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VwGH vom 29.01.2020, Ro 2019/08/0020

VwGH vom 29.01.2020, Ro 2019/08/0020

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima LL.M., über die Revision der Salzburger Gebietskrankenkasse (nunmehr: Österreichische Gesundheitskasse), vertreten durch Niederhuber & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Wilhelm-Spazier-Straße 2a, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. L521 2103481-1/22E, betreffend Beitragsnachverrechnung nach dem ASVG (mitbeteiligte Partei: HGesmbH in O, vertreten durch Dr. Barbara Oberhofer, LL.M., Rechtsanwältin in 1020 Wien, Rustenschacherallee 34-36/2/4), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Begründung

1Mit Bescheid der revisionswerbenden Gesundheitskasse (im Folgenden: GK) vom wurde die mitbeteiligte Partei verpflichtet, die mit Beitragsabrechnung vom nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge von € 16.351,12 sowie Verzugszinsen von € 4.221,39 zu bezahlen. Gegen diesen Bescheid erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde.

2Mit dem in Revision gezogenen Erkenntnis hat das Bundesverwaltungsgericht dieser Beschwerde teilweise Folge gegeben und den angefochtenen Bescheid dahingehend abgeändert, dass die mitbeteiligte Partei verpflichtet wird, der GK Sozialversicherungsbeiträge im Höhe von € 690,36 (die in der für den Zeitraum vom bis zum durchgeführten Sozialversicherungsprüfung, Lohnsteuerprüfung und Kommunalsteuerprüfung nachverrechnet worden seien) zuzüglich Verzugszinsen gemäß § 59 Abs. 1 ASVG zu bezahlen.

3Die mitbeteiligte Partei betreibe ein Hotel mit 130 Betten und eine Skihütte mit 120 Sitzplätzen im Innenbereich und 200 Sitzplätzen im Freien. Sie sei durch ein Organ der GK vom bis einer Sozialversicherungsprüfung, einer Lohnsteuerprüfung und einer Kommunalsteuerprüfung, jeweils für den Zeitraum bis , unterzogen worden. Sowohl der Hotel-, als auch der Skihüttenbetrieb würden ausschließlich in der Wintersaison stattfinden. Das Ende der Wintersaison sei vom Wetter des betreffenden Jahres abhängig und falle in der Regel in die Zeit nach den Osterferien. Nach Saisonende würden das Hotel und die Skihütte geschlossen und zu Saisonbeginn - in der Regel Ende November - wieder eröffnet.

4Die mitbeteiligte Partei beschäftige 55 (Saison-)Arbeitnehmer, davon 43 im Hotelbetrieb. Die Beschäftigungsverhältnisse unterlägen dem Kollektivvertrag für ArbeiterInnen im Hotel- und Gastgewerbe und würden in der Regel durch Zeitablauf, fallweise durch einvernehmliche Auflösung oder Kündigung enden. Das Ende der Befristung werde so gewählt, dass zum Saisonende im Hinblick auf den voraussichtlichen Geschäftsgang, die voraussichtliche Auslastung und die nach der Beendigung des Hotelbetriebes noch notwendigen abschließenden Arbeiten ein gestaffelter Abbau des Personals erfolge. Die Saisonarbeitskräfte würden ihren Urlaubsanspruch ganz oder teilweise während des aufrechten Dienstverhältnisses verbrauchen, insbesondere zur Verlängerung ihres Ruhetags. Der Urlaubsrest werde nach dem Ende des Beschäftigungsverhältnisses als Urlaubsersatzleistung in der Höhe des Tariflohnes und der Tarifüberbezahlung ausbezahlt. Würden während des aufrechten Arbeitsverhältnisses Urlaubstage konsumiert, würden die regelmäßig geleisteten Überstunden bzw. Zuschläge als Bestandteil des Urlaubsentgelts mitgezahlt. Die Arbeitsverträge würden einen Bruttolohn für die Normalarbeitszeit (Tariflohn zuzüglich einer allfälligen Überzahlung) sowie - bis auf Widerruf - monatlich eine bestimmte Anzahl an zu leistenden und auszubezahlenden Überstunden vorsehen.

