmbH vorgenommen wurden. Stattdessen wurden lediglich als "Credit Information" bezeichnete Dokumente von der deutschen Muttergesellschaft ausgestellt (vgl die bereits zuvor übermittelte Credit Information vom ; aus Zweckmäßigkeitsüberlegungen wurde diese der gegenständlichen Vorhaltsbeantwortung erneut angeschlossen). Dazu kommt, dass die Abrechnung von Roamingdienstleistungen in der Praxis vorrangig von sogenannten Clearingstellen vorgenommen wird, welche einerseits das jeweilige Roamingvolumen ermitteln und andererseits die wechselseitige Aufrechnung der darauf anfallenden Entgelte bzw. allfällige Differenzzahlungen sicherstellen. Die Zwischenschaltung eines weiteren Akteurs ist insbesondere aus technischen Gründen sinnvoll - sie entspricht auch dem Industriestandard - wenngleich sie umgekehrt die richtige Zuordnung von Gutschriften zu den entsprechenden Eingangsrechnungen erschwert. Aufgrund dieser Umstände erfordert die Zuordnung einer von der Deutschen Telekom AG ausgestellten "Credit Information" zu einer von der T-Mobile Austria GmbH ausgestellten Rechnung besondere Kompetenz bzw. entsprechendes Spezialwissen. Dies zeigt sich auch daran, dass selbst die Experten der Großbetriebsprüfung mehrere Monate benötigten, um eine korrekte Zuordnung derselben vorzunehmen. Eine falsche oder gegebenenfalls fehlende Zuordnung ist daher nicht als vorsätzliche Tathandlung einzelner Mitarbeiter unseres Mandanten oder der von ihm beigezogenen Clearingstelle zu bewerten, sondern würde auch durchschnittlichen Dritten, welche mit der gleichen Aufgabe betraut werden, passieren. Bei anderen österreichischen Telekommunikationsunternehmen stellt sich diese Problematik ähnlich, wenn auch in leicht abgeschwächter Form dar.
Somit ist festzuhalten, dass ein Scheitern der richtigen Zuordnung einer Gutschrift bzw. "Credit Information" zum jeweiligen Kreditorenkonto des österreichischen Telekomdienstleisters keinesfalls als vorsätzlich begangene Abgabenhinterziehung zu werten ist, da es an einer subjektiven Vorwerfbarkeit fehlt.
Richtigerweise ist sogar eine fahrlässige Begehung auszuschließen, da die von unserem Mandanten eingerichteten Prozesse - insbesondere die Zwischenschaltung der Clearingstelle - dem Industriestandard entsprechen.
Ungeachtet dessen weichen die USt-Bescheide vom hinsichtlich der in KZ. 067 festgesetzten Berichtigungen nicht von den zuvor ergangenen Festsetzungsbescheiden für diese Jahre ab. Es kann daher in Hinblick auf die Rabatte bereits aus diesem Grund keine Abgabenverkürzung auf Ebene der Jahres-Umsatzsteuer vorliegen.
Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt zudem eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (zB
2005/15/0072; , 2007/15/0292; , 2009/16/0032; , Ra 2017/15/0059; , Ra 2020/16/0023). Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen ( 90/14/0142; , 99/13/0036). In den gegenständlichen Bescheiden fehlt jede dahingehende Begründung. Auch im nunmehrigen Schreiben vom legt das Finanzamt keine diesbezüglichen Beweise vor.
Da das Finanzamt - wie von ihm selbst zugestanden wird - nach der Erlassung der Bescheide im Jahr 2018 keinerlei weitere Verlängerungshandlungen gesetzt hat, war das Recht entsprechende Umsatzsteuerbescheide für 2014 und 2015 zu erlassen - unabhängig davon, ob die Bescheide aus 2018 als Jahresbescheide oder Voranmeldungsbescheide anzusehen sind - im Jahr 2022 jedenfalls verjährt. Somit dürfte im Jahr 2022 weder eine (erneute oder endgültige) "Rabatt-USt-Festsetzung" noch eine erstmalige Festsetzung von Ausgangsumsatzsteuer für die von unserem Mandanten in den Jahren 2014 und 2015 in Österreich bewirkten Roamingdienstleistungen vorgenommen werden. Die Bescheide aus 2022 erweisen sich daher wegen des zwischenzeitlichen Eintritts der Festsetzungsverjährung als rechtswidrig.
Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass das BFG in vergleichbaren Sachverhalten bei ausländischen Telekomanbietern bisher ebenfalls stets von der Anwendbarkeit der fünfjährigen Verjährungsfrist des
§ 207 Abs. 2 erster Satz BAO ausgegangen ist und diese bereits mehreren Entscheidungen zu Grunde gelegt hat (z.B. RV/2100352/2019, RV/2100098/2023).

