VwGH vom 24.01.2017, Ro 2016/16/0004

VwGH vom 24.01.2017, Ro 2016/16/0004

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Thoma und Mag. Straßegger sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der S AG in W, vertreten durch die Ernst & Young Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungsgesellschaft m.b.H. in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7102334/2012, betreffend Gesellschaftsteuer (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird dahin abgeändert, dass sein Spruch lautet:

"Der bekämpfte Bescheid des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vom , Erfassungsnummer 10-256.896/2006, über die Festsetzung von Gesellschaftsteuer wird aufgehoben."

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Im Gefolge einer Kapitalerhöhung der revisionswerbenden Aktiengesellschaft (Revisionswerberin) im November 2006 berechnete der Parteienvertreter der Revisionswerberin (§ 10a KVG) die Gesellschaftsteuer für diesen Rechtsvorgang selbst, nahm dabei die Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 3 KVG in Anspruch und legte die Anmeldung des selbstberechneten Rechtsvorganges dem Finanzamt vor.

2 Mit "Gesellschaftsteuerbescheid Festsetzung gemäß § 201 BAO" vom setzte das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin eine gemäß § 2 Z 1 KVG entstandene Gesellschaftsteuer für die erwähnte Kapitalerhöhung vom in näher angeführter Höhe fest. Zur Begründung führte das Finanzamt aus:

"Die Mittelzuführungen bei der (Revisionswerberin) unterliegen der Gesellschaftsteuer, da die (V GmbH) offenbar nur gegründet wurde, um die Kapitalerhöhung bei der (Revisionswerberin) zu übernehmen und in den Genuss der Begünstigung gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 KVG gelangen zu können, die andernfalls nicht zu gewähren gewesen wäre.

Die (V GmbH) übt so gut wie keine eigene Geschäftstätigkeit aus. Hätte die (Ö AG) die bei der (Revisionswerberin) durchzuführende Kapitalerhöhung als Großmutter übernommen, so wäre es, unabhängig von der mittelbaren Gesellschafterstellung, bei der (Revisionswerberin) zum Anfall einer Gesellschaftsteuer gekommen. Die Abgabenbehörde ist berechtigt und verpflichtet, bei der Erhebung der Abgaben von der Gestaltung der Vertragsparteien abzugehen.

Die Zeichnung der Kapitalerhöhung unterliegt daher in wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Gesellschaftsteuer."

3 Dagegen berief die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom . Die V GmbH habe ihr gesamtes Vermögen als Sacheinlage in die Revisionswerberin eingebracht und als Gegenleistung 177.121 Stück auf Namen lautende Vorzugsaktien zu einem näher genannten Ausgabepreis erhalten. Daher sei die Selbstberechnung der Gesellschaftsteuer "im Hinblick auf § 6 Abs 1 Z 3 EStG" (gemeint wohl: § 6 Abs. 1 Z 3 KVG) vorgenommen worden. Aus der Bescheidbegründung sei erkennbar, dass das Finanzamt nicht den gewählten Sachverhalt, sondern eine Kapitalerhöhung unmittelbar durch die Ö AG zugrunde lege, weil die V GmbH nur zum Genuss der Begünstigung nach § 6 Abs. 1 Z 3 KVG gegründet worden wäre und deshalb die Kapitalerhöhung bei der Revisionswerberin übernommen hätte.

4 Mit einer mit datierten, der Revisionswerberin am zugestellten Berufungsvorentscheidung hob das Finanzamt den Bescheid vom auf und wies darauf hin, die Auswirkungen der Bescheidaufhebung mögen dem Abgabenkonto der beiliegenden Buchungsmitteilung entnommen werden. Zur Begründung führte das Finanzamt an, die Aufhebung erfolge aus formellen Gründen, denn die zwingende Angabe des Wiederaufnahmegrundes sei im Bescheidspruch nicht enthalten gewesen.

