VwGH vom 21.12.2016, Ra 2015/13/0024

VwGH vom 21.12.2016, Ra 2015/13/0024

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, BA, über die Revision der W in W, vertreten durch die Treufinanz Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H. in 1180 Wien, Sternwartestraße 76, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7100360/2014, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom , betreffend Umsatzsteuerfestsetzungen für die Monate Mai und Juli bis September 2012, zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin und Miteigentümerin mehrerer von ihr selbst verwalteter Mietobjekte in Wien.

2 Streitgegenstände des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof sind im Rahmen von Umsatzsteuerfestsetzungen für die Monate Mai und Juli bis September 2012 einerseits eine unterbliebene Umsatzsteuerberichtigung (Mai 2012) sowie andererseits die Nichtanerkennung von Vorsteuern aus vier Rechnungen des Bruders der Revisionswerberin Dr. L (zwei im Mai sowie je eine im Juli und im August geltend gemachte) und elf Rechnungen der D GmbH (drei im Mai, fünf im August und drei im September geltend gemachte). In der Sachverhaltsdarstellung der Revision ist auch eine Rechnung des Installateurs N (betreffend Mai) angeführt, auf die in den Revisionsgründen aber nicht mehr eingegangen wird.

3 Für den Monat Mai 2012 ist demnach - neben zwei Rechnungen des Bruders der Revisionswerberin und drei Rechnungen der D GmbH - das Unterbleiben einer Umsatzsteuerberichtigung strittig.

4 Gestützt auf Entscheidungen der Schlichtungsstelle, auf Grund deren sie - ihrem Vorbringen nach der Umsatzsteuer unterzogene - Mietzinse für davor liegende Zeiträume zurückzahlen musste, hatte die Revisionswerberin zunächst einen Vorsteuerabzug geltend gemacht. Das Finanzamt hatte dies im Bescheid vom über die Festsetzung von Umsatzsteuer für Mai 2012 nicht anerkannt und der Revisionswerberin im weiteren Verfahren entgegengehalten, Gerichtsentscheidungen seien keine als Grundlage eines Vorsteuerabzuges in Betracht kommenden Rechnungen.

5 In einer Stellungnahme vom brachte der steuerliche Vertreter der Revisionswerberin vor, das Verfahren scheine von besonderen Emotionen geprägt zu sein, denn nur so sei es zu verstehen, dass "infolge einer zivilgerichtlich angeordneten Mietrückzahlung, welche von der BF irrtümlich als Vorsteuer statt als Umsatzsteuerberichtigung geltend gemacht wurde, diese Vorsteuer vom Finanzamt gestrichen und aber keine entsprechende Umsatzsteuerberichtigung vorgenommen wurde".

6 Im angefochtenen Erkenntnis vom legte das Bundesfinanzgericht dar, Urteile seien keine Rechnungen:

"Die von der Bf. beantragten Vorsteuerbeträge aufgrund der vorgelegten Schlichtungsstellenentscheidungen (...) stellen daher keine Grundlage für einen Vorsteuerabzugsberechtigung dar.

Daher können die vorgelegten Unterlagen für den Streitzeitraum nicht den Nachweis erbringen, ob die strittigen Beträge von der Bf. in der Jahreserklärung 2012 Berücksichtigung gefunden haben."

7 Einziger den Monat Juli 2012 betreffender Streitpunkt sind Vorsteuern von EUR 250,-- aus einer Rechnung des Bruders der Revisionswerberin vom für das Ausmalen zweier Wohnungen.

8 An dieser Rechnung beanstandete das Finanzamt in der gemeinsamen Begründung der vier die Streitmonate betreffenden Bescheide vom die als unzureichend erachtete Leistungsbezeichnung. In der Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht am machte die Vertreterin des Finanzamtes auch geltend, die Adresse des Rechnungsausstellers sei "falsch".

9 Dem hielt der Vertreter der Revisionswerberin entgegen, es handle sich um die Büroadresse des (nach dem Vorbringen der Revisionswerberin eine "Baufirma" betreibenden) Bruders der Revisionswerberin, wozu dieser befragt werden solle.

