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VwGH vom 22.10.2015, Ra 2015/16/0098

VwGH vom 22.10.2015, Ra 2015/16/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Klammer, über die Revision des Zollamtes E, gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7200071/2015, betreffend Aufhebung und Zurückverweisung i.A. nachträglicher buchmäßiger Erfassung von Eingangsabgaben (Zoll) und Nebengebühren (Abgabenerhöhung) (mitbeteiligte Partei: W Gesellschaft m.b.H. in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Die Mitbeteiligte hatte als indirekte Vertreterin eines in Ungarn ansässigen Unternehmens unter Vorlage von Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. (Anhang I zum Beschluss Nr. 1/2006 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom ) 13 Warensendungen mit einem Präferenzcode für die Überführung in den zollrechtlich freien Verkehr angemeldet. Das Zollamt E (die Revisionswerberin) ersuchte im Rahmen einer stichprobenartigen Prüfung der vorgelegten Warenverkehrsbescheinigungen die zuständige türkische Zollbehörde mit Note vom um Verifizierung der Warenverkehrsbescheinigungen; nach weiterer Urgenz im September 2013 sowie im Juni 2014 antwortete die zuständige türkische Zollbehörde mit (undatierter) Erledigung im Juli 2014,

"(r)egarding your request stated in your letters mentioned above, we kindly inform you that A.TR Movement Certificates no:

... are correct and authentic, and were issued and endorsed by our Customs Office, but the consequence of the verification process has been negative according to our internal legislation due to the lack of necessary reports which should be presented to our competent Customs Office by the obliged company."

Weiters füllte die türkische Zollbehörde Feld 15 der in Prüfung stehenden Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. dahingehend aus,

"(v)erification carried out shows, that this certificate ... does not meet the requirements as to authenticity and accuracy (see remarks appended.)".

Mit insgesamt 13 im Instanzenzug ergangenen Bescheiden (Beschwerdevorentscheidungen) vom erfasste die Revisionswerberin gegenüber der Mitbeteiligten für die in Rede stehenden Anmeldungen gemäß Art. 220 Abs. 1 ZK Eingangsabgaben (Zoll) samt Abgabenerhöhungen in Höhe von insgesamt EUR 68.544,77, weil - so die Begründung der Bescheide im Kern - der Revisionswerberin ein eindeutiges Prüfungsergebnis der zuständigen türkischen Behörden vorliege, in welchem bestätigt werde, dass der Ausführer die Nachweise, welche den zollrechtlichen Freiverkehrsstatus der von den Warenverkehrsbescheinigungen erfassten Waren bestätigen würde, nicht habe vorlegen können. Das Prüfungsergebnis entspreche Art. 16 Abs. 5 des Beschlusses Nr. 1/2006 und bestätige, dass mangels an Beweisen die gegenständlichen Waren den Freiverkehrsstatus nicht erfüllten. Aufgrund dieses Prüfungsergebnisses seien die Warenverkehrsbescheinigungen als zu Unrecht ausgestellt anzusehen. Der Zollbehörde des Einfuhrstaates obliege es nicht, zu prüfen, wie die türkische Behörde organisatorisch die nachträgliche Prüfung der Warenverkehrsbescheinigungen vorgenommen habe. Die Zollbehörde des Einfuhrstaates müsse in der Lage sein, anhand des übermittelten Prüfungsergebnisses die Feststellung zu treffen, ob die von der Warenverkehrsbescheinigung A.TR. erfassten Waren die Voraussetzungen für den zollrechtlichen Status des freien Warenverkehrs der Zollunion erfüllten oder ob sie die Voraussetzungen, wie in den gegenständlichen Fällen, nicht erfüllten. Von der Mitbeteiligten vorgelegte Warenrechnungen mit dem Hinweis "GOODS ARE TURKISH ORIGIN" seien als Beweismittel für die Inanspruchnahme des Art. 220 Abs. 2 lit. b ZK nicht ausreichend und für die Beurteilung der Voraussetzung der Zollunion ohne Bedeutung. Selbst wenn der Ursprung Türkei (präferenziell oder nichtpräferenziell) vorläge, wäre es rechtlich nicht in allen Fällen verpflichtend, dass sich diese Waren auch im zollrechtlichen freien Verkehr befänden. Dem Argument der Mitbeteiligten, dass die Zollstelle, die die Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. bestätigt hätte, verpflichtet gewesen wäre, zumindest stichprobenweise die Exportpapiere einer eingehenden Prüfung zu unterziehen, werde entgegen gehalten, dass es den Zollbehörden des Ausfuhrstaates obliege, festzulegen, welche Nachweise im Zuge der Ausfuhrzollabfertigung vorzulegen seien und wie diese Nachweise anschließend aufbewahrt werden müssten. Die zuständige türkische Behörde habe im gegenständlichen Prüfungsverfahren das Prüfungsergebnis der österreichischen Behörde mitgeteilt. Eine nochmalige Prüfung sei nicht zulässig, zumal sie der Notifikation (der zuständigen türkischen Stelle) und den Übergangsbestimmungen widersprechen würde. Es obliege jedoch den in der Türkei ansässigen Personen, sich an die zuständige türkische Behörde zu wenden, um eine allfällige Änderung des von der türkischen Behörde der Revisionswerberin übermittelten Prüfungsergebnisses zu erwirken. Dies dürfte bis dato nicht erfolgt sein, da bei der Revisionswerberin kein neues Prüfungsergebnis der zuständigen türkischen Behörde eingelangt sei.