1.2. Bestehen von Bescheiden über einen identen Abgabengegenstand
Wenn das Finanzamt vorbringt, dass es sich bei den im Jahr 2018 erlassenen Bescheiden um Sammelbescheide handelt, so ist diesem zu entgegnen, dass ein Voranmeldungs-Sammelbescheid aufgrund des klaren Wortlauts des § 21 Abs. 1 UStG nur dann zulässig wäre, wenn in einem Bescheid mehrere Voranmeldungszeiträume explizit zusammengefasst würden, dabei aber eine Aufgliederung der Beträge je Kennziffer bezogen auf den richtigen Voranmeldezeitraum (Monat bzw. Quartal) erfolgt. Dies ist aber nicht der Fall: Die Bescheide sind jeweils über das gesamte Kalenderjahr (z.B. 01-12/2014) ergangen und eben nicht über mehrere Voranmeldungszeiträume (wie z.B. 01-03/2014, 04-06/2014, 07-09/2014 und 10-12/2014).
Da die Bescheide eine Abgabenschuld für ein gesamtes Kalenderjahr und keine entsprechende Abgabenschuld je Voranmeldungszeitraum festsetzen, hat das Finanzamt tatsächlich eine Jahresveranlagung vorgenommen, auch wenn die entsprechenden Bescheide (versehentlich) als Bescheid gem. § 21 Abs. 3 UStG bezeichnet wurden. Es ist u.E. somit sehr wohl davon auszugehen, dass es sich bei den Bescheiden aus 2018 um Umsatzsteuerjahresbescheide handelt, da nicht die richtige Bezeichnung eines Bescheides, sondern dessen materieller Inhalt für dessen Beurteilung bzw. Rechtswirkung maßgeblich ist. MaW: Die Beurteilung hat anhand des materiellen Inhalts und nicht anhand der Bezeichnung zu erfolgen; eine etwaige unrichtige Bezeichnung schadet der Bewertung als Umsatzsteuerjahresbescheid daher nicht. Im Ergebnis bestehen u.E. somit für die Jahre 2014-2016 bereits Umsatzsteuerjahresbescheide aus 2018, weshalb sich die Bescheide aus 2022 wegen ihres Ergehens über einen identen Abgabengegenstand als rechtswidrig erweisen. Das nunmehrige erstmalige Vorbringen des Finanzamtes, es handle sich um einen "Sammel-Voranmeldungsbescheid", ist u.E. als Schutzbehauptung zur Rechtfertigung einer verfahrensrechtlich unzulässigen Vorgehensweise anzusehen. Der Gesetzgeber hat in § 21 Abs. 4 UStG eindeutig angeordnet, dass über die Umsatzsteuer nach Ende des Veranlagungszeitraumes mittels Jahresbescheid abzusprechen ist, sodass es sich bei einem 12 Monate umfassenden USt-Bescheid ausschließlich um einen Jahresbescheid, aber nicht um einen Voranmeldebescheid handeln kann. Würde man der Rechtsansicht des Finanzamtes folgen, so könnte dieses jeden, naturgemäß über 12 Monate absprechenden USt-Jahresbescheid nachträglich nach Belieben in einen "Voranmeldungs-Sammelbescheid" umqualifizieren und daraufhin ohne verfahrensrechtlichen Titel einen neuen, weil erstmaligen "Jahresbescheid" erlassen. Sämtliche Rechtsschutzinstrumentarien der BAO würden durch eine derartige Auslegung unterlaufen, die daher vom Gesetzgeber keinesfalls beabsichtigt worden sein kann.

2. Materiellrechtliche Aspekte

Sofern sich die gegenständlichen Bescheide nicht ohnedies als verfahrensrechtlich unzulässig erweisen, nehmen wir in eventu zu den im Vorhalt aufgeworfenen Fragen wie folgt Stellung:
2.1 . Unzulässiger äußerer Betriebsvergleich mangels objektiver Vergleichbarkeit von österreichischen und thailändischen Telekommunikationsunternehmen
Wie bereits bekanntgeben, ist es unserem Mandanten nicht mehr möglich die tatsächlichen Ausgangsumsätze vorzulegen, da die Aufbewahrungsfrist für den Streitzeitraum 2014-2016 in seinem Ansässigkeitsstaat bereits abgelaufen ist. Somit wird die grundsätzliche Zulässigkeit einer Schätzung anerkannt, sofern diese in prozessualer und methodischer Hinsicht richtig vorgenommen wird. Dass dies gegenständlich nicht der Fall ist, wurde bereits in der Beschwerde vom sowie dem Vorlageantrag vom ausführlich dargestellt - es sei daher auf diese verwiesen.
Ergänzend wird weiters vorgebracht, dass das Finanzamt den Gewinnaufschlag zunächst mit 30% festgesetzt hat, nun aber einen angeblich erzielbaren durchschnittlichen Gewinnaufschlag von 342% unterstellt. Dieser wurde aber mittels eines unzulässigen äußeren Betriebsvergleichs mit österreichischen Telekommunikationsunternehmen ermittelt: Ein äußerer Betriebsvergleich ist zwar grundsätzlich eine taugliche Methode, um eine sachgerechte Schätzung der Besteuerungsgrundlagen zu erreichen. Dies gilt aber nur dann, wenn die herangezogenen Betriebe tatsächlich mit dem des zu schätzenden Abgabepflichtigen vergleichbar sind; andernfalls ist ein solcher unzulässig (
96/15/0260).
Die notwenige Vergleichbarkeit liegt gegenständlich nicht vor, da unser Mandant in Thailand ansässig ist und dieses Drittland über ein wesentlich geringeres Entwicklungs- und Wohlstandsniveau als Österreich verfügt.
So hat das thailändische Bruttoinlandsprodukt pro Kopf im Streitzeitraum 2013-2016 zwischen USD 5.708,80 und USD 6.041,13 betragen, während es in Österreich im selben Zeitraum zwischen USD 44.195,82 und USD 51.786,38 betragen hat. Das thailändische Wohlstandsniveau beträgt somit nur rund ein Achtel des österreichischen Wohlstandsniveaus.
Das wesentlich geringere Wohlstandsniveau im Ansässigkeitsstaat unseres Mandaten wirkt sich naturgemäß auf dessen Preisgestaltung aus. Beispielsweise kostet der günstigste von der Bf. derzeit in Thailand angebotene Mobilfunktarif (15GB Daten, 30 Minuten Telefonie in alle Netze) gerade einmal THB 299 pro Monat, was zum heutigen Umrechnungskurs von 1:38,15 etwa EUR 7,83 entspricht; SIM-only-Tarife werden sogar noch billiger angeboten. Unserem Mandanten ist kein österreichisches Telekommunikationsunternehmen bekannt, das ein vergleichbares Leistungspaket für einen ähnlich günstigen Tarif anbietet.
Noch deutlicher zeigt sich das Auseinanderfallen bei den Preisen für Roamingdienstleistungen.
Aktuell bietet unser Mandant beispielsweise die zwei folgenden, 5G-fähigen, in zahlreichen Ländern weltweit gültigen, Roamingpakete an (siehe Anlage sowie:
https://www.xxx):
• 7-Tagespass mit 3GB Datenvolumen für THB 499
• 30-Tagespass mit 15GB Datenvolumen für THB 1.599
Zum heutigen Kurs entsprechen THB 499,- etwa EUR 13,07 und THB 1.599 etwa EUR 41,89.
Dividiert man das in den Roamingpaketen inkludierte Datenvolumen durch den tatsächlich an den Endkunden verrechneten Preis, ergibt sich ein Verkaufspreis von etwa 0,0044 Euro (7-Tagespass) bzw. 0,0028 Euro (30-Tagespass) pro MB-Roamingdienstleistung. Selbst wenn man davon ausgeht, dass nicht jeder Kunde das Roamingpaket voll ausnutzen wird, ergibt sich ein Preis, der massiv unter dem vom Finanzamt ermittelten Einkaufpreis (zwischen EUR 0,01 und EUR1,38) pro MB-Roamingdienstleistung liegt. Beispielsweise ergibt sich bei halber Ausnutzung (welche im Mittel wohl jedenfalls erreicht werden wird) des kleineren Roamingpaketes nur ein Verkaufspreis von 0,0088 EUR je MB-Roamingleistung; beim größeren beträgt dieser sogar nur 0,0056 Euro. In beiden Fällen liegt der Verkaufspreis weit unter dem vom Finanzamt ermittelten Mindesteinkaufspreis.
Dieser Umstand zeigt auch unzweifelhaft, dass die von den österreichischen Telekommunikationsunternehmen gewährten Rabatte von unserem Mandanten bei der Preisgestaltung berücksichtigt werden. Würden diese nicht mit eingepreist werden, würde sich der Verkauf der beiden Roaming-Pakete wirtschaftlich nicht darstellen lassen.
Ein Vergleich mit aktuell von A1 Telekom Austria AG oder Hutchinson Drei Austria GmbH angebotenen Roaming-Paketen zeigt, dass österreichischen Telekommunikationsunternehmen viel höhere Preise - und somit auch höhere Gewinnmargen - erzielen können: So bietet etwa A1 ein reines Datenroamingpaket mit 1GB für EUR 34,90 an, Drei eines mit 500 MB für EUR 12. Umgerechnet auf ein einzelnes MB-Roaming-Leistung ergeben sich somit Werte von EUR 0,035 bei A1 und EUR 0,024 bei Drei. Prozentuell werden die Roaming-Dienstleistungen von österreichischen Telekommunikationsunternehmen also um zumindest 550% teurer als von unserem Mandanten angeboten. Dieser Mehrpreis übersteigt den vom Finanzamt aus Daten des ersten österreichischen Telekommunikationsdienstleisters ermittelten durchschnittlichen Gewinnaufschlag von 342% deutlich.

