VwGH vom 01.06.2017, Ro 2016/08/0016
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bachler, den Hofrat Dr. Strohmayer, die Hofrätin Dr. Julcher sowie die Hofräte Mag. Berger und Mag. Stickler als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Sinai, über die Revision der P J in B, vertreten durch Mag. German Storch und Mag. Rainer Storch, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Bürgerstraße 62, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , L511 2118599-1/5E, betreffend Feststellung der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 34 Abs. 1 AlVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Arbeitsmarktservice Braunau), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom sprach das Arbeitsmarktservice Braunau (AMS) aus, gemäß § 7 Abs. 1 bis 3 iVm. §§ 24 Abs. 1 und 34 AlVG werde "der Anspruch" der Revisionswerberin "auf Kranken- und Pensionsversicherung mangels Verfügbarkeit" ab dem eingestellt. Dazu führte das AMS begründend aus, für die Revisionswerberin bestehe gemäß § 3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MSchG) seit ein Beschäftigungsverbot. Sie stehe daher ab diesem Zeitpunkt im Sinn des § 7 AlVG der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung, sodass auch kein Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 34 AlVG bestehe.
2 Die Revisionswerberin erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde und brachte vor, die Rechtsansicht des AMS führe zu einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und sei mit der Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit (Richtlinie 79/7/EWG) nicht vereinbar. § 7 AlVG dürfe aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts in einem Fall wie dem vorliegenden nicht angewendet werden. Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das AMS diese Beschwerde ab. Die Revisionswerberin stellte einen Vorlageantrag.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde als unbegründet ab. Es sprach es aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
4 Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, die am geborene Revisionswerberin habe von bis Arbeitslosengeld bezogen. Nach Erschöpfung dieses Anspruches sei ihr Antrag auf Notstandshilfe vom AMS abgewiesen worden, weil bei Berücksichtigung des Einkommens ihres Ehegatten keine Notlage bestanden habe. Den Anspruch der Revisionswerberin auf Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 34 AlVG habe das AMS ab anerkannt. Aufgrund des errechneten Geburtstermins ihres Kindes am habe für die Revisionswerberin ab ein Beschäftigungsverbot gemäß § 3 Abs. 1 MSchG bestanden. Ihrem Ehegatten sei vom Krankenversicherungsträger mit Beginn des Mutterschutzes ein Zusatzbeitrag gemäß § 51d ASVG für die Revisionswerberin vorgeschrieben worden. Eine gegen diese Vorschreibung erhobene Beschwerde ihres Ehegatten habe das Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom abgewiesen.
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesverwaltungsgericht, die Revisionswerberin sei seit dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung gestanden. Ab diesem Zeitpunkt bestehe daher kein Anspruch auf Leistungen des AMS mehr. Dem stehe auch die Richtlinie 79/7/EWG nicht entgegen. Mit Eintritt des Mutterschutzes ende für alle Frauen sowohl eine Pflichtversicherung aufgrund eines Dienstverhältnisses als auch ein Leistungsbezug nach dem AlVG und damit auch die Kranken- und Pensionsversicherung aus der Arbeitslosenversicherung, zumal auch ein Geldbezug gemäß § 16 Abs. 1 lit. a AlVG während des Bezuges von Kranken- oder Wochengeld ruhe. Die Revisionswerberin sei daher nicht diskriminiert. Eine Gleichheitswidrigkeit könne allenfalls in der Nichtgewährung des Wochengeldes gelegen sein, die hier aber nicht verfahrensgegenständlich sei. Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Fortdauer der Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 34 AlVG bei Eintritt des Beschäftigungsverbotes gemäß § 3 Abs. 1 MSchG vorliege.