In der dagegen erhobenen Beschwerde brachte die Mitbeteiligte zusammengefasst vor, die türkische Zollbehörde habe bestätigt, dass die betreffenden Warenverkehrsbescheinigungen von dieser bestätigt worden wären und es sich somit um keine Fälschungen handle. Dass zum Zeitpunkt der zollamtlichen Bestätigung vom Ausführer unrichtige Angaben gemacht worden wären, sei zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Im Zuge des Verifizierungsverfahrens seien vom damaligen Ausführer Unterlagen angefordert worden, welche nicht hätten beigebracht werden können, weil es den Ausführer zu diesem Zeitpunkt nicht mehr gegeben habe. Offensichtlich seien hier Warenverkehrsbescheinigungen ohne Prüfung von der türkischen Zollbehörde bestätigt worden, obwohl diese aufgrund des Assoziierungsabkommen hiezu verpflichtet gewesen wäre. Zumindest müsste eine Einsichtnahme (in Unterlagen) auch noch nach Schließung eines Unternehmens gegeben sein. Erwähnt werde, dass die Bestätigung der betreffenden Warenverkehrsbescheinigungen immer durch denselben Beamten vorgenommen worden sei. Bei diesem Sachverhalt habe die Mitbeteiligte nicht erkennen können, dass es sich hier um ein berufliches und geschäftliches Risiko eines Zollagenten handeln solle, weil eine weitergehende Überprüfung zum Zeitpunkt der Zollabfertigung real nicht möglich gewesen sei. Nach Ansicht der Mitbeteiligten lägen hier besondere Umstände im Sinn des Art. 239 ZK vor und es sei weder in betrügerischer Absicht noch offensichtlich fahrlässig gehandelt worden.

Mit dem angefochtenen Beschluss hob das Bundesfinanzgericht die 13 Erstbescheide sowie die hierüber ergangenen 13 Beschwerdevorentscheidungen vom gemäß § 278 Abs. 1 BAO unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde auf und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

Begründend erwog das Gericht nach kurzer einleitender Darstellung des Verfahrensganges:

"Am ging in Beantwortung des österreichischen Verifizierungsersuchens vom ... beim Zollamt E ein Schreiben des türkischen Zoll- und Handelsministeriums mitsamt den 13 untersuchten Warenverkehrsbescheinigungen A.TR ein. Im Begleitschreiben informiert eine Abteilungsleiterin der türkischen Generaldirektion für EU und Auswärtige Angelegenheiten, dass alle Warenverkehrsbescheinigungen richtig und echt sind sowie von türkischen Zollbehörden ausgestellt und bestätigt wurden. Dennoch -

so frei übersetzt - müsse das Ergebnis der Verifizierung nach inländischen Rechtsvorschriften in Ermangelung notwendiger Dokumente, die von der verpflichteten Gesellschaft der zuständigen Zollbehörde vorgelegt hätten werden sollen, abschlägig beschieden werden. Laut Feld 15 auf der Rückseite der retournierten Warenverkehrsbescheinigungen hat die Nachprüfung ergeben, dass die jeweilige Bescheinigung nicht den Erfordernissen für ihre Echtheit und für die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben entspricht. Der Klammerinhalt verweist auf beigefügte Bemerkungen. Die 'beigefügten Bemerkungen' erschöpfen sich verfahrensgegenständlich im Begleitschreiben der türkischen Zollverwaltung.

