Scheidungsfolgen, Vergleich
Revision (Amtsrevision) beim VwGH anhängig zur Zahl Ra 2024/16/0015.
Entscheidungstext
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesfinanzgericht hat durch den Senatsvorsitzenden Mag. VN. NN., die Richterin Dr.in Ri.N. sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Vn.Nn und Ch,Nn. in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, vertreten durch Beratungs GmbH, Str.x, plz Stadt, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel (nunmehr: Finanzamt Österreich Dienststelle Sonderzuständigkeiten) vom betreffend Gebühren gemäß § 33 TP 20 Gebührengesetz (GebG) 1957 nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am in Anwesenheit des Beschwerdeführers und dessen Ehegattin A.N.G und der Schriftführerin Vn. Nn1 zu Recht erkannt:
I. Der Beschwerde wird gemäß § 279 BAO teilweise Folge gegeben.
Der angefochtene Bescheid wird abgeändert und die Gebühr gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit b in Höhe von Euro 19.390,09 festgesetzt.
II. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Entscheidungsgründe
I. Verfahrensgang
Der Beschwerdeführer (im Folgenden: Bf.) ist seit Mai 2018 verheiratet. Am schlossen die Eheleute einen Ehepakt und einen Vertrag über die Schenkung einer Eigentumswohnung, jeweils in Form eines Notariatsaktes.
Mit Schriftsatz vom teilte der Notar die Vereinbarung gemäß § 33 TP 20 GebG dem Finanzamt mit.
In der Präambel hielten die Parteien fest, dass positiv zu erbringende Leistungen oder eine Zugewinngemeinschaft oder eine Unterhaltsregelung in bestimmter betraglicher Höhe nicht vereinbart werden und somit die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und des Unabhängigen "Verwaltungssenates" (gemeint: Unabhängigen Finanzsenates, RV/0827-W/05, RV/1636-W/08), wonach ein Vertrag über die Vorausregelung der Vermögensaufteilung und Unterhaltsregelung bei Ehescheidung den Gebührentatbestand des § 33 TP 11 oder § 33 TP 20 Abs. 1 lit d GebG auslösen kann, nicht anwendbar ist.
Vereinbart wurde unter Punkt "Erstens", dass der Bf. im Falle der Auflösung der Ehegemeinschaft, aus welchem Grund auch immer, die gemeinsame Ehewohnung binnen vier Wochen verlassen und seiner Ehefrau das alleinige Wohnrecht einräumen werde.
Der Bf. räumt seiner Ehefrau das Recht ein, die Liegenschaft an Dritte zu vermieten oder zu verkaufen. In diesem Fall hat der Bf. keinerlei Ansprüche hinsichtlich bereits auf die Wohnung geleisteter Zahlungen.
Die Ehegattin verpflichtet sich die Finanzierung des bestehenden Restkredites sowie der Betriebskosten zu übernehmen (Punkt 1.e).
Im Falle der Auflösung der Ehe darf die Ehefrau die Wohnung verkaufen und den Verkaufserlös nach Abdeckung des Restkredites behalten.
Der Bf. ist im Falle der Auflösung der Ehe nicht mehr verpflichtet seine Ehefrau anzustellen und ihr ein Gehalt zu zahlen.
Der Bf. übernimmt sämtliche Verbindlichkeiten, die aus der Rückzahlung von Wohnungseigentums- bzw. Liegenschaftswerwerb entstanden sind und hält seine Gattin im Falle der Scheidung schad- und klaglos.
Punkt 2:
In Punkt 2-tens verpflichtet sich der Bf. im Falle der Auflösung der Lebensgemeinschaft zur Leistung eines Unterhaltes, wie er seiner Ex-Gattin zugesprochen worden ist.
Schenkungsvertrag vom :
Mit Schenkungsvertrag vom hat der Bf. die Ehewohnung mitsamt zwei Stellplätzen seiner Ehegattin in ihr Eigentum übertragen (Notariatsakt).
Gemäß Punkt IV. erfolgt mit Unterfertigung des Vertrages die Übergabe und Übernahme der Eigentumswohnung in den Besitz der Geschenknehmerin. Gefahr, Schaden und Zufall sowie die Nutzungen und laufenden Lasten gehen ebenso mit diesem Tag an die Geschenkgeberin über.
