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VwGH vom 26.01.2017, Ro 2015/15/0044

VwGH vom 26.01.2017, Ro 2015/15/0044

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Bamminger, über die Revision der P GmbH in T, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom , Zl. LVwG-450050/8/MZ, betreffend Stundungszinsen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der Stadt Linz Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Bescheid des Magistrats der Stadt Linz vom wurden der Revisionswerberin aufgrund der von ihr mit Eingabe vom beantragten Stundung betreffend einen Abgabenbetrag von 18.843,30 EUR Stundungszinsen in Höhe von 2.431,56 EUR vorgeschrieben.

2 Mit Bescheid des Stadtsenats der Stadt Linz vom wurde die Berufung der Revisionswerberin gegen diese Vorschreibung abgewiesen.

3 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde. Begründend führte sie aus, die Abgabenbehörde stütze den bekämpften Bescheid zu Unrecht auf §§ l, 212a und 212b Z 1 BAO. Diese Bestimmungen seien nur auf Abgaben anzuwenden, für die der Abgabenanspruch nach dem entstanden sei. Diese Voraussetzung sei im gegenständlichen Fall nicht erfüllt. "Abgabenanspruch" seien nicht die Stundungszinsen, sondern jene Abgaben, die der Berechnung der Stundungszinsen zu Grunde lägen. Diese seien vor dem entstanden. Zudem läge keine nachvollziehbare Begründung vor, auf welcher Rechtsgrundlage und nach welcher Berechnungsmethode die Stundungszinsen festgelegt worden seien.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich die Beschwerde ab. Begründend führte es u.a. aus, es sei unbestritten, dass der für die Festsetzung der Stundungszinsen herangezogene Abgabenanspruch der Höhe nach 18.843 EUR betrage und vor dem entstanden sei. Für die Frage, ob bei der Festsetzung der Stundungszinsen zu Recht § 212b Z 1 BAO herangezogen worden sei, sei dies jedoch nicht relevant. § 3 Abs. 1 BAO zufolge seien nämlich Abgaben im Sinn dieses Bundesgesetzes auch Nebenansprüche aller Art, wobei Abs. 2 lit. d Stundungszinsen als Nebenanspruch im Sinne des Abs. 1 nenne. Dies bedeute, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Stundungszinsen um einen eigenständigen Abgabenanspruch handle.

5 Gemäß § 4 Abs. 1 BAO entstehe ein Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht sei, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpfe. Im Sinne dieser Bestimmung liege es auf der Hand, dass der Stundungszinsenanspruch nicht zeitgleich mit dem diesem zugrundeliegenden Anspruch zu entstehen vermöge, weil zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht absehbar sei, ob der Anspruchsschuldner überhaupt auf das Rechtsinstitut der Stundung zurückgreifen wolle bzw. ob - wenn dies der Fall sein sollte - ihm die Stundung von der zuständigen Behörde gewährt werde. Der Stundungszinsenanspruch könne deshalb nur im Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Stundung entstehen. In diesem Sinne habe auch der Verwaltungsgerichtshof (allerdings in einem Erkenntnis zur steirischen LAO) ausgesprochen, dass der Stundungszinsenanspruch selbst laufend während jener Zeit entstehe, in der der Abgabepflichtige den Zahlungsaufschub in Anspruch nehme (Hinweis auf ).

6 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die Revision. 7 Das Landesverwaltungsgericht erklärte die ordentliche

Revision für zulässig, weil die Rechtsfrage, zu welchem Zeitpunkt der Anspruch auf Stundungszinsen im Anwendungsbereich der BAO entstehe, in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs noch nicht beantwortet sei.

8 In ihrer Revision begründete die Revisionswerberin diese darüber hinaus damit, dass sich die Festsetzungsgrenze des § 212b Z 1 BAO auf die Zinsen je "ausgesetzter" Abgabe beziehe.