5Die befristeten Saisonarbeitsverhältnisse, die der Nachverrechnung durch den erstinstanzlichen Bescheid zu Grunde gelegt worden seien, hätten im zeitlichen Nahebereich des Saisonendes geendet. Es sei infolge der absinkenden Auslastung bzw. der Beendigung des Hotel- bzw. Skihüttenbetriebes zu einem wesentlichen Absinken des Arbeitsanfalles bis hin zum gänzlichen Entfall der Arbeit für Saisonarbeitskräfte gekommen. Im Fall einer (hypothetischen) Fortsetzung des jeweiligen Arbeitsverhältnisses in einer dem jeweiligen Resturlaub entsprechenden Dauer hätten die gegenständlichen Saisonarbeitskräfte keine Überstunden und keine Feiertagsarbeiten (mehr) geleistet.

6Diejenigen Saisonarbeitskräfte, deren Arbeitsverhältnisse während der Saison durch Arbeitgeberkündigung bzw. einvernehmliche Auflösung vorzeitig geendet hätten, hätten hingegen im Fall einer weiteren Beschäftigung weiter im Betrieb der mitbeteiligten Partei für die Dauer des ihnen als Urlaubsersatzleistung ausbezahlten Urlaubsrestes regelmäßig Überstunden und Feiertagsdienste zu leisten gehabt.

7In rechtlicher Hinsicht führte das Bundesverwaltungsgericht aus, gemäß § 10 Abs. 1 Urlaubsgesetz sei für die Bemessung der Urlaubsersatzleistung vom Urlaubsentgelt im Sinn des § 6 Urlaubsgesetz auszugehen. Der Begriff des Urlaubsentgelts in § 10 Urlaubsgesetz entspreche jenem nach § 6 Urlaubsgesetz. Daher sei auch hinsichtlich der Urlaubsersatzleistung der Generalkollektivvertrag über den Begriff des Entgelts gemäß § 6 Urlaubsgesetz (in der Folge: GeneralKV) maßgeblich. Dem in § 6 Abs. 1 Urlaubsgesetz normierten Ausfallsprinzip zu Folge habe der Arbeitnehmer während seines Urlaubs grundsätzlich jenes Entgelt zu erhalten, welches er verdient hätte, wenn er in dieser Zeit gearbeitet hätte. Überstundenentgelte seien vom Begriff „regelmäßiges Entgelt“ im Sinn des § 6 Urlaubsgesetz umfasst. Sie hätten in die Berechnung des Urlaubsentgelts Eingang zu finden.

8Gemäß § 2 GeneralKV seien Überstundenpauschalien sowie Leistungen für Überstunden, die aufgrund der Arbeitszeiteinteilung zu erbringen gewesen wären, Bestandteil des regelmäßigen Entgelts, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Diese seien jedoch bei der Entgeltbemessung dann nicht im bisherigen Ausmaß mit zu berücksichtigen, wenn Überstunden infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles - explizit genannt werde das Saisonende - nicht oder nur in geringem Ausmaß zu leisten gewesen wären. Es komme somit nicht darauf an, ob die Arbeitnehmer in den Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses regelmäßig Überstunden geleistet hätten, sondern darauf, ob während des (fiktiven) Urlaubs weiterhin vom Arbeitnehmer regelmäßig Überstunden zu leisten gewesen wären.

9Im Betrieb der mitbeteiligten Partei komme es zu Saisonende zu einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalls im Sinn des § 2 Abs. 2 letzter Satz des GeneralKV. Die Änderung des Arbeitsanfalles erfolge so, dass er zunächst zum Saisonende hin (infolge geringer werdender Auslastung) absinke und dann - nach der Beendigung des Hotel- bzw. Skihüttenbetriebes und der Vornahme abschließender Arbeiten - für die gegenständlichen Saisonarbeitskräfte zur Gänze wegfalle. Gemäß § 2 Abs. 2 des GeneralKV sei es zulässig, den Arbeitnehmern, die zu Saisonende wegen Zeitablaufs aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden würden, Urlaubsersatzleistungen lediglich in Höhe des Tariflohnes und der Tarifüberbezahlung zu gewähren. Die Vorgangsweise der GebKK, unter pauschaler Berufung auf das Ausfallsprinzip und ohne nähere Prüfung, ob während des (fiktiven) Urlaubs überhaupt Überstunden zu leisten gewesen wären, Beiträge zur Sozialversicherung auf Basis der von den Arbeitnehmern vor dem Zeitablauf regelmäßig empfangenen Entgeltbestandteile nachzuberechnen, sei zu bemängeln.