5 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. Eine Revisionsbeantwortung wurde nicht erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
6 Die Revisionswerberin bringt vor, die Revision sei aus dem vom Bundesverwaltungsgericht genannten Grund zulässig. Der Verwaltungsgerichtshof habe wohl bereits ausgesprochen, dass der Verlust der Notstandshilfe infolge Anrechnung des Einkommens des Partners sachlich gerechtfertigt sei und nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Zur Frage, ob der Eintritt des Mutterschutzes zur Beendigung der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 34 AlVG führe, liege jedoch noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Auslegung des Bundesverwaltungsgerichtes trage dem Vorrang des Gemeinschaftsrechtes nicht Rechnung und sei mit der Richtlinie 79/7/EWG nicht vereinbar. Soweit das Bundesverwaltungsgericht sich auf § 16 Abs. 1 lit. a ASVG stütze, übersehe es, dass nach dieser Bestimmung das Ruhen des Arbeitslosengeldbezuges den Bezug von Wochengeld voraussetze. Gemäß § 34 Abs. 2 AlVG werde der Anspruch auf Wochengeld durch den Anspruch auf Krankenversicherung nach § 34 AlVG nicht beseitigt. Die Revisionswerberin habe jedoch aufgrund der Anrechnung des Einkommens ihres Ehegatten keinen Anspruch auf Wochengeld. Es bestehe daher auch keine Kranken- und Pensionsversicherung aufgrund des Bezuges dieser Leistung. Die Berücksichtigung des Partnereinkommens bei der Notstandshilfe treffe ganz überwiegend Frauen und stelle eine unzulässige mittelbare Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar. Der Verwaltungsgerichtshof habe dies jedoch in seinem Erkenntnis vom , 2003/08/002, als zulässig angesehen, in seinem Erkenntnis vom , 2007/08/0035, aber ausgesprochen, "dass die in indirekter Diskriminierung erfolgende Nichtanrechnung von Pensionsversicherungszeiten sachlich nicht gerechtfertigt" sei. In der vorliegenden Konstellation, in der kein Anspruch der Revisionswerberin auf Wochengeld bestehe, müsse der Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung nach § 34 AlVG erhalten bleiben. Eine Vorschreibung von Beiträgen gemäß § 51d ASVG habe dem folgend zu unterbleiben. Die Richtlinie 79/7/EWG finde auf den vorliegenden Sachverhalt Anwendung, weil die gemäß § 51d ASVG vorgeschriebenen Beiträge solche der Krankenversicherung seien und § 34 AlVG den "Bereich der Krankenversicherung" betreffe. Von dieser Situation seien ausschließlich Frauen betroffen, sodass "die Berücksichtigung des Einkommens des Partners" zu einer unmittelbaren Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes führe, die "gemeinschaftsrechtlich und verfassungsrechtlich unzulässig" sei.
7 Die Revision ist aus dem vom Bundesverwaltungsgericht genannten Grund, auf den auch die Revision zurückkommt, zulässig. Sie ist aber, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, nicht berechtigt.
8 Gemäß § 6 AlVG werden aus der Arbeitslosenversicherung einerseits Geldleistungen (Abs. 1), wie insbesondere das Arbeitslosengeld (Z 1) und die Notstandhilfe (Z 2), und andererseits Versicherungen (Abs. 2), nämlich Krankenversicherung (Z 1), Unfallversicherung (Z 2) und Pensionsversicherung (Z 3) den Beziehern von Arbeitslosengeld, Notstandhilfe und bestimmten anderen Geldleistungen nach dem AlVG sowie Krankenversicherung und Pensionsversicherung Personen, die ausschließlich wegen Anrechnung des Einkommens des Partners oder der Partnerin keine Notstandshilfe erhalten (Z 4), gewährt.
9 Die Gewährung einer Notstandshilfe setzt gemäß § 33 Abs. 2 und 3 AlVG unter anderem eine Notlage des Arbeitslosen voraus. Gemäß § 36 Abs. 2 erster Satz AlVG sind bei der Beurteilung der Notlage die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des (der) Arbeitslosen selbst sowie des (der) mit dem (der) Arbeitslosen im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehegatten, Ehegattin, eingetragenen Partners, eingetragenen Partnerin, Lebensgefährten oder Lebensgefährtin zu berücksichtigen. Die auf Grundlage des § 36 Abs. 1 AlVG vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit erlassene Notstandshilfeverordnung (NH-VO), BGBl. Nr. 352/1973, in der hier maßgebenden Fassung der Verordnung BGBl. II Nr. 490/2001, legt u.a. fest, unter welchen Voraussetzungen das Vorliegen einer Notlage anzunehmen (§ 2), wie das Einkommen des Arbeitslosen auf die Notstandshilfe anzurechnen ist (§ 5) und wie das Einkommen des Ehepartners (Lebensgefährten bzw. seiner Lebensgefährtin) des (der) Arbeitslosen auf die Notstandshilfe anzurechnen ist (§ 6).
