VwGH vom 24.09.2009, 2009/16/0061

VwGH vom 24.09.2009, 2009/16/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger sowie Senatspräsident Dr. Steiner und Hofrat Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, über die Beschwerde der D GmbH & Co KG in St. Johann im Pongau, vertreten durch die Steger Kowarz Mitterauer Rechtsanwälte OG in 5600 St. Johann/Pongau, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid des Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg vom , Zl. Jv 6055/08z-33 ON 5, betreffend Gerichtsgebühren, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit einem am beim BG St. Johann im Pongau als Grundbuchsgericht eingelangten und dort zur TZ 4419/03 protokollierten Antrag begehrte die Beschwerdeführerin unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechtes für sie ob der (dem H und der A V damals je zur Hälfte gehörenden) Liegenschaft EZ 262 GB 55121 P, GrstNr. 668/4 und 668/7, sowie ob der Liegenschaft EZ 498 GB 55121 P, Gst. 668/10 und zwar gestützt auf den Zusammenschlussvertrag vom . Unter gleichzeitiger Vorlage des Formulars "NeuFö 3" vom samt Bestätigung der Wirtschaftskammer Salzburg, Bezirksstelle St. Johann im Pongau vom gleichen Tag wurde betreffend die Einverleibung des Eigentumsrechtes Gebührenbefreiung gem. § 5a iVm § 4 Neugründungs-FörderungsG (im Folgenden kurz: NEUFÖG) begehrt und das Vorliegen einer Betriebsübertragung geltend gemacht.

Die Einverleibung wurde vom Grundbuchsgericht am bewilligt und am gleichen Tag vollzogen.

Auf Grund einer am mit der Bemerkung "§ 5a NEUFÖG trifft nicht zu" erfolgten Beanstandung der Gebühren- und Kostenberechnung durch den Revisor (betreffend die Eintragungsgebühr) erließ die Kostenbeamtin des BG St. Johann im Pongau am einen Zahlungsauftrag, mit dem sie Eintragungsgebühr gem. TP 9 lit. b Z. 1 GGG in Höhe von EUR 9.323 zuzüglich eines Mehrbetrages gem. § 31 Abs. 1 GGG in der Höhe von EUR 290,-- sowie EUR 8,-- Einhebungsgebühr gem. § 6 Abs. 1 GEG anforderte.

Dagegen stellte die Beschwerdeführerin fristgerecht einen Berichtigungsantrag, in dem sie Folgendes darlegte:

Ursprünglich sei H V Inhaber des Einzelunternehmens D gewesen. Dieser Betrieb sei im Wege des Zusammenschlusses auf die Beschwerdeführerin übertragen worden. Komplementärin der Beschwerdeführerin sei die D GmbH. H V sei als Kommanditist an der Beschwerdeführerin mit 25,9 % beteiligt, an der Komplementär GmbH halte er ebenfalls 25,9 %. Geschäftsführer der Komplementär GmbH seien A und F V. Dazu legte die Beschwerdeführerin Firmenbuchauszüge und Kopien des Zusammenschlussvertrages vor.

Mit Vorhalt vom brachte die belangte Behörde der Beschwerdeführerin unter Aufforderung zur Stellungnahme folgendes "Ergebnis des Ermittlungsverfahrens" zur Kenntnis:

"Der ursprüngliche Betriebsinhaber H V ist zu 26 % an der D GmbH & Co. KG als Kommanditist beteiligt. Gleichzeitig ist er zu 25,9 % an der D GmbH beteiligt, die ihrerseits wiederum alleinige Gesellschafterin der der Dorfhotel T GmbH & Co. KG ist. Es liegt daher ein über 50 % liegendes Eigentumsverhältnis des ursprünglichen Betriebsinhabers vor.

Das vorstehende Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wird zur Kenntnis gebracht und Gelegenheit gegeben, innerhalb der Frist von 14 Tagen Stellung zu nehmen, alle das Berichtigungsbegehren begründenden Mitteilungen zu erstatten und allenfalls weitere Nachweise vorzulegen.

