VwGH vom 25.05.2020, Ro 2019/13/0023

VwGH vom 25.05.2020, Ro 2019/13/0023

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Nowakowski sowie die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Karlovits, LL.M., über die Revision der R GmbH in W, vertreten durch Dr. Heinrich Balas, Steuerberater in 1040 Wien, Operngasse 18/12A-16, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7100868/2019, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Bei der Revisionswerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, wurde eine Außenprüfung durchgeführt, bei der der Prüfer Feststellungen hinsichtlich Umsatz-, Körperschaft- und Kapitalertragsteuer für das Jahr 2016 sowie Umsatz- und Kapitalertragsteuer für den Zeitraum Jänner bis Oktober 2017 traf.

2Das Finanzamt folgte dem Prüfer, erließ am entsprechende Umsatz- und Körperschaftsteuerbescheide und zog die Revisionswerberin zur Haftung für Kapitalertragsteuer heran.

3Die Revisionswerberin erhob mit Schriftsatz vom gegen diese Bescheide Beschwerde.

4Mit Beschwerdevorentscheidungen vom , zugestellt am , wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab.

5Am brachte die Revisionswerberin beim Finanzamt einen Antrag auf Fristverlängerung zur Einbringung des Vorlageantrages ein.

6Mit Bescheid vom , zugestellt am , gab das Finanzamt dem Antrag auf Fristverlängerung nicht statt.

7Die Revisionswerberin beantragte mit Schriftsatz vom , der gemäß den Beilagen zur Revision und den Ausführungen des Finanzamts in der Revisionsbeantwortung noch am selben Tag elektronisch beim Finanzamt eingebracht und (zudem) am in Papierform zur Post gegeben wurde, die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht.

8Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Bundesfinanzgericht den Vorlageantrag vom „“ als nicht fristgerecht eingebracht zurück und begründete die Zurückweisung in der rechtlichen Beurteilung wie folgt:

„Die Frist zur Einbringung des Vorlageantrags begann gem. § 245 Abs. 1 BAO am mit rechtswirksamer Zustellung der Begründung der Beschwerdevorentscheidungen.

Somit wäre die Einbringung eines Vorlageantrages gem. § 245 Abs. 1 BAO bis zum rechtzeitig gewesen.

Der Fristverlängerungsantrag vom führte gem. § 245 Abs. 4 BAO zur Hemmung der Frist zur Einbringung des Vorlageantrags ab dem bis zum ursprünglichen Ende der Beschwerdefrist am , das sind 7 Tage.

Mit Zustellung des Abweisungsbescheides des Fristverlängerungsantrages am beginnt gem. § 245 Abs. 4 BAO der Lauf der Restfrist von 7 Tagen, womit dem Beschwerdeführer zur Stellung des Vorlageantrages eine Frist bis inklusive , das bedeutet, 7 Tage gezählt ab dem bis zum , offen gestanden wäre.

Wie das Bundesfinanzgericht in einer Entscheidung aus 2018 zu § 245 Abs. 4 BAO festgestellt hat, kommt es beim Beginn des Laufes der Restfrist nach Hemmung auf den Zustellungstag des hemmungsbeendigenden Ereignisses - im konkreten Fall der Tag der Zustellung des Abweisungsbescheides des Fristverlängerungsantrages vom - das ist im konkreten Fall der - an, denn ‚die restliche Frist beginnt sofort zu laufen‘ ().

Auch in der Literatur wird diese Meinung vertreten: ‚der Lauf der Fristen des Rechtsmittelverfahrens wird schließlich an dem Tag ausgelöst, an dem ein Bescheid als bekanntgemacht gilt‘ (Summersberger, BFG-Journal Nr. 12, 488).

Da der von der [Revisionswerberin] eingebrachte Vorlageantrag das Postaufgabedatum vom aufweist, ist dieser gem. § 264 Abs. 4 lit. e BAO iVm. § 260 Abs. 1 BAO als verspätet zurückzuweisen.“

9Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für zulässig, „da die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage des Ablaufs der Restfrist gem. § 245 Abs. 4 BAO uneinheitlich ist (; )“.

10Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision, in der unter anderem vorgebracht wird, der Vorlageantrag sei - entgegen der Feststellung des Bundesfinanzgerichts - bereits am und damit jedenfalls fristgerecht beim Finanzamt eingebracht worden.

11Das Finanzamt hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der u.a. ausgeführt wird, die Feststellung des Bundesfinanzgerichts sei insoweit unrichtig, als der Vorlageantrag zwar nicht am zur Post gegeben, sehr wohl aber am elektronisch über FinanzOnline beim Finanzamt eingebracht worden sei. Der Vorlageantrag sei wirksam und fristgerecht eingebracht und zu Unrecht als verspätet zurückgewiesen worden.

12Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13Gemäß § 245 Abs. 1 BAO beträgt die Beschwerdefrist einen Monat. Die Beschwerdefrist ist nach § 245 Abs. 3 BAO von der Abgabenbehörde auf Antrag aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erforderlichenfalls auch wiederholt, zu verlängern. Durch einen Antrag auf Fristverlängerung wird der Lauf der Beschwerdefrist gehemmt. Die Hemmung des Fristenlaufes beginnt nach § 245 Abs. 4 BAO mit dem Tag der Einbringung des Antrages auf Fristverlängerung und endet mit dem Tag, an dem die Entscheidung über den Antrag dem Antragsteller zugestellt wird.

14Nach § 264 Abs. 1 BAO kann gegen eine Beschwerdevorentscheidung innerhalb eines Monats ab Bekanntgabe der Antrag auf Entscheidung über die Bescheidbeschwerde durch das Verwaltungsgericht gestellt werden (Vorlageantrag), wobei § 245 Abs. 3 und 4 BAO sinngemäß anzuwenden sind.

15Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ro 2019/15/0008, ausgesprochen hat, beginnt mit Ablauf des Tages, an dem die Hemmung des Fristenlaufes endet, jener Teil der Frist weiterzulaufen, der mit Ablauf des Tages, der dem Tag der Einbringung des Fristverlängerungsantrags vorangegangen ist, noch unverbraucht war.

16Die Beschwerdevorentscheidungen des Finanzamts wurden der Revisionswerberin unstrittig am zugestellt, weshalb die in § 264 Abs. 1 BAO vorgesehene Frist für die Stellung eines Vorlageantrages am endete. Am hat die Revisionswerberin einen Antrag auf Fristverlängerung gestellt. An diesem Tag waren noch sieben Tage der Vorlagefrist offen. Die Abweisung des Antrages auf Fristverlängerung wurde der Revisionswerberin - wiederum unstrittig - am zugestellt. Die am 9. Jänner noch nicht verbrauchte siebentägige Frist begann somit am zu laufen und endete demnach am . Zum selben Ergebnis gelangt man auch, wenn man die am abgelaufene reguläre Frist um den neuntägigen Hemmungszeitraum vom 9. Jänner bis verlängert.

17Der Vorlageantrag, der gemäß den Beilagen zur Revision und den insoweit übereinstimmenden Angaben des Finanzamts in der Revisionsbeantwortung am elektronisch beim Finanzamt eingebracht und (zudem) am in Papierform zur Post gegeben worden ist, wurde demnach jedenfalls fristgerecht eingebracht.

18Der angefochtene Beschluss erweist sich daher als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

19Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019130023.J00

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