Dass die tatsächlichen Preise, welche unser Mandant bzw. österreichische Telekommunikationsdienstleiter ihren Kunden in Rechnung stellen (können), derart stark voneinander abweichen, ist eine logische Folge des unterschiedlichen Wohlstandsniveaus in ihren Ansässigkeitsstaaten; dieses hat naturgemäß direkten Einfluss auf die am Markt erzielbaren Preise. Aufgrund dessen können österreichische Telekommunikationsunternehmen mit einer identen Roamingdienstleistung wesentlich höhere Gewinnmargen als thailändische Telekommunikationsunternehmen erzielen. Ein Gewinnaufschlag von 342% mag daher unter Umständen für österreichische Telekommunikationsunternehmen erzielbar sein, für thailändische Telekommunikationsunternehmen ist das jedoch nicht der Fall.
Da das Wohlstandsniveau zwischen Österreich und Thailand und damit auch die Preisgestaltung sowie die tatsächlich erzielbare Gewinnmarge österreichischer und thailändischer Telekommunikationsdienstleister derart stark voneinander abweichen, ist keine objektive Vergleichbarkeit zwischen dem Betrieb unseres Mandanten und den vom Finanzamt herangezogenen Betrieben gegeben. Richtigerweise hätte das Finanzamt somit einen äußeren Betriebsvergleich mit einem anderen thailändischen Telekommunikationsdienstleister oder zumindest mit einem in einem Land mit vergleichbarem Wohlstandsniveau wie Thailand ansässigen Telekommunikationsdienstleiter vornehmen müssen. Der tatsächlich vorgenommene äußere Betriebsvergleich ist mangels objektiver Vergleichbarkeit der Betriebe österreichischer und thailändischer Telekommunikationsunternehmen jedenfalls unzulässig (vgl. bereits VwGH
, 96/15/0260).
Wir möchten daher auf das ebenfalls von uns (bis vor Kurzem) betreute Verfahren RV/2100302/2022 verweisen, in welchem sich ein tatsächlicher Gewinnaufschlag des malaysischen Telekommunikationsdienstleisters D. von 15,56% gezeigt hat (die entsprechenden Nachweise wurden der zuständigen Richterin Dr. Y. bereits übermittelt).
Malaysien hat zwar ein etwas höheres Entwicklungsniveau als Thailand, dennoch ist u.E. davon auszugehen, dass ein äußerer Betriebsvergleich zwischen einem thailändischen und einem malaysischen Telekommunikationsunternehmen wesentlich sachgemäßer wäre, als dies ein solcher zwischen einem thailändischen und einem österreichischen Telekommunikationsunternehmen ist. Aus diesem Grund wäre auch der gegenständlichen Entscheidung ein Gewinnaufschlag von 15,56% zu Grunde zu legen.

2.2. Nichtberücksichtigung von Roamingpaketen
Erwähnt werden muss auch, dass das Finanzamt in seiner rechnerischen Ermittlung der Gewinnaufschläge der österreichischen Telekommunikationsunternehmen Roamingpakete gänzlich unberücksichtigt lässt. Es ist zwar zutreffend, dass sich beim Vergleich von Einkaufspreisen mit Listenverkaufspreisen (pro Min/SMS/MB) beim Roaming auf den ersten Blick hohe Gewinnmargen erzielen lassen. Allerdings werden diese "Listenpreise" von beinahe keinem einzigen Kunden bezahlt, weil in der Praxis Roaming inzwischen fast ausschließlich über die Nutzung von Roamingpaketen abgerechnet wird. Die vom Finanzamt angeführte Abrechnung pro Minute, SMS oder MB hat somit nahezu keine praktische Bedeutung mehr. Dies ergibt sich auch unzweifelhaft aus den vom Finanzamt vorgelegten Auskünften der beiden österreichischen Telekommunikationsunternehmen:
Stellungnahme des ersten österreichischen Telekommunikationsunternehmens:
,Weiters möchten wir darauf hinweisen, dass Preise pro Einheit für Roaming nicht aussagekräftig bzw. auch nicht darstellbar sind, da diese von den einzelnen unterschiedlichen Tarifen abhängen, ob diese mit Gerät sind oder ohne, mit Bindung oder ohne, ob Zusatzpakete oder nicht etc. und auch keinen unmittelbaren Zusammenhangmit den Roaming-Eingangskosten haben.'

