VwGH vom 27.11.2017, Ro 2017/15/0003
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision des Finanzamts Freistadt Rohrbach Urfahr in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5100185/2010, betreffend Umsatzsteuer 2004 bis 2008, berichtigt mit (als Erkenntnis ausgefertigtem) Beschluss vom (mitbeteiligte Partei: Mag. N S in S, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH, Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 4020 Linz, Kudlichstraße 41), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Begründung
1 In der Niederschrift über eine Nachschau vom wurde u. a. festgestellt, zur besseren Erreichbarkeit des nördlich der neuen Bundesstraße N gelegenen Gewerbegebietes und der südlich gelegenen Freizeitanlage der Gemeinde sei zwischen der Gemeinde X, dem Land und der Familie (Ehegatten) AB (deren Rechtsnachfolger der Mitbeteiligte ist) die Finanzierung eines Überführungsbauwerkes über die Bundesstraße N vereinbart worden. Bauherr für das gesamte Straßenbauvorhaben sei die Gemeinde gewesen; die Errichtung sei als Gemeindestraße erfolgt. Der Anteil (52,03%), der die Familie AB betroffen habe, sei mit Rechnungen von der Gemeinde vorgeschrieben worden, welche Umsatzsteuer ausgewiesen hätten. Der Bau einer Gemeindestraße falle nicht in den Unternehmensbereich einer Körperschaft öffentlichen Rechts. Die Gemeinde sei in diesem Fall kein Unternehmer iSd § 2 UStG 1994; ein Vorsteuerabzug sei daher für AB nicht möglich. Es seien Vorsteuerkürzungen für 2006 sowie für März 2008 vorzunehmen.
2 In der Niederschrift über die Schlussbesprechung einer Außenprüfung vom wurden Feststellungen u.a. zu folgenden Punkten getroffen:
3 1. Übersiedelung Sportplatz
4 Zwischen der Gemeinde X und den Ehegatten AB sei am u.a. vereinbart worden, dass die Ehegatten AB oder deren Rechtsnachfolger den gesamten derzeitigen Bestand des Sportplatzes auf im Plan vorgesehene Flächen südlich der Bundesstraße N auf ihre Kosten übersiedelten. Die Gemeinde X verpflichte sich, nach endgültigem Abschluss aller Verträge die Grundflächen zwischen Bahn und Bundesstraße sofort in die entsprechende Baulandwidmung umzuwidmen, um die Flächen verfügbar zu machen ("Gewerbegebiet").
5 Am sei der Beschluss auf Umwidmung durch den Gemeinderat gefasst worden. Am sei der Vertrag über den Ankauf der Flächen durch die Gemeinde zur Herstellung der Sportanlage unterfertigt worden. Im Jahr 2003 hätten die Ehegatten AB die Neuherstellung der Sportanlage auf der dafür vorgesehenen Fläche beauftragt; die Fertigstellung sei im Jahr 2005 erfolgt.
6 AB hätten die für die Herstellung der Anlage in Rechnung gestellte Umsatzsteuer als Vorsteuer abgezogen. Dies sei jedoch nicht zulässig: Da bereits bei Beginn der Bauarbeiten festgestanden sei, dass die gesamte Sportanlage auf Kosten der AB auf einer zuvor durch die Gemeinde erworbenen Liegenschaft errichtet werde und unentgeltlich in das Eigentum der Gemeinde übergehe, stehe ein Vorsteuerabzug nicht zu. Die Nichtabzugsfähigkeit der Vorsteuer stehe der Vorschreibung von Umsatzsteuer aus der Entnahme iSd § 3 Abs. 2 UStG 1994 gleich.