In Punkt IX.-tens vereinbarten die Parteien, dass dem Geschenkgeber ob der bezeichneten Liegenschaft das lebenslange Benützungs-, Wohn- und Fruchtgenussrecht eingeräumt werde.
Ergänzungsersuchen:
Das Finanzamt ersuchte mit Ergänzungsersuchen um Bekanntgabe der Höhe des aushaftenden Restkredites, der laufenden Betriebskosten und des zu leistenden monatlichen Unterhaltes an die Exgattin.
Vorhaltsbeantwortung vom :
Der Bf. brachte in der Vorhaltsbeantwortung vom vor, dass er die Eigentumswohnung seiner Ehefrau geschenkt hat. Er habe für diese Schenkung Grunderwerbsteuer iHv Euro 11.000,00 bezahlt.
Der Kredit hafte iHv Euro 593.000,00 aus. Die Betriebskosten wurden iHv Euro 3,--/m² angegeben. Die Wohnung habe eine Fläche von 100 m². Zum Zwecke der Bewertung des Wohnrechts gab der Bf. an, dass für die Wohnung ein fiktiver monatlicher Mietzins iHv Euro 1.000,00 zu erzielen sei.
Der Unterhalt an die Exgattin wurde iHv Euro 1.900,00 pro Monat angegeben.
Das Finanzamt bewertete die Renten und wiederkehrenden Leistungen gemäß § 16 Bewertungsgesetz (BewG) 1955.
Bescheid vom :
Das Finanzamt setzte mit angefochtenem Bescheid vom ausgehend von einer Bemessungsgrundlage iHv Euro 1,220.376,73 die Gebühr gemäß § 30 TP 20 Abs. 1 lit b. GebG iHv Euro 24.407, 53 fest.
Begründend wurde ausgeführt, dass aus der schriftlichen Beantwortung des Vorhalts vom sich nachfolgende Werte nach § 16 Bewertungsgesetz (BewG) für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage ergeben haben:
Restkredit: Euro 593.000,00
Wohnrecht: Euro 196.055,22
Betriebskosten: Euro 58.816,57
Unterhalt: Euro 372.504,93
Summe: Euro 1.220.376,73
Beschwerde vom :
Mit Beschwerde vom wird der Bescheid dem Grunde und der Höhe nach zur Gänze angefochten.
Zum Sachverhalt wird ausgeführt, dass in diesem Ehepakt Vereinbarungen für den Fall der Auflösung der Ehe getroffen werden. Geregelt werden vermögensrechtliche Dispositionen und der Unterhalt.
Das Finanzamt habe den Ehepakt unter die Bestimmung des § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG 1957 subsumiert und ausgehend von der ermittelten Bemessungsgrundlage, dem Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen, die außergerichtliche Vergleichsgebühr in Höhe von 2 Prozent festgesetzt. Eine Begründung für diese Subsumtion sei dem Bescheid nicht zu entnehmen. Lediglich eine kurze Auflistung der Berechnung der Bemessungsgrundlage, nicht aber der Subsumtion.
In der Beschwerde wird rechtlich ausführlich dargestellt, was unter einem Vergleich iS des § 1380 ABGB zu verstehen ist:
"Unter einem Vergleich versteht man im Sinne des § 1380 ABGB einen Neuerungsvertrag, durch den streitige oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, dass jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet. Der Vergleich gehört zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen, und wird nach denselben Grundsätzen beurteilt."
Aus den Gebührenrichtlinien 2019, 828, leite sich ab, dass es sich bei einem Vergleich um einen Feststellungsvertrag handelt mit "Klarstellungs- und Streitvorbeugungsfunktion", der "unter beiderseitigem Nachgeben zustande kommt und womit bisher strittige oder zweifelhafte Rechte oder Rechtsgeschäfte bereinigt werden."
Unter ausführlichem Hinweis auf die GebR 2019 führte der Bf. aus, dass es für das Vorliegen des Tatbestandes eines Vergleiches der Regelung strittiger Rechte bedürfe.
Im vorliegendem Sachverhalt waren jedoch weder Rechte strittig noch zweifelhaft.
Es wurde nichts im Vergleichswege geregelt.
