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VwGH vom 16.12.2010, 2009/15/0189

VwGH vom 16.12.2010, 2009/15/0189

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des G Z in G, vertreten durch Dr. Mag. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0787-G/07, betreffend Einkommensteuer (Arbeitnehmerveranlagung) 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer erzielte im Jahr 2006 unter anderem Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Primararzt an einem Landeskrankenhaus.

Bei der Veranlagung der Einkommensteuer 2006 (Bescheid vom ) kürzte das Finanzamt vom Beschwerdeführer geltend gemachte Werbungskosten (Beiträge für Mitgliedschaften bei Berufsverbänden und Interessenvertretungen).

Mit Berufungsvorentscheidung vom gab das Finanzamt der dagegen erhobenen Berufung in diesem Punkt Folge. Die Überprüfung auch der übrigen Werbungskosten führe jedoch zu einer weiteren Kürzung geltend gemachter Aufwendungen. Neben im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht mehr strittigen Positionen wurden Pensionsbeiträge nicht (wie geltend gemacht: als Werbungskosten) berücksichtigt. Begründend wurde ausgeführt, bei den besonderen Pensionsbeiträgen handle es sich um keine Weiterversicherung zu einer gesetzlichen Pensionsversicherung. Vielmehr würden die Beiträge freiwillig auf Grund eines mit dem Arbeitgeber abgeschlossenen Vertrages bezahlt und zählten daher zu den Sonderausgaben gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988, welche gemäß § 18 Abs. 3 Z 2 leg. cit. nicht zum Ansatz kämen.

Der Beschwerdeführer beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz. Der Sondervertrag des Beschwerdeführers basiere auf einer "Verordnung" im Sinne des § 36 Abs. 2 VBG 1948; im Dienstvertrag sei daher ein Pflichtbeitrag zur Pensionsversicherung im Sinne des § 22 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 aufzunehmen gewesen. Da dem Beschwerdeführer kein Wahlrecht über die Pensionsbeiträge zustehe, handle es sich um Pflichtbeiträge im Sinne des § 16 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG 1988 in Höhe von 1.621,80 EUR.

Mit dem angefochtenen Bescheid änderte die belangte Behörde den erstinstanzlichen Bescheid im Sinne der Berufungsvorentscheidung ab. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe als Dienstnehmer mit dem Land Steiermark einen Sondervertrag gemäß § 36 VBG 1948 (in der als Landesgesetz geltenden Fassung) abgeschlossen. § 13 Abs. 1 dieses Sondervertrages laute:

"(1) Für den Differenzbetrag zwischen der jeweiligen Höchstbeitragsgrundlage in der Pensionsversicherung nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz und dem tatsächlichen Monatsentgelt bzw. der Sonderzahlung sind vom Primararzt monatlich Pensionsbeiträge in der jeweiligen Höhe des § 22 Abs. 1 des Gehaltsgesetzes 1956 zu entrichten."

Unter welchen Voraussetzungen Beiträge zur Sicherung der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenpension Werbungskosten seien, sei § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 zu entnehmen. Beiträge, die nicht in diese Aufzählung fielen, seien dem Werbungskostenbegriff nicht unterzuordnen, selbst wenn die Beitragsleistung dadurch erzwungen werde, dass der Arbeitgeber das Eingehen und/oder den Fortbestand des Dienstverhältnisses von ihr abhängig mache. Auch wenn die inhaltliche Gestaltung des vom Beschwerdeführer abgeschlossenen Sondervertrages durch Richtlinien des Bundesministers für Finanzen festgelegt worden sei, ändere dies nichts daran, dass der Beschwerdeführer die Pensionsbeiträge nicht auf Grund einer gesetzlichen Verpflichtung, sondern auf Grund des von ihm abgeschlossenen Sondervertrages, somit auf Grund einer vertraglichen Verpflichtung, zu deren Eingehen er sich freiwillig entschlossen habe, zu entrichten habe. Der im Sondervertrag enthaltene Hinweis auf § 22 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956 beziehe sich ausschließlich auf die Höhe der zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Dienstgeber vereinbarten (besonderen) Pensionsbeiträge und sei daher ebenfalls nicht geeignet, eine gesetzliche Verpflichtung zur Leistung von Pensionsbeiträgen zu begründen. Die vom Beschwerdeführer geleisteten Pensionsbeiträge in Höhe von 1.621,80 EUR könnten daher nur (im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten) als Sonderausgaben steuerlich berücksichtigt werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:

Strittig ist, ob die Pensionsbeiträge des Beschwerdeführers nach § 13 des Sondervertrages als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.