10 Die Revisionswerberin legte mit einer Stellungnahme vom u.a. ein Schreiben ihre Bruders vor, wonach sich an der in seinen Rechnungen angeführten Adresse bis zum Ende des Jahres 2012 sein Geschäftssitz befunden habe.

11 In einem Schreiben vom erstattete das Finanzamt ein ergänzendes Vorbringen in Bezug auf den Bruder der Revisionswerberin:

"Angehörigenverhältnis, vertragliche Gestaltung hält den erhöhten Erfordernissen dafür nicht stand (unklare Vertragsinhalte - siehe unterschiedl. Leistungsverzeichnisse für dieselben Arbeiten, versch. Häuser, versch. Rechnungen, ...)"

12 Mit Schriftsatz vom hielt die Revisionswerberin dem entgegen, der Leistungsinhalt sei "transparent dargestellt und erbracht". Das Argument unterschiedlicher Leistungsverzeichnisse für dieselben Arbeiten sei nicht nachvollziehbar, weil es sich um jeweils verschiedene, andersgeartete Situationen gehandelt habe. Zum Beweis beantragte sie (wie schon in der Verhandlung zum Beweis für die inhaltliche Richtigkeit der Rechnungen und für die Umstände ihres Zustandekommens) die Einvernahme ihres Bruders.

13 Im angefochtenen Erkenntnis würdigte das Bundesfinanzgericht die insgesamt vier strittigen Rechnungen des Bruders der Revisionswerberin wie folgt:

"Zu den Rechnungen betreffend Dr. L ist festzustellen, dass in sämtlichen Rechnungen eine falsche bzw. ‚unvollständige' Adresse ‚X-Straße 37' angegeben wird. Dr. L war Eigentümer einer Wohnung in der X-Straße 37 Tür 35-36 und bis ebendort wohnhaft. Die Angaben der Bf. in der mündlichen Verhandlung hinsichtlich eines weiterhin bestehenden Büros des Dr. L in der X-Straße können die unvollständige Angabe der Adresse hinsichtlich fehlende Türnummer nicht bereinigen, weshalb aus diesem Grund bereits der Vorsteuerabzug nicht berechtigt ist und die Einvernahme des Dr. L als unerheblich abzulehnen war.

Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurden darüber hinaus mehrere ‚neue' Rechnungen z.B. vom 23.3. (gemeint: 23. Mai) und (die im August geltend gemachte Rechnung) vorgelegt, mit abweichenden Unterschriften, teilweise mit bzw. ohne den Vermerk ‚Betrag bar erhalten', und ebenso jeweils ohne Verweis auf die Leistungsverzeichnisse. Auch die Leistungsbeschreibungen lautend auf z.B. ‚X-Gasse 3-5 Ausmalen und Anstreichen der Wohnungen Top 3/10 und 5/4' sind der Art und Umfang der Leistungsbeschreibung als nicht ausreichend dargelegt zu bezeichnen. Das vorgelegte Leistungsverzeichnis vom (zur Rechnung vom ) enthält zudem auch unterschiedliche Beträge - Euro 1.200 statt Euro 1.250.

Das Finanzamt verweist weiters richtig auf das verwandtschaftliche Naheverhältnis des Dr. L als Bruder der Bf. und die Angehörigenjudikatur, dass derartige Leistungsbeziehungen einer besonderen Sorgfalt unterliegen und diese ebenso nicht erfüllt wurden."

14 Streitpunkte in Bezug auf den Monat August 2012 sind Vorsteuern von EUR 1.800,-- aus einer Rechnung des Bruders der Revisionswerberin sowie Vorsteuern aus fünf Rechnungen der D GmbH. Für September 2012 sind drei Rechnungen der D GmbH strittig.

