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Bescheidbeschwerde – Einzel – Erkenntnis, BFG vom 24.10.2023, RV/5100456/2023

1. Ein Bescheid erweist sich auch bei einem falschen Bescheidadressaten als unrichtig und ist gemäß § 299 BAO aufzuheben. 2. In Fällen des § 253 BAO wird die Beschwerde nicht unzulässig, sondern gilt sie auch als gegen den gemäß § 299 Abs 2 BAO verbundenen Bescheid gerichtet

Entscheidungstext

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin ***RI*** in der Beschwerdesache ***BF***, ***BF-Adr***, vertreten durch Dr. Thomas Bründl, Mondseerstraße 5, 5204 Straßwalchen, Steuernummer ***BF-StNr***, zu Recht erkannt:

I. über die Beschwerde vom gegen die Bescheide des Finanzamtes Österreich vom betreffend Aufhebung gemäß § 299 BAO der Glücksspielabgabenbescheide für 3-12/2015, 1-12/2016 und 1-12/2017 je vom .
Die Beschwerde wird gemäß § 279 BAO als unbegründet abgewiesen.

II. über die Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid des Finanzamtes Österreich vom betreffend Beschwerde vom gegen die Festsetzung von Glücksspielabgaben.
Der angefochtene Bescheid wird ersatzlos aufgehoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe

I. Verfahrensgang und Parteienvorbringen

***BF***, nunmehriger Beschwerdeführer, =Bf., hat im Jahr 2012 als alleiniger Gesellschafter die ***LTD*** mit der Adresse ***UK***, gegründet; die Gesellschaft war in Österreich im Firmenbuch mit dem Geschäftszweig Sportwetten und Medientechnologie eingetragen. Am hat der Bf. seine Gesellschaftsanteile an ***GF*** übertragen und war fortan (mit kurzen Unterbrechungen bis ) nur mehr als Dienstnehmer bei der ***LTD*** beschäftigt. Die ***LTD*** ist in UK seit und in Österreich seit aus den öffentlichen Büchern gelöscht.

Anhand von Kontrollen durch die Finanzpolizei (2015, 2017 und 2018) und einer anschließenden Außenprüfung gemäß § 99 FinStrG, ***ABNr***, hat das Finanzamt Österreich (FA) festgestellt, dass die ***LTD*** in Österreich an den Standorten ***S*** und ***M*** in den Jahren 2015 bis 2017 illegales Glücksspiel mit Automaten betrieben hat und hierfür die Glücksspielabgaben (GSpA) weder angemeldet noch abgeführt hat. Lt. Prüfbericht waren die ***LTD*** und ihr im Firmenbuch eingetragener Geschäftsführers ***GF*** nur vorgeschoben, während tatsächlich der Bf. die Geschäfte geführt hat. Aufgrund der Summe der Ermittlungsergebnisse hat das FA die Existenz der ***LTD*** steuerrechtlich nicht anerkannt und den Bf. als Veranstalter der Ausspielungen und somit als Steuerschuldner identifiziert.
Daraufhin hat das FA gemäß § 201 Bundesabgabenordnung (BAO) betreffend die Zeiträume 3-12/2015, 1-12/2016 und 1-12/2017 (drei) GSpA-Bescheide je vom erlassen, womit die GSpA für Ausspielungen im Sinne des § 57 Abs. 3 Glücksspielgesetz (GSpG) in geschätzter Höhe von insgesamt 795.324,60 € festgesetzt und dem Bf. als Abgabenschuldner vorgeschrieben wurden.
Mit Beschwerde vom hat der Bf. die Festsetzung der GSpA (nach Fristverlängerung rechtzeitig) bekämpft, weil Abgabenschuldnerin für die GSpA ausschließlich die ***LTD*** gewesen sei. Eine allfällige Haftung des Bf. sei nicht geltend gemacht worden. Der Bf. stellt den Antrag, der Beschwerde Folge zu geben und die GSpA-Bescheide aufzuheben, in eventu mit "Null" festzusetzen oder die Sache zurückzuverweisen.