7 Insoweit seien Vorsteuerkürzungen in den Jahren 2004 bis 2007 vorzunehmen.
8 2. Herstellung Straße Gewerbegebiet:
9 Am hätten AB und die Gemeinde u.a. die Vereinbarung getroffen, dass AB sämtliche Kosten der Infrastruktur zur Erschließung des Gebietes ab der Grundstücksgrenze tragen. Ausgenommen von der Regelung sei die Errichtung der Straßen, die die Ehegatten AB selbst beauftragen würden. Nach Errichtung der Straßen verpflichte sich die Gemeinde, diese Straßen einschließlich etwaiger Bankette, Gehsteige, Radwege und dazu gehörige Grünstreifen in das öffentliche Gut der Gemeinde zu übernehmen.
10 Die Straßenflächen seien im Jahr 2003 an die Gemeinde abgetreten worden. Ab dem Jahr 2005 sei mit dem Bau der Straße begonnen worden, die Fertigstellung sei im Jahr 2007 erfolgt. Laut Beschluss der Gemeinde vom seien die Straßen von AB entschädigungslos abgetreten worden. Die Kosten für den Betrieb sowie Reinigung und Instandhaltung dieser Straße würden zur Gänze von der Gemeinde getragen. Die Straße sei im Grundbuch als öffentliches Gut mit der Anmerkung "Straßenanlage" ausgewiesen. Es handle sich um einen Teil der Zu- bzw. Auffahrt von/zur Gemeinde bzw. von der Bundesstraße N.
11 Nach erfolgter Umwidmung als Gewerbegebiet hätten AB ab dem Jahr 2003 mit dem Verkauf der Grundstücke begonnen und jeweils als steuerpflichtig behandelt (§ 6 Abs. 2 UStG 1994). Ein gesondertes Entgelt für die Errichtung der Straße hätten die Ehegatten AB den Grundstückskäufern nicht verrechnet. Die Gemeinde habe Interessentenbeiträge (für Wasser- und Kanalanschluss) an die Grundstückserwerber vorgeschrieben.
12 Bereits bei Beginn der Straßenherstellung sei festgestanden, dass diese entschädigungslos von der Gemeinde übernommen werde. Die entschädigungslose Übertragung der Straße aus dem Eigentum der AB an die Gemeinde falle unter die Bestimmung des § 3 Abs. 2 UStG 1994. Es stehe daher kein Vorsteuerabzug zu.
13 Insoweit sei eine Vorsteuerkürzung 2007 vorzunehmen. 14 3. Wasserleitung und Kanal
15 Auf Grundlage der Vereinbarung vom habe die Gemeinde am eine Rechnung an die Ehegatten AB über die Wasserleitungs- und Kanalkosten im Gewerbegebiet und im Sportzentrum gelegt. Die darin ausgewiesene Umsatzsteuer hätten AB als Vorsteuer abgezogen.
16 Die Gemeinde habe die Aufträge zur Herstellung der Wasserleitung und des Kanals erteilt. Der Leistungsaustausch habe zwischen der Gemeinde und den beauftragten Unternehmen stattgefunden. Die Wasserleitung und das Kanalsystem seien Eigentum der Gemeinde. Zwischen AB und der Gemeinde habe diesbezüglich kein Leistungsaustausch stattgefunden. Die Gemeinde schulde die Umsatzsteuer, solange keine Rechnungsberichtigung erfolge.
17 Insoweit sei daher eine Vorsteuerkürzung 2005 vorzunehmen. 18 Das Finanzamt folgte den Feststellungen und der Beurteilung des Prüfers und erließ entsprechende Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2008.
19 Die Ehegatten AB (bzw. deren Rechtsnachfolger) erhoben gegen diese Bescheide Berufungen.
20 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht den (nunmehrigen) Beschwerden Folge und änderte die Umsatzsteuerbescheide 2004 bis 2008 ab. Es sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig ist.
21 In der Begründung schilderte das Bundesfinanzgericht zunächst - unter Außerachtlassung der Niederschrift über die Nachschau vom - den Verfahrensgang. Sodann zitierte es "Rechtsgrundlagen" und legte seine Rechtsansicht zu "Leistender und Leistungsempfänger", "Vorsteuerabzug", "Entgelt von dritter Seite" und "Fiktive Lieferung" dar.
