VwGH vom 22.12.2016, Ro 2016/16/0020

VwGH vom 22.12.2016, Ro 2016/16/0020

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

Ro 2016/16/0021 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel in 1030 Wien, Marxergasse 4, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/7103249/2014, betreffend Beschwerdezinsen nach § 205a BAO (mitbeteiligte Partei:

G GmbH in S, vertreten durch die LeitnerLeitner Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mbH in 1030 Wien, Am Heumarkt 7), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

1 Unbestritten ist, dass die Mitbeteiligte am einen am zwischen ihr als Bestandnehmerin einerseits und der Flughafen Wien AG als Bestandgeberin andererseits abgeschlossenen Bestandvertrag ohne Selbstberechnung der Rechtsgeschäftsgebühr nach § 33 TP 5 Abs. 5 Z 1 GebG zur Anzeige brachte, dessen Leistungen von einem erst in Zukunft ermittelbaren Betrag abhingen (§ 33 TP 5 Abs. 5 Z 2 GebG iVm. § 1 Z. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 241/1999).

Mit gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufigem Bescheid vom setzte das Finanzamt die Gebühr gemäß § 33 TP 5 Abs. 1 GebG mit EUR 1.083.971,55 fest, wogegen die Mitbeteiligte Berufung erhob, in der sie vorbrachte, dass ein Vertrag mit unbestimmter Dauer vorliege und - vom Finanzamt in die Bemessungsgrundlage einbezogene - Werbeleistungen nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen seien, und die Festsetzung der Vertragsgebühr mit EUR 515.017,88 beantragte.

Am entrichtete die Mitbeteiligte EUR 536.399,15 auf das Abgabenkonto.

Das Finanzamt wies die Berufung mit Berufungsvorentscheidung vom als unbegründet ab, worauf die Mitbeteiligte die Vorlage an die Abgabenbehörde zweiter Instanz beantragte. Mit Erkenntnis vom setzte das Bundesfinanzgericht die Gebühr, ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von EUR 52.175.381,86, mit EUR 521.753,82 vorläufig fest. Mit einem gemäß § 200 Abs. 2 BAO endgültigen Bescheid vom setzte das Finanzamt die Gebühr für den Bestandvertrag mit EUR 475.749,03 endgültig fest.

2 Mit Schriftsatz vom beantragte die Mitbeteiligte die Festsetzung von Beschwerdezinsen für eine bereits entrichtete Abgabenschuld: Am sei eine Gebühr von EUR 536.399,15 entrichtet worden und in der Berufung vom 19. April d.J. die Festsetzung der Gebühr mit EUR 515.017,88 beantragt worden. Nach der (abweisenden) Berufungsvorentscheidung vom sei im Vorlageantrag die Festsetzung der Gebühr mit dem Betrag von EUR 520.417,89 beantragt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 7. März und im Erkenntnis vom (eingelangt am 27. d.M.) habe das Bundesfinanzgericht die Vertragsgebühr mit EUR 521.753,82 festgesetzt. Die Mitbeteiligte ersuche daher um Festsetzung von Beschwerdezinsen für den Differenzbetrag zwischen der geleisteten Zahlung von EUR 536.399,15 und der vom Gericht festgesetzten Bestandvertragsgebühr in der Höhe von EUR 521.753,82, sohin EUR 14.645,33, für den Zeitraum vom bis zur Zustellung des Erkenntnisses vom am 27. d.M.. Mit Bescheid vom wies das Finanzamt den Antrag mit der Begründung ab, das Anbringen vom habe keine Konkretisierung der Gebührenhöhe und auch keine Konkretisierung der für die Berechnung der Gebühr maßgeblichen Laufzeit des Bestandvertrages enthalten. Das Finanzamt sei somit nicht von dem dem Bescheid zugrunde liegenden Anbringen abgewichen. In der dagegen erhobenen Beschwerde vom nahm die Mitbeteiligte den Standpunkt ein, die Gebührenanzeige in Form der Vorlage des Bestandvertrages stelle ein schriftliches Anbringen im Sinn des § 205a Abs. 3 BAO und somit auch im Sinn des § 85 BAO dar. Für die Beurteilung von Anbringen komme es nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt sowie das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes an. Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren seien dabei nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, d.h. es komme darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage verstanden werden müsse. Insofern impliziere die Gebührenanzeige als Anbringen im Sinne des § 85 BAO ein Anbringen mit Festsetzung der "korrekten" Bestandvertragsgebühr im Sinn des § 33 TP 5 GebG. Auch wenn die finale Klärung der Bestandvertragsgebühr durch das Bundesfinanzgericht entschieden worden sei, sei nach Erachten der Mitbeteiligten mit Bescheid vom vom Anbringen - nämlich einer korrekten Festsetzung der Bestandvertragsgebühr - abgewichen worden. Jedenfalls sei das Finanzamt durch die Berufungsvorentscheidung vom vom Anbringen der Berufung vom abgewichen, weshalb Beschwerdezinsen festzusetzen seien. Gemäß § 205a BAO seien Beschwerdezinsen ab der Entrichtung (somit ab ) bis zur Bekanntgabe des endgültigen Bescheides festzusetzen. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Finanzamt die Beschwerde als unbegründet ab: Dem angefochtenen Bescheid - so die wesentliche Begründung - liege die Gebührenanzeige, eingelangt am , als ein Anbringen im Sinn des § 205a Abs. 3 BAO zugrunde. In der Gebührenanzeige (dem Anbringen) seien keine konkreten Berechnungen über die festzusetzende Gebühr enthalten. Das Finanzamt sei somit nicht von dem dem Bescheid zugrunde liegenden Anbringen abgewichen.