Das FA hat die Beschwerde teilweise als gerechtfertigt angesehen und infolgedessen seine Rechtsansicht dahingehend geändert, dass der Bf.nicht Veranstalter der Ausspielungen gewesen sei.
Aufgrund dieser neuen Würdigung der Prüfungsergebnisse hat das FA die folgenden Bescheide - alle gerichtet wiederum an den Bf. als Bescheidadressaten - erlassen:

I.) (3) Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO vom

Da die Abgabenfestsetzungen, wie vom Bf. moniert, an den Bf. als Abgabenschuldner und nicht als Haftenden ergangen sind, hat das FA die GSpA-Bescheide vom gemäß § 299 BAO als unrichtig aufgehoben. Der Bf. sei nicht Veranstalter der Ausspielungen und somit nicht Steuerschuldner gemäß § 59 Abs. 2 GSpG gewesen, sodass sich die Bescheide als unrichtig erwiesen hätten.

Gleichzeitig hat das FA (die Bescheide vom ersetzende) Abgabenbescheide gemäß § 201 BAO erlassen und damit die GSpA der Höhe nach unverändert festgesetzt und Haftungsbescheide gemäß § 9a Abs. 1 BAO erlassen, mit denen es den Bf. für die aushaftenden Abgabenschuldigkeiten der ***LTD*** als Haftungspflichtigen gemäß § 9a iVm. §§ 80 ff. BAO in Anspruch genommen hat.

"Die Ermittlungen des FA ergaben, dass der nominelle Geschäftsführer der ***LTD***, Herr ***GF***, lediglich zum Schein bestellt wurde, die Geschäfte jedoch vom Bf. geführt werden. … Wie aus diversen Zeugenaussagen hervorgeht, trat der Bf. als faktischer Geschäftsführer auf und wurde auch als "Chef' der Spiellokale bezeichnet. … Die Haftungsinanspruchnahme setzt Uneinbringlichkeit der Abgaben voraus: Abgabenschuldnerin ist die ***LTD***, welche am im englischen Firmenbuch gelöscht wurde. … Die gegenständlichen Abgaben sind daher bei der ***LTD*** uneinbringlich.

Beschwerde vom (wegen Aufhebungs-, Abgaben- und Haftungsbescheide)

Hier gegenständlich ist ausschließlich das Begehren, soweit es sich gegen die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO vom (zugestellt am ) richtet.
Im Wesentlichen führt der Bf. diesbezüglich aus, die Aufhebung der Bescheide vom sei unzulässig, da es sich nicht um eine Unrichtigkeit des Spruches, sondern um einen falschen Adressaten der Abgabenbescheide handle.

Beschwerdevorentscheidungen (BVE) vom

Das FA hat die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO vom gerichtet hat, als unbegründet abgewiesen:

"Die Festsetzung einer Abgabe gegenüber einer Person, die nicht Gesamtschuldner der Abgabe ist, setzt voraus, dass sie durch die Erlassung eines Haftungsbescheides zum Gesamtschuldner wird. Der Haftungsbescheid wirkt insoweit konstitutiv (, 91/13/0038; /16/0014). Gegenständlich wurden die GSpA … gegenüber dem Bf. als Abgabenschuldner mit Bescheid vom festgesetzt. Nach dem Vorbringen in der Beschwerde vom und der Aktenlage war die ***LTD*** und nicht der Bf. als Abgabenschuldner iSd. § 59 Abs. 2 GSpG anzusehen. Er wurde somit ohne durch die Erlassung eines Haftungsbescheides in die Stellung eines Gesamtschuldners zu gelangen, zur Zahlung einer von ihm - nach der Bestimmung des § 59 Abs. 2 GSpG - nicht geschuldeten Abgabe in Anspruch genommen. Da das Leistungsgebot im aufgehobenen Bescheid zu Unrecht gegenüber dem Bf. ergangen ist, war der Spruch des aufgehobenen Bescheides unrichtig, sodass die Voraussetzungen für die Bescheidaufhebung gemäß § 299 BAO vorlagen (vgl. ).
Zur gleichen Würdigung gelangt man unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens. Auch die Benennung des Bescheidadressaten ist Bestandteil des Spruches (). Der Spruch eines Abgabenbescheides, der einen unrichtigen Bescheidadressaten ausweist, erweist sich auch aus diesem Grund als unrichtig. Ergänzend ist auszuführen, dass eine Bescheidaufhebung auch dann zulässig ist, wenn gegen den Bescheid eine Beschwerde eingebracht wurde, die noch unerledigt ist. Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann jeder Bescheid der Abgabenbehörde, ausgenommen Auskunftsbescheide, unabhängig davon, ob seine (formelle) Rechtskraft bereits eingetreten ist, aufgehoben werden (vgl. Ellinger BAO³, § 299 Anm. 10). Die Beschwerde ist daher als unbegründet abzuweisen."