9 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

10 Hinsichtlich des Zeitpunkts der Entstehung des Abgabenanspruchs von Stundungszinsen ist dem Landesverwaltungsgericht beizupflichten, dass die Stundungszinsen einen eigenständigen Nebenanspruch darstellen, der gemäß §§ 3, 4 und 212 Abs. 2 BAO laufend mit der Stundung entsteht (vgl. , zu Aussetzungszinsen des § 212a BAO sowie vom , 92/17/0166, zu Stundungszinsen nach der Stmk LAO).

11 Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit der Abgaben ist für die Bemessung der Stundungszinsen die jeweils im Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches geltende Rechtslage heranzuziehen. Dies war im Revisionsfall die BAO, weil das Stundungsansuchen der Revisionswerberin vom erst nach dem Erstrecken der Bestimmungen der BAO auf Landes- und Gemeindeabgaben durch das Abgabenverwaltungsreformgesetz, BGBl. I Nr. 20/2009, gestellt worden ist, das nach einer mehrmonatigen Legisvakanz gemäß § 323a Abs. 1 Z 1 BAO grundsätzlich mit in Kraft getreten ist.

12 Auch aus § 323a Abs. 1 Z 6 BAO ergibt sich - entgegen der Ansicht der Revision - nichts anderes. Diese Bestimmung normiert, dass "§§ 111, 112, 112a, 212b Z 1 erster Satz und Z 3, 217a Z 1 sowie 239a, jeweils in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 20/2009, erstmals auf Abgaben anzuwenden (sind), für die der Abgabenanspruch nach dem entsteht."

13 Die Revision behauptet, es wäre ein Zirkelschluss, der die Übergangsbestimmung überflüssig mache, wolle man die in § 323a Abs. 1 Z 6 BAO genannten Abgaben bzw. den Abgabenanspruch nicht auf den zugrundeliegenden Abgabenanspruch, sondern auf die Stundungszinsen selbst beziehen.

14 Worin dieser Zirkelschluss bestehen sollte, ist für den Verwaltungsgerichtshof aber nicht erkennbar. So regelt § 323a Abs. 1 Z 6 BAO die Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen betreffend Nebenansprüche auf Landes- und Gemeindeabgaben. Das Motiv für eine eigenständige Inkrafttretensregel beschreiben die Erläuterungen zur Regierungsvorlage (38 BlgNR XXIV. GP, S 15) nachvollziehbar damit, dass dadurch "vor allem für am aufrechte Zahlungserleichterungen und Aussetzungen der Einhebung" klargestellt werden sollte, dass sich "die Höhe der Stundungszinsen und der Aussetzungszinsen ..., soweit der Zahlungsaufschub die Zeit vor dem betrifft, nach den jeweils maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften (richtet). Soweit der Zahlungsaufschub die Zeit ab umfasst, richtet sich die Höhe der Zinsen nach § 212b BAO."

15 Der VwGH hat mit Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2015/15/0005, zur Festsetzungsfreigrenze des § 212a Abs. 9 BAO für Aussetzungszinsen ausgesprochen, dass eine abgabenbezogene Unterteilung der Zinsen nicht in Betracht kommt. Dies gilt gleichermaßen für Stundungszinsen und die entsprechende Festsetzungsfreigrenze des § 212 Abs. 2 BAO bzw. § 212b Z 1 BAO von 50 EUR bzw. 10 EUR. Eine abgabenbezogene Betrachtung, die den iSd § 212 Abs. 1 BAO beantragten und mit dem Bescheid über die Bewilligung der Stundung gewährten Zahlungsaufschub in Bezug auf die Festsetzungsgrenze wieder einer verfahrensaufwändigen Aufteilungspflicht unterziehen würde, würde dem Ziel der Festsetzungsfreigrenze nicht gerecht, das lediglich darin besteht, im Sinne der Verfahrensökonomie Vorschreibungen von Kleinbeträgen als solche hintanzuhalten.

16 Die Revision war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

17 Von der von der Revisionswerberin beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

18 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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Schlagworte:
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2

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