Stellungnahme des zweiten österreichischen Telekommunikationsunternehmens:
,Aufgrund einer Auswertung für die Nutzung in den USA konnte festgestellt werden, dass ab 2013 überwiegend Pakete von unseren Kunden genutzt werden. Im Jahr 2021 wurde weniger als 1% der Roamingnutzung variabel verrechnet. Der Rest erfolgte über Paketnutzung.
Einkaufspreise werden auf Minutenbasis bzw MB vereinbart. In diesem Einkaufspreis müssen sowohl die variablen Entgelte als auch die Paketpreise Deckung finden. Der Einkaufspreis kann nicht auf variable Nutzung und Paketnutzung aufgeteilt werden.
Da eine Extraktion zwischen variablen Entgelt und Paketpreis nicht möglich ist und der Einkaufspreis daher auch nicht aussagekräftig ist, können wir Ihnen die Einkaufspreise nicht zur Verfügung stellen.'

Die vom Finanzamt angeführten maximal erzielbaren Gewinnaufschläge der österreichischen Telekommunikationsunternehmen sind wegen der mehr als 99%igenAbrechnung per Roamingpakete als rein fiktiv bzw. losgelöst von jeglicher wirtschaftlichen Realität zu bewerten. Legt man die Darstellung des zweiten Telekommunikationsunternehmens auf unseren Klienten um, so ist vielmehr davon auszugehen, da auch bei diesem 99% des Roamings über Pakete verrechnet werden. Die im Verhältnis zu österreichischen Roaminganbietern zudem niedrigeren Roamingpaketpreise erklären auch plausibel die im Verhältnis zu österreichischen Anbietern niedrigere Marge.

3. Konsequenzen für den gegenständlichen Fall
Die hier vorgebrachten Gründe zeigen klar, dass der vom Finanzamt nunmehr vorgebrachte durchschnittliche Gewinnaufschlag von 342% von unserem Mandaten keinesfalls erzielbar ist. Vielmehr ist davon auszugehen, dass selbst der ursprünglich angenommene Gewinnaufschlag von 30% als überhöht anzusehen ist, weshalb beantragt wird, der Entscheidung - sofern nicht ohnehin ein verfahrensrechtliches Hindernis entgegensteht - maximal einen Gewinnaufschlag von 15,56% zugrunde zu legen. Zudem ist auch mindestens ein Anteil von 18% unternehmerischen Leistungsempfängern aus der Bemessungsgrundlage der Ausgangsumsatzsteuer auszuscheiden, da unser Mandant diesen Anteil für die Jahre 2019-2022 ermitteln konnte - dieser kann auch auf die gegenständlichen Streitjahre übertragen werden.
Gerne möchten wir in diesem Zusammenhang erwähnen, dass die Schätzung des Anteils unternehmerischer Leistungsempfänger der Rechtsprechung des BFG nicht fremd ist: So hat das BFG etwa zuletzt bei der Frage, ob eine Steuerschuld kraft Rechnungslegung besteht, den für die Beantwortung dieser Frage relevanten Anteil unternehmerischer und nichtunternehmerischer Leistungsempfänger selbst bei Barumsätzen im Schätzungsweg ermittelt (vgl
RV/7100930/2021; dies in Anlehnung an die Ausführungen der Generalanwältin Kokott im EuGH-Verfahren zum Fall , Rs C-378/21, P GmbH). Das BFG betont darin auch, dass der Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger sachgerecht anhand der Art der Leistung zu schätzen ist. Nichts anderes kann für den gegenständlichen Fall gelten.
Es wird somit beantragt einen sachgerechten Anteil von unternehmerischen Kunden zu berücksichtigen. Das grundsätzliche Vorliegen von unternehmerischen Kunden ergibt sich bereits aus der allgemeinen Lebenserfahrung und kann somit nicht fraglich sein - dies gesteht auch das Finanzamt in der Vorhaltsbeantwortung vom zu. Keinesfalls zutreffend ist die Auffassung des Finanzamts, dass die Berücksichtigung unternehmerischer Leistungsempfänger im Rahmen eines (ohnehin nicht vorliegenden) geringeren Gewinnaufschlags zulässig wäre. Schätzungen müssen nach stRsp des VwGH nämlich alle der Schätzung zu Grunde liegenden Sachverhaltsannahmen und die Ableitung des Schätzungsergebnisses logisch einwandfrei darzulegen und begründen (exemplarisch
2010/15/0088; , 2009/15/0201). Für eine Ausklammerung eines bekannten Sachverhalts besteht folglich kein Raum.
Zusammengefasst ist somit festzuhalten, dass eine sachgerechte Schätzungsmethode sowohl den Gewinnaufschlag als auch den Anteil unternehmerischer Leistungsempfänger zu berücksichtigen hätte.