Ohne weiteres Vorbringen hat der Bf. am die Vorlage seiner Beschwerde vom an das Bundesfinanzgericht (BFG) verlangt.

II.) Zurückweisungsbescheid vom

Überdies hat das FA die Beschwerde vom gegen die Festsetzung von GSpA-Bescheiden zurückgewiesen, da die angefochtenen Bescheide zwischenzeitig gemäß § 299 BAO aufgehoben worden seien und somit ersatzlos aus dem Rechtsbestand ausgeschieden seien.

Diesen Zurückweisungsbescheid bekämpft der Bf. mit einer weiteren Beschwerdeschrift vom , weil das FA nach § 262 Abs. 1 BAO über Bescheidbeschwerden mit als BVE zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen gehabt hätte. Das FA habe aber von Amts wegen Aufhebungsbescheide nach § 299 BAO erlassen. Da keine Unrichtigkeit des Spruches, sondern ein falscher Adressat vorgelegen sei, erweise sich eine Aufhebung der Bescheide vom als unzulässig.

"Durch die Zurückweisung der Beschwerde und das Unterbleiben der Erlassung einer BVE besteht ein Rechtsschutzdefizit und hat die belangte Behörde damit den Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet."

Am hat das FA dem BFG zur Entscheidung vorgelegt:

I. die Beschwerde vom gegen die Aufhebungsbescheide gemäß § 299 BAO (hg. Zahlen RV/456/2023, RV/5100459/2023 und RV/5100460/2023);
soweit die Beschwerde die Abgaben- bzw. Haftungsbescheide betrifft, hat das FA bis dato noch keine BVE erlassen und ist diese Sache daher nicht Gegenstand des heutigen Erkenntnisses.

II. die Beschwerde vom gegen den Zurückweisungsbescheid (hg. Zahl RV/5100457/2023);
das FA hat seinen Zurückweisungsbescheid vom als BVE und folglich die dagegen erhobene Beschwerde vom als Vorlageantrag gewertet. In seinem Vorlagebericht an das BFG führt das FA diesbezüglich aus:

"BVE´s sind Bescheide über Bescheidbeschwerden, die gemäß § 262 Abs. 1 BAO grundsätzlich als "BVE" zu bezeichnen sind. Die fehlende Bezeichnung als BVE ist jedoch unschädlich, wenn sich aus dem Inhalt kein Zweifel an dem normativen Gehalt ergibt. Eine BVE setzt zu ihrer Wirksamkeit voraus, dass die Bescheidausfertigung erkennen lässt, über welchen beschwerdegegenständlichen Abgabebescheid die Abgabenbehörde abspricht (vgl. mwH ).
Gegenständlich ist aus dem Spruch und der Begründung des Zurückweisungsbescheides vom der Bescheidwille - Zurückweisung der Beschwerde gegen den GSpA-bescheid (Festsetzungszeitraum … vom - hinreichend erkennbar. Auch die mangelhafte bzw. unrichtige Rechtsmittelbelehrung stellt zwar eine Verletzung von Verfahrensvorschriften dar, steht aber der Annahme der Bescheidqualität der Erledigung als BVE nicht entgegen. Die falsche Bescheidbezeichnung als "Zurückweisungsbescheid" statt der gemäß § 262 Abs. 1 BAO geforderten Bezeichnung als "BVE" schadet grundsätzlich nicht der Qualität der Rechtsmittelerledigung als BVE. Der Zurückweisungsbescheid vom ist daher eindeutig als BVE zu qualifizieren (vgl. mwH )."

Mit Schreiben vom hat der Bf. betreffend die gegenständlichen Beschwerdevorlagen auf die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

II. Das Bundesfinanzgericht hat erwogen:

1. Rechtsgrundlagen

Tritt ein Bescheid an die Stelle eines mit Bescheidbeschwerde angefochtenen Bescheides, so gilt gemäß § 253 BAO die Bescheidbeschwerde auch als gegen den späteren Bescheid gerichtet. Dies gilt auch dann, wenn der frühere Bescheid einen kürzeren Zeitraum als der ihn ersetzende Bescheid umfasst.