In ihrem Vorlageantrag vom wiederholte die Mitbeteiligte im Wesentlichen ihr Vorbringen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesfinanzgericht der Beschwerde teilweise Folge und änderte den Bescheid vom insoweit ab, als Beschwerdezinsen für den Zeitraum vom bis mit dem Betrag von EUR 2.954,74 festgesetzt wurden. Darüber hinaus wurde die Beschwerde abgewiesen und ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG zugelassen werde.

4 Begründend erwog das Gericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Zitierung des § 205a BAO:

"Beide Parteien gehen zu Recht davon aus, dass es sich bei der Vorlage des Bestandvertrages beim Finanzamt zwecks Festsetzung der Bestandvertragsgebühr um ein Anbringen im Sinne des § 205a Abs. 3 BAO handelt.

Strittig ist, ob das Finanzamt von diesem Anbringen ‚abgewichen' ist, was erst nach Klärung der Frage, welcher Inhalt bzw. Sinngehalt diesem Anbringen zu unterstellen ist, festgestellt werden kann. Der (Mitbeteiligten) ist darin beizupflichten, dass es für die Beurteilung von Anbringen nicht auf die Bezeichnung, sondern auf den Inhalt sowie das erkennbare oder zu erschließende Ziel des Parteischrittes ankommt. Parteierklärungen im Verwaltungsverfahren sind dabei nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen, dh es kommt darauf an, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der der Behörde vorliegenden Aktenlage objektiv verstanden werden muss (; , 2006/16/0129; , 2010/15/0188). Der Auffassung der (Mitbeteiligten), dass dieses Anbringen implizite die 'korrekte', also rechtsrichtige Festsetzung der Bestandvertragsgebühr zum Ziel hatte, kann nicht entgegengetreten werden. Dass die (Mitbeteiligte) gehalten gewesen wäre, ihr Anbringen näher zu konkretisieren oder gar eine Selbstberechnung vorzunehmen, wurde vom Finanzamt nie behauptet und ergeben sich darauf auch keine Hinweise aus den anzuwendenden gebührenrechtlichen Vorschriften oder dem (...) durchgeführten Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht.