10 § 34 AlVG lautet:
"Kranken- und Pensionsversicherungsanspruch
"(1) Wer ausschließlich wegen der Berücksichtigung des Einkommens des Ehegatten, der Ehegattin, des eingetragenen Partners, der eingetragenen Partnerin, des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin mangels Notlage keinen Anspruch auf Notstandshilfe hat, hat für die Dauer der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen für den Bezug von Notstandshilfe Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung wie während des Bezuges von Notstandshilfe. Auf den Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung sind insbesondere § 7, mit Ausnahme des Abs. 1 Z 2 und 3, sowie die §§ 8 bis 13, 16, 17, 22, 24, 46, 47, 49 und 50 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes der Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung tritt. Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für den Fortbezug von Notstandshilfe gemäß § 37 erfüllt sind, sind Zeiträume mit Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung Zeiträumen des Bezuges von Notstandshilfe gleich zu stellen. Die Kranken- und Pensionsversicherung ist jeweils für einen bestimmten, jedoch 52 Wochen nicht übersteigenden Zeitraum zu gewähren.
(2) Der Anspruch weiblicher Versicherter auf Wochengeld gemäß § 162 ASVG auf Grund der nach dem Ausscheiden aus dem Leistungsbezug geltenden Schutzfrist gemäß § 122 Abs. 2 und 3 ASVG wird durch den Anspruch auf Krankenversicherung gemäß Abs. 1 nicht beseitigt.
(3) Der Anspruch auf Pensionsversicherung gemäß Abs. 1 besteht im Anspruch auf eine Versicherungszeit. Personen, die nach dem geboren sind, haben Anspruch auf eine Versicherungszeit in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Pensionsgesetz (APG), BGBl. I Nr. 142/2004. Personen, die vor dem geboren sind, haben Anspruch auf eine Ersatzzeit in der Pensionsversicherung.
(4) Für jede Person, die gemäß Abs. 3 eine Ersatzzeit in der Pensionsversicherung erwirbt, ist für jeden Tag eines solchen Anspruches ein Betrag in der Höhe von 22,8 vH des durchschnittlichen Tagsatzes der Notstandshilfe des Vorjahres als Abgeltungsbetrag gemäß § 617 Abs. 3 ASVG an den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zu überweisen."
11 In der Stammfassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 (SRÄG 2000), BGBl. I Nr. 92/2000, war in § 34 AlVG zunächst (lediglich) für Arbeitslose bestimmter Jahrgänge, die wegen Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten) mangels Notlage keinen Anspruch auf Notstandshilfe hatten, für die Dauer der Erfüllung der übrigen Voraussetzungen für die Notstandshilfe eine Ersatzzeit in der Pensionsversicherung vorgesehen. Die Materialien (ErläutRV 181 BlgNR 21. GP 44) gingen davon aus, dass - auf Grund der unterschiedlichen Einkommensverteilung - vor allem Frauen von der Regelung erfasst werden.
12 Die Bestimmung des § 34 AlVG wurde in der Folge mehrfach novelliert. Durch das Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, wurde dem erfassten Personenkreis ein "Anspruch auf Pensionsversicherung wie während des Bezuges von Notstandshilfe" eingeräumt und angeordnet, dass auf diesen Anspruch insbesondere § 7 AlVG, mit Ausnahme des Abs. 1 Z 2 und 3, sowie die §§ 8 bis 13, 16, 17, 22, 24, 46, 47, 49 und 50 AlVG mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass an die Stelle des Arbeitslosengeldes der Pensionsversicherungsanspruch tritt.
13 Mit BGBl. I Nr. 90/2009 (Arbeitsmarktpaket 2009) wurde der Ausdruck "Pensionsversicherung" durch den Ausdruck "Kranken- und Pensionsversicherung" in § 34 Abs. 1 AlVG ersetzt und wurden die von dieser Bestimmung erfassten Personen damit auch in die Krankenversicherung einbezogen. Durch § 34 Abs. 2 AlVG wurden aber zunächst Personen, "für die 1. gemäß § 123 ASVG ein Anspruch auf Leistungen der Krankenversicherung besteht und 2. gemäß § 51d Abs. 3 ASVG kein Zusatzbeitrag einzuheben ist", vom Anspruch auf Krankenversicherung ausgenommen.