22 Das Bundesfinanzgericht führte dabei im Wesentlichen aus, unstrittig sei die Verlegung des Sportplatzes Voraussetzung dafür gewesen, dass die Anbindungsstraße und die Straßen im Gewerbegebiet hätten gebaut werden können. Aufgrund des Straßenbaus seien infrastrukturelle Arbeiten durchzuführen gewesen. Die Straßen (samt Infrastruktur) dienten ihrerseits dafür, den Grundstückserwerbern die Zufahrt zu den und die Nutzung der erworbenen Grundstücke zu ermöglichen. Die anteiligen Erschließungskosten seien in den von den Erwerbern zu zahlenden Preis eingeflossen. Die Einräumung der Zufahrts- und Nutzungsmöglichkeit der Grundstücke gegen anteilige Erschließungskosten stelle eine von der Grundstückslieferung getrennte, daher stets steuerpflichtige Leistung dar; dies auch dann, wenn ein Gesamtpreis vereinbart sei. Daher sei auch nicht von Bedeutung, ob die Grundstücke steuerpflichtig oder steuerfrei geliefert würden. Selbst wenn dies nicht zuträfe, würden die strittigen Vorsteuern im Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen stehen, weil die Grundstücke unter Verzicht auf die Steuerfreiheit geliefert worden seien.
23 Mit der Vornahme der baulichen Maßnahmen (Übersiedlung Sportplatz, Errichtung eines Teils der Straßen im Gewerbegebiet) und der Übernahme von Kosten (von der Gemeinde errichtete Straßenteile, Wasserleitung und Kanal) hätten die Ehegatten AB unternehmerische Zwecke verfolgt. Die dem Ehepaar AB von dritten Unternehmern bzw. von der Gemeinde in Rechnung gestellten Umsatzsteuern berechtigten AB bzw. nunmehr den Mitbeteiligten daher zum Vorsteuerabzug.
24 Der Verwaltungsgerichtshof sei in vergleichbaren Fällen (Hinweis auf ; und , 2012/15/0163) davon ausgegangen, dass eine Anbindungsstraße in das öffentliche Eigentum übergegangen sei. Das Entgelt bestehe in den von den Grundstückskäufern zu zahlenden anteiligen Errichtungskosten (Entgelt von dritter Seite; daneben könne auch ein anteiliges direktes Leistungsentgelt vorliegen).
25 Dieser Ansicht sei entgegenzuhalten, dass selbst unter der Annahme, dass die Übertragung der Anbindungsstraße in das öffentliche Gut eine Lieferung darstelle, kein Entgelt von dritter Seite vorliege. Die Grundstückskäufer würden die anteiligen Anbindungskosten nicht deswegen an den Errichter zahlen, weil die Anbindungsstraße in das öffentliche Gut übertragen werde, sondern deswegen, weil ihnen die Anbindungsstraße die unternehmerische Nutzung ihrer Grundstücke ermögliche. Es lägen daher nur Leistungsbeziehungen zwischen dem Errichter (Initiator) und den Grundstückskäufern vor.
26 Grundstückskäufer, die nicht zum (vollen) Vorsteuerabzug berechtigt seien, dürften diese Umsatzsteuer nicht oder nur anteilig als Vorsteuer abziehen. Damit komme es systemkonform im Ergebnis zu einer (teilweisen) Egalisierung des Vorsteuerabzugs. Bei voller Vorsteuerabzugsberechtigung komme es systemkonform zu keiner Umsatzsteuerbelastung in der Unternehmerkette.
27 Trotz Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums ins öffentliche Gut bleibe die Anbindungsstraße im Unternehmensbereich des Errichters der Anbindungsstraße, weil sie auch nach Übertragung in das öffentliche Gut unternehmerischen Zwecken diene. Diese bestünden darin, dass der Errichter den Grundstückskäufern und deren Kunden die Zufahrt zu den Grundstücken und damit deren (unternehmerische) Nutzung (gegen Ersatz der anteiligen Anbindungskosten) ermögliche. Entgelt von dritter Seite liege daher nicht vor.