In Hinblick auf die Höhe der Roaminggebühren verwiesen wir zusammenfassend erneut darauf, dass es bei Roaming branchenüblich ist, dass sowohl zwischen Telekommunikationsunternehmen als auch zwischen Telekommunikationsunternehmen und ihren Kunden hohe "Listenpreise" angegeben werden. Diese Listenpreise bilden aber die Realität überhaupt nicht ab, da die tatsächlichen Roaminggebühren aus folgenden Gründen weitaus niedriger sind:
• Zwischen Telekommunikationsanbietern werden zwar im ersten Schritt die hohen Listenpreise verrechnet; diese werden aber regelmäßig im Folgejahr durch hohe Gutschriften (Rabatte) ausgeglichen.
• Gegenüber ihren Kunden bieten die Telekommunikationsanbieter Roamingpakete an, durch die die tatsächlichen Roaminggebühren nur einen Bruchteil der "Listenpreise" betragen. Faktisch liegen die Erlöse für Datenroaming derzeit bei Beträgen von etwa einem halben Eurocent pro MB und damit bei einem Bruchteil der vom Finanzamt unterstellten Preise. Jeder wirtschaftlich rational denkende Telekommunikationskunde wird daher heutzutage Roaming ausschließlich im Rahmen derartiger Pakete nutzen, was auch durch die Aussage des zweiten österreichischen Telekommunikationsanbieters bestätigt wird, wonach 99% der Roamingnutzung über Pakete erfolgt.
Die Rückmeldungen der österreichischen Telekommunikationsanbieter an das Finanzamt bestätigen daher unsere von jeher vertretenen Ausführungen zur Funktionsweise beim internationalen Roaming und zu den damit in der wirtschaftlichen Realität erzielbaren Margen. Dennoch ermittelt das Finanzamt bisher seine Gewinnmargen auf Basis von Listenpreisen, welche in keinster Weise der wirtschaftlichen Realität entsprechen. Derartige Gewinnaufschläge aufgrund fiktiver, in 99% der Fälle nicht erzielter Ausgangsumsätze stellen jedoch keine sachliche Schätzungsgrundlage dar.
Die vorgenommenen Schätzungen erweisen sich daher als unsachlich. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird zudem auf die bisherigen Ausführungen in Vorlageantrag und Stellungnahme zum Vorlagebericht verwiesen.
…"

Mit Schreiben vom wurde der Verhandlungs- und Senatsantrag nicht mehr aufrechterhalten.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt

Der Sachverhalt ist in objektiver Hinsicht weitestgehend unbestritten und ist dem Verfahrensgang zu entnehmen.

Die Bf. betreibt ein Telekommunikationsunternehmen im Drittland und ermöglicht ihren Kunden das Telefonieren und Internetdienstleistungen über mobile Geräte im Inland. Dabei wird das inländische Mobilnetz österreichischer Mobilfunkunternehmen genutzt. Für diese Nutzung entrichtet die Bf. sogenannte Roaminggebühren.

Zusammenfassend sind folgende Feststellungen entscheidungswesentlich:

Mit den Bescheiden vom für die Zeiträume 1-12/2014 und 1-12/2015 aus bekanntgewordenen Entgeltsminderungen (Rabatten) die seinerzeitigen Vorsteuern gemäß § 16 UStG 1994 berichtigt. Die Höhe der Rabatte wurde mit Schreiben der Bf. vom außer Streit gestellt.

Im Hinblick auf die Judikatur des VwGH () und des wurde in den angefochtenen Jahresbescheiden vom die Rechtsansicht vertreten, dass die Bf. entsprechende Inlandsumsätze erzielt hätte. Daher wurden die Bemessungsgrundlagen im Schätzungswege festgesetzt.

2. Beweiswürdigung

Die Beweiswürdigung ergibt sich aus der unbestrittenen Aktenlage.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)

3.1. Rechtslage

Bundesabgabenordnung

§ 4 BAO
(1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
(2) Der Abgabenanspruch entsteht insbesondere
a) bei der Einkommensteuer und bei der Körperschaftsteuer
1. für die Vorauszahlungen mit Beginn des Kalendervierteljahres, für das die Vorauszahlungen zu entrichten sind, oder, wenn die Abgabepflicht erst im Lauf des Kalendervierteljahres begründet wird, mit der Begründung der Abgabepflicht;
2. für die zu veranlagende Abgabe mit Ablauf des Kalenderjahres, für das die Veranlagung vorgenommen wird, soweit nicht der Abgabenanspruch nach Z 1 schon früher entstanden ist, oder wenn die Abgabepflicht im Lauf eines Veranlagungszeitraumes erlischt, mit dem Zeitpunkt des Erlöschens der Abgabepflicht;
3. für Steuerabzugsbeträge im Zeitpunkt des Zufließens der steuerabzugspflichtigen Einkünfte; (Anm.: lit. b aufgehoben durch BGBl. I Nr. 14/2013)
c) bei sonstigen jährlich wiederkehrend zu entrichtenden Abgaben und Beiträgen mit dem Beginn des Kalenderjahres, für das die Abgabe (der Beitrag) erhoben wird.
(3) In Abgabenvorschriften enthaltene Bestimmungen über den Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches (der Steuerschuld) bleiben unberührt.
(4) Der Zeitpunkt der Festsetzung und der Fälligkeit einer Abgabe ist ohne Einfluß auf die Entstehung des Abgabenanspruches.

§ 207 BAO
(1) Das Recht, eine Abgabe festzusetzen, unterliegt nach Maßgabe der nachstehenden Bestimmungen der Verjährung.
(2)
Die Verjährungsfrist beträgt bei den Verbrauchsteuern, bei den festen Stempelgebühren nach dem II. Abschnitt des Gebührengesetzes 1957, weiters bei den Gebühren gemäß § 17a des Verfassungsgerichtshofgesetzes 1953 und § 24a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 drei Jahre, bei allen übrigen Abgaben fünf Jahre. Soweit eine Abgabe hinterzogen ist, beträgt die Verjährungsfrist zehn Jahre. Das Recht, einen Verspätungszuschlag, Anspruchszinsen, Säumniszuschläge oder Abgabenerhöhungen festzusetzen, verjährt gleichzeitig mit dem Recht auf Festsetzung der Abgabe.
(3) Das Recht zur Verhängung von Zwangs-, Ordnungs- und Mutwillensstrafen sowie zur Anforderung von Kostenersätzen im Abgabenverfahren verjährt in einem Jahr.
(4) Das Recht, den Ersatz zu Unrecht geleisteter oder die Rückzahlung zu Unrecht bezogener Beihilfen zu fordern, sowie das Recht auf Rückforderung zu Unrecht zuerkannter Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen von Abgaben verjährt in fünf Jahren. Abs. 2 zweiter Satz gilt sinngemäß.
(5) Abs. 2 zweiter Satz gilt sinngemäß für Abgaben, deren vorsätzliche Verkürzung nicht in den Anwendungsbereich des Finanzstrafgesetzes fällt.