14 Das Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2010 - SVÄG 2010, BGBl. I Nr. 63/2010, gab dem Abs. 2 des § 34 AlVG die aktuelle Fassung. Der Anspruch ist daher nicht mehr vom Nichtbestehen einer beitragsfreien Mitversicherung abhängig.
Die Abs. 3 und 4 der Bestimmung wurden mit dem Sozialrechts-Änderungsgesetz 2011 - SRÄG 2011, BGBl. I Nr. 122/2011, eingefügt.
15 Im vorliegenden Fall hatte die Revisionswerberin nach Ende des Bezuges von Arbeitslosengeld aufgrund der Höhe des Einkommens ihres Ehegatten keinen Anspruch auf Notstandshilfe. In seinem Erkenntnis vom , 2002/08/0038, hat der Verwaltungsgerichtshof mit näherer Begründung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) ausgeführt, dass die in § 36 AlVG iVm § 6 der NH-VO angeordnete Berücksichtigung des Einkommens eines im gemeinsamen Haushalt mit einer arbeitslosen Person lebenden Ehepartners (bzw. Lebensgefährten) bei Beurteilung der Notlage auch unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass dadurch wesentlich mehr Frauen als Männer Einbußen in ihren Ansprüchen auf Notstandshilfe erleiden bzw. dieses Anspruchs zur Gänze verlustig gehen, nicht dem Diskriminierungsverbot des Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 79/7/EWG widerspricht. Die vorliegende indirekte Diskriminierung könne nämlich mit dem sozialpolitischen Zweck der Leistungsgewährung nur an Bedürftige gerechtfertigt werden (vgl. auch die hg. Erkenntnisse vom , Ro 2015/08/0003, und vom , 2002/08/0202).
16 Ein Eingehen auf das Vorbringen in der Revision, entgegen diesem Erkenntnis stelle die Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners eine unzulässige Diskriminierung aufgrund des Geschlechts dar, erübrigt sich schon deshalb, weil Gegenstand des vorliegenden Verfahrens nicht der Anspruch auf Notstandshilfe, sondern auf Kranken- und Pensionsversicherung gemäß § 34 AlVG ist.
17 Nach dem klaren Wortlaut des § 34 Abs. 1 AlVG setzt der Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung nach dieser Bestimmung voraus, dass Notstandshilfe lediglich mangels Vorliegens einer Notlage wegen der Berücksichtigung des Einkommens des Ehepartners (Lebensgefährten, Lebensgefährtin, eingetragenen Partners) nicht gebührt. Wie auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum Pensionsharmonisierungsgesetz (653 BlgNR 22. GP 24) betonen, müssen sämtliche übrigen Voraussetzungen des Anspruches auf Notstandshilfe nach dem AlVG - insbesondere Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung, Arbeitsfähigkeit, und Arbeitswilligkeit - gegeben sein.
18 Die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung gemäß § 7 AlVG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann gegeben, wenn der Arbeitslose bzw. Notstandshilfebezieher bereit und in der Lage ist, jederzeit eine sich bietende Arbeitsmöglichkeit im Umfang der Verfügbarkeitsgrenze tatsächlich aufzunehmen und auszuüben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/08/0053, mwN). Dagegen fehlt die Verfügbarkeit, wenn der Arbeitslose etwa durch eine anderweitige zeitliche Inanspruchnahme (Erwerbstätigkeit, umfangreiche ehrenamtliche Tätigkeit, Pflege eines Angehörigen) oder allenfalls bestehende rechtliche Hindernisse daran gehindert ist, eine sich bietende Arbeitsmöglichkeit zumindest im Umfang der Verfügbarkeitsgrenze tatsächlich aufzunehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2011/08/0050, mwN).