Gemäß § 260 Abs. 1 lit. a BAO ist die Bescheidbeschwerde mit BVE (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) zurückzuweisen, wenn sie nicht zulässig ist.

Gemäß § 261 Abs. 1 BAO ist die Bescheidbeschwerde mit BVE (§ 262) oder mit Beschluss (§ 278) als gegenstandslos zu erklären, wenn dem Beschwerdebegehren Rechnung getragen wird
a) in einem an die Stelle des angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid oder
b) in einem den angefochtenen Bescheid abändernden oder aufhebenden Bescheid.

Gemäß § 262 Abs. 1 BAO ist über Bescheidbeschwerden … mit als BVE zu bezeichnendem Bescheid abzusprechen.

Gemäß § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist.
Nach § 299 Abs. 2 BAO ist mit dem aufhebenden Bescheid der den aufgehobenen Bescheid ersetzende Bescheid zu verbinden. Dies gilt nur, wenn dieselbe Abgabenbehörde zur Erlassung beider Bescheide zuständig ist.

2. Beweiswürdigung

Der geschilderte Sachverhalt und die gesetzten Verfahrensschritte ergeben sich unstrittig aus der Einsicht in die vom FA elektronisch vorgelegten Teile des Prüfungsaktes, ***ABNr***, und den Akteninhalt zu StNr. ***BF-StNr***, insbesondere die ergangenen Bescheide vom (GSpA), (Aufhebung) und (Zurückweisung).

3. Rechtliche Beurteilung

A) Aufhebung gemäß § 299 BAO

Der Aufhebungsbescheid, welcher lediglich kassatorischer Art ist (), und der neue Sachbescheid sind zwei getrennte Bescheide, die auch separat (etwa mit Bescheidbeschwerde nach § 243 BAO) angefochten werden können. Wird gegen beide Bescheide Beschwerde eingebracht, ist zuerst über die Beschwerde gegen den Aufhebungsbescheid zu entscheiden (Ritz/Koran, BAO7 § 299 Rz 45).
Nach der Bestimmung des § 299 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde erster Instanz auf Antrag der Partei oder von Amts wegen einen Bescheid der Abgabenbehörde erster Instanz aufheben, wenn der Spruch des Bescheides sich als nicht richtig erweist. Das Tatbestandsmerkmal der inhaltlichen Unrichtigkeit des Bescheides ist gegeben, wenn der Bescheidspruch nicht dem Gesetz entspricht. Weshalb diese Rechtswidrigkeit vorliegt, ist für die Anwendbarkeit des § 299 BAO irrelevant. Die Aufhebung setzt Gewissheit der Rechtswidrigkeit voraus; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus. Dabei ist grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Aufhebung abzustellen.

Gemäß § 59 Abs. 2 GSpG sind im gegenständlichen Fall von Ausspielungen mit Glücksspielautomaten im Sinne des § 57 Abs. 3 GSpG Abgabenschuldner zur ungeteilten Hand der Vertragspartner des Spielteilnehmers, der Veranstalter der Ausspielung sowie der Vermittler und der wirtschaftliche Eigentümer der Automaten. Das FA hat in seinen ursprünglichen Bescheiden vom die GSpA dem Bf. vorgeschrieben; zur Begründung verweist das FA auf den Prüfbericht betreffend die ***LTD***, welcher einen integrierten Bestandteil der Bescheide bildete. Lt. diesem Bericht hat das FA insbesondere aufgrund von diversen Zeugeneinvernahmen, der Angaben von ***GF*** und des Bf. sowie sonstigen Ermittlungen den Bf. als Veranstalter der Ausspielungen und somit als Steuerschuldner identifiziert, wohingegen die ***LTD*** sowie ihr nomineller Geschäftsführer, ***GF***, lediglich zum Schein existierten, die Geschäfte jedoch vom Bf. geführt worden seien. Demgegenüber hat das FA in den hier gegenständlichen Aufhebungsbescheiden dem Bf. insofern Recht gegeben, als der Bf. nicht Veranstalter der Ausspielungen gewesen sei und somit auch nicht Steuerschuldner.
Veranstalter im Sinne des Gesetzes ist jede natürliche oder juristische Person, die eine Veranstaltung abhält oder öffentlich oder der Behörde gegenüber als Veranstalter auftritt. Im Zweifel hat als Veranstalter zu gelten, wer über die Veranstaltungsstätte bzw. Betriebsräumlichkeit verfügungsberechtigt ist.
Als Veranstalter ist derjenige anzusehen, in dessen Namen oder auf dessen Rechnung der Spielapparat gehalten wird bzw. der die Ausspielung anbietet oder organisiert. Ist Veranstalter eine Kapitalgesellschaft, wird diese durch ihren handelsrechtlichen Geschäftsführer vertreten, welcher für die Einhaltung der abgabenrechtlichen Verpflichtungen Sorge zu tragen hat. (vgl. ).