Maßgebend für die Abgrenzung zwischen Pflichtbeiträgen gemäß § 16 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 (Werbungskosten) und freiwilligen Beiträgen gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 EStG 1988 (Sonderausgaben) ist, ob die Beitragsleistung den Steuerpflichtigen auf Grund einer zwingenden Vorschrift trifft, deren Anwendungsbereich er nicht entrinnen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/14/0003; vgl. auch - zum EStG 1972 - das hg. Erkenntnis vom , 91/13/0150).

Die Verpflichtung zur Entrichtung der hier zu beurteilenden Pensionsbeiträge gründet nicht darin, dass auf Grund öffentlichrechtlicher Vorschriften eine Verpflichtung zur Teilnahme an einer Versorgungseinrichtung bestünde; sie gründet vielmehr auf einem Sondervertrag, also auf vertraglicher Grundlage. Dass der Sondervertrag seinen "Ausgangspunkt" in § 36 Abs. 2 VBG 1948 (in der als Landesgesetz geltenden Fassung) hat und der Bundesminister für Finanzen (bzw. nunmehr: der Bundeskanzler) bei Bedarf verbindliche Richtlinien für die einheitliche Gestaltung von Sonderverträgen festlegen kann, ändert nichts daran, dass die Verpflichtung zur Entrichtung von Pensionsbeiträgen hier auf einer freiwilligen Aufnahme dieser Regelung in den Vertrag beruht. Die Höhe der Beiträge richtet sich zwar nach den Prozentsätzen des § 22 Abs. 1 Gehaltsgesetz 1956, dem Grunde nach sind diese Beiträge aber wegen einer freiwillig eingegangenen Aufnahme der Vereinbarung in den Sondervertrag zu zahlen.

In der Beschwerde behauptet der Beschwerdeführer, wolle er als Primar in einem Krankenhaus des Landes Steiermark tätig sein, sei er gezwungen, einen solchen Vertrag (mit der Verpflichtung zu Beitragszahlungen zu einer Alterspension) abzuschließen.

Versicherungsbeiträge können unter den allgemeinen Werbungskostentatbestand des § 16 Abs. 1 EStG 1988 fallen, somit Aufwendungen oder Ausgaben zu Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen sein, wenn das Moment der Freiwilligkeit einer Personenversicherung in den Hintergrund tritt und die Beiträge anlässlich der Erwerbung von Einkünften mit einer gewissen beruflichen Notwendigkeit aufgewendet werden müssen (so etwa, wenn ein Sportler ein Auslandsengagement nur erhält, wenn er eine private Unfallversicherung abschließt; vgl. das hg. Erkenntnis vom , 95/13/0039; betreffend Pensionsversicherung vgl. das Erkenntnis vom , 2003/14/0031).

Soweit das Beschwerdevorbringen nicht ohnehin als Neuerung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtlich ist, ist darauf zu verweisen, dass eine derartige berufliche Notwendigkeit der Beitragszahlungen nicht ersichtlich ist, weil nicht erkennbar ist, dass die Zahlung einer Zusatzpension im überwiegenden Arbeitgeberinteresse ist.

Im Hinblick auf die ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes, wonach es nicht unsachlich ist, wenn die auf Grund eines Aktes freier Entschließung zu leistenden Beiträge einkommensteuerrechtlich anders berücksichtigt werden als Beiträge auf Grund gesetzlichen Zwanges, bleibt für eine (einschränkende) "verfassungskonforme Auslegung" kein Raum (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom , 2003/14/0031). Der Umstand, dass die Beiträge nicht abziehbar sind, ist verfassungsrechtlich unbedenklich, weil - soweit die künftigen Pensionsbezüge auf diese Beiträge zurückzuführen sind - die Grundsätze des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , G 1010/84, zu berücksichtigen sind.

Die Beschwerde erweist sich damit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 1 Z 6 VwGG Abstand genommen werden, weil die Schriftsätze der Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und die dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 EMRK erforderlich, weil Abgabenangelegenheiten nicht "civil rights" betreffen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2004/15/0116).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am