Anbringen, die recte keinen substantiellen Antrag darüber enthalten, wie der dem Finanzamt offengelegte Sachverhalt abgabenrechtlich zu beurteilen sei, können nur so ausgelegt werden, dass der Abgabenpflichtige mit dieser Offenlegung eine rechtsrichtige Abgabenfestsetzung herbeiführen will. Wenn der auf Grund dieses Anbringens erlassene Bescheid sich sohin als ganz oder teilweise rechtswidrig erweist, weicht er insofern vom Anbringen des Abgabepflichtigen ab, woraus sich die Verpflichtung zur Festsetzung von Beschwerdezinsen dem Grunde nach ergibt.

Beschwerdezinsen sind grundsätzlich ab der Entrichtung der Abgabenschuldigkeit (in concreto der ) bis zur Bekanntgabe (Zustellung) des die Abgabe herabsetzenden Bescheides bzw. Erkenntnisses () festzusetzen (§ 205a Abs. 1 BAO). Die Höhe des zu verzinsenden Differenzbetrages ergibt sich aus dem entrichteten Betrag und der herabgesetzten Abgabenvorschreibung.

Gemäß § 323 Abs. 29 BAO ist § 205a BAO am in Kraft getreten und ist sohin erstmals für ab diesem Zeitpunkt erfolgte Abgabenfestsetzungen anwendbar. Vor dem Inkrafttreten erfolgte Entrichtungen sind für die Verzinsung nur für Zeiträume ab Inkrafttreten zu berücksichtigen.

Mit dem Erkenntnis vom hat das Bundesfinanzgericht die Bestandvertragsgebühr auf 521.753,82 EUR herabgesetzt, wodurch das Beschwerdeverfahren beendet worden ist. Der Verzinsungszeitraum hat daher am (Inkrafttreten) begonnen und am (Zustellung des Erkenntnisses) geendet. Beschwerdezinsen waren daher nur für diesen Zeitraum festzusetzen. Das Beschwerdebegehren auf Festsetzung von Beschwerdezinsen vor dem war daher insoweit abzuweisen.

Die Herabsetzung der Bestandvertragsgebühr im Erkenntnis des Anmerkung: gemeint wohl 2014) erfolgte gemäß § 200 BAO vorläufig; am ist die endgültige Festsetzung mit 475.749,03 EUR erfolgt.

Zufolge der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat das Verwaltungsgericht grundsätzlich auf Grund der zum Zeitpunkt seiner Entscheidung gegebenen Sach- und Rechtslage zu entscheiden, soweit sich nicht insbesondere aus dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften das Gebot zur Anwendung der zu einem bestimmten früheren Zeitpunkt maßgebenden Rechtslage ergibt oder ein Sachverhalt zu einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt zugrunde zu legen ist (vgl. ). Bei der Berechnung des Differenzbetrages ist daher von der am ergangenen endgültigen Abgabenfestsetzung auszugehen. Der zu verzinsende Differenzbetrag ergibt sich sohin aus dem entrichteten Betrag (536.399,15 EUR) und dem endgültig festgesetzten Abgabentrag (475.749,03 EUR) und beträgt somit 60.650,12 EUR.

Der Beschwerde kam sohin teilweise Berechtigung zu. Für den Zeitraum ab waren daher Beschwerdezinsen laut nachfolgender Berechnung festzusetzen:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Zeitraum
Bemessungs- Grundlage
Anzahl der Tage
Zinssatz
Tageszinssatz
Beschwerde zinsen
-
60.650,12
492
2,38%
0,0065%
1.945,72 EUR
-
60.650,12
323
1,88 %
0,0051%
1.009,02 EUR
Gesamt
2.954,74 EUR

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden."

Seinen Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision begründete das Gericht damit, da bislang keine Judikate des Verwaltungsgerichtshofes zu § 205a BAO ergangen seien, komme allen in Zusammenhang mit den Beschwerdezinsen aufgeworfenen Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung zu.

5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Amtsrevision des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Mitbeteiligte hat eine Revisionsbeantwortung erstattet, in der sie die Abweisung der Amtsrevision als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

6 Die Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens treten der Beurteilung des Gerichts in der Frage der Zulässigkeit der Revision gegen das Erkenntnis vom bei. Tatsächlich gibt es bislang keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Festsetzung von Beschwerdezinsen (vormals Berufungszinsen) nach § 205a BAO.