Wörtlich wurde schriftlich ausgeführt:
Der Bf. "schenkte vor dem "Ehepakt" seine Wohnung seiner Gattin gegen Einräumung eines Wohnrechtes. Er verzichtet im Scheidungsfall auf das ihm 100%ig zustehende Wohnrecht und seine Gattin muss dafür gar nichts zahlen. Er tut es freiwillig. Dafür muss seine Gattin nichts zahlen, was sie nicht ohnehin müsste (Betriebskosten für ihre eigene Eigentumswohnung). Die Gattin verzichtet im Rahmen des Ehepaktes auf absolut gar nichts. Sie gibt keine Rechte auf und verzichtet auf keine materielle Zuwendungen."
Die Aufzählung von nicht strittigen Rechten stellt aber keinen Vergleich dar. Auch wird keine Partei zu Leistungen verpflichtet, die sie nicht ohnehin zu zahlen hat.
Es werde im Ehepakt kein Vermögen aufgeteilt. Dieses stehe ohnehin der Ehegattin infolge der zuvor erfolgten Schenkung zu.
"Im Notariatsakt werden eine Fülle von Erklärungen abgegeben (1.), die offensichtlich für die frisch getraute Ehegattin, die weder der deutschen Sprache, noch der österreichischen Rechtslage mächtig ist, beruhigend wirken sollten. Es wird kein Vermögen aufgeteilt - dieses steht infolge der zuvor erfolgten Schenkung ohnehin der Ehegattin zu."
Um Übermittlung einer Bescheidbegründung wurde ersucht.
Der festgestellte Sachverhalt möge dargestellt werden.
Bescheidbegründung vom :
In der nachgereichten Bescheidbegründung vom führte das Finanzamt aus, dass Vereinbarungen unter Eheleuten für den Fall einer Scheidung nach ständiger Rechtsprechung des VwGH als Vergleich zu beurteilen sind. Für den Fall der Scheidung wird die Aufteilung der Ehewohnung dahingehend geregelt, dass sich der Bf. dazu verpflichtet, die Ehewohnung zu verlassen und seiner Ehefrau das alleinige Wohnrecht zu überlassen.
Auch wenn die Urkunde als Ehepakt bezeichnet werde, liege ein solcher nicht vor. Es werden nämlich Vermögensverhältnisse und Unterhaltszahlungen geregelt. Die Geschenknehmerin verpflichtet sich zur Zahlung des aushaftenden Restkredites und Übernahme der Betriebskosten der Ehewohnung.
Rechtlich führte das Finanzamt aus, dass die vertragliche Regelung künftiger Vermögensverhältnisse durch die Eheleute im Falle einer Scheidung nach ständiger Rechtsprechung des VwGH der Gebühr gemäß § 33 TP 20 unterliegen (). Für den Tatbestand eines Vergleiches sei es nicht notwendig, dass beide Parteien in jedem einzelnen Punkt nachgeben. Es genüge ein Nachgeben in nur einem Punkt eines Vergleiches.
Beschwerdevorentscheidung vom :
Das Finanzamt wies mit Beschwerdevorentscheidung vom die Beschwerde als unbegründet ab.
Rechtlich führte das Finanzamt aus, dass der gegenständliche Ehepakt die Rechtsfolgen einer Scheidung regelt. Es werden die Vermögensverhältnisse und die Unterhaltszahlungen für den Fall der Auflösung der Lebensgemeinschaft geregelt. Auch wenn die Urkunde als Ehepakt bezeichnet werde, handle es sich hiebei um einen Vergleich, in welchem der Unterhalt und die Vermögensaufteilung geregelt werden.
Das Finanzamt führte aus, dass ein Ehepakt ein Vertrag zur Regelung der Vermögensverhältnisse zwischen Ehegatten sei, um dadurch den gesetzlichen Güterstand zu modifizieren oder zu ersetzen.
Die gegenständliche Vereinbarung regle jedoch die vermögensrechtlichen Ansprüche und Unterhaltsansprüche im Falle einer Auflösung der Ehe, aus welchem Grund auch immer. Regelungen über die Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse im Falle einer Scheidung stellen einen Vergleich nach § 33 TP 20 GebG dar. Auf das Erkenntnis des und , 99/16/0021, wurde verwiesen.
Vorlageantrag vom :
Mit Vorlageantrag beantragt der Bf. die mündliche Verhandlung im Senat. Auf die Beschwerde wurde verwiesen. Beantragt wurde die ersatzlose Aufhebung des Bescheides.
Vorlagebericht:
Das Finanzamt legte mit Vorlagebericht die verfahrensgegenständlichen Akten vor und beantragte die Abweisung der Beschwerde.
