VwGH vom 28.05.2019, Ro 2018/15/0002
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kratschmayr, über die Revision der W S GmbH in W, vertreten durch die CONFIDA Wolfsberg Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 9400 Wolfsberg, Offnerplatzl 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/4100102/2012, betreffend Körperschaftsteuer 2007, 2008 und 2009, zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Die revisionswerbende Gesellschaft wurde - nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts (BFG) - per Notariatsakt vom von der Stadtgemeinde X als 100%ige Gesellschafterin errichtet. Ihr Unternehmensgegenstand liegt im Betrieb der "Stadtwerke bestehend unter anderem aus den Teilbereichen ‚Abwasserentsorgung', ‚Müllentsorgung' und ‚Wasser' (bestehend aus ‚Wasserversorgung' samt ‚Stadionbad')". 2 Mit Sacheinlagevertrag vom brachte die Stadtgemeinde die Stadtwerke bestehend aus den Teilbetrieben Abfallentsorgung, Abwasserentsorgung, Wasserversorgung und städtisches Freibad (einschließlich zugehöriger Immobilien) rückwirkend zum Stichtag in die revisionswerbende Gesellschaft ein, und zwar ohne (zusätzliche finanzielle) Abfindung infolge Identität der Eigentums- und Beteiligungsverhältnisse zwischen einbringender Gemeinde und übernehmender GmbH.
3 Anlässlich der Einbringung erfolgte für den Betrieb "Abfallbeseitigung" der Ansatz eines Firmenwerts in Höhe von 2,115.000 EUR in der Einbringungsbilanz der wirtschaftlichen Einheit "Abfallbeseitigung", welcher - beginnend mit einer Halbjahres-AfA 2004 - in der Unternehmensbilanz der revisionswerbenden Gesellschaft auf 15 Jahre verteilt abgeschrieben wurde.
4 Aufgrund der Feststellungen einer Außenprüfung erfolgte die Wiederaufnahme der Verfahren betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 2007 bis 2009 (aus anderen Gründen) und ergingen die Körperschaftsteuerbescheide für die Jahre 2007 bis 2009, in denen das Finanzamt die geltend gemachte Firmenwertabschreibung nicht anerkannte.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das BFG die dagegen erhobene (nunmehrige) Beschwerde ab. Begründend führte es aus, strittig sei die Berücksichtigung einer Firmenwertabschreibung im Ausmaß von 86.667 EUR (ursprünglich 141.000 EUR) pro Streitjahr, nachdem im Zuge des Beschwerdeverfahrens auf der Grundlage vorgelegter Gutachten und Unterlagen von beiden Parteien ein - in eventu zu Grunde zu legender - Firmenwert in Höhe von 1,300.000 EUR außer Streit gestellt worden sei. Dessen Berücksichtigung komme jedoch aus rechtlichen Gründen nicht in Betracht.
6 § 12 Abs. 2 Z 1 UmgrStG definiere als einbringungsfähiges Vermögen für eine Einbringung iSd des UmgrStG nur Betriebe und Teilbetriebe, die der Einkünfteerzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 des EStG 1988 dienten. Der Systematik des KStG 1988 entsprechend seien Betriebe gewerblicher Art (BgA) von Körperschaften öffentlichen Rechts unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig und stellten einbringungsfähiges Vermögen im Sinne des § 12 UmgrStG dar. Betriebe einer Körperschaft öffentlichen Rechts für die Abfall-, Abwasserbeseitigung sowie Wasserversorgung gälten jedoch gemäß § 2 Abs. 5 KStG 1988 (ex lege) als Hoheitsbetriebe, welche für Körperschaften des öffentlichen Rechts weder Steuersubjekteigenschaft noch eine unter die Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 EStG 1988 fallende Einkunftsquelle begründeten. Mangels eines der Einkunftserzielung gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 dienenden (Teil-) Betriebes liege kein einbringungsfähiges Vermögen "Betrieb" iSd § 12 Abs. 2 UmgrStG vor und falle nach Lehre und Rechtsprechung eine Einbringung eines Hoheitsbetriebes nicht unter Art. III UmgrStG. Eine solche "Einbringung" unterliege dem allgemeinen Ertragsteuerrecht.