28 Der Verwaltungsgerichtshof (Hinweis auf ; und , 2009/15/0137) habe die Ansicht vertreten, dass eine unentgeltliche Übertragung einer Anbindungsstraße in das öffentliche Gut eine fiktive Lieferung sei, sofern keine Entgelte von dritter Seite vorlägen.
29 Dieser Ansicht sei entgegenzuhalten, dass trotz Übergangs des zivilrechtlichen Eigentums ins öffentliche Gut die Anbindungsstraße im Unternehmensbereich des Errichters der Anbindungsstraße bleibe, weil sie auch nach Übertragung in das öffentliche Gut unternehmerischen Zwecken diene. Auch ertragsteuerlich scheide eine Anbindungsstraße nicht mit Übertragung in das öffentliche Gut aus dem Betriebsvermögen aus, sondern werde auf die Nutzungsdauer abgeschrieben. Auch angemietete Gegenstände befänden sich im Unternehmensbereich. Dies verdeutliche, dass sich auch nicht (mehr) im zivilrechtlichen Eigentum des Unternehmers befindliche Gegenstände im Unternehmensbereich befinden könnten.
30 Eine Anbindungsstraße diene ganz überwiegend unternehmerischen Zwecken. Würde sie auch in einem nicht unwesentlichen Ausmaß öffentlichen Zwecken dienen, wäre die öffentliche Hand wohl dazu bereit gewesen, etwas für die Anbindungsstraße zu zahlen bzw. wäre ein Hersteller der Anbindungsstraße nicht bereit gewesen, sämtliche Kosten zu tragen. Überdies dürfe die öffentliche Hand nicht nach ihrem Gutdünken über die Anbindungsstraße verfügen, also beispielsweise diese abtragen. All dies spreche dafür, dass der Hersteller wirtschaftlicher Eigentümer einer Anbindungsstraße sei bzw. bleibe. Mit deren Übertragung in das öffentliche Gut werde daher keine Entnahme bewirkt.
31 Eine Anbindungsstraße, zu deren Errichtung die öffentliche Hand nichts beisteuere, diene ganz überwiegend nicht öffentlichen Interessen. Mit Übertragung in das öffentliche Gut werde der öffentlichen Hand daher kein verbrauchbarer Nutzen zugewendet. Ein Vorteil durch Übertragung in das öffentliche Gut würde nur dann der öffentlichen Hand zugewendet, wenn sie verpflichtet wäre, eine Anbindungsstraße zu errichten. Eine solche Verpflichtung bestehe jedoch nicht. Auch wenn eine Anbindungsstraße nach öffentlichrechtlichen Vorgaben zu errichten sei, betreffe dies nur die Modalität der Errichtung, sage jedoch nichts über den Errichtungszweck aus.
32 Aus , Rn. 33, sei zu schließen, dass eine auf einem Fehlverhalten des Empfängers des Vermögens beruhende unfreiwillige Vermögensübertragung keine unentgeltliche Zuwendung sei. Warum dies nur für eine auf Fehlverhalten zurückzuführende Vermögensübertragung gelten solle, sei nicht ersichtlich.
33 Insgesamt sei abzuleiten, dass keine Entnahme für Zwecke einer unentgeltlichen Zuwendung vorliege.
34 Habe der ehemalige Grundstückseigentümer die Anbindungsstraße errichtet und würde diese auch in einem nicht unwesentlichen Ausmaß öffentlichen Zwecken dienen, wäre die öffentliche Hand wohl dazu bereit gewesen, etwas für die Anbindungsstraße zu zahlen. Die öffentliche Hand hätte daher einen Zuschuss gewährt. Dieser sei das Entgelt für die Übertragung in das öffentliche Gut und die damit verbundene Zurverfügungstellung der Anbindungsstraße auch für öffentliche Zwecke.