15 Hinsichtlich der D GmbH, deren Verhältnisse im Verfahren am ausführlichsten erörtert wurden, hatte das Finanzamt in der Begründung der Bescheide vom zunächst ohne Auseinandersetzung mit Einzelheiten die Leistungsbezeichnungen in den Rechnungen als unzureichend beanstandet. In der mündlichen Verhandlung am brachte die Vertreterin des Finanzamts vor, die Erbringung der von der D GmbH fakturierten Leistungen werde nicht bezweifelt, aber nach Ansicht des Finanzamts seien sie nicht von der D GmbH erbracht worden. Diese sei seit in Konkurs und ein "Sozialbetrugsfall". Der Vertreter der Revisionswerberin beantragte die Einvernahme des in einem der Mietobjekte der Revisionswerberin wohnhaften "ehemaligen Angestellten bzw. Bevollmächtigten der Fa. D und gelernten Installateurs" C zum Beweis für die Erbringung der Leistungen durch die D GmbH und zwecks Erläuterung der Unterschiede zwischen verschiedenen von der Revisionswerberin vorgelegten Fassungen von Rechnungen der D GmbH.

16 Am Schluss der Verhandlung verkündete das Bundesfinanzgericht - im angefochtenen Erkenntnis nicht erwähnt - den die Zeugen C und Dr. L betreffenden Beschluss, "dass diese Zeugeneinvernahmen unerheblich sind, da es sich um formal rechtliche Angelegenheiten handelt". Für die "Vorlage von Unterlagen" wurde eine Frist von zwei Wochen "zugestanden".

17 In seinem darauf folgenden Schreiben vom behauptete das Finanzamt, Lohnzettel betreffend C lägen für den Zeitraum Jänner bis Mitte Juli 2012 vom Installateur N, für den Monat Juli 2012 von der D GmbH und für den Zeitraum Mitte November bis Ende Dezember 2012 von einer weiteren Gesellschaft vor. Laut Firmenbuchauszug habe C "keine Funktion in der D GmbH" gehabt. Auch habe der Insolvenzentgeltfonds keine Zahlungen an ihn geleistet. Für alle drei genannten Firmen sei dieselbe Adresse in einem der Häuser der Revisionswerberin angegeben worden. Zur Zeit der Ausstellung der strittigen Rechnungen der D GmbH (April, Mai, August 2012, geltend gemacht im Mai, August und September) sei C "nicht Angestellter" der D GmbH gewesen. Er habe "daher keine Berechtigung zur Rechnungsausstellung" gehabt. Eine Vernehmung erscheine "daher entbehrlich, seine Aussage unerheblich". Die Revisionswerberin kenne C "offenbar seit Jahren". Es scheine "ein enger Kontakt bzw. eine jahrelange Zusammenarbeit vorzuliegen, was auch ein gemeinsames Vorgehen nicht gänzlich ausschließt".

18 In einem weiteren Abschnitt dieser Stellungnahme legte das Finanzamt dar, aus welchen Gründen von einer Errichtung der D GmbH "zur betrügerischen Tätigkeit" auszugehen sei. In diesen Ausführungen wurde u.a. wie folgt argumentiert:

"Es ist das Mindeste und kann jedenfalls erwartet werden, dass ein Unternehmer seinen eigenen Firmennamen richtig schreibt.

Auch entspricht es nicht einer seriösen Geschäftstätigkeit, dass eine Gesellschaft Rechnungen in mehrfach unterschiedlichem Erscheinungsbild ausstellt.

Deshalb muss davon ausgegangen werden, dass die Rechnungen nicht tatsächlich von der D GmbH ausgestellt wurden. Welcher Unternehmer tatsächlich die in den Rechnungen ausgewiesenen Leistungen erbracht hat wurde nicht nachgewiesen."

19 Diesem Vorbringen trat die Revisionswerberin mit einem Schreiben vom entgegen, worin sie u. a. behauptete, der "Sozialbetrugsfall bei der Fa. D" sei ihres Wissens "ein Hackerproblem und hat mit den erbrachten und nachgewiesenen Leistungen wie Wohnungsbrauchbarmachungen etc. nichts zu tun". Wäre C nicht Angestellter gewesen, so hätte er "als Konsulent, Berater, Vermittler, Selbständiger den Firmen in jeder Hinsicht behilflich sein können". Auf seine Vernehmung könne keineswegs verzichtet werden.

