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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 04.10.2023, RV/7105389/2016

Einstellung des Beschwerdeverfahrens nach Löschung der GmbH gemäß § 40 FBG wegen Vermögenslosigkeit

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin Dr. Maria Grohe in der Beschwerdesache ***Bf1***, ***Bf1-Adr***, betreffend Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Bruck Eisenstadt Oberwart vom betreffend Körperschaftsteuer 2015 und Umsatzsteuer 2015, Steuernummer ***BF1StNr1*** beschlossen:

I. Das Beschwerdeverfahren wird eingestellt.

II. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

A. Sachverhalt

Bei der damaligen (bereits in Konkurs befindlichen) Beschwerdeführerin (Bf.) fand im Jänner 2016 eine Außenprüfung betreffend Umsatzsteuer für den Zeitraum 01-11/2015 statt, in deren Zuge das Finanzamt die folgenden Feststellungen traf:

TZ. 1 Allgemeine Feststellungen

Die ***Bf1*** wurde mit Gesellschaftsvertrag vom errichtet.

Ab war die GmbH Betreiberin der Gaststätte"***x***" in ***xy***. Der schriftliche Pachtvertrag wurde im März 2015 unterfertigt.
Am wurde eine Außenprüfung gem. § 147 BAO für den Zeitraum 1-7/2015 beim damaligen steuerlichen Vertreter der GmbH begonnen.
Nach dem Ersuchen an den steuerlichen Vertreter zur Aufklärung von nicht nachvollziehbar geringen Rohaufschlägen wurde in der Folge eine an die Staatsanwaltschaft Eisenstadt gerichtete Sachverhaltsdarstellung mit Datum übermittelt: In dieser Sachverhaltsdarstellung werden unrichtige "Abrechnungen" von ***3*** (Kellner und gewerberechtlicher Geschäftsführer ) und ***4*** (Kellner und 10 %- Gesellschafter der ***Bf1***) als Führer des Lokals angegeben. Weiters angeführt ist die fristlose Entlassung dieser beiden Personen.
Mit Datum erfolgte die Auflösung des Pachtvertrages.
Mit Datum erfolgte die Eröffnung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der ***Bf1***.

TZ.2 Schätzung gem. § 184 BAO

Im Zuge der gegenständlichen Außenprüfung wurde festgestellt, dass das Verhältnis von Wareneinkauf und Warenerlös nicht den tatsächlichen Verhältnissen entsprechen kann.
Die Besteuerungsgrundlagen wurden daher im Wege der Schätzung gem. § 184 BAO ermittelt und aufgrund der durch den Prüfer durchgeführten Kalkulation - ausgehend vom verbuchten WEK - die Bemessungsgrundlagen dahingehend ermittelt, dass die Erlöse/20 % laut Bp
€ 194.330,11 betrugen. Die Erlöse/10 % wurden auf den Gesamtzeitraum 1.1.-10.11. mit
€ 3.067,58 hochgerechnet.

TZ.3 Vorsteuer

Da die offenen Lieferverbindlichkeiten per lt. Saldenliste € 35.863,18 betrugen, erfolgte in Anlehnung eine Kürzung um den Betrag von € 7.000,00, sodass die Vorsteuern laut Bp nur € 6.681,91 betrugen.

Unter Zugrundelegung dieser abgabenbehördlichen Prüfungsfeststellungen erließ das Finanzamt gegenüber der Bf. am einen Umsatzsteuerbescheid, in dem die Umsatzsteuer für 2015 mit € 32.490,87 festgesetzt wurde.
Im Körperschaftsteuerbescheid vom erfolgte ausgehend von den im Zuge der Prüfung ermittelten Umstände die Schätzung der Besteuerungsgrundlagen und resultierten hieraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb iHv € 15.342,27. Die Körperschaftsteuer für 2015 wurde dementsprechend mit € 3.836,00 festgesetzt.

Gegen diese Bescheide richtet sich die von der Masseverwalterin im Insolvenzverfahren der Bf. am eingebrachte Beschwerde, in der diese im Wesentlichen einwendet, dass die zugeschätzten Umsätze nicht der GmbH zuzurechnen seien. Diese würden rechtswidrige und geschäftsschädigende außerbetriebliche Umsätze der ehemaligen Mitarbeiter darstellen und seien diesen zuzurechnen.

Gegen die abweisenden Beschwerdevorentscheidungen betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer 2015 vom wurde schließlich nach Konkursaufhebung (mit Beschluss des LG Eisenstadt vom ) am durch den rechtsfreundlichen Vertreter der Bf. ein Vorlageantrag eingebracht.

Die Beschwerdevorlage an das Bundesfinanzgericht erfolgte mit Vorlagebericht
vom .

Aus dem aktuellen Firmenbuchauszug FN ***GZ*** (Fa. ***Bf1***) geht folgendes hervor:

Mit Beschluss des Landesgericht Eisenstadt vom wurde über das Vermögen der Bf. das Insolvenzverfahren eröffnet.
Am hob das Gericht den Konkurs mangels Vermögens gemäß § 123a Insolvenzordnung (IO) auf.
Am erfolgte die amtswegige Löschung der Firma gemäß § 40 FBG infolge Vermögenslosigkeit.

Auf dem Abgabenkonto der gelöschten GmbH haftet ein fälliger Rückstand von EUR 31.293,37 aus. Daneben ist ein Betrag von EUR 3.836,00 ausgesetzt.