§ 208 BAO
(1) Die Verjährung beginnt
a) in den Fällen des § 207 Abs. 2 mit dem Ablauf des Jahres, in dem der Abgabenanspruch entstanden ist
, soweit nicht im Abs. 2 ein anderer Zeitpunkt bestimmt wird;
b) in den Fällen des § 207 Abs. 3 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Voraussetzung für die Verhängung der genannten Strafen oder für die Anforderung der Kostenersätze entstanden ist;
c) in den Fällen des § 207 Abs. 4 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die rückzufordernden Beihilfen, Erstattungen, Vergütungen oder Abgeltungen geleistet wurden;
d) in den Fällen des § 200 mit dem Ablauf des Jahres, in dem die Ungewißheit beseitigt wurde;
e) in den Fällen des Eintritts eines rückwirkenden Ereignisses im Sinn des § 295a mit Ablauf des Jahres, in dem das Ereignis eingetreten ist.
(Anm.: lit. f) aufgehoben durch
BGBl. I Nr. 112/2012)
(2) Bei der Erbschafts- und Schenkungssteuer unterliegenden Erwerben von Todes wegen oder Zweckzuwendungen von Todes wegen beginnt die Verjährung frühestens mit Ablauf des Jahres, in dem die Abgabenbehörde vom Erwerb oder von der Zweckzuwendung Kenntnis erlangt.

§ 209 BAO
(1) Werden innerhalb der Verjährungsfrist (§ 207) nach außen erkennbare Amtshandlungen zur Geltendmachung des Abgabenanspruches oder zur Feststellung des Abgabepflichtigen (§ 77) von der Abgabenbehörde unternommen, so verlängert sich die Verjährungsfrist um ein Jahr. Die Verjährungsfrist verlängert sich jeweils um ein weiteres Jahr, wenn solche Amtshandlungen in einem Jahr unternommen werden, bis zu dessen Ablauf die Verjährungsfrist verlängert ist. Verfolgungshandlungen (§ 14 Abs. 3 FinStrG, § 32 Abs. 2 VStG) gelten als solche Amtshandlungen.
(2) - (5) …

§ 3a UStG 1994 (bis BGBl. I 40/2014) lautet:

(13) Die im Abs. 14 bezeichneten sonstigen Leistungen werden ausgeführt:
a) Ist der Empfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet, wird die sonstige Leistung an seinem Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Drittlandsgebiet ausgeführt;
b) ist der Empfänger einer in Abs. 14 Z 14 bezeichneten sonstigen Leistung ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 und hat er Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet, wird die Leistung dort ausgeführt, wo der Empfänger Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn die Leistung von einem Unternehmer ausgeführt wird, der sein Unternehmen vom Drittlandsgebiet aus betreibt. Das gilt sinngemäß, wenn die Leistung von einer im Drittlandsgebiet gelegenen Betriebsstätte des Unternehmers ausgeführt wird.
(14) Sonstige Leistungen im Sinne des Abs. 13 sind:
1. Die Einräumung, Übertragung und Wahrnehmung von Rechten, die sich aus urheberrechtlichen Vorschriften ergeben;
2. die Leistungen, die der Werbung oder der Öffentlichkeitsarbeit dienen;
3. die sonstigen Leistungen aus der Tätigkeit als Rechtsanwalt, Patentanwalt, Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Sachverständiger, Ingenieur, Aufsichtsratsmitglied, Dolmetscher und Übersetzer sowie ähnliche Leistungen anderer Unternehmer;
4. die rechtliche, technische und wirtschaftliche Beratung;
5. die Datenverarbeitung;
6. die Überlassung von Informationen einschließlich gewerblicher Verfahren und Erfahrungen;
7. die sonstigen Leistungen der in § 6 Abs. 1 Z 8 lit. a bis i und Z 9 lit. c bezeichneten Art;
8. die Gestellung von Personal;
9. der Verzicht, ein in diesem Absatz bezeichnetes Recht wahrzunehmen;
10. der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben;
11. die Vermietung beweglicher körperlicher Gegenstände, ausgenommen Beförderungsmittel;
12. die Telekommunikationsdienste;
13. die Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen;
14. die auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen;
15. die Gewährung des Zugangs zu einem Erdgasnetz im Gebiet der Gemeinschaft oder zu einem an ein solches Netz angeschlossenes Netz, zum Elektrizitätsnetz oder zu Wärme- oder Kältenetzen sowie die Fernleitung, Übertragung oder Verteilung über diese Netze und die Erbringung anderer unmittelbar damit verbundener Dienstleistungen.
(15) Erbringt ein Unternehmer, der sein Unternehmen vom Drittlandsgebiet aus betreibt,
1. die Vermietung von Beförderungsmitteln oder
2. eine sonstige Leistung, die im Abs. 14 Z 1 bis 13 und 15 bezeichnet ist, an eine juristische Person des öffentlichen Rechts, die Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, mit Sitz im Inland, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird. Das gilt sinngemäß, wenn die Leistung von einer im Drittlandsgebiet gelegenen Betriebsstätte ausgeführt wird.
(16) Der Bundesminister für Finanzen kann, um Doppelbesteuerungen, Nichtbesteuerungen oder Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden, durch Verordnung festlegen, dass sich bei sonstigen Leistungen, deren Leistungsort sich nach Abs. 6, 7, 12 oder 13 lit. a bestimmt, der Ort der sonstigen Leistung danach richtet, wo die sonstige Leistung genutzt oder ausgewertet wird. Der Ort der sonstigen Leistung kann danach
1. statt im Inland als im Drittlandsgebiet gelegen und
2. statt im Drittlandsgebiet als im Inland gelegen behandelt werden. Das gilt nicht für Leistungen im Sinne des Abs. 14 Z 14, wenn der Leistungsempfänger ein Nichtunternehmer im Sinne des Abs. 5 Z 3 ist, der keinen Wohnsitz, Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Gemeinschaftsgebiet hat.
Gemäß
§ 21 Abs. 9 UStG 1994 kann der Bundesminister für Finanzen für Unternehmer, die im Inland weder ihren Sitz noch eine Betriebsstätte haben, durch Verordnung die Erstattung der Vorsteuer abweichend von den Abs. 1 bis 5 sowie den §§ 12 und 20 regeln. Auf Grund des § 21 Abs. 9 UStG 1994 erging die Verordnung des Bundesministers für Finanzen, BGBl. Nr. 279/1995 in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. II Nr. 222/2009, "mit der ein eigenes Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern an ausländische Unternehmen geschaffen wird", wenn der Unternehmer (von gegenständlich nicht in Betracht kommenden Ausnahmen abgesehen) keine Umsätze iSd § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 und Art. 1 UStG 1994 ausgeführt hat.