Auf Grund des bisherigen Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens hatte die Kostenbeamtin des Bezirksgerichtes St. Johann im Pongau den angefochtenen Zahlungsauftrag zu erlassen.

Nach Ablauf der vorgenannten Frist wird nach der Aktenlage, nach dem derzeitigen Stand abweisend entschieden werden."

Darauf antwortete die Beschwerdeführerin auszugsweise wie folgt:

"Dieses Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist inhaltlich unrichtig.

Die D GmbH als Komplementärin der D GmbH & Co KG ist am Vermögen der Gesellschaft nicht beteiligt; sie ist reine Arbeitsgesellschafterin (Punkt 5.1. des Zusammenschluss- /Gesellschaftsvertrages vom ).

Am Vermögen der Gesellschaft sind nur die Kommanditisten

beteiligt und wie folgt:


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H V
26 %
A V
37 %
F V
37 %

(Punkt 8.4. des Zusammenschluss-/Gesellschaftsvertrages vom )

Der ursprüngliche Alleineigentümer des an die D GmbH & Co KG im Rahmen eines Zusammenschlusses gemäß Art IV Umgründungssteuergesetz übertragenen Betriebes 'D' ist an der D GmbH & Co KG nur mit 26 % beteiligt, den überwiegenden Anteil von 74 % teilen sich Frau A V und Herr F V.

Als Nachweis verweisen wir auf den in der Urkundensammlung des BG St. Johann/Pg. zu TZ/2003 erliegenden Zusammenschluss- /Gesellschaftsvertrages vom , insbesondere auf die Punkte 5.1. und 8.4."

Die belangte Behörde ließ die Vorschreibung des Mehrbetrages gem. § 31 Abs. 1 und 2 GGG fallen, wies aber im Übrigen den Berichtigungsantrag als unbegründet ab und vertrat dazu die Meinung, der mit 26 % an der Beschwerdeführerin beteiligte H V übe über die Komplementär GmbH Einfluss auf die Geschäftsführung der Kommanditgesellschaft aus. Dazu beruft sich die belangte Behörde auf nicht näher konkretisierte "zahlreiche Fälle", in denen nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH ein Gesellschafterbeschluss erforderlich sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Verwaltungsgerichtshofbeschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Beschwerdeführerin erachtet sich in ihrem Recht auf Nichtvorschreibung der Eintragungsgebühr verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Grundbuchs- und Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet begehrt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

§ 5a NEUFÖG lautet (in der auf den Beschwerdefall noch anzuwendenden Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 180/2004) auszugsweise wie folgt:

"(1) Eine Betriebsübertragung liegt vor, wenn

1. bloß ein Wechsel in der Person des die Betriebsführung beherrschenden Betriebsinhabers in Bezug auf einen bereits vorhandenen Betrieb (Teilbetrieb) durch eine entgeltliche oder unentgeltliche Übertragung des Betriebes (Teilbetrieb) erfolgt (§ 2 Z. 4) und

2. die nach der Übertragung die Betriebsführung beherrschende Person (Betriebsinhaber) sich bisher nicht in vergleichbarer Art beherrschend betrieblich betätigt hat.

(2) Für Betriebsübertragungen gilt Folgendes:

1. Die Bestimmungen des § 1 Z 1 und Z 3 bis 5 sowie der §§ 3, 4 und 7 sind sinngemäß anzuwenden.

2. ..."

Dazu bestimmt § 2 Abs. 2 der mit BGBl. II Nr. 483/2002 kundgemachten Verordnung zum NEUFÖG Folgendes:

"(2) Betriebsinhaber ist die die Betriebsführung beherrschende natürliche oder juristische Person. Betriebsinhaber im Sinne des § 5a NEUFÖG sind ungeachtet allfälliger gesellschaftsvertraglicher Sonderbestimmungen:


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-
Einzelunternehmer,
-
persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften,
-
nicht persönlich haftende Gesellschafter von Personengesellschaften, wenn sie entweder zu mindestens 50 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind oder wenn sie zu mehr als 25 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt und zusätzlich zur Geschäftsführung befugt sind,
-
Gesellschafter von Kapitalgesellschaften, wenn sie entweder zu mindestens 50 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt sind oder wenn sie zu mehr als 25 % am Vermögen der Gesellschaft beteiligt und zusätzlich zur Geschäftsführung befugt sind."
Gem. § 161 Abs. 2 UGB (bis § 161 Abs. 2 HGB) finden auf Kommanditgesellschaften (soweit im zweiten Abschnitt des zweiten Buches des UGB vormals HGB nichts anderes bestimmt ist) die für die OG (vormals OHG) geltenden Vorschriften Anwendung.
Gem. §§ 164 bis 170 UGB sind Kommanditisten von der Geschäftsführung und der Vertretung der KG ausgeschlossen. Die Geschäftsführung und Vertretung einer KG steht demnach dem Komplementär (den Komplementären) zu (§§ 114 bis 116, 125 bis 127 iVm § 161 Abs. 2 UGB).
Kommanditisten können einer Geschäftsführungshandlung der Komplementäre nicht widersprechen, es sei denn, dass die Handlung über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgeht (§ 164 UGB). Ein Kommanditist kann davon abgesehen durch den Gesellschaftsvertrag zur Geschäftsführung der KG berechtigt bzw. verpflichtet werden (z.B. Kastner/Doralt/Nowotny , Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5 146). Kommanditisten können Vertretungsbefugnis nur im Wege der Prokura oder einer Handlungsvollmacht für die KG erhalten, nicht auf Grund ihrer Gesellschafterposition (Kastner/Doralt/Nowotny aaO 148). Eine GmbH wiederum wird gem. § 18 GmbHG durch den (oder die) Geschäftsführer gerichtlich und außergerichtlich vertreten; dem Geschäftsführer (den Geschäftsführern) obliegt im Innenverhältnis auch die Geschäftsführung der GmbH (Kastner/Doralt/Nowotny aaO 380).
Bereits vor dem Hintergrund dieser Rechtslage erweist sich die vom angefochtenen Bescheid vertretene Rechtsansicht als verfehlt, dem Kommanditisten H V komme Einfluss auf die Geschäftsführung der Beschwerdeführerin (also der KG) zu. Blickt man nämlich in die im Akt erliegenden Firmenbuchauszüge, so zeigt sich Folgendes:
Die zu FN des LG Salzburg protokollierte "D GmbH" (die Komplementärin der Beschwerdeführerin) hat zwei Geschäftsführer, nämlich A V und F V, die seit je selbständig vertretungsbefugt sind. H V ist an der Komplementär GmbH (die über ein Stammkapital von EUR 35.000,-- verfügt) nur mit einer Stammeinlage von EUR 9.100,--, also mit 26 % beteiligt.
Die Beschwerdeführerin selbst ist eine seit in der Rechtsform einer KG bestehende, zu FN des LG Salzburg eingetragene Personengesellschaft. Ihr einziger unbeschränkt haftender Gesellschafter (Komplementär) ist die "D GmbH". Weiters verfügt die KG über drei Kommanditisten, und zwar H V, A V und F V. H V ist nach dem unstrittigen Vorbringen der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens am Vermögen der Beschwerdeführerin mit 26 % beteiligt.
Allein bereits auf Grund dieser Rechtslage zeigt sich (weil es gemäß § 2 Abs. 2 der Verordnung zum NEUFÖG auf allfällige gesellschaftsvertragliche Sonderbestimmungen garnicht ankommt), dass dem ehemaligen Geschäftsinhaber H V keinesfalls die von § 2 Abs. 2 der Verordnung zum NEUFÖG, dritter und vierter Teilstrich geforderte "Befugnis zur Geschäftsführung" zukommt. Er ist in der KG nur einer von drei Kommanditisten mit den von § 164 UGB vorgesehenen Rechten, darüber hinaus in der Generalversammlung der Komplementär GmbH keineswegs mit einer Mehrheit ausgestattet und in der Komplementär GmbH auch nicht Organgeschäftsführer. Allein der Geschäftsführer (die Geschäftsführer) der Komplementär GmbH übt (üben) aber in der KG die Geschäftsführung und Vertretung aus.
Da die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung führen muss.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-AufwandersatzVO, BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am