5 Mit einem ebenfalls mit datierten, der Revisionswerberin am zugestellten Bescheid setzte das Finanzamt gegenüber der Revisionswerberin gemäß § 201 BAO (neuerlich) Gesellschaftsteuer für die erwähnte Kapitalerhöhung vom in derselben Höhe wie mit Bescheid vom fest. Die Zahlungsfrist und der zu entrichtende Betrag mögen der gesondert zugehenden Buchungsmitteilung entnommen werden.

Zur Begründung führte das Finanzamt aus:

"Die Mittelzuführung bei der (Revisionswerberin) unterliegt der Gesellschaftsteuer, da die (V GmbH) offenbar nur gegründet wurde, um die Kapitalerhöhung bei der (Revisionswerberin) zu übernehmen unter Inanspruchnahme der Gesellschaftsteuerbefreiung nach § 6(1)3 KVG (Einbringung des gesamten Vermögens). Bei der (Revisionswerberin) erfolgte die Erhöhung des Grundkapitals um (EUR .....), wobei die (V GmbH) zur Zeichnung der gesamten Emission zugelassen wurde. In wirtschaftlicher Betrachtung handelt es sich hier nicht um die Einbringung des gesamten Vermögens, sondern um eine Mittelzufuhr von der (Ö AG), sodass § 6(1)3 KVG nicht zur Anwendung kommt.

Die Festsetzung erfolgt gemäß § 201 Abs. 2 Z 3 BAO, da die Voraussetzungen des § 303 Abs. 4 BAO (Hervorkommen neuer Tatsachen) gegeben sind. Anlässlich einer Überprüfung der Selbstberechnung hat das Finanzamt davon Kenntnis erlangt, dass in wirtschaftlicher Betrachtung keine Einbringung des gesamten Vermögens vorliegt, sondern eine Mittelzufuhr von der (Ö AG). Somit kommt die Befreiung gemäß § 6(1)3 KVG nicht in Betracht. Damit sind jedoch Umstände neu hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme des Verfahrens rechtfertigen.

Bei Ermessensübung ....."

6 Gegen die (neuerliche) Festsetzung der Gesellschaftsteuer durch den Bescheid vom erhob die Revisionswerberin mit Schriftsatz vom Berufung. Sie brachte u.a. vor, das Finanzamt habe bereits mit Bescheid vom in derselben Angelegenheit eine Abgabenfestsetzung vorgenommen. Aus der Begründung dieses Bescheides sei erkennbar, weshalb das Finanzamt von einer Gesellschaftsteuerpflicht ausgehe. Demnach sei dem Finanzamt nach Durchführung der Selbstberechnung ein Sachverhalt bekannt geworden, der seiner Meinung nach unter Anwendung des § 201 Abs. 2 Z 3 BAO eine Festsetzung der Gesellschaftssteuer rechtfertige. Nach Aufhebung eines Wiederaufnahmebescheides dürfte eine neuerliche Wiederaufnahme nur aus anderen Gründen geschehen, sonst liege entschiedene Sache vor. Was "Sache" sei, orientiere sich am angezogenen Wiederaufnahmegrund. Diese Grundsätze gälten auch im Anwendungsbereich des § 201 Abs. 3 Z 2 BAO. Dem bekämpften Bescheid vom liege derselbe Wiederaufnahmegrund wie dem Bescheid vom zu Grunde.

7 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht, auf welches gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG die Zuständigkeit zur Weiterführung des Verfahrens übergegangen war, die als Beschwerde behandelte Berufung vom als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision nach Ar. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei. Nach Schilderung des Verwaltungsgeschehens stellte das Bundesfinanzgericht einen Sachverhalt fest, den es nach Wiedergabe rechtlicher Bestimmungen der Festsetzung der Gesellschaftsteuerpflicht zu Grunde legte und der eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 Z 3 KVG ausschließe.