Änderung der Bemessungsgrundlage
§ 16. (1) Hat sich die Bemessungsgrundlage für einen steuerpflichtigen Umsatz im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 geändert, so haben
1. der Unternehmer, der diesen Umsatz ausgeführt hat, den dafür geschuldeten Steuerbetrag, und
2. der Unternehmer, an den dieser Umsatz ausgeführt worden ist, den dafür in Anspruch genommenen Vorsteuerabzug entsprechend zu berichtigen. Die Berichtigungen sind für den Veranlagungszeitraum vorzunehmen, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.
(2) Die Berichtigung des Vorsteuerabzuges kann unterbleiben, wenn ein dritter Unternehmer den auf die Minderung des Entgeltes entfallenden Steuerbetrag an das Finanzamt entrichtet; in diesem Fall ist der dritte Unternehmer Schuldner der Steuer. Die Steuer ist für den Veranlagungszeitraum zu entrichten, in dem die Änderung des Entgeltes eingetreten ist.
(3) Abs. 1 gilt sinngemäß, wenn
1. das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Wird das Entgelt nachträglich vereinnahmt, so sind Steuerbetrag und Vorsteuerabzug erneut zu berichtigen;
2. für eine vereinbarte Lieferung oder sonstige Leistung ein Entgelt entrichtet, die Lieferung oder sonstige Leistung jedoch nicht ausgeführt worden ist;
3. eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung rückgängig gemacht worden ist.
(4) - (5) …

Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl II 2003/383 idF BGBl II 2009/221:

Auf Grund des § 3a Abs. 10 Z 13 und 14 sowie Abs. 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663/1994, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 71/2003 wird verordnet:
§ 1. Liegt bei einer in
§ 3a Abs. 14 Z 12 und 13 des Umsatzsteuergesetzes 1994, BGBl. Nr. 663, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 52/2009, bezeichneten Leistung der Ort der Leistung gemäß § 3a des Umsatzsteuergesetzes 1994 außerhalb des Gemeinschaftsgebietes, so wird die Leistung im Inland ausgeführt, wenn sie dort genutzt oder ausgewertet wird.
§ 2. Als Telekommunikationsdienste gelten solche Dienstleistungen, mit denen Übertragung, Ausstrahlung oder Empfang von Signalen, Schrift, Bild und Ton oder Informationen jeglicher Art über Draht, Funk, optische oder sonstige elektromagnetische Medien gewährleistet werden; dazu gehören auch die Abtretung und Einräumung von Nutzungsrechten an Einrichtungen zur Übertragung, Ausstrahlung oder zum Empfang.
§ 3. (1) Die Verordnung ist auf Umsätze anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem die Verordnung im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden.
(2) Die
Verordnung des Bundesministers für Finanzen über die Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten, BGBl. II Nr. 102/1997, ist nicht mehr auf Umsätze anzuwenden, die nach Ablauf des Tages, an dem die Verordnung im Bundesgesetzblatt kundgemacht wurde, ausgeführt werden.
(3) § 1 in der Fassung der Verordnung
BGBl. II Nr. 221/2009 ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem ausgeführt werden.

2.2. Verjährung

Wie bereits im Sachverhalt ausgeführt wurden die Jahresbescheide 2014 und 2015 erst im Jahr 2022 erlassen.

Der Abgabenanspruch entsteht mit dem Ende des Kalenderjahres 2014 bzw. 2015. Folglich beginnt die Verjährung mit bzw. . Unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 209 Abs. 1 Satz 1 BAO verlängert sich die allgemeine Verjährungsfrist (fünf Jahre) um ein weiteres Jahr und würde mit Ablauf des Jahres 2020 bzw. 2021 enden.

Für die Annahme einer zehnjährigen Verjährungsfrist gemäß § 207 Abs. 2 Satz 2 BAO finden sich in den angefochtenen Bescheiden keine ausreichenden Tatsachenfeststellungen. Ebenso enthalten die Ausführungen außer der aufgestellten Rechtsbehauptung kein ausreichendes Sachverhaltssubstrat, dass ein entsprechendes Wissen über das Vorliegen von Umsätzen in Österreich vorliege.

Entsprechend den Entscheidungen des Bundesfinanzgerichts RV/2101653/2014 vom , RV/2100255/2015, RV/2100660/2015 und RV/2100462/2015 vom wurde die Steuerpflicht von Telekommunikationsdienstleistungen ausländischer Telekommunikationsunternehmer verneint. Erst die Judikatur des und des SK Telecom Co Ltd. hat diese wiederum bejaht. Somit war die Rechtslage in subjektiver Hinsicht keineswegs klar und es konnte in der Annahme einer vertretbaren Rechtsansicht keine vorsätzliche Begehungsweise einer Abgabenverkürzung erblickt werden.

Die Beurteilung, ob Abgaben hinterzogen sind, setzt eindeutige, ausdrückliche und nachprüfbare bescheidmäßige Feststellungen über die Abgabenhinterziehung voraus (; , 2007/15/0292; , 2009/16/0032; , Ra 2017/15/0059; , Ra 2020/16/0023), und zwar auch dann, wenn im Verwaltungsverfahren noch keine Verjährungseinrede erhoben wurde. Die maßgebenden Hinterziehungskriterien der Straftatbestände sind von der Abgabenbehörde nachzuweisen (; , 99/13/0036). Aus der Begründung des Bescheides muss sich somit ergeben, auf Grund welcher Ermittlungsergebnisse sowie auf Grund welcher Überlegungen zur Beweiswürdigung und zur rechtlichen Beurteilung die Annahme der Hinterziehung gerechtfertigt ist (; , 96/17/0453; , Ra 2020/16/0023).