10Der Beschwerde komme insoweit Berechtigung zu, als sie sich gegen die Nachverrechnung von Sozialversicherungsbeiträgen für Saisonarbeitskräfte wende, deren Arbeitsverhältnisse durch Zeitablauf zu Saisonende hin wegen einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles infolge Absinken der Auslastung und schließlich der Beendigung des Hotelbetriebes beendet worden seien.

11Hingegen erweise sich die Beschwerde hinsichtlich jener Arbeitnehmer als nicht berechtigt, deren Arbeitsverhältnisse schon vor Saisonende aus anderweitigen Gründen als dem einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles durch Kündigung oder einvernehmliche Auflösung beendet worden seien, zumal in solchen Fällen nicht von einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles infolge Absinken der Auslastung und schließlich der Beendigung des Hotelbetriebes gesprochen werden könne.

12Der Prüfbericht vom umfasse nicht nur die auf Grund von Ansprüchen auf Urlaubsersatzleistungen nachverrechneten Sozialversicherungsbeiträge, sondern weitere Sachverhalte, die von der mitbeteiligten Partei nicht bestritten worden seien, sodass die Beschwerde hinsichtlich eines Teilbetrages von € 690,63 unberechtigt, im Übrigen aber berechtigt sei.

13Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtsfrage der Berechnung der Urlaubsersatzleistung in einem touristischen Saisonbetrieb fehle. Zwar erscheine die Rechtslage eindeutig, jedoch sei davon auszugehen, dass die Entscheidung weitgehende Auswirkungen auf die Verwaltungspraxis der Sozialversicherungsträger zeitigen könnte.

14Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die ordentliche Revision.

15Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Revision beantragt.

16Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

17Die GK bringt vor, die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, es komme darauf an, ob während des (fiktiven) Urlaubes weiterhin regelmäßig Überstunden zu leisten gewesen wären, verstoße gegen den Wortlaut des GeneralKV. Dieser lasse die Absicht erkennen, dass der Arbeitnehmer während seines Urlaubes das zuletzt bezogene Entgelt ungemindert weiter beziehen solle. Folge man der Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach Überstunden nur dann bei der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen seien, wenn sie während der (fiktiven) Urlaubsdauer tatsächlich angefallen wären, so würden jene Arbeitnehmer, die während der Saison auf ihren Urlaub verzichten und sich eine Urlaubsersatzleistung ausbezahlen lassen würden, gegenüber jenen, die während der Saison - sohin an arbeitsintensiven Tagen - Urlaub nehmen würden, wirtschaftlich benachteiligt. Dies würde zu einer unsachlichen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern untereinander führen.

18Der vom Bundesverwaltungsgericht fälschlicherweise als Ausnahme von der Anrechnung von regelmäßig geleisteten Überstunden interpretierte § 2 Abs. 2 Satz 2 GeneralKV würde in Wahrheit die Berechnung der Überstunden für die Entgeltbemessung regeln. Entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes seien regelmäßig vor Urlaubsantritt geleistete Überstunden als regelmäßiges Entgelt bei der Entgeltbemessung mitzuberücksichtigen. Die Interpretation des Bundesverwaltungsgerichtes gehe am Wortlaut des § 2 Abs. 2 Satz 2 GeneralKV Urlaubsgesetz vorbei. Dieser laute (Unterstreichungen durch die GK): „Hat der Arbeitnehmer vor Urlaubsantritt regelmäßig Überstunden geleistet, so sind diese bei der Entgeltbemessung im bisherigen Ausmaß mitzuberücksichtigen, es sei denn, dass sie infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles (z.B. wegen Saisonende oder Auslaufen eines Auftrags) nicht oder nur in geringerem Ausmaß zu leisten gewesen wären.“

19Das Wort „sie“ im Nebensatz der Norm beziehe sich auf die Überstunden vor Urlaubsantritt. Seien vor dem Urlaubsantritt Überstunden in einem geringeren Ausmaß als sonst angefallen - etwa wegen Saisonende oder Auslaufen eines Auftrags -, so sei für die Entgeltbemessung nicht die geringere Anzahl, sondern die sonst regelmäßig geleisteten Überstunden für die Berechnung der Urlaubsersatzleistung heranzuziehen.

