VwGH vom 12.10.2009, 2009/16/0084
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, LL.M., über die Beschwerde des Ing. SZ in P, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Petrusgasse 2/15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates vom , Zl. RV/1034-W/04, betreffend Haftung für Abgaben, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom wurde über das Vermögen der C GmbH der Konkurs eröffnet und mit Beschluss des Handelsgerichtes Wien vom rechtskräftig aufgehoben.
Mit Bescheid des Finanzamtes vom wurde der Beschwerdeführer als früherer Geschäftsführer der C GmbH zur Haftung für den die Konkursquote übersteigenden Teil der Abgabenschulden der C GmbH in Anspruch genommen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der dagegen erhobenen Berufung teilweise stattgegeben und die Haftung auf die Umsatzsteuer für das Jahr 1991, August und Oktober 1994, 1995, Februar bis Juni, August, Oktober und November 1995, die Lohnsteuer für November und Dezember 1994, Februar bis Dezember 1995 und das Jahr 1995 und den Dienstgeberbeitrag für Oktober und November 1995 eingeschränkt. Begründend führte die belangte Behörde hinsichtlich des abweisenden Teils ihrer Entscheidung aus, die Umsatzsteuernachforderung für 1991 beruhe auf Feststellungen einer Betriebsprüfung, die weiteren Abgabenforderungen resultierten aus "gemeldeten, jedoch nicht entrichteten Selbstberechnungsabgaben". Zu der Umsatzsteuernachforderung für 1991 sei am ein Bescheid ergangen. Demnach habe die Einhebungsverjährung mit Ablauf des Jahres 1994 zu laufen begonnen. Die anderen verfahrensgegenständlichen Abgaben seien "1995 bis " fällig geworden. Der Haftungsbescheid vom sei angesichts des Konkurses über das Vermögen der C GmbH somit vor Eintritt der Einhebungsverjährung erlassen worden. Die Umsatzsteuerbeträge seien jeweils (von der C GmbH) termingemäß offen gelegt worden, eine Zahlung sei jedoch unterblieben. Das Vorbringen, Forderungen seien uneinbringlich gewesen und die geschuldeten Umsatzsteuerbeträge demnach zu kürzen, sei - wohl mangels Belegaufbewahrung - zahlenmäßig unkonkretisiert geblieben. Auch die haftungsgegenständlichen Lohnabgaben seien jeweils zu den gesetzlichen Terminen gemeldet, jedoch nicht entrichtet worden.
Aus dem Einbekennen des Umstandes, dass die vorhandenen Mittel zur Abdeckung des Personalaufwandes und Wareneinsatzes verwendet und die Verbindlichkeiten gegenüber der Gebietskrankenkassa beglichen, jedoch keine Umsatzsteuerzahlungen geleistet worden seien, ergebe sich, dass dem Gleichbehandlungsgrundsatz zuwider gehandelt worden sei. Die Abgabenbehörde sei daher schlechter gestellt worden als andere Gläubiger.
Haftungsrelevant seien folgende Abgabenschuldigkeiten:
Umsatzsteuer 1991 (EUR 6.219,49), Umsatzsteuer August und Oktober 1994 (EUR 24.817,99), Umsatzsteuer Februar bis Juni, August, Oktober und November 1995 (EUR 90.392,86), Lohnabgaben (EUR 16.443,18). Das seien in Summe EUR 137.873,52. Abzüglich der im Konkursverfahren erzielten Quote von 4,478 % (EUR 6.173,98) ergebe sich ein Haftungsbetrag in Höhe von EUR 131.699,54.
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Billigkeitsgründe des geringen Einkommens und der Sorgepflichten für zwei Kinder stünden in keinem erkennbaren Zusammenhang mit der Geltendmachung der Haftung. Die Frage der Einbringlichkeit der Haftungsschuld beim Haftenden könne von der Abgabenbehörde bei ihren Zweckmäßigkeitsüberlegungen vernachlässigt werden.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend macht. Er erachtet sich erkennbar nur in seinem Recht verletzt, wegen Einhebungsverjährung nicht zur Haftung herangezogen zu werden.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff BAO bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.
Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, der Erlassung des Haftungsbescheides vom sei bereits die Einhebungsverjährung der haftungsgegenständlichen Abgaben entgegengestanden.
Gemäß § 238 Abs. 1 BAO verjährt das Recht, eine fällige Abgabe einzuheben und zwangsweise einzubringen, binnen fünf Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Abgabe fällig geworden ist, keinesfalls jedoch früher als das Recht zur Festsetzung der Abgabe.
Nach Abs. 2 leg. cit. wird die Verjährung fälliger Abgaben durch jede zur Durchsetzung des Anspruches unternommene, nach außen erkennbare Amtshandlung unterbrochen. Mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, beginnt die Verjährungsfrist neu zu laufen.
Nach der gegenüber § 238 BAO spezielleren Bestimmung des § 9 Abs. 1 KO (vgl. Ritz, BAO-Kommentar3,Tz 14 zu § 238 BAO) wird durch die Anmeldung im Konkurs die Verjährung der angemeldeten Forderung unterbrochen. Die Verjährung der Forderung gegen den Gemeinschuldner beginnt von neuem mit dem Ablauf des Tages, an dem der Beschluss über die Aufhebung des Konkurses rechtskräftig geworden ist.
Wird ein Anspruch bei der Prüfungstagsatzung bestritten, so gilt nach § 9 Abs. 2 KO die Verjährung vom Tage der Anmeldung bis zum Ablauf der für die Geltendmachung des Anspruches bestimmten Frist als gehemmt.
Die konkursmäßige Feststellung einer angemeldeten Forderung ist nicht möglich, wenn diese vom Masseverwalter oder von einem Gläubiger in der Prüfungstagsatzung bestritten wird. Soll sie dennoch an der Verteilung der realisierten Konkursmasse teilnehmen, so muss ihre Teilnahmeberechtigung in einem eigenen Prüfungsprozess festgestellt werden. In jedem Bestreitungsfall hat das Konkursgericht eine Klagefrist von mindestens einem Monat zu setzen und die Beteiligten auf die Säumnisfolgen aufmerksam zu machen (§ 110 Abs. 4 KO). Die Parteirollen sind allerdings unterschiedlich verteilt, und zwar je nachdem ob die bestrittene Forderung durch einen Exekutionstitel gedeckt ist oder nicht. Wird eine vollstreckbare Forderung bestritten, so muss der bestreitende Masseverwalter oder Gläubiger seinen Widerspruch durch Klage (negative Feststellungsklage) geltend machen (vgl. § 110 Abs. 2 KO). Versäumt der Bestreitende die ihm gesetzte Klagefrist, so gilt diese Forderung als unbestritten und wird bei der Verteilung berücksichtigt. Der Gläubiger einer bestrittenen, nichtvollstreckbaren Forderung muss alle Bestreitenden auf Feststellung der Richtigkeit oder Rangordnung klagen (positive Feststellungsklage; § 110 Abs. 1 KO). Gehört eine Sache nicht auf den ordentlichen Rechtsweg (z.B. eine Abgabenforderung), so hat nach § 110 Abs. 3 KO über die Richtigkeit der Forderung die zuständige Behörde zu entscheiden.
§ 9 Abs. 2 KO soll (lediglich) sicherstellen, dass die Verjährung des Anspruchs des Gläubigers zumindest bis zum Ablauf der für die Klagsführung gesetzten Frist aufgeschoben wird. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass der Anspruch während des Verfahrens bzw. vor Ablauf der Klagefrist verjährt, wenn die Konkurseröffnung knapp vor Ablauf der Verjährungsfrist erfolgt. Wird eine vollstreckbare Forderung bestritten, bleibt die Verjährung unterbrochen, weil der Anmeldende zur Klagsführung nach § 110 Abs. 2 KO nicht verpflichtet ist (vgl. Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, Tz 7 f zu § 9 KO).