35 Führe die öffentliche Hand die Erhaltung und Wartung (z.B. Winterdienst) der Anbindungsstraße durch, sei dies eine Leistung, die auch dem ehemaligen Grundstückseigentümer zugutekomme. Müsse er dafür nichts bezahlen, liege eine Leistung der öffentlichen Hand vor, die - genauso wie ein Zuschuss - die Gegenleistung für die Übertragung der Anbindungsstraße in das öffentliche Gut sei. Die Erhaltungs- und Wartungsleistung sei zu bewerten und zu kapitalisieren.
36 Die Übertragung in das öffentliche Gut sei also insofern zu versteuern, als die öffentliche Hand dafür einen Zuschuss zahle bzw. Erhaltungs- und Wartungsleistungen erbringe. Die öffentliche Hand beziehe die Übertragung in das öffentliche Gut nicht im Rahmen eines Betriebs gewerblicher Art und dürfe daher diese Umsatzsteuer nicht als Vorsteuer abziehen. Es komme daher systemkonform nur insofern zu einer Umsatzsteuerbelastung, als die Anbindungsstraße auch öffentlichen Zwecken diene. Im Ergebnis werde also der Vorsteuerabzug durch Besteuerung insofern rückgängig gemacht, als ein öffentliches Interesse an der Anbindungsstraße bestehe. Infolge Entgelts scheide eine fiktive Lieferung aus.
37 Habe die öffentliche Hand eine Anbindungsstraße errichtet und liege ein öffentliches Interesse an deren Errichtung vor, werde sie dem davon profitierenden Grundstückseigentümer nur jene Kosten in Rechnung stellen, die dem Verhältnis der öffentlichen zu den unternehmerischen Zwecken entspräche. Der öffentlichen Hand stehe für die Errichtung nur der anteilige Vorsteuerabzug zu.
38 Wie dem rechtskräftig gewordenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom (dieses betrifft Umsatzsteuer 2006 bis 2008 der Gemeinde X) zu entnehmen sei, habe die Gemeinde für die von ihr errichteten Straßenteile nur den anteiligen Vorsteuerabzug geltend gemacht und Umsatzsteuer nur in Höhe des geltend gemachten Vorsteuerbetrags den Ehegatten AB in Rechnung gestellt.
39 Führe die öffentliche Hand die Erhaltung und Wartung (z.B.) Winterdienst der Anbindungsstraße durch, sei dies eine Leistung, die auch dem Grundstückseigentümer zugutekomme. Müsse er dafür nichts zahlen, sei die Erhaltung und Wartung die Gegenleistung für die Leistung des Grundstückseigentümers, die darin bestehe, dass er das offensichtliche Interesse der öffentlichen Hand an der Ansiedlung befriedige. Die Erhaltungs- und Wartungsleistung sei zu bewerten und zu kapitalisieren.
40 Insgesamt ergebe sich: Da die Gemeinde die Erhaltung und Wartung der von ihr und der von AB errichteten Straßenteile vornehme, dies den Ehegatten AB (nunmehr dem Mitbeteiligten) zugutekomme und AB dafür nichts zu bezahlen hätten, sei die besagte Leistung der Gemeinde zu bewerten und zu kapitalisieren. Die Höhe sei unstrittig.
41 Die Erhaltungs- und Wartungsleistungen seien die Gegenleistung für die Übertragung in das öffentliche Gut (Übersiedlung Sportplatz, Errichtung eines Teils der Straßen im Gewerbegebiet) und die Befriedigung des öffentlichen Ansiedlungsinteresses. Da die Straßen im Jahr 2007 fertiggestellt worden seien, sei die Umsatzversteuerung für das Jahr 2007 vorzunehmen.
42 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die Revision des Finanzamts. Der Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung eingebracht.
43 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
44 Nach § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 unterliegen der Umsatzsteuer u. a. die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt.