Mündliche Verhandlung am :
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat führte der Vertreter des Bf. aus, dass eine Rechtsanwältin die Vereinbarung in der Muttersprache der Ehegattin aufgesetzt hat, damit die Ehegattin ausreichend versorgt sei. Die Ehegattin war der deutschen Sprache nicht mächtig.
Der Bf. habe zu dieser Zeit gerade ein Scheidungsverfahren hinter sich gebracht. Die getroffene Vereinbarung habe Klar- und Feststellungscharakter und wirke nicht konstitutiv. Die Urkunde habe lediglich Dokumentationsfunktion.
Daher habe man einen Rechtsanwalt aufgesucht, welcher die gegenständliche Vereinbarung aufgesetzt habe. Es sei darum gegangen, die Ehefrau abzusichern. Im konkreten Fall liege kein Vergleich vor, weil man keine strittigen oder zweifelhaften Rechte geregelt habe. Die Urkunde habe Dokumentationsfunktion, jedoch keinen Vergleichscharakter.
Als zweites Argument werde zur Höhe der festgesetzten Gebühr auf die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG verwiesen. Darin werde klargestellt, dass der Gesetzgeber den gleichen Vorgang nicht doppelt besteuern möchte. Die Übernahme der Verbindlichkeiten sei bereits bei der Grunderwerbsteuer betreffend den Schenkungsvertrag in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt worden. Dies ist Gegenleistung für die Grunderwerbsteuer und daher nicht noch einmal zu besteuern.
Dem entgegneten die Amtsvertreter, dass es sich bei gegenständlicher Urkunde um einen Vergleich im Sinne der Rechtsprechung des VwGH handelt. Die Ehegattin übernimmt im Falle der Scheidung etwaige Restkreditschulden.
Der steuerliche Vertreter überreichte den Schriftsatz vom , in welchem die rechtsfreundliche Vertretung der Eheleute dem steuerlichen Vertreter mitteilte, dass es keine strittigen oder offenen Fragen zwischen den Eheleuten gibt. Der Inhalt der getroffenen Vereinbarung wurde wiedergegeben.
Der Bf. verzichtet demnach im Falle der Scheidung auf sein Wohnrecht und räume der Ehegattin das alleinige Wohnrecht ein. Der Bf. verzichtet auf Zahlungen seiner Ehefrau aus Erträgnissen der Wohnung. Die Ehefrau sei berechtigt die Wohnung zu verkaufen oder zu belasten. Unterhaltsleistungen für den Fall der Scheidung wurden dem Grunde nach vereinbart.
Auf die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 Gebührengesetz werde ausdrücklich hingewiesen. Darin sei klargestellt, dass der gleiche Vorgang nicht der Gebühr zu unterziehen sei, wenn er bereits der Grundverkehrsteuer unterzogen worden ist.
Die Amtsvertreter verwiesen auf die bisherige Judikatur des VwGH, wonach es sich bei der Urkunde um einen Vergleich im Sinne des ABGB handelt. Es handelt sich bei der Schenkung und beim Vergleich um zwei unterschiedliche Rechtsgeschäfte. Im Vergleich werden die Scheidungsfolgen geregelt und nicht die Vermögensübertragung. Die Ehegattin übernimmt im Falle der Scheidung etwaige Restkreditschulden. Die Eheleute haben ihre Vermögensansprüche vorweg geregelt. Auf das Urkundenprinzip wurde verwiesen.
Der steuerliche Vertreter wies darauf hin, dass beide Urkunden zeitgleich abgeschlossen wurden.
Der steuerliche Vertreter beantragte die vollinhaltliche Stattgabe der Beschwerde und die ersatzlose Aufhebung des Bescheides.
II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:
Beweiswürdigung
Dem Verfahren liegt der "Ehepakt" und der Schenkungsvertrag, je vom , der Gebührenbescheid vom , die Beschwerde vom , die Beschwerdevorentscheidung vom , und der Vorlageantrag zugrunde.
Der Senat nahm Einsicht in die vorgelegten Akten, die Urkunden, den Beschwerdeschriftsatz, den Gebührenbescheid und die Beschwerdevorentscheidung. Die Feststellungen über den Inhalt der Vertragsurkunde konnten durch Einsicht in die Vertragsurkunden getroffen werden.