20Für Arbeitnehmer, die während der Saison keinen Urlaub konsumiert hätten und für die das Dienstverhältnis zum Saisonende ende, würde es keinen einer Arbeitsverhinderung gleich gelagerten Zeitraum geben, weil es zu keiner tatsächlichen Urlaubsinanspruchnahme komme. Für die Berechnung der Überstunden sei in diesem Fall auf einen Zeitpunkt abzustellen, an dem der Arbeitnehmer tatsächlich in Arbeit gestanden sei. Habe der Arbeitnehmer vor Urlaubsantritt regelmäßig Überstunden erbracht, wäre es jedoch während des Urlaubs zu einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalls gekommen, so sei dieser Umstand entsprechend zu berücksichtigen. Lasse sich der fiktive Arbeitsverlauf jedoch nicht feststellen oder wäre die Überstundenleistung während des Urlaubs nicht möglich, weil der Betrieb geschlossen sei, sei auf die regelmäßig vor dem Urlaub geleisteten Überstunden abzustellen.

21Die verfehlte Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichtes sei über den konkreten Einzelfall hinaus bedeutsam und bedürfe einer Korrektur durch den Verwaltungsgerichtshof.

22Die Revision ist zulässig. Sie ist im Ergebnis auch berechtigt.

23§ 6 und § 10 Urlaubsgesetz, BGBl. Nr. 390/1976 idF BGBl. I Nr. 89/2002 (UrlG) lauten:

„Urlaubsentgelt

§ 6. (1) Während des Urlaubes behält der Arbeitnehmer den Anspruch auf das Entgelt nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen.

(2) Ein nach Wochen, Monaten oder längeren Zeiträumen bemessenes Entgelt darf für die Urlaubsdauer nicht gemindert werden.

(3) In allen anderen Fällen ist für die Urlaubsdauer das regelmäßige Entgelt zu zahlen. Regelmäßiges Entgelt ist jenes Entgelt, das dem Arbeitnehmer gebührt hätte, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre.

(4) Bei Akkord-, Stück- oder Gedinglöhnen, akkordähnlichen oder sonstigen leistungsbezogenen Prämien oder Entgelten ist das Urlaubsentgelt nach dem Durchschnitt der letzten dreizehn voll gearbeiteten Wochen unter Ausscheidung nur ausnahmsweise geleisteter Arbeiten zu berechnen.

(5) Durch Kollektivvertrag im Sinne des § 18 Abs. 4 Arbeitsverfassungsgesetz, BGBl. Nr. 22/1974, kann geregelt werden, welche Leistungen des Arbeitgebers als Urlaubsentgelt anzusehen sind. Die Berechnungsart für die Regelung der Höhe des Urlaubsentgeltes kann durch Kollektivvertrag abweichend von Abs. 3 und 4 geregelt werden.

(6) Das Urlaubsentgelt ist bei Antritt des Urlaubes für die ganze Urlaubsdauer im voraus zu zahlen.

(...)

Ansprüche bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses

§ 10. (1) Dem Arbeitnehmer gebührt für das Urlaubsjahr, in dem das Arbeitsverhältnis endet, zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Ersatzleistung als Abgeltung für den der Dauer der Dienstzeit in diesem Urlaubsjahr im Verhältnis zum gesamten Urlaubsjahr entsprechenden Urlaub. Bereits verbrauchter Jahresurlaub ist auf das aliquote Urlaubsausmaß anzurechnen. Urlaubsentgelt für einen über das aliquote Ausmaß hinaus verbrauchten Jahresurlaub ist nicht rückzuerstatten, außer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch

1.unberechtigten vorzeitigen Austritt oder

2.verschuldete Entlassung.

Der Erstattungsbetrag hat dem für den zu viel verbrauchten Urlaub zum Zeitpunkt des Urlaubsverbrauchs erhaltenen Urlaubsentgelt zu entsprechen.