45 Gemäß § 3 Abs. 1 UStG 1994 sind Lieferungen Leistungen, durch die ein Unternehmer den Abnehmer oder in dessen Auftrag einen Dritten befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen.
46 Nach § 3 Abs. 2 dritter Teilstrich UStG 1994 (in der Fassung BGBl. I Nr. 134/2003) wird einer Lieferung gegen Entgelt gleichgestellt die Entnahme eines Gegenstandes durch einen Unternehmer aus seinem Unternehmen für jede andere unentgeltliche Zuwendung, ausgenommen Geschenke von geringem Wert und Warenmuster für Zwecke des Unternehmens.
47 Nach § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 (in der Fassung vor BGBl. I Nr. 118/2015) kann der Unternehmer die von anderen Unternehmern in einer Rechnung an ihn gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die im Inland für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuern abziehen.
48 In der Revision wird dargelegt, das Finanzamt habe ursprünglich (im Rahmen der Außenprüfung bzw. Nachschau) im Sinne der Rechtsprechung des deutschen Bundesfinanzhofs (BFH , V R 12/08) den Vorsteuerabzug verweigert. Nach den Erkenntnissen des VwGH (, 2009/15/0137; und , 2011/15/0055) gehe das Finanzamt aber von einer Entnahme aus.
49 Damit ist die Vorsteuerabzugsberechtigung der Ehegatten AB (bzw. des Mitbeteiligten) betreffend jene Leistungen, die von diesen bei Dritten bestellt wurden, an sich nicht mehr strittig (vgl. zur Vorsteuerabzugsberechtigung im Übrigen auch Sveda, C-126/14; sowie C- 132/16, Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments).
50 Von der Berechtigung zum Vorsteuerabzug eines Unternehmers für die bei Bauunternehmen in Auftrag gegebenen Bauleistungen zu unterscheiden ist die Frage nach den umsatzsteuerlichen Folgen einer Übertragung eines Bauwerks an die öffentliche Hand. Dabei kann entweder eine Lieferung nach § 3 Abs. 1 oder - nach der hier anzuwendenden Rechtslage idF BGBl. I Nr. 134/2003 - ein "Eigenverbrauch" nach § 3 Abs. 2 dritter Teilstrich UStG 1994 des Unternehmers vorliegen (vgl. , mwN; vgl. - zur "Vorsorge" gegen die Gefahr eines unversteuerten Letztverbrauchs - auch , Posnania Investment, Rn. 39 ff).
51 Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte sind so zu begründen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofs für diesen nachvollziehbar ist. Hiezu muss die Begründung insbesondere erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen das Verwaltungsgericht zur Ansicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt, und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhalts unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet (vgl. z.B. , mwN).
52 Diesen Anforderungen genügt das angefochtene Erkenntnis - auch in seiner berichtigten Form - nicht.
53 So wird im angefochtenen Erkenntnis zwar ausführlich der Verfahrensgang geschildert. Von welchem Sachverhalt das Bundesfinanzgericht ausgeht (und welche Erwägungen für die Annahme dieses Sachverhalts ausschlaggebend waren), wird aber nicht dargelegt.
54 Wie die Revision zutreffend aufzeigt, enthält das angefochtene Erkenntnis keinerlei - auch nicht durch Verweise auf die Niederschrift über die Nachschau vom - sachverhaltsbezogene Ausführungen zur Errichtung eines "Überführungsbauwerks" über die Bundesstraße N; betragsmäßig erfolgte eine Berücksichtigung im Wesentlichen erst mit dem Berichtigungsbeschluss.