Daraus ergibt sich folgender Sachverhalt:
Im vorliegenden Sachverhalt hat der Bf. am mit seiner Ehefrau einen Ehepakt in Form eines Notariatsaktes abgeschlossen. Geregelt wurden die Rechtsfolgen einer Auflösung der Ehe, egal aus welchen Grund.
Vereinbart wurde, dass der Bf. im Falle einer Auflösung der Ehe die gemeinsame Ehewohnung binnen vier Wochen verlässt und ein Wohnrecht zugunsten der Ehefrau einräumt. Der Ehefrau werde das Recht eingeräumt, die Wohnung zu vermieten oder zu verkaufen. Dabei behalte Ehefrau sich das Recht vor, den Verkaufserlös, nach Abstattung des Restkredites, für sich zu behalten.
Die Ehefrau trage die Betriebskosten und die Finanzierung etwaiger auf den Kaufpreis offener Beträge (Restkreditzahlung, Punkt 1.e).
Der Bf. sei nicht mehr verpflichtet, seine Ehefrau weiter zu beschäftigen und ihr ein monatliches Gehalt zu bezahlen.
Festgehalten wurde, dass sich der Bf. im Falle der Auflösung der Lebensgemeinschaft verpflichtet Unterhaltszahlungen in solcher Höhe zu leisten, wie sie auch der Exfrau des Bf. zugesprochen worden sind ("Ehepakt", Punkt 2-tens).
1. Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 15 Abs. 3 GebG sind Rechtsgeschäfte, die unter das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz, Grunderwerbsteuergesetz, Kapitalverkehrsteuergesetz (I. Teil Gesellschaftsteuer und II. Teil Wertpapiersteuer) oder Versicherungssteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen; dies gilt auch für Rechtsgeschäfte, sofern und insoweit diese unter das Stiftungseingangssteuergesetz fallen.
Gemäß § 17 Abs. 1 GebG ist für die Festsetzung der Gebühren der Inhalt der über das Rechtsgeschäft errichteten Schrift (Urkunde) maßgebend. Zum Urkundeninhalt zählt auch der Inhalt von Schriften, der durch Bezugnahme zum rechtsgeschäftlichen Inhalt gemacht wird.
Wenn aus der Urkunde die Art oder Beschaffenheit eines Rechtsgeschäftes oder andere für die Festsetzung der Gebühren bedeutsame Umstände nicht deutlich zu entnehmen sind, so wird auf Grund des § 17 Abs. 2 GebG bis zum Gegenbeweis der Tatbestand vermutet, der die Gebührenschuld begründet oder die höhere Gebühr zur Folge hat.
Gemäß § 17 Abs. 4 GebG ist es auf die Entstehung der Gebührenschuld ohne Einfluss, ob die Wirksamkeit eines Rechtsgeschäftes von einer Bedingung oder von der Genehmigung eines der Beteiligten abhängt.
Werden in einer Urkunde mehrere Rechtsgeschäfte derselben oder verschiedenen Art, die nicht zusammenhängende Bestandteile des Hauptgeschäftes sind, abgeschlossen, so ist gemäß § 19 Abs. 2 erster Satz GebG die Gebühr für jedes einzelne Rechtsgeschäft zu entrichten.
Werden durch einen Zusatz oder Nachtrag zu einer bereits ausgefertigten Urkunde die darin beurkundeten Rechte oder Verbindlichkeiten ihrer Art oder ihrem Umfang nach geändert oder wird die vereinbarte Dauer eines Rechtsgeschäftes verlängert, so ist dieser Zusatz oder Nachtrag gemäß § 21 GebG im Umfang der vereinbarten Änderung oder Verlängerung als selbstständiges Rechtsgeschäft gebührenpflichtig.
Gemäß § 26 GebG gelten für die Bewertung der gebührenpflichtigen Gegenstände, insoweit nicht in den Tarifbestimmungen abweichende Regelungen getroffen sind, die Vorschriften des Bewertungsgesetzes 1955, BGBl. Nr.148, mit der Maßgabe, dass bedingte Leistungen und Lasten als unbedingte, betagte Leistungen und Lasten als sofort fällige zu behandeln sind und dass bei wiederkehrenden Leistungen die Anwendung der Bestimmungen des § 15 Abs. 1 über den Abzug der Zwischenzinsen unter Berücksichtigung von Zinseszinsen und des § 16 Abs. 3 des vorerwähnten Gesetzes ausgeschlossen ist.