Laut der einheitlichen Begründung zu den Abgabenbescheiden interpretiert das Zollamt E das Verifizierungsergebnis wie folgt:

'Die Überprüfung durch die zuständigen Behörden hat ergeben, dass der Ausführer die erforderlichen Unterlagen, welche den zollrechtlichen Status der ggst. Waren nachweisen (Nachweis über den freien Warenverkehr als Voraussetzung der Präferenzgewährung im Rahmen der Zollunion), nicht vorlegen konnte. Dies bedeutet, dass der Ausführer den Freiverkehrsstatus der Waren nicht nachweisen konnte und daher bei der Ausfuhr das Verfahren 1000 zu Unrecht angemeldet hat. Der ggst. Präferenznachweis (...) gilt daher gemäß dem Beschluss Nr. 1/2006 EG-Türkei als zu Unrecht ausgestellt.'

Die Behauptungen der belangten Behörde sind aktenwidrig. Im Begleitschreiben der türkischen Zollbehörden steht geschrieben, notwendige Dokumente seien nicht vorgelegt worden. Dass der Ausführer einen 'Nachweis über den freien Warenverkehr als Voraussetzung der Präferenzgewährung im Rahmen der Zollunion' nicht vorlegen konnte, geht aus dem Schreiben nicht hervor. Wie sich erst später herausgestellt hat, erreichte im Verifizierungsverfahren ein an den Ausführer gerichtetes Schreiben der türkischen Behörden diesen gar nicht, weil das Unternehmen zu diesem Zeitpunkt nicht mehr existierte.

Zudem hat das Zollamt einen offensichtlichen Widerspruch zwischen dem Begleitschreiben und dem in Feld 15 der Warenverkehrsbescheinigungen dokumentierten Ergebnis der Nachprüfung nicht erkannt. Während die türkische Zollverwaltung die Warenverkehrsbescheinigungen im Begleitschreiben als richtig und echt bezeichnet, geht aus dem Bestätigungsvermerk auf deren Rückseite genau das Gegenteil hervor.

Die Vorschriften über die Zusammenarbeit der Verwaltungen im Warenverkehr sind im Beschluss Nr. 1/2006 des Ausschusses für die Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom zur Festlegung der Durchführungsvorschriften zu dem Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei (2006/646/EG) in Kapitel 2 in den Artikeln 5 bis 19 festgehalten. Gemäß Art 16 Abs. 5 Beschluss Nr. 1/2006 ist im Rahmen einer nachträglichen Prüfung einer Warenverkehrsbescheinigung A.TR das Ergebnis der Prüfung den Zollbehörden, die um die Prüfung ersucht haben, so bald wie möglich mitzuteilen. Anhand dieses Ergebnisses muss sich eindeutig feststellen lassen, ob die Papiere echt sind und ob die Waren als in der Zollunion im zollrechtlichen freien Verkehr befindlich gelten können und die übrigen Voraussetzungen des Grundbeschlusses und dieses Beschlusses erfüllt sind.

Aufgrund des oben aufgezeigten Widerspruchs ist die von der Durchführungsvorschrift zum Assoziationsabkommen EG-Türkei geforderte Eindeutigkeit im gegenständlichen Verfahren nicht gegeben. Auch der pauschale Verweis im Begleitschreiben auf fehlende Unterlagen ist nicht dazu geeignet, die Widersprüchlichkeit aufzuklären. Dies wäre jedoch Aufgabe der belangten Behörde gewesen. Bei der Informationslage im Zeitpunkt der erstmaligen Abgabenvorschreibung konnte sie auch nicht beurteilen, ob die Bescheinigungen auf einer unrichtigen Darstellung der Fakten seitens des Ausführers beruhen, wofür das

Zollamt beweispflichtig gewesen wäre ... Die Frage, ob der

Ausführer unrichtige Angaben gemacht hat, ist jedoch essentiell zur Beantwortung der Frage, ob die Voraussetzungen für die Abstandnahme von der nachträglichen buchmäßigen Erfassung nach Art 220 Abs. 2 Buchst b ZK vorliegen.