8 Dem Einwand der Revisionswerberin, es liege entschiedene Sache vor, hielt das Bundesfinanzgericht entgegen, dem Gesellschaftsteuerbescheid vom mangle es am konkreten Verfahrenstitel, welcher die erstmalige Festsetzung rechtfertige; jener Bescheid stütze sich nicht ausdrücklich auf § 201 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO. So sei nicht ausgesprochen worden, dass es sich bei den Gründen, die eine Festsetzung von Gesellschaftsteuer rechtfertigten, um neu hervorgekommene Tatsachen im Sinn des § 303 BAO handle. Im Anwendungsbereich des § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO sei das Unterlassen der Anführung des maßgeblichen Wiederaufnahmetatbestandes im Spruch des Festsetzungsbescheides im Rechtsmittelverfahren nicht mehr sanierbar. Daher sei der Gesellschaftsteuerbescheid vom zu Recht aufgehoben worden und stehe dieser (Aufhebungs-)Bescheid einer neuerlichen Festsetzung nicht entgegen.

9 Die dagegen erhobene Revision legte das Bundesfinanzgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens und einer Revisionsbeantwortung des Finanzamtes für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel dem Verwaltungsgerichtshof vor.

10 Die Revisionswerberin erachtet sich im Recht auf Gesellschaftsteuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Z 3 KVG sowie im Recht auf Nichterlassung eines Festsetzungsbescheides nach § 201 BAO verletzt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 Gemäß § 2 des Kapitalverkehrsteuergesetzes (KVG)

unterliegen dort näher angeführte Vorgänge der Gesellschaftsteuer.

12 Von der Besteuerung sind gemäß § 6 Abs. 1 Z 3 KVG der

Erwerb von Gesellschaftsrechten oder deren Erhöhung ausgenommen,

wenn und soweit auf die Kapitalgesellschaft als Gegenleistung das

gesamte Vermögen, ein Betrieb oder Teilbetrieb einer anderen

Kapitalgesellschaft übertragen wird. Dies gilt nicht, wenn die

Kapitalgesellschaft, an der Gesellschaftsrechte erworben werden,

für die übernommenen Sacheinlagen bare Zahlungen oder sonstige

Leistungen von mehr als 10 % des Nennwertes der

Gesellschaftsrechte leistet oder gewährt.

13 Über Rechtsvorgänge, die der Gesellschaftsteuer unterliegen, ist gemäß § 10 Abs. 1 KVG bis zum 15. Tag des auf den Kalendermonat, in dem der Rechtsvorgang stattgefunden hat, zweitfolgenden Monats, beim Finanzamt eine Abgabenerklärung vorzulegen. Dies gilt auch für Rechtsvorgänge, die von der Besteuerung ausgenommen sind.

14 Gemäß § 10a Abs. 1 KVG sind Rechtsanwälte, Notare und Wirtschaftstreuhänder (Parteienvertreter) nach Maßgabe der Abs. 1 bis 5 leg. cit. befugt, die Steuer für die im § 2 leg. cit. bezeichneten Rechtsvorgänge auch vor Entstehung des Abgabenanspruches als Bevollmächtigte eines Steuerschuldners selbst zu berechnen, wenn die Selbstberechnung innerhalb der Frist für die Vorlage der Abgabenerklärung erfolgt. Parteienvertreter haben gemäß § 10a Abs. 2 KVG für Rechtsvorgänge, für die sie eine Selbstberechnung vornehmen, spätestens am 15. Tag (Fälligkeitstag) des auf den Kalendermonat (Anmeldungszeitraum), in dem die Selbstberechnung erfolgt, zweitfolgenden Kalendermonats eine Anmeldung über die selbstberechneten Rechtsvorgänge beim Finanzamt für Gebühren, Verkehrsteuern und Glücksspiel vorzulegen.

15 § 201 der Bundesabgabenordnung (BAO) lautet:

"§ 201. (1) Ordnen die Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen an oder gestatten sie dies, so kann nach Maßgabe des Abs. 2 und muss nach Maßgabe des Abs. 3 auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen eine erstmalige Festsetzung der Abgabe mit Abgabenbescheid erfolgen, wenn der Abgabepflichtige, obwohl er dazu verpflichtet ist, keinen selbst berechneten Betrag der Abgabenbehörde bekannt gibt oder wenn sich die bekanntgegebene Selbstberechnung als nicht richtig erweist."