§ 1217 ABGB definiert Ehepakte wie folgt:
"(1) Ehepakte heißen diejenigen Verträge, welche in der Absicht auf die eheliche Verbindung über das Vermögen geschlossen werden. Sie haben vorzüglich die Gütergemeinschaft und den Erbvertrag zum Gegenstand.
(2) Die Bestimmungen dieses Hauptstücks sind auf eingetragene Partner sinngemäß anzuwenden."
§ 33 TP 20 Abs. 1 GebG lautet:
"(1) Vergleiche (außergerichtliche),
a) wenn der Vergleich über anhängige Rechtsstreitigkeiten getroffen wird 1 vH,
b) sonst 2 vH vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen."
§ 1380 ABGB definiert den Vergleich wie folgt:
"Ein Neuerungsvertrag, durch welchen streitige, oder zweifelhafte Rechte dergestalt bestimmt werden, daß jede Partei sich wechselseitig etwas zu geben, zu tun, oder zu unterlassen verbindet, heißt Vergleich. Der Vergleich gehört zu den zweiseitig verbindlichen Verträgen, und wird nach eben denselben Grundsätzen beurteilt."
Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 GrEStG 1987 unterliegen Kaufverträge oder andere Rechtsgeschäfte, die den Anspruch auf Übereignung begründen - soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen - der Grunderwerbsteuer.
Nach § 33 TP 11 Abs. 1 GebG unterliegen Ehepakte, das sind Verträge, die in Absicht auf die eheliche Verbindung geschlossen werden, nach dem Wert einer Gebühr von 1 v. H. Nach Abs. 2 dieser Bestimmung ist als Wert das Heiratsgut oder das der Gütergemeinschaft bei Lebzeiten unterzogene Vermögen anzunehmen.
Gemäß § 15 Abs. 2 BewG 1955 sind Nutzungen oder Leistungen von unbestimmter Dauer vorbehaltlich des § 16 mit dem Neunfachen des Jahreswertes zu bewerten.
Nach § 16 Abs. 1 BewG 1955 ergibt sich der Kapitalwert von wiederkehrenden Nutzungen und Leistungen sowie dauernden Lasten, die vom Ableben einer oder mehrerer Personen abhängen, aus der Summe der von der Erlebenswahrscheinlichkeit abgeleiteten Werte (versicherungsmathematische Berechnung).
Im vorliegenden Sachverhalt steht fest, dass die Eheleute unter Bezugnahme auf den gesetzlichen Güterstand der Gütertrennung in der als Ehepakt bezeichneten Vereinbarung ihre Rechtsverhältnisse (Vermögensverhältnisse und Unterhaltsleistungen) im Falle einer Scheidung geregelt haben. Vertraglich getroffene Regelungen des Unterhaltes gehören nicht zu den Ehepakten ().
Gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit a GebG unterliegen außergerichtliche Vergleiche über anhängige Rechtsstreitigkeiten einer Gebühr von 1 v. H. und gemäß lit b in allen sonstigen Fällen, dh über nicht anhängige Rechtsstreitigkeiten, einer Gebühr von 2 v. H. vom Gesamtwert der von jeder Partei übernommenen Leistungen.
Nachdem das Gebührengesetz keine Begriffsbestimmung enthält, ist der den Gegenstand des § 33 TP 20 GebG bildende "Vergleich" nach § 1380 ABGB zu beurteilen.
Bei einem Vergleich handelt es sich um einen Neuerungsvertrag, durch welchen strittige oder zweifelhafte Rechte oder Rechtsverhältnisse dergestalt bestimmt werden, dass jeder Vertragspartner sich wechselseitig verbindet, etwas zu geben, zu tun oder zu unterlassen. Wesentlich ist die unter beiderseitigem Nachgeben einverständliche neue Festlegung bzw. vorrangig die Bereinigung strittiger oder zweifelhafter Rechte.
Es können daher nicht nur bereits bestehende strittige vertragliche Rechtsverhältnisse, sondern auch solche Rechte vergleichsweise geregelt werden, die dem Grunde oder der Höhe nach zweifelhaft bzw. unsicher sind.
Streitig ist ein Recht dann, wenn die Parteien sich nicht darüber einigen können, ob und in welchem Umfang es entstanden ist oder noch besteht.
Zweifelhaft ist das Recht, wenn die Parteien sich über Bestand, Inhalt und Umfang oder auch über das Erlöschen nicht im Klaren sind (vgl. ).
Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung Vereinbarungen, die (auch schon vor der beabsichtigten Eheschließung) allfällige Scheidungsfolgen regeln, als Vergleiche im Sinne des § 33 TP 20 GebG angesehen (vgl. ).
In einem solchen Fall regeln die Vertragsteile zweifelhafte bzw. unsichere Rechte und Ansprüche, weil sie an diese Regelung auch dann gebunden bleiben, wenn sich später die gesetzlichen Voraussetzungen etwa für eine Unterhaltspflicht ändern sollten. Im Zeitpunkt der Unterzeichnung des Rechtsgeschäftes steht nämlich die Verpflichtung zur Leistung eines Unterhaltes dem Grunde nach noch gar nicht fest. Es liegt daher eine künftige Regelung der Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse der Ehegatten für den Fall einer Scheidung vor und eine solche Regelung ist als Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 GebG zu beurteilen ().
Da im Gesetz die Folgen der Scheidung im Einzelnen nicht festgelegt sind und Unterhaltsvereinbarungen grundsätzlich der Disposition der Ehegatten unterliegen, handelt es sich bei einer solchen Scheidungsfolgenvereinbarung um die Regelung zweifelhafter Rechte (Koziol-Welser, Bürgerliches Recht II 10, 206 ff.).
Es können nämlich nicht nur bereits bestehende strittige vertragliche Rechtsverhältnisse vergleichsweise geregelt werden, sondern auch künftige auf Gesetz beruhende Ansprüche, wenn noch zweifelhaft ist, ob und inwieweit die gesetzlich normierten Voraussetzungen gegeben sein werden (, ).
3.1. Zu Spruchpunkt I. (Abänderung)
Ehepakt - Vergleich:
Das Finanzamt setzte mit Bescheid vom ausgehend von einer Bemessungsgrundlage iHv Euro 1,220.376,73 die Gebühr gemäß § 30 TP 20 Abs. 1 lit b. GebG iHv Euro 24.407, 53 fest. Zur Höhe wurde begründend ausgeführt, dass aus der schriftlichen Beantwortung des Vorhalts vom sich nachfolgende Werte für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage errechnet haben:
Restkredit: Euro 593.000,00
Wohnrecht: Euro 196.055,22
Betriebskosten: Euro 58.816,57
Unterhalt: Euro 372.504,93
Summe: Euro 1.220.376,73
Im vorliegenden Sachverhalt haben die Eheleute für den Fall der Auflösung der Ehe vereinbart, dass der Ehegatte auf das Wohnrecht verzichten werde und die Ehegattin die Verantwortung für die Finanzierung der auf den Kaufpreis offenen Beträge (Restkreditzahlungen), sowie die laufenden Kosten (Betriebskosten), der Liegenschaft übernimmt.
Die Unterhaltsleistung im Falle der Scheidung wurde analog zur jener mit der Exgattin getroffenen Regelung vereinbart (Punkt 2).
Es liegt somit ein in Form eines Notariatsaktes abgeschlossener Vergleich über die Scheidungsfolgen vor.
Der Senat gelangte daher entgegen der Ansicht des Bf. zu der Erkenntnis, dass in der Vereinbarung Vermögens- und Unterhaltsverhältnisse für den Fall einer Scheidung abschließend geregelt werden und ein Vergleich im Sinne des § 1380 ABGB vorliegt. Diese Vereinbarung regelt inhaltlich ausdrücklich die Rechtsbeziehung zwischen den Eheleuten im Falle der Scheidung.
Das Vorbringen, es liege kein Vergleich vor, da durch den Notariatsakt keine Bereinigung strittiger oder zweifelhafter Rechte erfolgt sei, widerspricht der Tatsache einer von vornherein gewollten, verbindlichen Klarstellung einer allenfalls zu leistenden Unterhaltsleistung und Regelung der Restkreditzahlung des aushaftenden Wohnungskredites. Die Eheleute haben mit dieser Vereinbarung offenbar Verhältnisse geregelt, die nicht von vornherein klar gewesen sind.
Die Vertragspartner sind verheiratet und hat der Bf. am selben Tag einen Schenkungsvertrag über die Wohnung (Notariatsakt) zugunsten seiner Ehegattin als Geschenknehmerin unterfertigt.
Beide Vertragspartner haben mit der Vergleichsvereinbarung eine Klarstellung für den Fall der Auflösung der Ehe vereinbart.