7 Gemäß § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 gelte die Einlage oder die Einbringung von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen in eine Körperschaft als Tausch im Sinne der lit. a, wenn sie nicht unter das UmgrStG falle. Dabei werde der Tausch von Wirtschaftsgütern als ein entgeltliches Rechtsgeschäft angesehen, weil nach § 6 Z 14 lit. a EStG 1988 beim Tausch eines Wirtschaftsguts gegen ein anderes Wirtschaftsgut jeweils eine Anschaffung des erworbenen
Wirtschaftsguts und eine Veräußerung des hingegebenen
Wirtschaftsguts vorliege. Als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsguts und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsguts sei jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts anzusetzen. Seien stille Reserven aufzudecken, könne grundsätzlich eine Gewinnrealisierung eintreten (durch den Ansatz des gemeinen Wertes des hingegebenen Wirtschaftsguts). 8 § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 erfasse grundsätzlich auch die Einbringung von (Teil-) Betrieben. Allerdings beträfen die angeführten Umgründungen nur strukturelle Änderungen von ertragsteuerlich "steuerhängigen" Betrieben, nämlich von solchen, die der Erzielung von Einkünften gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 dienten. Zudem seien für die Interpretation des Begriffes "Betrieb" im (ertrag)steuerlichen Sinn die allgemeinen Regeln des EStG 1988 und die dafür entwickelten Grundsätze der Lehre, Verwaltungspraxis und Judikatur heranzuziehen. Hiernach sei "Betrieb" (im ertragsteuerlichen Sinn) eine selbständige organisatorische Einheit zur Erzielung von (betrieblichen) Einkünften iSd § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988. Werde ein Hoheitsbetrieb, der nicht als "ertragsteuerlicher" Betrieb anzusehen sei, aus dem "außersteuerlichen" Bereich als Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft eingebracht, seien die eingebrachten (und in der "Schlussbilanz" der einbringenden Stadtgemeinde ausgewiesenen), selbständig bewertungsfähigen Wirtschaftsgüter bei der empfangenden Kapitalgesellschaft mit dem gemeinen Wert anzusetzen, weil mangels Vorliegens eines "Betriebs" im ertragsteuerlichen Sinn (nämlich eines der Erzielung von Einkünften gemäß § 2 Abs. 3 Z 1 bis 3 EStG 1988 dienenden Betriebs) nicht von der Einbringung eines solchen Betriebs ausgegangen werden könne.
9 Der zweifelsfrei im Zuge der "außersteuerlichen Tätigkeit" im Hoheitsbetrieb "Abfallbeseitigung" entstandene "originäre Firmenwert" habe aber - bei der einbringenden Stadtgemeinde - kein aktivierungsfähiges Wirtschaftsgut dargestellt, denn entsprechend der gesetzlichen Fiktion des § 6 Z 1 zweiter Satz EStG 1988 gelte der nach dem entgeltlich erworbene Firmenwert bei Land- und Forstwirten und bei Gewerbetreibenden als abnutzbares Anlagevermögen iSd § 7 Abs. 1 EStG 1988, dessen Anschaffungskosten der zwingenden Anordnung des § 8 Abs. 3 EStG 1988 zufolge linear über 15 Jahre zu verteilen seien. Nach § 8 Abs. 3 EStG 1988 sei lediglich ein derivativ erworbener Firmenwert als selbständig bewertbares Wirtschaftsgut abschreibbar.
10 Unter Firmenwert sei grundsätzlich jener Wert zu verstehen, der nicht einzelnen betrieblich eingesetzten Wirtschaftsgütern zugeordnet werden könne, sondern der sich als Mehrwert über den Substanzwert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter ergebe, also durch den Betrieb des Unternehmens im Ganzen vermittelt werde. Allerdings habe die Rechtsprechung dabei immer auf den entgeltlichen Erwerb eines "steuerhängigen" Betriebs abgestellt.
11 Mit der Aufnahme der Geltung des Tauschgrundsatzes für die Einlage oder Einbringung von Wirtschaftsgütern oder sonstigem Vermögen in § 6 Z 14 EStG 1988 sei klargestellt worden, dass die Einlagenbewertungsvorschrift des § 6 Z 5 EStG 1988 (Ansatz des Teilwertes als "betriebs"bezogenen Begriffs) auf gesellschaftsrechtliche Einlagen nicht anwendbar sei. Auf der Seite der Körperschaft, die die Einlage erhalte, liege eine Anschaffung in Form eines Tausches vor, wobei als Anschaffungskosten grundsätzlich der gemeine Wert des eingelegten Wirtschaftsguts anzusetzen sei.
12 Eine Einbringung bzw. Übertragung einzelner
Wirtschaftsgüter könne den grundsätzlichen Prinzipien des Einkommensteuergesetzes entsprechend aber nur jene
Wirtschaftsgüter betreffen, die beim Einbringenden bereits aktiviert bzw. aktivierungsfähig gewesen seien, wozu ein selbst geschaffener Firmenwert nicht zähle. Diese Wirtschaftsgüter seien nach § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 mit dem gemeinen Wert anzusetzen, wenn - wie vorliegend und bereits dargelegt - von der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter auszugehen sei.