In diesem Sinn hatte die ***LTD*** die Gewerbeberechtigung (Gastgewerbe) für den Standort ***M*** und hat als weitere Betriebsstätte den Standort ***S*** gemeldet; die ***LTD*** war lt. Anlagenverzeichnis Eigentümerin der Glücksspielautomaten und hat auch Automatenerlöse in ihrer Buchhaltung ausgewiesen; die Räumlichkeiten, in denen die Glücksspielgeräte betriebsbereit aufgestellt waren, haben sich im Verfügungsbereich der ***LTD*** als Mieterin befunden und hat Letztere auch das Personal, das die Geräte bedient, zur Verfügung gestellt. Wie dem Prüfbericht zu entnehmen ist, waren bei den Kontrollen durch die Finanzpolizei vor Ort angetroffene Bedienstete (***DN1*** und ***DN2***) bei der ***LTD*** angestellt. Auch wenn bei den Einvernahmen von Kunden (***Z1***, ***Z2***, ***Z3***) teilweise als Chef, Geschäftsführer bzw. Verantwortlicher "Wolfgang, Wolfi, Herr Grünsteidl" genannt wurde, so war im Außenverhältnis bei einer Gesamtbetrachtung dennoch die ***LTD*** Vertragspartner der Spieler und somit Veranstalter der Ausspielungen.

Zum Beschwerdevorbringen, es sei keine Unrichtigkeit des Spruches vorgelegen, sondern lediglich ein falscher Adressat angegeben gewesen, ist auf § 93 BAO zu verweisen, wonach der Spruch auch die Person zu nennen hat, an die er ergeht (somit den Bescheidadressaten). Demnach gehört nach der Judikatur (zB ) auch das Adressfeld zum Bescheidspruch (vgl. Ritz, BAO7, § 93 Tz 6) und erweist sich der Spruch des Bescheides aufgrund des falschen Adressaten, wie schon das FA zutreffend in seiner BVE ausgeführt hat, als nicht richtig.

Die Bescheide vom waren somit zweifelsfrei mit einer inhaltlichen Unrichtigkeit behaftet, sodass das FA zu Recht mit einer Aufhebung gemäß § 299 BAO vorgegangen ist.

B) Zurückweisung

Im Gegenstandsfall hat das FA zunächst die unrichtigen GSpA-Bescheide gemäß § 299 BAO von Amts wegen aufgehoben und sodann die Beschwerde vom im Sinne des § 260 Abs. 1 lit. a BAO als unzulässig zurückgewiesen.

Eine Beschwerde ist gemäß § 260 BAO zurückzuweisen, wenn sie unzulässig ist; zB bei mangelnder Aktivlegitimation des Einschreiters, mangelnder Bescheidqualität, Rechtsmittelverzicht oder entschiedener Sache. Eine Bescheidbeschwerde ist auch unzulässig wegen ersatzloser Beseitigung des angefochtenen Bescheides aus dem Rechtsbestand vor Erledigung der Beschwerde.
Dies trifft jedoch in Fällen des § 253 BAO nicht zu. Eine solche Beschwerde wird nicht unzulässig, sondern gilt sie auch als gegen den späteren, im Sinne des § 253 BAO an die Stelle des mit Beschwerde angefochtenen Bescheides tretenden Bescheid gerichtet. Trägt der spätere Bescheid dem Beschwerdebegehren Rechnung, so ist § 261 Abs. 1 zufolge die Beschwerde als gegenstandslos zu erklären.