20 Der Vertreter der Revisionswerberin machte mit Schreiben vom geltend, die Kritik des Finanzamtes an den vorgelegten Rechnungen konzentriere sich auf gesetzlich nicht erforderliche Merkmale und die Unzulänglichkeiten im Detail hingen damit zusammen, dass es sich um Leistungen handle, die vielfach von Personen ohne entsprechende Kenntnis der deutschen Sprache erbracht würden. In Bezug auf die D GmbH stütze sich das Finanzamt auf unbewiesene Behauptungen. Das einzige Mittel der Revisionswerberin zur Widerlegung der nicht bewiesenen Zweifel an der Leistungserbringung durch die D GmbH sei die Einvernahme von C als einer damals "wesentlich" handelnden Person.

21 Im angefochtenen Erkenntnis ging das Bundesfinanzgericht zunächst nur exemplarisch auf Unterschiede zwischen den vorgelegten Rechnungsausfertigungen und deren Verhältnis zu ebenfalls vorgelegten, in den Rechnungen aber nicht erwähnten Leistungsverzeichnissen ein. Auch seien die Stundenlöhne in den Rechnungen "uneinheitlich".

22 Eine Einvernahme von C lehnte das Bundesfinanzgericht nun mit folgender Begründung ab:

"Zum Antrag der Bf. auf Einvernahme des Herrn C bezüglich die vorgelegten ergänzenden ‚ArbeitsScheinMaterial' als Zeugen ist festzustellen, dass unter Verweis auf die Ausführungen des Finanzamtes in der Stellungnahme vom dieser in der im Eigentum der Bf stehenden Wohnung Top 23 nicht gemeldet war/ist und nur hintereinander (die sich auch mit den Lohnzettel-, Meldungen decken) für die Firmen N und D GmbH Firmen tätig war. Herr C war im Zeitraum 1.- für die Fa. N tätig, im Zeitraum 1.7.- für die Fa. D, jedoch nicht im Zeitraum der Ausstellung der streitgegenständlichen Rechnungen der Fa. D GmbH vom 2.4. bis und 1.8. bis .

Herr C war somit lediglich für die Dauer eines Monates - Juli 2012 - bei der Fa. D beschäftigt und wurden die streitgegenständlichen Rechnungen und Leistungsverzeichnisse April bis Mai und August 2012 und nicht im Juli 2012 ausgestellt, daher kann ein Zusammenhang mit den erbrachten Leistungen und Rechnungsausstellungen durch Herrn C nicht hergestellt werden. Die Einvernahme als Zeuge ist bereits aus diesen Gründen als unerheblich abzulehnen.

Herr C war lt. Firmenbuchabfrage zudem weder Geschäftsführer noch Prokurist und somit auch nicht zur Rechnungsausstellung berechtigt. Eine Einvernahme des Herrn C als Installateur und Verantwortlicher hinsichtlich der unterschiedlichen Rechnungsunterlagen und als Zeuge, dass die Arbeiten von der Fa. D GmbH erfolgten, ist nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes des Weiteren auch in Hinblick auf die folgenden Ausführungen als nicht erheblich zu beurteilen."

23 In den folgenden Ausführungen (kurz zu N und daran anschließend) zur D GmbH rekapitulierte das Bundesfinanzgericht zunächst Feststellungen des Finanzamtes (zum Teil aus dem Bericht über eine Außenprüfung) zur D GmbH als "Sozialbetrugsfirma". Daran schloss sich folgende rechtliche Würdigung:

"Zum vorliegenden Sachverhalt wird festgestellt:

Scheingeschäfte und andere Scheinhandlungen sind für die Erhebung von Abgaben ohne Bedeutung. Wird durch ein Scheingeschäft ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt, so ist das verdeckte Rechtsgeschäft für die Abgabenerhebung maßgeblich (§ 23 Abs. 1 BAO).

Ein unberechtigter Steuerausweis gemäß § 11 Abs. 14 UStG liegt vor, wenn jemand in einer Rechnung eine Steuer ausweist, obwohl er keine Leistung ausführt (Kolacny/Caganek, UStG, 3. Auflg., Anm. 33 zu § 11).

Wenn dieselben Mitarbeiter hintereinander für verschiedene Lieferfirmen tätig werden, oder ein häufiger Wechsel der Firma vorliegt, lässt dies u.U. auf Schädigungsabsicht des Lieferanten schließen ().