16 § 201 Abs. 2 und 3 BAO idF des Abgabenverwaltungsreformgesetzes (AbgVRefG), BGBl. I Nr. 20/2009, lautete:

"(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des

selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab

Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird

oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 Abs. 4 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,

  1. (entfällt - AbgVRefG, BGBl. I Nr. 20/2009)

  2. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von

einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,

2. wenn bei sinngemäßer Anwendung der §§ 303 bis 304 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens auf Antrag der Partei vorliegen würden,

3. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden."

17 § 201 Abs. 2 und 3 BAO idF des FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013 und des BG BGBl. I Nr. 70/2013 lautet:

"(2) Die Festsetzung kann erfolgen,

1. von Amts wegen innerhalb eines Jahres ab Bekanntgabe des

selbstberechneten Betrages,

2. wenn der Antrag auf Festsetzung spätestens ein Jahr ab

Bekanntgabe des selbstberechneten Betrages eingebracht ist,

3. wenn kein selbstberechneter Betrag bekannt gegeben wird

oder wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 303 die Voraussetzungen für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorliegen würden,

  1. (entfällt - AbgVRefG, BGBl. I Nr. 20/2009)

  2. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 293b oder des § 295a die Voraussetzungen für eine Abänderung vorliegen würden.

(3) Die Festsetzung hat zu erfolgen,

1. wenn der Antrag auf Festsetzung binnen einer Frist von

einem Monat ab Bekanntgabe des selbst berechneten Betrages eingebracht ist,

  1. (entfällt - BG BGBl. I Nr. 70/2013)

  2. wenn bei sinngemäßer Anwendung des § 295 die Voraussetzungen für eine Änderung vorliegen würden."

  3. 18 Gemäß § 323 Abs. 37 BAO tritt u.a. § 201 Abs. 2 und 3 Z 2 leg. cit. in der Fassung des FVwGG 2012, BGBl. I Nr. 14/2013, mit in Kraft und ist, soweit er Beschwerden betrifft, auch auf alle an diesem Tag unerledigten Berufungen und Devolutionsanträge anzuwenden.

  4. 19 Gemäß § 323 Abs. 40 BAO tritt § 201 Abs. 2 und 3 leg. cit. in der Fassung des BG BGBl. I Nr. 70/2013 mit in Kraft.

  5. 20 Nach § 276 Abs. 1 BAO in der im Revisionsfall für die in Rede stehende Berufungsvorentscheidung vom maßgeblichen Fassung des AbgVRefG konnte die (damalige) Abgabenbehörde erster Instanz eine Berufung, die weder zurückzuweisen noch als zurückgenommen oder als gegenstandslos zu erklären war, durch Berufungsvorentscheidung erledigen und hiebei den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abändern, aufheben oder die Berufung als unbegründet abweisen.

  6. 21 Gemäß § 289 Abs. 2 BAO in der für den Zeitpunkt der in Rede stehenden Berufungsvorentscheidung vom maßgeblichen Fassung des Abgaben-Rechtsmittel-Reformgesetzes (AbgRmRefG), BGBl. I Nr. 97/2002, hatte die (damalige) Abgabenbehörde zweiter Instanz außer in hier nicht interessierenden Fällen immer in der Sache selbst zu entscheiden und war berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde erster Instanz zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Berufung als unbegründet abzuweisen.

  7. 22 Eine ersatzlose Aufhebung (meritorische Entscheidung) durfte nur dann erfolgen, wenn in dieser Sache keine weitere Entscheidung in Betracht kam (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2010/15/0108, VwSlg 8.583/F, und vom , 2007/16/0098, VwSlg 8.428/F).

  8. 23 Im Revisionsfall kam eine ersatzlose Aufhebung des bekämpften Festsetzungsbescheides vom durchaus in Betracht, wenn nämlich der Ansicht der Revisionswerberin folgend von einer Ausnahme von der Besteuerung nach § 6 Abs. 1 Z 3 KVG auszugehen wäre.