19 Gemäß § 3 Abs. 1 MSchG besteht für werdende Mütter in den letzten acht Wochen vor der voraussichtlichen Entbindung (Achtwochenfrist) ein absolutes Beschäftigungsverbot. Gemäß § 5 Abs. 1 MSchG dürfen Dienstnehmerinnen auch bis zum Ablauf von acht Wochen - bei Frühgeburten, Mehrlingsgeburten oder Kaiserschnittentbindungen mindestens zwölf Wochen - nach ihrer Entbindung nicht beschäftigt werden. Ist eine Verkürzung der Achtwochenfrist (§ 3 Abs. 1 MSchG) vor der Entbindung eingetreten, so verlängert sich die Schutzfrist nach der Entbindung im Ausmaß dieser Verkürzung, höchstens jedoch auf 16 Wochen. Ein Zuwiderhandeln gegen diese Bestimmungen stellt gemäß § 37 Abs. 1 MSchG eine Verwaltungsübertretung des Dienstgebers oder seines Bevollmächtigten dar.
20 In der Zeit dieser absoluten Beschäftigungsverbote besteht somit keine Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung. Im vorliegenden Fall lagen mit Beginn des Beschäftigungsverbotes nach § 3 Abs. 1 MSchG am daher mangels Verfügbarkeit bei der Revisionswerberin die Voraussetzungen der Kranken- und Pensionsversicherung nach § 34 Abs. 1 AlVG nicht mehr vor.
Der Wegfall der Verfügbarkeit stellt einen amtswegig wahrzunehmenden Einstellungs- bzw. Unterbrechungsgrund im Sinn des § 24 Abs. 1 AlVG dar (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis Ro 2014/08/0053, mwN).
21 § 16 Abs. 1 Z 1 AlVG, der ein Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld während des Bezuges von Wochengeld vorsieht, stellt - soweit der Zeitraum des Bezuges mit einem absoluten Beschäftigungsverbot nach dem MSchG zusammenfällt - eine lex specialis zu § 7 AlVG dar (vgl. zum Verhältnis zwischen den §§ 7 und 16 AlVG Auer-Mayer in Pfeil, der AlV-Komm § 16 AlVG Rz 26). Wie bereits das Bundesverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, bestehen somit auch für Frauen, die Arbeitslosengeld oder Notstandhilfe bezogen haben, während eines absoluten Beschäftigungsverbotes nach dem MSchG keine Ansprüche auf den Bezug dieser Geldleistungen und auf die an den Bezug der Leistung anknüpfende Versicherung in der Kranken- und Pensionsversicherung.
22 Der Anspruch auf Kranken- und Pensionsversicherung nach § 34 AlVG ist im Sinn des § 6 Abs. 1 Z 4 AlVG eine Leistung der Arbeitslosenversicherung. Dem entsprechend werden sowohl gemäß § 42 Abs. 6 AlVG die Aufwendungen der Träger der Krankenversicherung für die Leistungen der Krankenversicherung als auch gemäß § 52 Abs. 4 Z 2 ASVG und § 34 Abs. 4 AlVG die Beiträge für die erworbenen Versicherungszeiten (vgl. § 8 Abs. 1 Z 2 lit. b iVm § 3 APG) bzw. Ersatzzeiten (vgl. § 227 Abs. 1 Z 5 ASVG) in der Pensionsversicherung für die nach § 34 AlVG versicherten Personen aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung getragen.
23 Das Arbeitslosenversicherungsrecht versichert (im Wesentlichen) aber nur das Risiko der Arbeitslosigkeit und dient in erster Linie dem Zweck der Wiedereingliederung arbeitslos gewordener Menschen in den Arbeitsmarkt. Leistungen sind nur insoweit vorgesehen, als und solange diese Eingliederung in den Arbeitsmarkt trotz der Bemühungen des AMS und des Arbeitslosen nicht gelingt. Die Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung, die im Rahmen einer vom Gesetz gebildeten solidarischen Riskengemeinschaft der von Arbeitslosigkeit potenziell Betroffenen aus den Beiträgen der Versicherten und ihrer Dienstgeber finanziert werden (vgl. § 2 AMPFG), sind dagegen keine (bzw. jedenfalls nicht vorrangig) familienpolitischen Leistungen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 2007/08/0196, vom , 2005/08/0061, und vom , 2002/08/0275).
24 Soweit die Revisionswerberin vorbringt, der Verlust ihres Anspruches nach § 34 AlVG sei "verfassungsrechtlich unzulässig", ist auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 61/05, hinzuweisen, in dem der Verfassungsgerichtshof mit Blick auf § 7 Abs. 3 Z 2 AlVG ausgesprochen hat, dass es - vor dem Hintergrund des durch die Arbeitslosenversicherung versicherten Risikos - sachlich gerechtfertigt ist, dass derjenige, der dem Arbeitsmarkt aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht zur Verfügung steht, also nicht vom Risiko des Fehlens eines Arbeitsplatzes getroffen wird, keine Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung erhält.
