VwGH vom 23.02.2017, Ra 2015/15/0027

VwGH vom 23.02.2017, Ra 2015/15/0027

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision der E S in F, vertreten durch die Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in 8010 Graz, Neutorgasse 47, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/2100271/2013, betreffend Einkommensteuer 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin hat mit Kaufvertrag vom ein Grundstück um einen symbolischen Kaufpreis von 1 EUR von der Gemeinde W erworben. Unter Pkt. 2 des Vertrages wurde vereinbart, dass sich die Käuferin verpflichtet, auf dem Kaufobjekt ein Pflegeheim zu errichten und die Gemeinde W diese Absicht dadurch fördert, dass sie keinen ortsüblichen Kaufpreis für das Kaufobjekt verlange. Für den Fall, dass die Revisionswerberin das Pflegeheim nicht innerhalb von zwei Jahren ab dem Übergabestichtag fertigstellen würde, sei der Kaufvertrag aufgehoben und das Kaufobjekt wieder in das Eigentum der Gemeinde zurück zu übertragen.

2 Strittig ist im Revisionsfall ausschließlich, ob die Überlassung des Grundstücks um den symbolischen Kaufpreis von 1 EUR, welches von der Gemeinde zuvor um 140.980 EUR erworben wurde, eine steuerfreie Subvention iSd § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 darstellt.

3 Nach Ansicht des Prüfers, dem sich das Finanzamt im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2007 anschloss, liegt keine steuerfreie Subvention gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 vor, weil die Leistung der Gemeinde mit der Errichtung des Pflegeheimes derart verknüpft sei, dass von einer Gegenleistung der Revisionswerberin auszugehen sei.

4 Dem trat die Revisionswerberin in ihrer Berufung entgegen, indem sie den Ablauf des Erwerbsvorganges von Beginn der Kaufverhandlungen an bis zum Gemeinderatsbeschluss schilderte, um damit zum Ausdruck zu bringen, dass die Finanzierung des Grundstücks durch die Gemeinde zwar auf Wunsch der Revisionswerberin erfolgt sei, die Finanzierung aber keine Bedingung für den Bau des Pflegeheimes gewesen sei. Bevor die Gemeinde überhaupt involviert gewesen sei, habe der Berater der Revisionswerberin bereits Verhandlungen mit dem (ursprünglichen) Grundstückseigentümer hinsichtlich des Verkaufes und des Kaufpreises der Liegenschaft geführt. Auch die Bedarfsprüfung für das Pflegeheim sei bereits Mitte Jänner 2007 abgeschlossen gewesen. Im Gemeinderatsprotokoll werde nur vom "Wunsch" und nicht von einer "Bedingung" des Beraters der Revisionswerberin gesprochen und auch andere vom Berater betreute Projekte wären trotz einer Absage durch die Gemeinde errichtet worden. Aus all diesen Umständen gehe hervor, dass die Revisionswerberin das Heim auch ohne Zuwendung der Gemeinde jedenfalls errichtet hätte. Dies zeige auch die Relation der Gesamtkosten des Projektes (rund 1,1 Mio. EUR) zum relativ geringen Kaufpreis des Grundstücks von rund 141.000 EUR. Das von der Abgabenbehörde für ihren Standpunkt herangezogene Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/14/0071, sei daher schon auf Sachverhaltsebene mit dem hier vorliegenden Fall nicht vergleichbar. Dies treffe auch auf den mit Erkenntnis vom , 1511/72, entschiedenen Beschwerdefall zu. Auch im Umsatzsteuerrecht stelle die bloße Verpflichtung, die Subventionsbedingungen und -auflagen einzuhalten, keine Gegenleistung dar.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Die Gemeinde habe sich aus "infrastrukturellen" Gründen zu ihrer Zuwendung verpflichtet, damit die Revisionswerberin das Pflegeheim errichte. Um das Grundstück tatsächlich um 1 EUR zu bekommen, habe sich die Revisionswerberin ihrerseits verpflichtet, innerhalb von zwei Jahren ein Pflegeheim zu errichten. Die Gemeinde habe die Zuwendung mit der Vertragsklausel der allfälligen Rückübertragung abgesichert. Würde eine entgeltliche Leistungsbeziehung zu verneinen sein, wäre deren vertragliche "Absicherung" völlig überflüssig. In diesem Zusammenhang spiele es keine Rolle, dass die Revisionswerberin das Pflegeheim auf jeden Fall, also auch ohne Sachzuwendung der Gemeinde, errichtet hätte, weil es lediglich auf den tatsächlichen Geschehensablauf ankomme. Für die rechtliche Beurteilung sei es auch irrelevant, dass die Revisionswerberin die Subvention nicht zur Bedingung gemacht, sondern nur einen diesbezüglichen Wunsch vorgetragen habe. Auch das Verhalten des Beraters in "anderen Fällen" sei bedeutungslos. Tatsache bleibe, dass sich aus der Vereinbarung eine Wechselbeziehung zwischen Sachzuwendung der Gemeinde und der Errichtung des Pflegeheimes durch die Revisionswerberin ergeben habe.