Im Gesetz sind die Folgen einer Scheidung nicht abschließend geregelt. Die Unterhaltsvereinbarungen unterliegen grundsätzlich der Disposition der Eheleute. Die Unterhaltsregelungen sind daher von vornherein unklar, sodass es sich bei der Unterhaltsregelung als Scheidungsfolgenvereinbarung und die Regelung eines nicht klaren, zweifelhaften Rechts handelt. Es können nicht bloß strittige Rechtsverhältnisse geregelt werden, sondern auch künftige auf Gesetz beruhende Ansprüche, wenn auch zweifelhaft ist, ob und inwieweit die gesetzlich normierten Voraussetzungen gegeben sein werden (, Rechtssatz Nr. 6).
Ein wesentliches Kriterium für diesen Vergleich ist die klärende Regelung zweifelhafter Fragen nach Auflösung der Ehegemeinschaft. Damit hat das Finanzamt diese Vereinbarung dem Grunde nach zu Recht als Vergleich im Sinne des § 33 TP 20 GebG 1957 qualifiziert. Damit wurden unklare, unsichere, zweifelhafte Fragen von beiden Vertragspartnern abschließend verbindlich geregelt. Der Scheidungsvergleich wirkt konstitutiv.
Soweit der Bf. meint, es gelange die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 3 GebG zur Anwendung, weil der Schenkungsvertrag eine Grunderwerbsteuerpflicht ausgelöst hat, gilt zu bedenken, dass es sich bei beiden Verträgen um zwei getrennte Urkunden handelt, welche inhaltlich unterschiedliche Rechtsgeschäfte darstellen. Der Vergleich ist eine entgeltliche Vereinbarung. Die Ehegattin verpflichtet sich für die Finanzierung des Restkredites Sorge zu tragen während der Bf. auf sein Wohnrecht verzichtet und sich verpflichtet der Ehegattin Unterhalt zu leisten.
Im Schenkungsvertrag überträgt der Ehegatte die Eigentumswohnung in das Eigentum der Ehegattin.
Im gleichzeitig abgeschlossenen Vergleich werden die unsicheren Folgen einer Ehescheidung abschließend, verbindlich geregelt. Eine der Grunderwerbsteuer unterliegende Eigentumsübertragung findet nicht statt. Es fehlt daher eine Voraussetzung für die Anwendung der Befreiungsbestimmung gemäß § 15 Abs. 3 GebG.
Insoweit kommt dieser Vereinbarung zivilrechtlich eine konstitutive Wirkung zu.
Zur Höhe der Bemessungsgrundlage:
Der Bf. hat zeitgleich mit Schenkungsvertrag die Wohnung eigentümlich der Ehegattin übertragen. Daraus folgt für den erkennenden Senat, dass er nicht zusätzlich ein Wohnrecht der Ehegattin einräumen kann, zumal sie ohnehin zeitgleich Eigentümerin der Liegenschaft geworden ist.
Bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage wird daher das Wohnrecht nicht in die Bemessungsgrundlage mit einbezogen. Ebenso verhält es sich mit den Betriebskosten der Wohnung, die ohnehin von der Ehegattin des Bf. als Eigentümerin zu tragen sind.
Die Bemessungsgrundlage ermittelt sich nach Ansicht des Senates unter Anwendung des § 16 Bewertungsgesetz daher wie folgt:
Wert Unterhaltsleistungen: Euro 372.504,93
Übernahme - Restkredit: Euro 593.000,00
Summe: Euro 969.504,93
Ausgehend von der Bemessungsgrundlage iHv Euro 969.504,93 errechnet sich die Gebühr gemäß § 33 TP 20 Abs. 1 lit b GebG in Höhe von Euro 19.390,09.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt II. (Revision)
Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Diese Voraussetzungen treffen im Beschwerdefall nicht zu. Die Entscheidung ist im Einklang mit der zitierten Judikatur des VwGH erfolgt, sodass keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen wurde. In Anbetracht der klaren Sachlage kommt dieser Entscheidung keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu.
Klagenfurt am Wörthersee, am
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Materie | Steuer |
betroffene Normen | § 15 Abs. 3 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 17 GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 33 TP 20 Abs. 1 lit. b GebG, Gebührengesetz 1957, BGBl. Nr. 267/1957 § 1380 ABGB, Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch, JGS Nr. 946/1811 |
Verweise | |
ECLI | ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105567.2019 |
Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at