Bescheide, die an die Stelle eines früheren Bescheides treten, sind beispielsweise (grundsätzlich) Bescheide, die anlässlich der Aufhebung eines Bescheides gemäß § 299 Abs. 1 ergehen und diesen ersetzen (§ 299 Abs. 2) (vgl. Althuber/Tanzer/Unger, BAO § 253).
An die Stelle eines mit Beschwerde angefochtenen Bescheides tretende Bescheide im Sinne des § 253 sind unter anderem neue Sachbescheide, die bei Aufhebung gemäß § 299 Abs. 1 (durch die Abgabenbehörde) verbunden mit dem Aufhebungsbescheid (nach § 299 Abs. 2) ergehen (zB Gassner, in Holoubek/Lang, Vertrauensschutz, 287, BMF, AÖF 2006/2016, Abschn 4).

Diese Rechtslage bedeutet in Bezug auf die Beschwerde vom :

Die GSpA-Bescheide vom wurden zu Recht (siehe oben I.) von Amts wegen aufgehoben und durch die Bescheide vom ersetzt. Da die neuen Sachbescheide zeitgleich mit den Aufhebungsbescheiden erlassen wurden und bei einer Gesamtschau auch inhaltlich zweifelsfrei die Verbindung der Bescheide eindeutig und klar erkennbar ist, ist das Erfordernis des § 299 Abs. 2 BAO erfüllt. Die neuen Abgaben-Sachbescheide vom tragen aber dem Beschwerdebegehren nicht Rechnung, sondern setzen lediglich die GSpA in der von der Prüfung ermittelten Höhe neuerlich fest. Die vom Bf. bekämpften GSpA-Bescheide sind somit nicht wie vom FA angenommen ersatzlos aus dem Rechtsbestand ausgeschieden. Hinsichtlich der Beschwerde vom besteht daher kein Zurückweisungsgrund, sodass § 260 Abs. 1 lit. a BAO (Zurückweisung als unzulässig) nicht zur Anwendung kommen kann.

Vielmehr wurde die Beschwerde gemäß § 253 BAO durch die amtswegige Aufhebung des bekämpften Bescheides nicht unzulässig, sondern gilt sie weiterhin als Beschwerde gegen die an die Stelle der angefochtenen Bescheide tretenden neuen Sachbescheide.
Bringt die Partei auch gegen den nachträglich geänderten Bescheid eine Beschwerde ein, so gilt sie nach der Judikatur (zB ) nur mehr als ergänzender Schriftsatz zum ursprünglichen Rechtsmittel.

Wenn die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde einen Antrag zurückgewiesen hat, ist Sache des Beschwerdeverfahrens vor dem Verwaltungsgericht lediglich die Frage der Rechtmäßigkeit dieser Zurückweisung. Liegt der in erster Instanz angenommene Zurückweisungsgrund nicht vor, so hat das Verwaltungsgericht den Zurückweisungsbescheid ersatzlos zu beheben (vgl. ).

Betreffend die gegenständlichen Beschwerden war daher spruchgemäß mit
I. Abweisung der Beschwerde gegen die Aufhebungsbescheide bzw.
II. Aufhebung des Zurückweisungsbescheides vorzugehen.

Im Überblick ist abschließend von folgendem Stand des Verfahrens auszugehen:
Die GSpA-Bescheide vom hat das FA zu Recht aufgehoben, an ihre Stelle treten die - im Sinne des § 299 Abs. 2 BAO die aufgehobenen Bescheide ersetzenden - GSpA-Bescheide vom .
Die gegen die aufgehobenen Bescheide eingebrachte Beschwerde vom gilt auch als gegen die ersetzenden Bescheide erhoben und wird durch die Beschwerde vom als ergänzendem Schriftsatz zusätzlich begründet. Das FA wird über die Beschwerde noch zu entscheiden haben.
Der Zurückweisungsbescheid vom ist ersatzlos aufgehoben.
Die gegen die Haftungsbescheide vom eingebrachte Beschwerde vom ist ebenfalls noch offen.

4. Revision

Gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da im gegenständlichen Fall die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen eindeutig ist und das Erkenntnis auf die angeführte, bisherige Rechtsprechung des VwGH Bedacht genommen hat, liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor. Im Übrigen hing der Beschwerdefall von der Lösung von nicht über den Einzelfall hinausgehenden Sachverhaltsfragen ab.

Linz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 253 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 260 Abs. 1 lit. a BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 261 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 262 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 299 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2023:RV.5100456.2023

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at