B. Rechtliche Ausführungen

B/1. Die Löschung einer im Firmenbuch eingetragenen juristischen Person hat bloß deklarativen Charakter () und beendet die Rechtsfähigkeit nicht, solange Vermögen vorhanden ist () und Rechtsverhältnisse zu Dritten nicht vollständig abgewickelt sind (siehe Ritz, BAO5, § 79, Tz 11; ; , 2006/13/0187; , 2010/15/0026). An eine im Firmenbuch bereits gelöschte GmbH gerichtete Bescheide können bis zur Vollbeendigung der aufgelösten Gesellschaft grundsätzlich rechtswirksam ergehen, wobei die aufgelöste GmbH einen gesetzlichen oder gewillkürten Vertreter benötigt ().

Mit der nur deklarativ wirkenden Löschung der Gesellschaft im Firmenbuch ist nach der Rechtsprechung des OGH konstitutiv der Wegfall der organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft verbunden (; , 3 Ob 113/07z), sodass in diesem Fall an eine im Firmenbuch gelöschte juristische Person mangels Handlungsfähigkeit keine Bescheide mehr wirksam erlassen werden können. Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam ().

Eine Entscheidung über die Beschwerde könnte durch das BFG im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden. Die Masseverwalterin, die nach Konkurseröffnung über das Vermögen der Bf. die Beschwerde eingebracht hatte, wurde mit Aufhebung des Konkurses am ihres Amtes enthoben und der rechtsfreundliche Vertreter, der am den Vorlageantrag eingebracht hat, vertritt die gelöschte GmbH nach Löschung derselben nicht mehr. Eine andere Person, der ein Beschluss oder Erkenntnis in diesem Rechtsmittelverfahren zugestellt werden kann, existiert nicht.

B/2. In seinem Erkenntnis vom , Ro 2014/13/0035 zitierte der Verwaltungsgerichtshof einleitend seinen Beschluss vom (), in dem er aussprach, dass der Fortbestand der Rechtssubjektivität einer wegen Vermögenslosigkeit von Amts wegen gelöschten GmbH bejaht werde, "solange noch ein Abwicklungsbedarf besteht, was dann der Fall ist, wenn Abgabenverbindlichkeiten einer solchen Gesellschaft bescheidmäßig festzusetzen sind". Der VwGH merkte ausdrücklich an, dass sich diese Aussage nicht auf die Erledigung eines Berufungsverfahrens bezog.

Weiters verwies er auf seine Entscheidung vom , wonach zu prüfen ist, ob sich auf Grund des vorliegenden Rechtsstreits nachträglich ein abwickelbares Vermögen der Beschwerdeführerin ergeben könnte, sodass die Rechtspersönlichkeit der Körperschaft insoweit als fortdauernd anzusehen wäre ().

Im vorliegenden Fall besteht kein Abwicklungsbedarf durch Fortführung des Beschwerdeverfahrens, weil die gelöschte GmbH die vorgeschriebene Umsatz- und Körperschaftsteuer nicht entrichtet hat und daher selbst im Falle einer Stattgabe der Beschwerde kein Aktivvermögen entstünde, da der gesamte Abgabenrückstand auf dem Konto der gelöschten GmbH aushaftet.

Die im Firmenbuch gelöschte und vermögenslose GmbH ist damit vollbeendet. Somit besteht nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung kein Anlass zur Bestellung eines Kurators gemäß § 82 Abs 2 BAO ().

Eine Zustellung etwa an den früheren Geschäftsführer wäre unwirksam (; ; ; ; u.a.).

Eine Entscheidung über die Beschwerde kann durch das Gericht im gegenständlichen Verfahren daher nicht mehr zugestellt werden.

Der steuerliche Vertreter, der namens der Bf. den Vorlageantrag eingebracht hatte, vertritt die gelöschte GmbH nach Löschung derselben nicht mehr. Eine andere Person, der ein Beschluss oder Erkenntnis in diesem Rechtsmittelverfahren zugestellt werden kann, besteht auf Grund der vorstehenden Ausführungen nicht.

Wegen der fehlenden Möglichkeit, der Bf. eine Rechtsmittelentscheidung zuzustellen, kann eine solche durch das BFG auch nicht wirksam erlassen werden (siehe auch ).

Das Beschwerdeverfahren ist daher einzustellen. Diese Einstellung durch das Bundesfinanzgericht hatte mittels Beschluss zu erfolgen () und ergeht dieser mangels Zustellungsmöglichkeit an die Bf. nur an die Amtspartei ().

Gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 BAO iVm § 272 Abs. 5 BAO konnte von der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden (siehe Ritz/Koran BAO7 zu § 274 Rz 11; Althuber/Tanzer/Unger, BAO Handbuch, § 274, 762).

Zulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil der Beschluss von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Zur gegenständlichen Rechtsfrage existiert eindeutige höchstgerichtliche Rechtsprechung, auf die sich der gegenständliche Beschluss stützt. Aus diesem Grund ist die Revision nicht zuzulassen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 40 FBG, Firmenbuchgesetz, BGBl. Nr. 10/1991
Schlagworte
Vermögenslosigkeit
Abwicklungsbedarf
Löschung
Firmenbuch
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.7105389.2016

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at