(2) Eine Ersatzleistung gebührt nicht, wenn der Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt.

(3) Für nicht verbrauchten Urlaub aus vorangegangenen Urlaubsjahren gebührt anstelle des noch ausständigen Urlaubsentgelts eine Ersatzleistung in vollem Ausmaß des noch ausständigen Urlaubsentgelts, soweit der Urlaubsanspruch noch nicht verjährt ist.

(4) Endet das Arbeitsverhältnis während einer Teilzeitbeschäftigung gemäß VKG oder MSchG oder Herabsetzung der Normalarbeitszeit nach den § 14a und 14b Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, BGBl. Nr. 459/1993, durch

1.Entlassung ohne Verschulden des Arbeitnehmers,

2.begründeten vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers,

3.Kündigung seitens des Arbeitgebers oder

4.einvernehmliche Auflösung,

ist der Berechnung der Ersatzleistung im Sinne des Abs. 1 jene Arbeitszeit zugrunde zu legen, die in dem Urlaubsjahr, in dem der Urlaubsanspruch entstanden ist, vom Arbeitnehmer überwiegend zu leisten war.

(5) Die Ersatzleistung im Sinne der Abs. 1, 3 und 4 gebührt den Erben, wenn das Arbeitsverhältnis durch Tod des Arbeitnehmers endet.

(6) Für den Zusatzurlaub bei Nachtschwerarbeit gilt § 10a.

24§ 2 GeneralKV, abgeschlossen am zwischen der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, lautet:

„§ 2 Entgeltbegriff

1.Als Entgelt im Sinne des § 6 Urlaubsgesetz gelten nicht Aufwandsentschädigungen sowie jene Sachbezüge und sonstigen Leistungen, welche wegen ihres unmittelbaren Zusammenhanges mit der Erbringung der Arbeitsleistung vom Arbeitsnehmer während des Urlaubes gemäß § 2 Urlaubsgesetz nicht in Anspruch genommen werden können.

Als derartige Leistungen kommen insbesondere in Betracht: Tages- und Nächtigungsgelder, Trennungsgelder, Entfernungszulagen, Fahrtkostenvergütungen, freie oder verbilligte Mahlzeiten oder Getränke, die Beförderung der Arbeitsnehmer zwischen Wohnung und Arbeitsstätte auf Kosten des Arbeitgebers sowie der teilweise oder gänzliche Ersatz der tatsächlichen Kosten für Fahrten des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte.

2.Als Bestandteil des regelmäßigen Entgelts im Sinne des § 6 Urlaubsgesetz gelten auch Überstundenpauschalien sowie Leistungen für Überstunden, die auf Grund der Arbeitszeiteinteilung zu erbringen gewesen wären, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre. Hat der Arbeitnehmer vor Urlaubsantritt regelmäßig Überstunden geleistet, so sind diese bei der Entgeltbemessung im bisherigen Ausmaß mit zu berücksichtigen, es sei denn, dass sie infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles (z. B. wegen Saisonende oder Auslaufen eines Auftrages) nicht oder nur in geringerem Ausmaß zu leisten gewesen wären.

3.Liegt keine wesentliche Änderung des Arbeitsanfalles im Sinne des Abs. 2 vor und wäre die Leistung von Überstunden durch den Arbeitnehmer während seines Urlaubes nur deshalb nicht möglich, weil der Betrieb bzw. die Abteilung in der der Arbeitnehmer beschäftigt ist, während dieser Zeit geschlossen wird, so sind die regelmäßig vor Urlaubsantritt geleiteten Überstunden dennoch in das Urlaubsentgelt mit einzubeziehen.

4.Entgelte in Form von Provisionen sind in das Urlaubsentgelt mit dem Durchschnitt der letzten 12 Kalendermonate vor Urlaubsantritt einzubeziehen. Provisionen für Geschäfte, die ohne unmittelbare Mitwirkung des Arbeitnehmers zustande gekommen sind (Direktgeschäfte), sind jedoch in diesen Durchschnitt nur insoweit einzubeziehen, als für während des Urlaubes einlangende Aufträge aus derartigen Geschäften keine Provision gebührt. Diese Regelung gilt sinngemäß für laufend gebührende provisionsartige Entgelte (z. B. Umsatzprozente, Verkaufsprämien).