13 Damit fehle für die intendierte Aktivierung eines Firmenwertes als Unterschiedsbetrag zwischen der Summe der gemeinen Werte der eingebrachten Wirtschaftsgüter und einem höheren gemeinen Wert des Betriebs bei der streitgegenständlich als Sacheinlage zu behandelnden Einbringung des Hoheitsbetriebs nicht nur das Vorliegen eines als ertragsteuerlich "steuerhängig" zu qualifizierenden Betriebs, sondern auch ein zu Recht vorzunehmen gewesener bzw. erfolgter Ansatz des Wirtschaftsguts "Firmenwert" in der Schlussbilanz der einlegenden Stadtgemeinde. 14 Die Revision ließ das BFG zu, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage fehle, ob bei der Einbringung eines Hoheitsbetriebs als Sacheinlage in die von der einbringenden Stadtgemeinde errichtete Kapitalgesellschaft ein Firmenwert aktiviert werden dürfe.
15 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende ordentliche Revision.
16 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
17 Die Revision ist zulässig und berechtigt.
18 Hoheitsbetriebe einer Körperschaft öffentlichen Rechts iSd
§ 2 Abs. 5 KStG 1988 begründen weder Steuersubjekteigenschaft noch Einkünfte iSd § 2 Abs. 3 EStG 1988, weshalb sie vom Vermögensbegriff des § 12 Abs. 2 UmgrStG nicht umfasst sind (Rabel/Ehrke-Rabel in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen, 2018, § 12 Rz 76; ebenso Achatz/Mang/Lindinger, Besteuerung der Körperschaften öffentlichen Rechts3 Rz 953 und 1119).
19 Kommt bei der Einbringung in eine Kapitalgesellschaft Art. III UmgrStG nicht zur Anwendung, richtet sich die Beurteilung eines Einbringungsvorgangs nach dem allgemeinen Steuerrecht (vgl. , sowie , 2009/13/0154).
20 Nach § 6 Z 14 lit. b EStG 1988 stellt die Einlage oder Einbringung von Wirtschaftsgütern und sonstigem Vermögen in eine Körperschaft einen Tauschvorgang dar. Beim Tausch von Wirtschaftsgütern liegt jeweils eine Anschaffung und eine Veräußerung vor. Es liegt somit einerseits eine Veräußerung des eingelegten Wirtschaftsguts und andererseits eine Anschaffung von neuen Gesellschaftsanteilen (im Falle einer Kapitalerhöhung) oder - wie im Revisionsfall - die Erhöhung der Anschaffungskosten bestehender Gesellschaftsanteile (Einlage ohne Kapitalerhöhung) vor (vgl. Hofstätter/Reichel, EStG50. Lfg § 6 Z 14 Rz 3; Doralt, EStG13, § 6 Tz 61).
21 Als Veräußerungspreis des hingegebenen Wirtschaftsgutes und als Anschaffungskosten des erworbenen Wirtschaftsgutes sind gemäß § 6 Z 14 EStG 1988 jeweils der gemeine Wert des hingegebenen Wirtschaftsgutes (hier des Hoheitsbetriebs) anzusetzen. 22 § 10 Abs. 2 BewG 1955 zufolge wird der gemeine Wert durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen. Ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse sind nicht zu berücksichtigen (vgl. ).
23 Wenn die Gegenleistung im Einbringen eines
(Hoheits)Betriebs besteht, so ist dabei grundsätzlich auch ein möglicher Firmenwert zu berücksichtigen (vgl. ), denn nach § 2 Abs. 1 BewG ist der Wert wirtschaftlicher Einheiten stets "im ganzen" festzustellen. Damit ist aber auch der gemeine Wert eines Betriebs oder Teilbetriebs grundsätzlich als Fortführungswert unter Einschluss von Firmenwertkomponenten zu bestimmen, wobei der Zerschlagungs- oder Liquidationswert, die Wertuntergrenze darstellt (vgl. Furherr in Kofler, UmgrStG8 § 12 Rz 18 sowie Rabel/Ehrke-Rabel in Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch, § 12 Rz 22 ff). 24 Die Anschaffungskosten dieses Firmenwerts sind auf der Seite des Erwerbers gemäß § 8 Abs. 3 EStG 1988 gleichmäßig verteilt auf fünfzehn Jahre abzusetzen.
25 Dass der Hoheitsbetrieb vor seiner Einbringung in die revisionswerbende Gesellschaft auf Ebene der (einbringenden) Stadtgemeinde als Körperschaft des öffentlichen Rechts keinen als ertragsteuerlich "steuerhängig" zu qualifizierenden Betrieb bildete und in der Schlussbilanz der einlegenden Stadtgemeinde auch kein "Firmenwert" ausgewiesen war, steht - entgegen der Rechtsansicht des BFG - der Berücksichtigung eines Firmenwerts auf Ebene der revisionswerbenden Gesellschaft nicht entgegen, hat doch erst die Einbringung des Hoheitsbetriebs in die revisionswerbende Gesellschaft zu einem steuerlichen Anschaffungsvorgang bei dieser geführt.
26 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben. 27 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 20
14.
Wien, am
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ECLI: | ECLI:AT:VWGH:2019:RO2018150002.J00 |
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