Nach § 226 BAO sind Abgabenschuldigkeiten, die nicht spätestens am Fälligkeitstag entrichtet werden, in dem von der Abgabenbehörde festgesetzten Ausmaß vollstreckbar; solange die Voraussetzungen für die Selbstberechnung einer Abgabe durch den Abgabepflichtigen ohne abgabenbehördliche Festsetzung gegeben sind, tritt an die Stelle des festgesetzten Betrages der selbst berechnete und der Abgabenbehörde bekannt gegebene Betrag. Dies gilt sinngemäß, wenn nach den Abgabenvorschriften die Selbstberechnung einer Abgabe einem abgabenrechtlich Haftungspflichtigen obliegt.
Als Grundlage für die Einbringung ist nach § 229 BAO über die vollstreckbar gewordenen Abgabenschuldigkeiten ein Rückstandsausweis auszufertigen. Dieser hat Namen und Anschrift des Abgabepflichtigen, den Betrag der Abgabenschuld, zergliedert nach Abgabenschuldigkeiten, und den Vermerk zu enthalten, dass die Abgabenschuld vollstreckbar geworden ist (Vollstreckbarkeitsklausel). Der Rückstandsausweis ist Exekutionstitel für das finanzbehördliche und gerichtliche Vollstreckungsverfahren (§ 4 AbgEO,§ 1 Z 13 EO).
Im Beschwerdefall wurden die vom Finanzamt im Konkurs über das Vermögen der C GmbH angemeldeten Abgabenforderungen durch den Masseverwalter bestritten (vgl. die "Benachrichtigung des Konkursgläubigers von der Bestreitung seiner Forderung" durch das Handelsgericht Wien vom ). Es handelt sich bei den haftungsgegenständlichen Beträgen aber unstrittig um bereits vollstreckbare Abgabenforderungen. Deren Bestreitung durch den Masseverwalter hat daher - entgegen dem Beschwerdevorbringen - an der Unterbrechung des Laufs der Verjährungsfrist nichts geändert, sodass diese nach Rechtskraft des Beschlusses über die Aufhebung des Konkurses neu zu laufen begonnen hat.
Die Verjährungsfrist hat im Beschwerdefall unstrittig jeweils mit Ablauf der Jahre 1991, 1992, 1994, 1995 und 1996 zu laufen begonnen. Durch die 1996 erfolgten Anmeldungen dieser Abgabenschuldigkeiten im Konkurs der C GmbH wurde deren Verjährung (hinsichtlich der Jahre 1991, 1994 und 1995) unterbrochen. Mit Rechtskraft des Beschlusses vom über die Konkursaufhebung hat die fünfjährige Verjährungsfrist (Rückstandsausweise begründen keine Judikatsschuld; vgl. OGH EvBl 1964/242) neu zu laufen begonnen. Daraus ergibt sich aber, dass die Abgabenforderungen gegen die C GmbH im Zeitpunkt der Geltendmachung der Haftung gegenüber dem Beschwerdeführer () noch nicht verjährt gewesen sind.
Wenn der Beschwerdeführer unter Berufung auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/15/0154, die Auffassung vertritt, die Unterbrechung der Verjährung sei ihm gegenüber nicht "wirksam" geworden, so ist er auf die hg. Rechtsprechung seit dem hg. Erkenntnis des verstärkten Senates vom , Zlen. 91/13/0037, 0038, VwSlg. 7038/F, zu verweisen, wonach Unterbrechungshandlungen im Sinne des § 238 Abs. 2 BAO anspruchsbezogen wirken und somit nicht nur gegenüber etwa dem Primärschuldner, sondern auch gegenüber einem allfällig Haftungspflichtigen Wirkungen entfalten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/13/0017, sowie die bei Ritz, BAO3, Tz 18 zu § 238, zitierte hg. Rechtsprechung).
Im Hinblick auf die Geltendmachung des verletzten Rechts war es dem Verwaltungsgerichtshof verwehrt, auf das weitere Beschwerdevorbringen über die Unterlassung einer Betriebsprüfung im Zuge des Konkursverfahrens, eine Forderungsabtretung und die Ermessensübung einzugehen (§ 41 VwGG).
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am