Welche Angaben der Ausführer gemacht hat, kann üblicherweise nur die zuständige Behörde des Ausfuhrstaates mitteilen. Da derartige Mitteilungen durch das System der administrativen Zusammenarbeit nicht gefordert werden, müssen sie gesondert

angefordert werden ... Unrichtige Angaben des Ausführers sind

nicht schon dann anzunehmen, wenn die Behörden des Ausfuhrlandes auf der Rückseite der Warenverkehrsbescheinigungen das vorgesehene Feld mit der Aussage ankreuzen, die Warenverkehrsbescheinigungen entsprächen nicht den Erfordernissen für ihre Echtheit und für die Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben ...

Nach Ansicht des Bundesfinanzgerichts war die Sache beim Ergehen der Erstbescheide, am , aus den dargelegten Gründen noch nicht entscheidungsreif. Das Zollamt E durfte damals aufgrund der Aktenlage nicht ohne weiteres von der unrechtmäßigen Ausstellung der Präferenznachweise ausgehen. Auch fehlt jeglicher Hinweis auf ein tatsächliches Fehlverhalten des Ausführers. Das Zollamt hätte zusätzliche Informationen dazu von der türkischen Zollverwaltung einholen und den aufgezeigten Widerspruch zwischen dem Begleitschreiben und den Bestätigungen in Feld 15 der Warenverkehrsbescheinigungen aufklären müssen, zumal es auch nach nationalem Verfahrensrecht verpflichtet ist, die materielle Wahrheit zu erforschen (§ 115 Abs. 1 BAO). Zudem betont § 115 Abs. 3 BAO jede Absage an einseitig fiskalistische Vorgangsweisen ...

...

Wie dargelegt, hat die belangte Behörde verfahrensgegenständlich erforderliche Ermittlungen unterlassen. Es bestand und besteht noch immer eine realistische Möglichkeit, dass bei deren Durchführung eine Bescheiderteilung unterbleiben hätte können bzw im weiteren Verfahren unterbleiben könnte. Dies zum einen deshalb, weil laut Aktenlage nicht feststeht, dass die Ausstellung der Warenverkehrsbescheinigungen auf einer unrichtigen Darstellungen der Fakten des Ausführers beruht und weil dessen Mitarbeit im weiteren Verfahren vor der türkischen Zollverwaltung über Vermittlung der (Mitbeteiligten) in Aussicht gestellt wurde, falls eine entsprechende Anfrage der österreichischen Zollverwaltung erfolgt. Zum anderen hat die zuständige Abteilungsleiterin der türkischen Generaldirektion für EU und Auswärtige Angelegenheiten gegenüber der betroffenen Abgabenschuldnerin eine Neubewertung der Fälle aufgrund der Änderung nationaler Vorschriften angedeutet.

Die Bescheidaufhebung nach § 278 Abs. 1 BAO liegt im Ermessen, wobei die Ermessensübung zu begründen ist. Zweck der Kassationsmöglichkeit ist die Entlastung der Rechtsmittelbehörde und die Beschleunigung des Beschwerdeverfahrens ... Auch ist es nicht Aufgabe der Rechtsmittelbehörde, anstatt ihre Kontrollbefugnis wahrzunehmen erstmals den entscheidungswesentlichen Sachverhalt zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen ...

Die Durchführung der verfahrensgegenständlich notwendigen Sachverhaltsermittlungen durch das Zollamt ist aber auch im Hinblick auf § 115 Abs. 2 BAO zweckmäßig. Würde das Ermittlungsverfahren vom Bundesfinanzgericht durchgeführt werden, müsste jede Mitteilung der türkischen Zollverwaltung beiden Parteien des Verfahrens zur Kenntnis gebracht und deren Stellungnahmen und Erklärungen der jeweils anderen Partei wiederum zur Gegenäußerung übermittelt werden. Diese Vorgangsweise würde zu einem deutlichen Mehraufwand und zu einer erheblichen Verzögerung des Verfahrens führen, somit keinesfalls der Raschheit des Verfahrens dienen. Auch eine Kostenersparnis ist damit nicht verbunden.

Abgesehen davon würde ein Tätigwerden des Bundesfinanzgerichts bei der türkischen Zollbehörde einer entsprechenden Rechtsgrundlage entbehren, zumal in Art 14 Abs. 2 des oben näher bezeichneten Beschluss Nr. 1/2006 normiert ist, dass die Gemeinschaft und die Türkei einander über die zuständigen Zollbehörden Amtshilfe bei der Prüfung der Echtheit der Warenverkehrsbescheinigungen A.TR und der Richtigkeit der darin enthaltenen Angaben leisten."