  9. 24 Eine Berufungsvorentscheidung oder Berufungsentscheidung, die eine in Betracht kommende ersatzlose Aufhebung des bekämpften Bescheides zu Unrecht ausspricht, anstatt diesen abzuändern, stellt das Hindernis der entschiedenen Sache für eine neuerliche Bescheiderlassung dar (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2013/16/0156, und vom , 2011/16/0105, sowie das erwähnte Erkenntnis vom , 2010/15/0108, VwSlg. 8.583/F), auch wenn die Aufhebung lediglich zur Ermöglichung "formal richtiger" Bescheide beabsichtigt war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/13/0005).

  10. 25 Das Finanzamt führt in seinem auf § 201 BAO gestützten Festsetzungsbescheid vom an, dass die V GmbH offenbar nur gegründet worden sei, um die Kapitalerhöhung bei der Revisionswerberin "zu übernehmen", und so gut wie keine eigene Geschäftstätigkeit ausübe. Vor dem Hintergrund des unmittelbar vor Bescheiderlassung vom Finanzamt bei der Revisionswerberin durchgeführten Überprüfungsverfahrens bringt die Bescheidbegründung mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck, dass es sich dabei um die neu hervorgekommene Tatsache (§ 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall iVm § 303 Abs. 4 BAO) handelt, auf welche sich das Finanzamt stützt.

  11. 26 Dem Finanzamt wäre es offen gestanden, in der Berufungsvorentscheidung vom die im Bescheid vom bereits enthaltene Begründung zu präzisieren und damit zu verdeutlichen, dass die neu hervorgekommene Tatsache in dem Umstand liegt, dass die V GmbH praktisch keine Geschäftstätigkeit ausübe.

  12. 27 § 201 BAO erfordert - entgegen der vom Bundesfinanzgericht im angefochtenen Erkennntis vertretenen Ansicht - nicht, dass im Spruch des Bescheides zum Ausdruck gebracht wird, auf welchen Tatbestand des § 201 BAO der Bescheid gestützt ist.

  13. 28 Auch der Festsetzungsbescheid vom und das angefochtene Erkenntnis (Seite 25) stellen ausdrücklich auf den Sachverhalt ab, dass die V GmbH nur gegründet worden sei, um die Kapitalerhöhung bei der Revisionswerberin unter Inanspruchnahme der Gesellschaftsteuerbefreiuung zu "bewirken", ziehen also bloß denselben Umstand als "neu hervorgekommene Tatsache" heran wie bereits der Bescheid des Finanzamtes vom .

  14. 29 Das Finanzamt hat mit der Berufungsvorentscheidung vom den bekämpften Bescheid vom aufgehoben und die von ihm als erforderlich angesehene Anführung der gesetzlichen Bestimmung (§ 201 Abs. 2 Z 3 BAO; gemeint: § 201 Abs. 2 Z 3 zweiter Fall BAO) im neuerlichen Festsetzungsbescheid vom vorgenommen anstatt mit der Berufungsvorentscheidung den bekämpften Bescheid vom hinsichtlich der Begründung zu präzisieren.

  15. 30 Mit der mit datierten, am wirksam gewordenen (zugestellten) Berufungsvorentscheidung steht der mit demselben Tag () datierten, jedoch erst später (Zustellung am ) wirksam gewordenen Festsetzung der Gesellschaftsteuer daher jedenfalls das Hindernis der entschiedenen Sache (res iudicata) entgegen.

  16. 31 Das Bundesfinanzgericht hätte sohin mit dem angefochtenen Erkenntnis den (neuerlichen) Festsetzungsbescheid vom aufzuheben gehabt und durfte die Gesellschaftsteuer nicht im Instanzenzug neuerlich festsetzen.

  17. 32 Das angefochtene Erkenntnis wäre daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

  18. 33 Gemäß § 42 Abs. 4 VwGG kann der Verwaltungsgerichtshof jedoch in der Sache selbst entscheiden, wenn sie entscheidungsreif ist und die Entscheidung in der Sache selbst im Interesse der Einfachheit, Zweckmäßigkeit und Kostenersparnis liegt. Dies ist im vorliegenden Revisionsfall gegeben.

  19. 34 Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwErsV.

  20. Wien, am

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Schlagworte:
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3

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