7 Die Amtsrevision sieht die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses zusammengefasst darin, erst im Beschwerdeverfahren gegen die Festsetzung der Bestandvertragsgebühr vor dem Bundesfinanzgericht sei der Einwand und Gegenbeweis erbracht worden, dass es sich um einen unbefristeten Bestandvertrag handle. Die weiteren Ermittlungen, die zur Herabsetzung geführt hätten, hätten sich somit erst im Beschwerdeverfahren ergeben. Beschwerdezinsen könnten daher dem Grunde nach nicht anfallen, weil gemäß § 205a Abs. 3 BAO Zinsen insoweit festzusetzen sind, als ein Bescheid in Punkten angefochten werde, in denen er von dem ihm zugrunde liegenden Anbringen abweiche oder ein Bescheid angefochten werde, dem kein Anbringen zugrunde liege. Weder ein Abweichen vom Anbringen noch ein fehlendes Anbringen seien hier der Fall. Dass es aufgrund einer Anfechtung im Beschwerdeverfahren (grundsätzlich immer) zu einer Herabsetzung der mit dem bekämpften Bescheid vorgeschriebenen Abgabe kommen könne, sei der Beschwerdeverzinsung immanent. Daraus könne jedoch nicht generell geschlossen werden, dass bereits in der Erstfestsetzung vom zugrunde liegenden Anbringen abgewichen worden sei.

Das Bundesfinanzgericht begründe seine Entscheidung damit, dass in der Offenlegung des Sachverhaltes gegenüber der Abgabenbehörde ein Antrag läge, der auf die rechtsrichtige Abgabenfestsetzung abzielte. Da jedoch nach § 270 BAO im Beschwerdeverfahren kein Neuerungsverbot bestehe, könne dem nicht uneingeschränkt gefolgt werden. Gerade aufgrund des ergänzenden Vorbringens im Beschwerdeverfahren habe sich die Erstfestsetzung im Nachhinein als nicht richtig erwiesen. Die Ansicht des Gerichts würde dazu führen, dass sogar bei einer erklärungsgemäßen Erstfestsetzung Beschwerdezinsen dem Grunde nach zustünden, wenn der Beschwerdeführer im Beschwerdeverfahren neue Tatsachen vorbringe, die eine Herabsetzung im Beschwerdeverfahren nach sich zögen. Sollte die Festsetzung von (richtig:) Beschwerdezinsen dem Grunde nach zu bejahen sein, habe das Gericht diese in unrichtiger Höhe festgesetzt. Die Mitbeteiligte habe in ihrem Schriftsatz vom die Festsetzung von Beschwerdezinsen für einen Betrag von EUR 14.645,33 beantragt. Das Gericht sei jedoch über diesen Antrag hinausgegangen und habe als Bemessungsgrundlage die Differenz zwischen dem entrichteten und dem endgültig festgesetzten Betrag (EUR 60.650,12) als Bemessungsgrundlage herangezogen. Die endgültige Festsetzung mit Bescheid vom sei jedoch außerhalb eines Beschwerdeverfahrens erfolgt. Diese zusätzliche Herabsetzung außerhalb des Beschwerdeverfahrens könne nach § 205a Abs. 1 BAO nicht die Rechtsfolge von Beschwerdezinsen auslösen.

8 § 205a BAO, eingefügt durch das Abgabenänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 76 - AbgÄG 2011, lautet in der Fassung des Finanzverwaltungsgerichtsbarkeitsgesetzes 2012, BGBl. I Nr. 14/2013 - FVwGG 2012:

" § 205a. (1) Soweit eine bereits entrichtete Abgabenschuldigkeit, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Bescheidbeschwerde abhängt, herabgesetzt wird, sind auf Antrag des Abgabepflichtigen Zinsen für den Zeitraum ab Entrichtung bis zur Bekanntgabe des die Abgabe herabsetzenden Bescheides bzw. Erkenntnisses festzusetzen (Beschwerdezinsen).