Die gegen dieses Erkenntnis erhobene Amtsrevision sieht ihre Zulässigkeit darin, der Beschluss des Bundesfinanzgerichtes sei auf Grundlage einer aktenwidrigen Sachverhaltsfeststellung erfolgt, die bei entsprechender Beurteilung keine weiteren Ermittlungen erforderlich mache. Der Sachverhalt sei daher zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bundesfinanzgerichtes entscheidungsreif gewesen. Die beschlussmäßige Zurückverweisung in der Sache erfolge daher zu Unrecht und außerhalb des Ermessens und widerspreche damit der gängigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung.

Die Rechtswidrigkeit des angefochtenen Beschlusses erblickt die Revisionswerberin zusammengefasst darin, aus der Beantwortung der türkischen Zollbehörden vom Juli 2014 ergebe sich, dass die materielle Richtigkeit der Warenverkehrsbescheinigungen nicht bestätigt werde. Das eindeutige Ergebnis des Verifizierungsverfahrens habe das Bundesfinanzgericht entgegen dem Aktengeschehen falsch beurteilt. Der vom Bundesfinanzgericht festgestellte Sachverhalt erfolge entgegen dem Aktengeschehen. Die vom Bundesfinanzgericht herangezogene weitere Argumentation, wonach weitere Aufklärungen durch die türkischen Behörden geboten gewesen wären, verkenne, dass eine dahingehende Überprüfung auf einer völlig anderen Grundlage, nämlich auf Art. 220 ZK beruhe und nur für den Fall vorgesehen sei, dass die Ausstellung einer unrichtigen Ursprungserklärung aufgrund eines Irrtums der Zollbehörden, vorliegend der türkischen Zollbehörden, erfolgt wäre. Dieser Umstand sei nie Gegenstand des Verifizierungsverfahrens gewesen, da für die Revisionswerberin keinerlei Anhaltspunkte oder Hinweise für einen derartigen Irrtum im Raum gestanden seien. Das Bundesfinanzgericht ziehe damit als Grundlage für seine Entscheidung durch Vermengung verschiedener Rechtsgrundlagen in unzulässiger Weise Eventualitäten heran, die weitere Ermittlungen der Zollbehörde erforderlich machten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die Amtsrevision ist aus folgenden Gründen zulässig, aber nicht berechtigt:

Sache der im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheide der Revisionswerberin war die nachträgliche buchmäßige Erfassung von Eingangsabgaben und Abgabenerhöhungen nach Art. 220 Abs. 1 ZK. Das Gericht sah die Ergänzungsbedürftigkeit des Verfahrens in mangelnden Grundlagen zur Beurteilung der Voraussetzungen nach Art. 220 Abs. 2 Buchst. b ZK, zu denen das mehrdeutige Ergebnis des Verifizierungsverfahrens hinsichtlich der gegenständlichen Warenverkehrsbescheinigungen nichts beigetragen habe.

Art. 16 des Beschlusses Nr. 1/2006 des Ausschusses für Zusammenarbeit im Zollwesen EG-Türkei vom zur Festlegung der Durchführungsvorschriften zu dem Beschluss Nr. 1/95 des Assoziationsrates EG-Türkei, ABl. L 265/18, regelt das Verfahren zur nachträglichen Prüfung der Warenverkehrsbescheinigung A.TR.

Nach Abs. 3 leg. cit. wird die Prüfung von den Zollbehörden des Ausfuhrstaates durchgeführt. Sie sind befugt, zu diesem Zweck die Vorlage von Beweismitteln zu verlangen und jede Art von Überprüfung der Buchführung des Ausführers oder sonstige von ihnen für zweckdienlich erachtete Kontrolle durchzuführen.

Nach Abs. 5 leg. cit. ist das Ergebnis dieser Prüfung den Zollbehörden, die um die Prüfung ersucht haben, sobald wie möglich mitzuteilen. Anhand dieses Ergebnisses muss sich eindeutig feststellen lassen, ob die Papiere echt sind und ob die Waren als in der Zollunion im zollrechtlich freien Verkehr befindlich gelten können und die übrigen Voraussetzungen des Grundbeschlusses und dieses Beschlusses erfüllt sind.