In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass die längere Verjährungsfrist nur den vorsätzlich verkürzten Teil der Abgabe betrifft. Folglich waren die im Umsatzsteuerfestsetzungverfahren innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist festgesetzten Vorsteuerminderungen aus der Inanspruchnahme von Entgeltsminderungen aus Rabatten, Gutschriften etc. zu bestätigen. Diese wurden in sachverhaltsmäßiger Hinsicht von der Bf. außer Streit gestellt.
Die von der Bf. georteten Rechtswidrigkeiten bei der Erlassung der angefochtenen Jahresbescheide wegen des Bestehens von Bescheiden über einen identen Besteuerungsgegenstand konnten nicht erkannt werden, zumal Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide nicht automatisch in Jahresbescheide umgedeutet werden können. Auch die letztbekannte Judikatur sieht keine Sperrwirkung eines rechtskräftigen Vorsteuererstattungsverfahrens gegenüber einem späteren Veranlagungsverfahren (). Im Übrigen haben Umsatzsteuerfestsetzungsbescheide nur einen eingeschränkten Wirkungsbereich, weshalb dagegen gerichtete Beschwerden gegen die nachfolgenden Jahresbescheide als erhoben gelten. Die Festsetzungsbescheide wurden noch innerhalb der allgemeinen Verjährungsfrist erlassen und wirken daher in den hier angefochtenen Umsatzsteuerjahresbescheiden fort.

Der in diesem Zusammenhang von der Bf. erhobene Einwand, sie sei zur Berichtigung der Vorsteuern nicht weiter verpflichtet, weil § 16 Abs. 1 Z 2 UStG 1994 zu entnehmen sei, der Leistungsempfänger habe nur "einen in Anspruch genommenen" Vorsteuerabzug zu berichtigen und sie habe für die Jahre 2014 und 2015 keine Vorsteuererstattung beantragt, erscheint auf erstem Blick verständlich, hält aber einer genaueren Betrachtung nicht Stand.
Auch wenn die Bf. für die Jahre 2014 und 2015 keine Vergütungen ausbezahlt erhalten hatte bzw. bereits gewährte Vergütungen rückgefordert wurden, ist dennoch von einer Inanspruchnahme des Vorsteuerabzuges für die bezogenen Leistungen auszugehen. Nach rechtsrichtiger steuerlicher Beurteilung erzielt die Bf. steuerbare und steuerpflichtige Umsätze - auch wenn diese in der Vergangenheit mangels Einreichung von Umsatzsteuererklärungen nicht zur Versteuerung gelangt sind.
Da die entsprechende Steuertatbestände verwirklicht wurden, ist die Abgabe oder Nichtabgabe von Steuererklärungen nicht weiter von Belang.

Daher zumindest zu vermuten, dass den Vorsteuern inländischer Leistungsbezüge (Roaminggebühren inländischer Telekommunikationsbetreiber) eine gedanklich anzusetzende Leistungsumsatzsteuer zumindest in gleicher Höhe gegenüberstand und sich somit eine Steuerschuld von Null ergibt. Ob eine entsprechende Gewinnmarge aus den weiterverrechneten Roaminggebühren erzielt wurde, konnte mangels entsprechender Offenlegung nicht festgestellt werden. Die Erzielung eines Rohverlustes aus der Verrechnung von Roaminggebühren ist nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht anzunehmen. Jedenfalls ist ein dem Vorsteuerabzug gegenüberzustellender Ausgangsumsatz anzunehmen.

In ähnlicher Weise geht auch § 22 Abs. 1 UStG 1994 (Besteuerung von Umsätzen land- und forstwirtschaftlicher Betriebe) vereinfachend davon aus, dass die Steuern auf Umsätze und Vorsteuern in gleicher Höhe angenommen/festgesetzt werden. Die mit diesen Umsätzen zusammenhängenden Vorsteuern werden nicht exakt erfasst, sondern stets in gleicher Höhe wie die Leistungsumsatzsteuer angenommen. Da durch die Äquivalenz von Steuerschuld und Vorsteuern weder eine Zahllast noch ein Überschuss entstehen kann, entfällt die Notwendigkeit der bescheidmäßigen Ermittlung der Steuer und ihrer Berechnungsgrundlagen (Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 22 UStG Rz 4). Unternehmer deren Umsatzsteuer im Wege der Pauschalbesteuerung erhoben wird, sind grundsätzlich als vorsteuerabzugsberechtigt anzusehen. Die Vorsteuerabzugsberechtigung ist bei Land- und Forstwirten ebenso wie bei der Bf. gegeben, weshalb davon auszugehen ist, dass die Bf. de-facto den Vorsteuerabzug materiell in Anspruch genommen hat, als sie die Vorsteuern von der angefallenen Leistungsumsatzsteuer in Abzug brachte, deren Ergebnis einen Saldo von Null ergab. Ob dies gewollt oder ungewollt war, vermag an der abgabenrechtlichen Beurteilung nichts zu ändern. Daher treffen die Bf. auch die entsprechenden Pflichten zur Berichtigung des Vorsteuerabzuges aus der nachträglichen Minderung des Entgelts (§§ 4, 16 UStG 1994) und daher bestehen an der Rückführung des aus früheren Jahren in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs infolge der erhaltenen Entgeltsminderungen (Rabatten, Discounts, Boni etc.) keine Bedenken.

3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Dass eine Berichtigung des Vorsteuerabzuges auch ausländische Unternehmer trifft, ist keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung. Diese ist von der Einreichung eines Erstattungsantrages/Umsatzsteuererklärung der Vorjahre unabhängig, da von nicht offengelegten Ausgangsumsätzen auszugehen ist.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 209 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 Abs. 2 Satz 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 33 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 207 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 207 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 208 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 14 Abs. 3 FinStrG, Finanzstrafgesetz, BGBl. Nr. 129/1958
§ 21 Abs. 9 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verfahren für die Erstattung der abziehbaren Vorsteuern, BGBl. Nr. 279/1995
Verlagerung des Ortes der sonstigen Leistung bei Telekommunikationsdiensten sowie Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen, BGBl. II Nr. 383/2003
§ 16 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 16 Abs. 1 Z 2 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
Verweise













ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.2100810.2022

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at