(2) Der Antrag (Abs. 1) hat zu enthalten:

a) die Bezeichnung der Bescheidbeschwerde, von deren

Erledigung die Abgabenhöhe unmittelbar oder mittelbar abhängt;

b) die Bezeichnung des Bescheides bzw. Erkenntnisses, mit

dem die entrichtete Abgabenschuldigkeit herabgesetzt wurde;

c) die für die Höhe der Bemessungsgrundlage der Zinsen

maßgebenden Angaben.

(3) Zinsen sind nur insoweit festzusetzen, als ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er von dem ihm zugrunde liegenden Anbringen abweicht oder ein Bescheid angefochten wird, dem kein Anbringen zugrunde liegt.

(4) Die Zinsen betragen pro Jahr 2% über dem Basiszinssatz. Zinsen, die den Betrag von 50 Euro nicht erreichen, sind nicht festzusetzen."

9 Nach § 323 Abs. 29 BAO trat § 205a BAO idF des AbgÄG 2011 am in Kraft und ist erstmals für ab diesem Zeitpunkt erfolgte Abgabenfestsetzungen anwendbar, wobei vor Inkrafttreten erfolgte Entrichtungen für die Verzinsung nur für Zeiträume ab Inkrafttreten zu berücksichtigen sind.

10 Die ErläutRV zum AbgÄG 2011, 1212 BlgNR XXIV. GP 28 f, führen zu § 205a BAO aus:

"Zu Z 3 und 10 (§ 205a, § 205b sowie § 323 Abs. 29 und 30 BAO): Wird gemäß § 212a BAO die Einhebung strittiger Abgabenbeträge ausgesetzt, so fallen Aussetzungszinsen an, wenn sich die Nachforderung als rechtmäßig erweist. Der Abgabepflichtige trägt somit das Zinsenrisiko. Wenn hingegen der Abgabepflichtige die strittigen Abgabenbeträge entrichtet und sich die Abgabennachforderung im Wege einer Berufung als rechtswidrig erweist, erfolgt eine Abgabengutschrift unverzinst.

Diesem einseitigen Zinsenrisiko soll mit der Verzinsung der mit Berufung bestrittenen Abgabenbeträge entgegengetreten werden. Voraussetzung dafür ist, dass die bestrittenen Abgabenbeträge vor Erledigung der Berufung entrichtet werden.

Die Zinsen betreffen Nachforderungen im Sinn des § 212a BAO (somit solche, für die die Voraussetzungen einer Aussetzung der Einhebung vorliegen), die entrichtet werden, soweit sich nachträglich als Folge der Berufung ergibt, dass die Nachforderung nicht rechtmäßig war.

Ebenso wie nach § 212a Abs. 1 BAO müssen Abgabenbeträge vorliegen, deren Höhe unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung einer Berufung abhängt. Eine solche mittelbare Abhängigkeit liegt beispielsweise vor, wenn ein Bescheid über die Feststellung von Einkünften (§ 188 BAO) mit Berufung angefochten ist und die sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebende Nachforderung (Einkommen- oder Körperschaftsteuer), soweit für sie eine Aussetzung der Einhebung in Betracht kommt, entrichtet wird.

Als Folge einer Berufung können Herabsetzungen nicht nur dann erfolgen, wenn die Berufung mit Berufungsvorentscheidung oder mit Berufungsentscheidung erledigt wird, sondern etwa auch, wenn dem Berufungsbegehren in einem auf § 295 BAO gestützten Änderungsbescheid entsprochen wird.

Einer Aussetzung der Einhebung sind nur Abgabennachforderungen zugänglich, die aus amtswegigen Bescheiden oder aus dem Abweichen von einer Abgabenerklärung resultieren. Gleichermaßen werden auch Gutschriften, die sich beispielsweise daraus ergeben, dass der Berufungswerber in der Berufung erstmals Betriebsausgaben geltend macht, nicht verzinst.