In freier Beweiswürdigung ist der Ansicht des Finanzamtes folgend das Tätigwerden der Fa. D GmbH strittig, da die streitgegenständlichen Rechnungen der Fa. D GmbH insgesamt als Scheinrechnungen zu beurteilen sind.

Unter Verweis auf die Ausführungen des Finanzamtes hinsichtlich des vorliegendes Sachverhaltes und der Tatsache, dass die Fa. D erst 2010 gegründet wurde, eine Anzahl von 340 Arbeitnehmeranmeldungen bei Konkurseröffnung mit (3)0.8.2012 festgestellt wurden, handelt es sich eine Sozialbetrugsfirma. Des Weiteren wird angemerkt, dass der Geschäftsführer X lt. Abfrage des Zentralen Melderegisters seit April 2013 inhaftiert ist. Die amtswegige Löschung erfolgte mit .

Der Konkurs wurde mit Beschluss des Gerichtes vom nach Verteilung an die Masseverwalter (gemeint: Massegläubiger) aufgehoben. Die streitgegenständlich vorgelegten ‚neuen' Rechnungen im Beschwerdeverfahren vom wurden somit nach Aufhebung des Konkurses der Fa. D GmbH ausgestellt. Da sich der ehemalige Geschäftsführer Herr X seit April 2013 in einer Justizanstalt befindet, stellt sich grundsätzlich die Frage, wer die vorgelegten ‚neuen' Rechnungen inkl. den Leistungsverzeichnissen ausgestellt hat. Berichtigungsvermerke auf den neuen Rechnungen gibt es nicht. Herr C als Angestellter des Monates Juli 2012, von der Bf mit unrichtiger (gemeint: nicht der Anmeldung nach dem Meldegesetz entsprechender) Wohnadresse in X-Straße X, Tür X (richtig Y-Gasse ...) angegeben, war in den strittigen Zeiträumen jedenfalls nicht für die Fa. D tätig.

Auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes folgt das Bundesfinanzgericht der Ansicht des Finanzamtes, dass es sich bei den streitgegenständlichen Rechnungen der Fa. D GmbH in Würdigung des gesamten Sachverhaltes um Scheinrechnungen handelt. Welches Unternehmen bzw. welcher Unternehmer tatsächlich die in den Rechnungen ausgewiesenen Leistungen erbracht hat, ist nicht bekannt."

24 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil "es sich bei den Streitpunkten betreffend Umsatzsteuer um Sachverhaltsfeststellungen handelt, bei denen sich die Rechtsfolgen - Verweigerung des Vorsteuerabzugs - unmittelbar aus dem Gesetz ergeben".

25 Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision, zu der das Finanzamt eine Revisionsbeantwortung erstattet hat, erwogen:

26 Ausfertigungen von Erkenntnissen und Beschlüssen der Verwaltungsgerichte sind so zu begründen, dass der Denkprozess, der in der Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist (vgl. zuletzt etwa das Erkenntnis vom , Ra 2014/13/0022).

27 Dieser Anforderung wird das angefochtene Erkenntnis nicht gerecht, womit sich die Revision als zulässig und berechtigt erweist:

28 In Bezug auf die Umsatzsteuerfestsetzung für den Monat Mai 2012 hat es das Bundesfinanzgericht jedenfalls verabsäumt, auf die im Schriftsatz vom ausdrücklich aufgeworfene Frage einer Umsatzsteuerberichtigung wegen zurückgezahlter Mietzinse einzugehen. Die Behauptung in der Revisionsbeantwortung, die Aufzeichnungen der Revisionswerberin seien mangelhaft und es sei daher "nicht bewiesen", dass die "letztlich rückbezahlten Beträge zuvor in die Umsatzsteuerbemessungsgrundlagen Eingang gefunden haben", ändert daran nichts.