Ist im Fall begründeter Zweifel zehn Monate nach dem Tag des Ersuchens um nachträgliche Prüfung noch keine Antwort eingegangen oder enthält die Antwort keine ausreichenden Angaben, um die Echtheit des betreffenden Papiers oder den tatsächlichen Status der Waren entscheiden zu können, so lehnen nach Abs. 6 leg. cit. die ersuchenden Zollbehörden die Gewährung der sich aus den Bestimmungen des Grundbeschlusses über den freien Warenverkehr ergebende Behandlung ab, es sei denn, dass außergewöhnliche Umstände vorliegen.

Im Revisionsfall erlangte die Revisionswerberin mit ihrem Ersuchen um Prüfung im Rahmen des Verfahrens nach Art. 16 des Beschlusses Nr. 1/2006 vom die eingangs wiedergegebene Antwort der zuständigen türkischen Stelle in deren Note vom Juli 2014 samt der wiedergegebenen Ergänzung auf den verfahrensgegenständlichen Warenverkehrsbescheinigungen A.TR. in Feld 15. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes brachte die zuständige türkische Stelle darin eindeutig zum Ausdruck, dass sie zwar die Echtheit der in Rede stehenden Warenverkehrsbescheinigungen bestätige, nicht jedoch den Präferenzstatus der eingeführten Waren. Selbst wenn man davon ausginge, dass die Antwort der zuständigen türkischen Stelle zur Frage des Präferenzstatus der Waren widersprüchlich gewesen wäre, bestünde für ein weiteres Ersuchen um Überprüfung nach Art. 16 des Beschlusses Nr. 1/2006 vom kein Raum mehr, weil nach Abs. 6 leg. cit. für den Fall, dass zehn Monate nach dem Tag des Ersuchens um nachträgliche Prüfung noch keine oder keine ausreichende Antwort - wozu auch eine allenfalls widersprüchliche Antwort zu zählen ist - eingegangen ist, die Präferenzbehandlung der Waren grundsätzlich abzulehnen ist.

Allein dieses Ergebnis entband jedoch nicht davon, im Rahmen des Verfahrens zur nachträglichen buchmäßigen Erfassung auch die nach Art. 220 Abs. 2 ZK relevierten Umstände zu prüfen und zu ermitteln. Wie das Gericht zutreffend ausführte, haben grundsätzlich die Zollbehörden darzulegen und zu beweisen, dass der Ausführer unrichtige Angaben gemacht hat (vgl. Alexander in Witte , Zollkodex6, Rz 76 zu Art. 220). Vereitelt der Ausführer diesen Nachweis, muss der Abgabenschuldner darlegen und beweisen, dass der Präferenznachweis auf einer richtigen Darlegung der Fakten beruhte. Gleiches gilt, wenn der Ausführer gegenüber der Behörde nicht mitwirkt und sich Anhaltspunkte für unrichtige Angaben finden. Ebenso trifft den Abgabenschuldner die Darlegungs- und (objektive) Beweislast für den ihm günstigen Umstand, dass den den Präferenznachweis ausstellenden Behörden die fehlende Präferenzeigenschaft bekannt war oder offensichtlich hätte bekannt sein müssen (vgl. Alexander , aaO). Schließlich trägt der Einführer die Darlegungs- und (objektive) Beweislast für seine Gutgläubigkeit (zu den Voraussetzungen hiezu vgl. Alexander , aaO, Rz 77 f zu Art. 220).

Nun trifft es - wie die Revision meint - zu, dass der Gegenstand eines Verifizierungsverfahrens nach Art. 16 des Beschlusses Nr. 1/2006 vom die Prüfung der (Echtheit und Richtigkeit der) Warenverkehrsbescheinigung und nicht die Ermittlung des nach Art. 220 Abs. 2 ZK darüber hinaus maßgeblichen Sachverhaltes umfasst; mag daher Art. 16 des zitierten Beschlusses auch aus den eingangs dargelegten Gründen keine Grundlage für weitere Erhebungen abgeben, so bietet - abgesehen von weiteren Ermittlungen auch in der Sphäre der Mitbeteiligten - § 109 Abs. 1 Z 3 ZollR-DG die allgemeine Grundlage für ein allfälliges Ersuchen um Amtshilfe an ausländische Zollbehörden bei Gegenseitigkeit.

Unter Bedachtnahme darauf kann dem Gericht nicht entgegen getreten werden, wenn es im Hinblick auf die Voraussetzungen nach Art. 220 Abs. 2 ZK weitere Ermittlungen - auch unter Einbeziehung der türkischen Zollbehörde - für geboten und zulässig erachtete.

Da die vorliegende Amtsrevision schon von ihrem Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am