Beispiel:

Von Amts wegen wird ein Abgabenbescheid erlassen (Abgabenhöhe: 30 000 Euro). In der Berufung wird die Herabsetzung der Abgabe auf 18 000 Euro beantragt. Die Abgabe wird in voller Höhe (30 000 Euro) entrichtet. Mit teilweise stattgebender Berufungsentscheidung erfolgt eine Herabsetzung der Abgabe auf 20 000 Euro.

Auf Antrag stehen Berufungszinsen für die Zeit ab Entrichtung bis zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der Berufungsentscheidung zu. Bemessungsgrundlage der Zinsen ist die Gutschrift (10 000 Euro).

Die ausdrückliche Nennung von Inhaltserfordernissen in § 205a Abs. 2 BAO macht § 85 Abs. 2 BAO (Mängelbehebungsverfahren für inhaltliche Mängel) anwendbar.

Die Berufungszinsen sind mit Abgabenbescheid festzusetzen. Sie sind Nebenansprüche im Sinn des § 3 BAO. Die Höhe der Berufungszinsen entspricht jener der Aussetzungszinsen (§ 212a Abs. 9 BAO).

Der Grenzbetrag von 50 Euro entspricht dem für die Aussetzungszinsen geltenden Betrag des § 212a Abs. 9 zweiter Satz BAO."

Die ErläutRV zur Neufassung des § 205a BAO durch das FVwGG 2012, 2007 BlgNR XXIV. GP 16 beschränken sich darauf, die Bestimmungen über die Beschwerdezinsen entsprächen inhaltlich der bisherigen Rechtslage über Berufungszinsen.

11 Im Revisionsfall ist unbestritten, dass der verfahrensgegenständliche Bestandvertrag vom im Hinblick auf seine Komplexität die Voraussetzungen nach § 33 TP 5 Abs. 5 Z. 2 GebG iVm § 1 der Verordnung BGBl. II Nr. 241/1999 erfüllte, womit eine Verpflichtung zur Selbstberechnung der Rechtsgeschäftsgebühr nicht vorlag. Mit der Anzeige des Bestandvertrages vom erfüllte die Bestandnehmerin ihre Anzeigepflicht sowie ihre Offenlegungs- und Wahrheitspflicht.

12 Das Finanzamt wiederum war nach § 115 Abs. 1 BAO verpflichtet, die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln, die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind, und nach Abs. 3 leg. cit., auch zugunsten der Partei die richtige Bemessungsgrundlage zu ermitteln (vgl. Ritz , BAO5, Rz 23 zu § 115).

13 Nach § 205a Abs. 3 BAO sind Zinsen nur insoweit festzusetzen, als ein Bescheid in Punkten angefochten wird, in denen er von dem ihm zugrunde liegenden Anbringen abweicht oder ein Bescheid angefochten wird, dem kein Anbringen zugrunde liegt.

14 Das Anbringen vom beschränkte sich auf die bloße Anzeige des gebührenpflichtigen Bestandvertrages ohne weiteres Vorbringen insbesondere zur Frage der Höhe der Bemessungsgrundlage. Damit lag der den Bescheid vom sowie die Berufungsvorentscheidung vom tragenden Rechtsansicht des Finanzamtes über die Höhe der Bemessungsgrundlage der Bestandvertragsgebühr kein Anbringen der abgabepflichtigen Partei iSd § 205a Abs. 3 erster Fall BAO zugrunde, womit § 205a Abs. 3 zweiter Fall BAO erfüllt ist.

15 Die Pflicht, aus der vorgelegten Urkunde die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen, traf die Abgabenbehörde und mangels jeglicher Festlegung der Abgabepflichtigen zur strittigen Frage der Bemessungsgrundlage auch das "Zinsenrisiko" (so die zitierten ErläutRV zu § 205a BAO, 1212 BlgNR XXIV. GP 28 f) einer abweichenden Beurteilung im Rechtsmittelverfahren.