5.Für die Berechnung der in das Urlaubsentgelt einzubeziehenden Überstunden gemäß Abs. 2 und der Entgelte gemäß Abs. 4 sind die im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Kollektivvertrages dafür geltenden kollektivvertraglichen Durchschnittszeiträume anzuwenden.

6.Im übrigen bleiben für den Arbeitnehmer günstigere Regelungen über das Urlaubsentgelt aufrecht.“

25Obwohl dies sprachlich in § 10 Abs. 1 UrlG nur unvollständig zum Ausdruck kommt, ist für die Bemessung der Urlaubsersatzleistung vom Urlaubsentgelt iSd § 6 UrlG auszugehen. Das Ausmaß der Urlaubsersatzleistung entspricht dem Urlaubsentgelt zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (Reissner in Neumayr/Reissner (Hrsg), ZellKomm³, § 10 UrlG Rz 12; ErläutRV, 91 BlgNR 21. GP 17).

26Die bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses anfallende Urlaubsersatzleistung ist dem Wesen nach eine Art bereicherungsrechtlicher Ausgleich dafür, dass der Arbeitgeber insoweit Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers in überproportionalem Ausmaß entgegengenommen hat, als bei „regulärer“ Abwicklung des Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeber nur um die Anzahl der Urlaubstage verminderte Leistungen erhalten hätte. Diese Mehrleistung des Arbeitnehmers ist durch eine Geldleistung des Arbeitgebers auszugleichen, die dem - unter Heranziehung des an sich geschuldeten Arbeitsentgelts ermittelten - typisierten Wert bzw. Preis der Dienstleistung zu entsprechen hat (, mwN). Die Urlaubsersatzleistung ist ein Geldsurrogat für den nicht konsumierten Erholungsurlaub, dessen Verbrauch in natura ab dem rechtlichen Ende des Dienstverhältnisses unmöglich wird. Entsprechend der Rechtsnatur der Ersatzleistung ist für ihre Höhe die bei Beendigung des Dienstverhältnisses geltende Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Es besteht kein Anlass für eine Bedachtnahme auf zukünftige Ereignisse. Die Berechnung beruht auf dem „Ausfallsprinzip“, wonach der Arbeitnehmer während des Urlaubs jenes Entgelt zu bekommen hat, das ihm aus der Perspektive des Urlaubsbeginns zugekommen wäre, wenn er gearbeitet hätte. Es ist folgerichtig, dass es bei Unmöglichkeit des Urlaubsverbrauchs wegen rechtlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf das zu diesem Zeitpunkt gebührende Entgelt ankommt (). Es kommt nicht auf ein Entgelt an, das der Arbeitnehmer erst bei einem „fiktiven“ Urlaubsverbrauch nach dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses verdient hatte. Durch die Urlaubsersatzleistung soll der (in der Vergangenheit entstandene) Urlaubsanspruch abgegolten werden, der für das Urlaubsjahr gebührt, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wird. Auf einen Zeitpunkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommt es nicht an (, mwN).

27Überstundenpauschalen sowie Überstundenentgelt für Überstunden, die entweder vor Urlaubsantritt regelmäßig geleistet worden sind (in diesen Fällen handelt es sich um ein nach bestimmten Zeiträumen bemessenes Entgelt iSd § 6 Abs. 2 UrlG; vgl. Mayr/Erler, UrlG3 (2019) § 6 Rz 8) oder die auf Grund der Arbeitszeiteinteilung bei Nichtantritt des Urlaubs zu erbringen gewesen wären (Ausfallsprinzip iSd § 6 Abs. 3 UrlG; vgl. Mayr/Erler, UrlG3 (2019) § 6 Rz 9), sind grundsätzlich in das Urlaubsentgelt einzubeziehen. Der Arbeitnehmer soll während der Nichtarbeitszeiten einkommensmäßig so gestellt werden, als hätte er die ausgefallene Arbeit tatsächlich erbracht (, mwN).