55 Auch im Übrigen bleibt fraglich, von welchem Sachverhalt das Bundesfinanzgericht ausgeht, wenn es offenbar eine innere Verknüpfung (vgl. Ruppe/Achatz, UStG4, § 1 Tz 63) zwischen Leistungen der Ehegatten AB an die Gemeinde einerseits und Leistungen der Gemeinde anderseits annimmt. Eine derartige Verknüpfung ist etwa betreffend die Verlegung des Sportplatzes sowie die Arbeiten betreffend Wasserleitung und Kanal in keiner Weise (auch nicht durch Schilderung der Niederschrift über die Schlussbesprechung vom ) ersichtlich. Aber auch betreffend die Errichtung von Straßen (und deren Übertragung in das öffentliche Gut) ist den Ausführungen des Bundesfinanzgerichts eine Verknüpfung nicht zu entnehmen, wird doch in dieser Hinsicht - im Rahmen der Schilderung der Niederschrift vom - lediglich ein Beschluss der Gemeinde angeführt.
56 Die Darlegungen des Bundesfinanzgerichts dazu, Entgelt von dritter Seite liege nicht vor, erscheinen - wie die Revision aufzeigt - hypothetisch, da nicht ersichtlich ist, worin im vorliegenden Fall ein Entgelt von dritter Seite bestehen solle.
57 Eine Entnahme eines Gegenstandes liegt vor, wenn es zu einer endgültigen Trennung des Gegenstandes vom Unternehmensvermögen kommt. Dieser Vorgang muss grundsätzlich vom Willen des Unternehmers getragen sein (vgl. Pernegger in Melhardt/Tumpel, UStG2, § 3 Rz 401).
58 Das Bundesfinanzgericht geht davon aus, dass die Anbindungsstraßen in das zivilrechtliche Eigentum der Gemeinde (oder des Landes) übergegangen sind; das Bundesfinanzgericht nimmt aber an, das wirtschaftliche Eigentum sei bei AB (bzw. dem Mitbeteiligten) verblieben. Im Fall einer Zuwendung eines Gegenstands an einen Dritten ist davon auszugehen, dass die Verfügungsmacht (die Befähigung wie ein Eigentümer zu verfügen) über den Gegenstand zu verschaffen ist. Zivilrechtlich wurde das Eigentum unstrittig übertragen. Dass die Anbindungsstraße weiterhin die Zufahrt zu den Grundstücken und damit deren unternehmerische Nutzung ermöglicht, bewirkt nicht, dass diese Gegenstände weiterhin in der Verfügungsmacht von AB (bzw. des Mitbeteiligten) verblieben wären. Wenn das Bundesfinanzgericht weiters ausführt, auch angemietete Gegenstände befänden sich im Unternehmensbereich, so bewirkt die Anmietung eines Gegenstandes noch nicht für sich die Einräumung der Verfügungsbefugnis über den angemieteten Gegenstand (sondern bloß die Einräumung einer Nutzungsmöglichkeit; vgl. Ruppe/Achatz, aaO § 3 Tz 41). Welche Verfügungsbefugnisse bei AB betreffend die Anbindungsstraßen verblieben sein sollen, geht aus dem angefochtenen Erkenntnis nicht hervor. Demnach wäre aber davon auszugehen, dass entsprechend dem zivilrechtlichen Eigentum auch die Verfügungsbefugnis an die Gemeinde übergegangen ist.
Wenn das Bundesfinanzgericht sodann im Rahmen seiner weiteren Erwägungen davon ausgeht, dass zwar eine Übertragung - etwa - der Straßenliegenschaften erfolgt sei, dass insoweit aber nicht eine Entnahme, sondern eine entgeltliche Lieferung vorliege, so liegen dieser Beurteilung (wie bereits ausgeführt) keine Sachverhaltsfeststellungen zur Verknüpfung der Leistungen zu Grunde. Die bloße Übernahme von Erhaltungs- und Wartungsleistungen durch die Gemeinde im Hinblick auf sodann im Eigentum (und in der Verfügungsmacht) der Gemeinde stehenden Liegenschaften kann aber nicht ohne Weiteres als Entgelt für die Übertragung dieser Liegenschaften angesehen werden.
59 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG aufzuheben.
Wien, am