16 Soweit die Amtsrevision auf das Risiko von Neuerungen im Beschwerdeverfahren hinweist, steht dies der gewonnenen Auslegung des § 205a Abs. 3 BAO schon deshalb nicht entgegen, weil die Amtsrevision selbst darauf verweist, dass es sich hiebei um Ergänzungen gehandelt habe, aufgrund derer sich die Erstfestsetzung im Nachhinein als nicht richtig erwiesen habe und bei Entscheidungen nach § 279 Abs. 1 BAO grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung auszugehen ist und sohin kein Neuerungsverbot besteht.

17 Damit erweist sich im Revisionsfall der Anspruch auf Beschwerdezinsen nach § 205a BAO dem Grunde nach als berechtigt.

18 Allerdings kommt der Rüge der Höhe der Beschwerdezinsen Berechtigung zu: Unbestritten ist, dass die Abgabepflichtige am einen Betrag von EUR 536.399,15 an Rechtsgeschäftsgebühr entrichtete und das Bundesfinanzgericht in seinem Erkenntnis vom die Gebühr mit EUR 521.753,82 (vorläufig) festsetzte. Erst mit einem weiteren Bescheid vom wurde die Gebühr endgültig mit EUR 475.749,03 festgesetzt.

19 § 205a Abs. 1 BAO setzt voraus, dass die Herabsetzung der Abgabenschuldigkeit unmittelbar oder mittelbar von der Erledigung des Rechtsmittels "abhängt". Die zitierten ErläutRV zu § 205a BAO, 1212 BlgNR XXIV. GP 28 f, sprechen davon, dass die Herabsetzung der Abgabenschuldigkeit "(a)ls Folge" der (nunmehr) Beschwerde erfolgt, sodass nur jenes Ausmaß der Herabsetzung der Abgabenschuldigkeit maßgeblich ist, für das das Rechtsmittel (unmittelbar oder mittelbar) kausal war.

Auch verdeutlichen die zitierten ErläutRV die rechtspolitische Zielrichtung des § 205a BAO darin, dass dem einseitigen Zinsenrisiko des Abgabepflichtigen nach § 212a BAO entgegen getreten werden solle, sodass zur Auslegung des Begriffes des "Abhängens" im besagten Sinn auf die zu § 212a Abs. 1 BAO entwickelten Grundsätze zurückgegriffen werden kann. Stoll (BAO Bd. 3, 2267) sieht die Abhängigkeit iSd. § 212a Abs. 1 BAO bei "berufungsverfangene(n) (streitverfangene(n))" Abgaben (vgl. auch Ritz , BAO5, Rz. 9 zu § 205a BAO sowie Rz. 6 ff zu § 212a BAO, und Ellinger/Sutter/Urtz , BAO3, Anm. 14 f zu § 205a BAO).

Eine Verzinsung des Unterschiedsbetrages zwischen entrichteten vorläufig festgesetzten und später in anderer Höhe endgültig festgesetzten Abgaben sieht das Gesetz weder zu Gunsten noch zu Lasten des Abgabepflichtigen vor.

20 Damit ist im Revisionsfall nur die durch die (als Beschwerde behandelte) Berufung bewirkte Herabsetzung von EUR 536.399,15 auf EUR 521.753,82 für die Bemessung der Beschwerdezinsen heranzuziehen, weil die weitere Herabsetzung mit der endgültigen Festsetzung aufgrund des Bescheides vom in keinem Zusammenhang mit der Erledigung der Berufung gegen den Bescheid vom steht.

21 Die aufgrund der Berufung gegen den Bescheid vom bewirkte Herabsetzung um EUR 14.645,33 stellt somit eine Herabsetzung im Sinne des § 205a Abs. 1 BAO dar und wurde von der Revisionswerberin in ihrem Schriftsatz vom auch so zum Gegenstand gemacht, womit dieser Antrag die Inhaltserfordernisse nach § 205a Abs. 2 BAO erfüllte.

22 Die Amtsrevision erweist sich daher, soweit sie sich gegen die Höhe der Beschwerdezinsen richtet, als berechtigt, weshalb das angefochtene Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben ist.

Wien, am