6 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei unzulässig, weil der vorliegende Fall jenem vergleichbar sei, der mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 95/14/0071, entschieden worden sei.

7 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision. Der Verwaltungsgerichtshof leitete gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren ein; das Finanzamt brachte keine Revisionsbeantwortung ein.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

9 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

11 In der Revision wird zu deren Zulässigkeit vorgebracht, im Erkenntnis vom habe sich der Verwaltungsgerichtshof ausschließlich auf Judikate zur Umsatzsteuer bezogen und auch die umsatzsteuerlichen Begriffe (Leistung, Gegenleistung, Entgelt) verwendet. Die umsatzsteuerliche Judikatur habe zwischenzeitig (insbesondere durch den Beitritt zur Europäischen Union) hinsichtlich der Voraussetzungen für die Steuerfreiheit von Subventionen eine wesentliche Änderung erfahren. Es stellte sich daher - auch für andere Subventionsempfänger - die Frage, ob diese dynamische Entwicklung auch auf einkommensteuerliche Belange durchschlage.

12 Die Revision ist zulässig; sie ist auch begründet. 13 Gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 idF vor BGBl. I Nr. 34/2010

sind Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln (einschließlich Zinsenzuschüsse) zur Anschaffung oder Herstellung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens oder zu ihrer Instandsetzung (§ 4 Abs. 7), wenn sie auf Grund gesetzlicher Ermächtigung oder eines Beschlusses eines Organes einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewährt werden, von der Einkommensteuer befreit.

14 Begünstigt ist auch die Zuwendung des Wirtschaftsgutes selbst (vgl. Mayr/Hayden in Doralt et al, EStG18, § 3 Tz 57).

15 Nicht unter den Begriff der Zuwendungen gemäß § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 fallen Leistungen der im Gesetz genannten Körperschaften, wenn diese Leistungen mit Leistungen des Empfängers in der Weise verknüpft sind, dass sie die Gegenleistung für dessen Leistung darstellen, wenn sie also Entgeltcharakter haben (vgl. Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG 1988,§ 3 Tz 14).

16 Dem Förderungsbeitrag, den eine Gemeinde einem Facharzt anlässlich der Errichtung einer Facharztpraxis in der Gemeinde zur Verfügung stellt, fehlt - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2001/15/0103, ausgeführt hat - dieser Entgeltcharakter. Nichts anderes gilt für den gegenständlichen Fall.

17 In der Errichtung des Pflegeheimes ist keine Gegenleistung der Zuschussempfängerin zu erblicken, weil eine betriebliche Zweckwidmung der Zuwendung gerade die Voraussetzung der Steuerbefreiung nach § 3 Abs. 1 Z 6 EStG 1988 ist. Durch die Errichtung eines Pflegeheimes wird der Gemeinde kein wirtschaftlicher Vorteil eingeräumt, wie es beispielsweise der Fall wäre, wenn mit der Zuwendung das Recht der Gemeinde verbunden wäre, Leistungen des Zuschussnehmers zu begünstigten Bedingungen in Anspruch nehmen zu können. Der Verwaltungsgerichtshof hält daher die dem Erkenntnis vom , 95/14/0071, zu Grunde liegende Auffassung der Entgeltlichkeit von Subventionen vor dem Hintergrund des UStG 1994 nicht mehr aufrecht.

18 Das angefochtene Erkenntnis war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

19 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am