25 Auch die Berufung auf die Richtlinie 79/7/EWG führt die Revision nicht zum Erfolg. Die Richtlinie lautet auszugsweise:
"Artikel 1
Diese Richtlinie hat zum Ziel, dass auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit und der sonstigen Bestandteile der sozialen Sicherung im Sinne von Artikel 3 der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit - im folgenden ‚Grundsatz der Gleichbehandlung' genannt - schrittweise verwirklicht wird.
Artikel 2
Diese Richtlinie findet Anwendung auf die Erwerbsbevölkerung - einschließlich der selbständigen, deren Erwerbstätigkeit durch Krankheit, Unfall oder unverschuldete Arbeitslosigkeit unterbrochen ist, und der Arbeitsuchenden - sowie auf die im Ruhestand befindlichen oder arbeitsunfähigen Arbeitnehmer und Selbständigen.
Artikel 3
(1) Diese Richtlinie findet Anwendung
a) auf die gesetzlichen Systeme, die Schutz gegen folgende
Risiken bieten:
Krankheit,
Invalidität,
Alter,
Arbeitsunfall und Berufskrankheit,
Arbeitslosigkeit;
b)auf Sozialhilferegelungen, soweit sie die unter
Buchstabe a) genannten Systeme ergänzen oder ersetzen sollen.
(2) (...)"
26 Der EuGH hat bereits wiederholt ausgesprochen, dass
Artikel 2 der Richtlinie 79/7/EWG den Begriff der "Erwerbsbevölkerung" wohl sehr weit dahin definiert, dass er alle Arbeitnehmer und Selbständige einschließlich der Arbeitsuchenden umfasst; jedoch ist die Richtlinie nicht auf Personen anwendbar, die dem Arbeitsmarkt niemals zur Verfügung standen oder ihm nicht mehr zur Verfügung stehen, ohne dass der Grund dafür im Eintritt eines der in der Richtlinie genannten Risiken liegt (vgl. die , Posthuma-van Damme, und vom , C-444/93, Megner und Scheffel).
27 Der EuGH hat daher insbesondere eine Anwendbarkeit der Richtlinie auf Frauen, die dem Arbeitsmarkt wegen Kindererziehung und Versorgung des Familienhaushaltes nicht zur Verfügung stehen, verneint (vgl. die , Johnson, und vom , 48/88, 106/88 und 107/88, Achterberg-te Riele). Das Risiko der Schwangerschaft und Mutterschaft ist von der Richtlinie nach deren Art. 3 nicht umfasst (vgl. Bieback in Fuchs, Europäisches Sozialrecht6, Art. 4 RL 79/7/EWG, Rz 7; sowie in diesem Sinn auch das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom , 10 ObS 118/13w).
28 Die Richtlinie 79/7/EWG ist daher auf die Revisionswerberin, die im strittigen Zeitraum aufgrund ihrer Schwangerschaft dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stand, nicht anwendbar. Ein Eingehen auf ihr Vorbringen, aufgrund des Vorrangs des Unionsrechts dürften in Anwendung dieser Richtlinie die Bestimmungen über die Verfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung nach § 7 AlVG in ihrem Fall nicht angewendet werden, erübrigt sich somit. Schon deshalb ist auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2007/08/0035, auf das sich die Revision beruft, im vorliegenden Fall nicht einschlägig.
29 Soweit die Revisionswerberin sich gegen die Vorschreibung eines Beitragszuschlages gegenüber ihrem Ehegatten gemäß § 51d ASVG durch die Gebietskrankenkasse und gegen das Nichtbestehen eines (eigenen) Anspruches auf Krankenversicherung bzw. Pensionsversicherung nach dem ASVG mangels Anspruches auf Wochengeld wendet, gehen diese Ausführungen am Gegenstand des Verfahrens - dem Kranken- und Pensionsversicherungsanspruch der Revisionswerberin nach § 34 AlVG - vorbei, sodass insbesondere nicht auf die auch diesbezüglich geäußerten verfassung- und unionsrechtlichen Bedenken einzugehen war.
30 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Wien, am