29 In Bezug auf die für den Monat Juli 2012 strittige Rechnung hat sich das Bundesfinanzgericht - wie für alle Rechnungen des Bruders der Revisionswerberin - auf "die unvollständige Angabe der Adresse hinsichtlich fehlende Türnummer" gestützt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könnte dies einer Erfüllung der Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 (im Revisionsfall noch Z 1) UStG 1994 für eine gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 UStG 1994 zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung entgegenstehen, wenn es etwa die Unauffindbarkeit des Rechnungsausstellers in dem Gebäude bedeutet hätte (vgl. das Erkenntnis vom , 2013/15/0287). Dass und aus welchen Gründen das Bundesfinanzgericht dies angenommen hätte, geht aus der bloßen Bezeichnung der Anschrift als "unvollständig" aber nicht nachvollziehbar hervor.

30 Entsprechendes gilt für die bloße Bezeichnung von "Art und Umfang der Leistungsbeschreibung" (gemeint wohl: Leistung) als "nicht ausreichend dargelegt". Gründe dafür, warum das "Ausmalen und Anstreichen der Wohnungen Top 3/10 und 5/4" eines bestimmten Mietobjektes keine nach Art und Umfang definierte Leistung sein soll, werden nicht angegeben, sodass die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Überlegungen nicht erkennbar sind.

31 Bei den für die Monate August und September 2012 vor allem wesentlichen Rechnungen der D GmbH vermischen sich in den Ausführungen des Bundesfinanzgerichtes verschiedene Gesichtspunkte. So wird einerseits offenbar bezweifelt, dass die Rechnungen - oder bloß später vorgelegte, modifizierte Ausfertigungen, was nicht gleichbedeutend wäre - von dieser Gesellschaft stammen, was vom Finanzamt in der Eingabe vom mit der Begründung, das Aussehen der Rechnungen entspreche "nicht einer seriösen Geschäftstätigkeit", auch ausdrücklich bestritten worden war.

32 Zugleich soll es sich bei der D GmbH aber nicht um eine "seriöse", sondern um eine "Sozialbetrugsfirma" handeln, die "Scheinrechnungen" ausstellt, ohne die in Rechnung gestellten Leistungen erbracht zu haben.

33 Der Antrag auf Einvernahme von C zum Nachweis im Besonderen der Leistungserbringung durch die D GmbH wurde am Schluss der mündlichen Verhandlung aber noch mit der Begründung abgewiesen, es handle sich "um formal rechtliche Angelegenheiten". Gemeint war damit der ursprüngliche, in der Verhandlung aber schon in den Hintergrund getretene Standpunkt des Finanzamtes, die zunächst vorgelegten Rechnungen erfüllten in Bezug auf die Leistungsbeschreibungen nicht die Voraussetzungen des § 11 UStG 1994.

34 Ein Versuch, diese Rechnungen in dieser Hinsicht auf tragfähige Weise zu würdigen, wird im angefochtenen Erkenntnis nicht unternommen. Ausschlaggebend soll das Vorliegen von Scheinrechnungen sein, und die Ablehnung einer Einvernahme von C wird nun unter Übergehung des zu seiner Involvierung erstatteten Vorbringens damit begründet, dass für ihn zu den Rechnungsausstellungsdaten - im Gegensatz zum dazwischen liegenden Monat Juli 2012 - nach dem Vorbringen des Finanzamtes kein Lohnzettel der D GmbH vorliege. Der gedanklich schon nicht nachvollziehbare Schluss, bei dieser Sachlage sei C "jedenfalls nicht für die Fa. D tätig" gewesen, lässt mit der Bezugnahme auf die "strittigen Zeiträume" auch außer Acht, dass sich die Rechnungen der D GmbH vom August 2012 zu einem erheblichen Teil auf Leistungen im Juli 2012 bezogen.

35 Wenn schließlich eine Einvernahme von C auch "in Hinblick auf die folgenden Ausführungen" über sozialbetrügerische Vorgangsweisen der D GmbH "nicht erheblich" sein soll, so würde dies - ohne unzulässige Vorwegnahme der Beweiswürdigung - voraussetzen, dass die Tatsachen, zu deren Nachweis die Einvernahme beantragt war, nach den "folgenden Ausführungen" schon feststünden. Dass dies nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes der Fall war, ist nicht erkennbar.

36 Da die dem angefochtenen Erkenntnis zugrunde liegenden Denkprozesse somit nicht nachvollzogen werden können, war das Erkenntnis gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

37 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am