28Gemäß § 6 Abs. 5 Urlaubsgesetz kann durch Kollektivvertrag iSd § 18 Abs. 4 ArbVG geregelt werden, welche Leistungen des Arbeitgebers als Urlaubsentgelt anzusehen sind. Der GeneralKV kann den Entgeltbegriff abweichend von § 6 Abs. 1 bis 4 Urlaubsgesetz regeln, und zwar nicht nur günstiger als das gesetzliche Modell, sondern auch zum Nachteil des Arbeitnehmers (Reissner in Neumayr/Reissner (Hrsg), ZellKomm³, § 10 UrlG Rz 17 f).

29Gemäß § 2 Abs. 2 GeneralKV sind Überstundenpauschalen sowie Leistungen für Überstunden, die auf Grund der Arbeitszeiteinteilung zu erbringen gewesen wären, wenn der Urlaub nicht angetreten worden wäre, sowie das Entgelt für vor Urlaubsantritt regelmäßig geleistete Überstunden grundsätzlich bei der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen, es sei denn, dass sie infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles (z.B. wegen Saisonende oder Auslaufen eines Auftrags) nicht oder nur in geringerem Ausmaß zu leisten gewesen wären.

30Der GeneralKV hat Leistungen für Überstunden mit der - nach dem Gesagten nach § 6 Abs. 5 UrlG zulässigen - Einschränkung im abschließenden Nebensatz des § 2 Abs. 2 zum Bestandteil des Entgelts iSd § 6 UrlG erklärt. Die oben wiedergegebene Lesart der Revision, wonach es sich bei diesem Satzteil um keine Einschränkung, sondern um einen Hinweis handle, der Berechnung die tatsächlich geleisteten Überstunden vor Urlaubsantritt zu Grunde zu legen, wird vom Verwaltungsgerichtshof schon deswegen nicht geteilt, weil der genannte Satz nicht darauf abstellt, welche Überstunden zu leisten gewesen sind, sondern darauf, welche Überstunden (im Zeitraum des fiktiven Urlaubs) zu leisten gewesen wären.

31Bei aufrecht gebliebenen Arbeitsverhältnissen wären die von Arbeitnehmern bisher (allenfalls regelmäßig) geleisteten Überstunden infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles (wegen Saisonende) nicht zu leisten gewesen. Damit wäre gemäß § 2 Abs. 2 des Generalkollektivvertrages - soweit er nicht allenfalls durch europarechtliche Regelungen unanwendbar wird (vgl. Rz 47 ff des , Heinz gegen Holzkamm) - weder ein für diese Überstunden (mit dem Charakter eines regelmäßig angefallenen Zeitlohns iSd § 6 Abs. 2 Ur1G) geleistetes Entgelt noch das „regelmäßige Entgelt” iSd des § 6 Abs. 3 Ur1G (Ausfallsprinzip) der Berechnung des (fiktiven) Urlaubsentgelts zu Grunde zu legen.

32Von dieser Bemessung des Urlaubsentgelts ist die Bemessung der Urlaubsersatzleistung zu unterscheiden. Diese wird vom GeneralKV insofern nicht berührt, als es nach dem Gesagten bei der Bemessung der Urlaubsersatzleistung nicht auf einen Zeitpunkt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommt. Die besagte Einschränkung in § 2 Abs. 2 zweiter Satz GeneralKV wirkt sich daher (allenfalls) auf die Bemessung des Urlaubsentgelts, nicht aber auf die Bemessung der Urlaubsersatzleistung aus.

33Die gegenständlichen Arbeitsverhältnisse wurden mit dem Ende der Saison des Hotelbetriebes (einem Saisonbetrieb iSd § 53 Abs. 6 ArbVG) beendet. Die von den Arbeitnehmern bisher (regelmäßig) geleisteten Überstunden wären bei aufrecht gebliebenen Arbeitsverhältnissen infolge einer wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles (wegen Saisonende) nicht zu leisten gewesen. Das ändert jedoch nichts daran, dass sie im Falle einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses vor einer solchen wesentlichen Änderung des Arbeitsanfalles bei der Bemessung der Urlaubsersatzleistung nach Maßgabe der oben angeführten Grundsätze der Bemessung des Urlaubsentgelts zu berücksichtigen sind. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht verkannt.

34Das angefochtene Erkenntnis war gemäß § 42 Abs. 1 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2020:RO2019080020.J00

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