VwGH vom 18.10.2012, 2009/15/0150

VwGH vom 18.10.2012, 2009/15/0150

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des Finanzamtes Kirchdorf Perg Steyr in 4560 Kirchdorf an der Krems, Pernsteinerstraße 23-25, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zlen. RV/0055- L/04, RV/0056-L/04, betreffend u.a. Einkommensteuer 1997 bis 2001 (mitbeteiligte Partei: H W in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Mitbeteiligte ist selbständiger Arzt und wurde am vom Bundesamt für Zivilluftfahrt (nunmehr: Austro Control GmbH) zum "fliegerärztlichen Sachverständigen der Kategorie A" bestellt. Er besitzt die Commercial Pilot Licence. Jährlich erstellt er 80 bis 100 Fluggutachten; die Einnahmen daraus belaufen sich jährlich auf rund 150.000 ATS.

Im Jahr 1997 hat der Mitbeteiligte bei der F-GmbH eine Fixkostenvorauszahlung für ein sechsjähriges Nutzungsrecht auf jährlich 60 kostenbegünstigte Flugstunden mit einem bestimmten Kleinflugzeug getätigt. Diese Fixkostenvorauszahlung wurde auf die Vertragsdauer jahresanteilig mit 200.000 S gewinnmindernd geltend gemacht. Mit der Vorauszahlung wird lediglich das Nutzungsrecht für jährlich 60 Stunden sichergestellt; die Flugkosten, Streckengebühren und sonstige Kosten sind zusätzlich (vergünstigt) zu bezahlen.

Die Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre 1997 bis 2001 erfolgten zunächst erklärungsgemäß. Anlässlich einer abgabenbehördlichen Prüfung vertrat die Betriebsprüferin u.a. die Ansicht, dass die Kosten für das Nutzungsrecht gemäß § 20 Abs. 2 lit. b EStG 1988 nicht abzugsfähig seien, weil sie die Lebensführung des Steuerpflichtigen berührten und nach der allgemeinen Verkehrsauffassung unangemessen hoch seien. Es ergebe sich daher für die Jahre 1997 bis 2001 jeweils eine Gewinnerhöhung von 200.000 S.

Das Finanzamt nahm das Verfahren gemäß § 303 Abs. 4 BAO wieder auf und erließ entsprechend den Feststellungen der Betriebsprüferin die Einkommensteuerbescheide 1997 bis 2001.

Gegen diese Bescheide erhob der Mitbeteiligte Berufung, in welcher er - zu den beschwerdegegenständlichen Flugaufwendungen - einerseits auf die betriebliche Notwendigkeit des Pilotenscheins für seine flugärztliche Tätigkeit hinwies und andererseits darauf, dass das bekundete ausländische Interesse an einem von ihm entwickelten onkologischen Verfahren (Eigenblut-Vakazine) eine Steigerung der erforderlichen Flugbewegungen hinsichtlich einer Verwertung dieser Entwicklung erwarten ließe.

Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung gegen die Bescheide betreffend Einkommensteuer 1997 bis 2001 in dem hier strittigen Punkt Folge.

In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahe legten, wie zB Aufwendungen für Sportausübung oder Aufwendungen zur Aufrechterhaltung der Gesundheit und der Leistungsfähigkeit, dürfe die Veranlassung durch die Einkunftserzielung nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit notwendig erwiesen.

Die international gebräuchliche Richtlinie der JAR-FCL (Joint Aviation Regulation - Flight Crew Licencing), in der eine aufrechte Pilotenlizenz für flugmedizinische Sachverständige Voraussetzung ist, sei in Österreich im Streitzeitraum noch nicht eingeführt gewesen. Es habe für den Mitbeteiligten damit zwar keine rechtliche Verpflichtung zum Erwerb eines Pilotenscheines und in weiterer Folge zur Aufrechterhaltung der Fluglizenz bestanden, de facto seien jedoch Ärzte ohne einen Pilotenschein nicht zu fliegerärztlichen Sachverständigen bestellt worden. Der Mitbeteiligte wäre daher ohne Pilotenschein als flugmedizinischer Sachverständiger nicht in Frage gekommen.

Weiters sei aus den exakten Aufzeichnungen des Mitbeteiligten eine Trennung in einen Bereich, der seine Lebensführung berühre (private Flüge), und in einen zweiten Bereich, der rein betrieblich veranlasst sei (Flüge zur Aufrechterhaltung seiner Berufspilotenlizenz), möglich.

Die vom Mitbeteiligten vorgebrachten betrieblichen Gründe hätten seine persönliche Neigung zur Fliegerei und Repräsentationsbedürfnisse derart in den Hintergrund treten lassen, dass die durch die Anschaffung und den Betrieb des Flugzeuges verursachten Aufwendungen als Betriebsausgaben anerkannt werden könnten.

Dagegen wendet sich die Beschwerde des Finanzamtes gemäß § 292 BAO.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und den Mitbeteiligten erwogen:

Der vorliegende Beschwerdefall gleicht in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht dem dem hg. Erkenntnis vom , 2007/15/0103, zu Grunde liegenden Fall in einem Maß, das es erlaubt, gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG auf die Gründe jenes Erkenntnisses zu verweisen.

Demnach sind Aufwendungen eines fliegerärztlichen Sachverständigen für den Erwerb eines Pilotenscheines, der mangels entsprechender Rechtsvorschriften für die Tätigkeit als Arzt und fliegerärztlicher Sachverständiger rechtlich nicht notwendig ist, als nicht abzugsfähige Aufwendungen für die Lebensführung im Sinne des § 20 Abs. 1 Z 2 lit. a EStG 1988 zu beurteilen. Dies gilt naturgemäß gleichermaßen für Aufwendungen zum Erhalt eines Pilotenscheins. Im Übrigen können gerade Aufwendungen zum Erhalt eines Pilotenscheins schon deshalb nicht mit dem Verweis auf eine angeblich über die positive Rechtslage hinaus bestehende "de-facto-Voraussetzung" begründet werden. Die Auflösung oder Nichtverlängerung einer bereits erfolgten Sachverständigenbestellung könnte nämlich nicht erfolgreich mit der unterlassenen Aufrechterhaltung einer rechtlich gar nicht verpflichtenden Voraussetzung begründet werden.

Soweit der Mitbeteiligte möglicherweise zusätzlich auf einen künftig zu erwartenden erhöhten Reisebedarf seinerseits verweist (betriebliche Flüge nach London zum Verkauf des Impfpräparats), wird damit eine im Streitzeitraum bestehende betriebliche Veranlassung der gebuchten Flugkontingente nicht dargetan.

Der angefochtene Bescheid erweist sich daher mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet und war deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Wien, am