Treu und Glauben im Wirtschaftsrecht
1. Aufl. 2024
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1. Einleitung
Die folgende rechtstheoretische Grundlegung setzt an Phänomenen der Distanzierung bzw Devianz vom Recht an – insb an der Staatsverweigerer-Problematik. Dieser Themenzuschnitt mag für eine rechtstheoretische Beleuchtung von Treu und Glauben (im Wirtschaftsrecht) intuitiv überraschen. Deshalb gilt es zunächst, S. 38eine gewisse Vorstellung von der Bedeutung dieses Grundsatzes im Schlaglicht der Rechtsgeschichte und Rechtsdogmatik zu vermitteln, um an das hier verfolgte Erkenntnisinteresse heranzuführen.
1.1. Treu und Glauben als Rechtsgedanke mit Tradition
Als Rechtsgedanke hat Treu und Glauben Tradition – vom lateinischen bona fides über die großen Kodifikationen der Neuzeit bis in die Gegenwart – insb im Privatrecht, aber auch im öffentlichen Recht – hierzulande und anderswo.
In Österreich gilt der Grundsatz von Treu und Glauben als eine allgemeine, ungeschriebene Rechtsmaxime, die im Privatrecht und im öffentlichen Recht zu beachten ist. Nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung besagt er, dass Personen, die am Rechtsleben teilnehmen, zu ihrem Verhalten zu stehen haben – man darf sich nicht ohne triftigen Grund in Widerspruch zu dem setzen, was man früher vertreten hat...