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VwGH vom 18.10.2012, 2009/15/0148

VwGH vom 18.10.2012, 2009/15/0148

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der R K in S, vertreten durch Dr. Gerhard Halbreiner, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 23/II, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0025- G/09, miterledigt RV/0026-G/09, betreffend Einkommensteuer 2006 und 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Ehegatte der Beschwerdeführerin ist anlässlich eines Verkehrsunfalls aus Verschulden des Unfallgegners verstorben. Aus diesem Verkehrsunfall resultierend wurde der Beschwerdeführerin vom Landesgericht für ZRS Graz zunächst eine Unterhaltsrente (Schadenersatzrente wegen Unterhaltsentgang) zugesprochen, deren Einkommensteuerpflicht von der Beschwerdeführerin nicht bestritten wird. Darüber hinaus wurde der Beschwerdeführerin im Zivilrechtsweg auch eine sogenannte Dienstleistungsrente (Mehrbedarfsrente) in Höhe der Kosten einer Ersatzkraft für entgangene Beistandsleistungen des Verstorbenen zuerkannt (vgl. den ).

Im Zuge der Erlassung der Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2006 und 2007 unterwarf das Finanzamt diese Rentenzahlungen zur Gänze der Einkommensteuer.

Dagegen erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Begründend führte sie aus, sie habe die Dienstleistungsrente (Mehrbedarfsrente) dafür zugesprochen erhalten, dass der unterhaltspflichtige Verstorbene gewisse Leistungen wie Haushaltshilfe, Lernen mit dem minderjährigen Sohn, Rasenmähen, etc., also Leistungen aus seiner ehelichen Beistandspflicht, nicht mehr erbringen könne. Hierbei handle es sich um den Ausgleich für solche Leistungen, die nicht zu einem Einkommen der Beschwerdeführerin führten, da diese die Leistungen nun selbst zu erbringen habe, deshalb auch einen persönlichen Mehraufwand und höhere persönliche Anstrengungen tätigen bzw. kostenpflichtige Hilfe Dritter in Anspruch nehmen müsse. Aus diesem Grund handle es sich nicht um ein "Einkommenssurrogat", sondern werde mit dieser Rente nur ihre Verringerung der Leistungsfähigkeit und ihr daraus resultierender Mehraufwand und die Mehranstrengung abgegolten. Im Übrigen habe auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , B 242/06, die "Versteuerung einer Mehrbedarfsrente einer verletzungsbedingt behinderten Person mangels eines Zuwachses an Leistungsfähigkeit als gleichheitswidrig abgelehnt".

In der Folge wurde die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde zur Entscheidung vorgelegt, die die Beschwerdeführerin mittels Vorhaltes um Nachweise ersuchte, an wen und in welcher Höhe Zahlungen für "kostenpflichtige Hilfe Dritter" in Ersetzung der für entgangenen Beistandsleistungen des verstorbenen Ehegatten geleistet worden seien. In ihrer Vorhaltsbeantwortung gab die Beschwerdeführerin an, dass sie die Mehrleistungen tatsächlich zur Gänze selbst erbracht und keine "Drittfirmen oder Personen" damit beauftragt habe. Zivilrechtlich würden diese Leistungen nach Stundensätzen berechnet, wie sie üblicherweise von Vergleichspersonen hiefür verlangt würden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Begründend führte sie aus, gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 gehörten zu den sonstigen Einkünften wiederkehrende Bezüge, soweit sie nicht unter die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 6 zu subsumieren seien. § 29 Z 1 EStG 1988 bilde einen Sondertatbestand, der nicht an das Vorhandensein einer Einkunftsquelle, sondern bloß an den wiederkehrenden Zufluss von Bezügen (zB in Rentenform), die allerdings auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage beruhen müssten, anknüpfe. Die Einbeziehung der wiederkehrenden Bezüge allein kraft ihrer Auszahlungsform in den Steuergegenstand werde offenbar als gerechtfertigt angesehen, "weil durch die sich wiederholenden Zuflüsse von Gütern (Geld, Sachwerte) die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit auf Bezugsdauer gestärkt wird" (Hinweis auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 242/06). Daraus folge, dass für die Steuerbarkeit der streitgegenständlichen Dienstleistungsrente (Mehrbedarfsrente) maßgeblich sei, ob durch diese Rente ein (die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erhöhendes) "Einkommenssurrogat" vermittelt werde oder ob es diesen - in Rentenform zufließenden - Beträgen an einem solchen Zuwachs an Leistungsfähigkeit fehle (zB einer Versehrtenrente).

Dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes sei ein anderer Sachverhalt zu Grunde gelegen: Die Beschwerdeführerin habe auf Grund einer ärztlichen Fehlbehandlung seit ihrer Geburt an einer schweren Behinderung gelitten und ununterbrochene Aufsicht und Pflege benötigt. Der damalige Rechtsträger des Krankenhauses sei zum Ersatz aller kausalen Folgeschäden verpflichtet worden, wobei diese Verpflichtung auch den Ersatz des Mehraufwandes an Pflege und medizinischer Betreuung inkludiert habe. In dem Fall habe der Verfassungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass die zufließenden Beträge lediglich den durch die Schädigung ausgelösten erhöhten Existenzbedarf der Beschwerdeführerin abdecken würden, und diese - soweit die Rente (nur) den Mehrbedarf betreffe - kein "zusätzliches disponibles Einkommen" erlange; somit würden diesfalls "die lediglich zum Ausgleich für den schädigungsbedingt entstandenen zusätzlichen Bedarf gezahlten Rentenleistungen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" nicht steigern. Dies treffe jedoch auf den gegenständlichen Berufungsfall nicht zu. Zwar sei der Beschwerdeführerin zweifelsohne dadurch ein persönlicher Mehraufwand erwachsen, dass sie nunmehr auch die Leistungen ihres verstorbenen Ehegatten erbringe. Mangels Inanspruchnahme kostenpflichtiger Hilfe von dritter Seite habe sie jedoch tatsächlich keinen finanziellen Mehraufwand zu tragen, der allenfalls mit den Rentenzahlungen abzudecken gewesen wäre. Daraus folge, dass die der Beschwerdeführerin in Rentenform zufließenden Beträge ihre "wirtschaftliche Leistungsfähigkeit" erhöht hätten und sie deshalb über ein "zusätzliches disponibles Einkommen" verfüge, auch wenn sie nunmehr einen "persönlichen Mehraufwand und höhere persönliche Anstrengungen tätigen muss".

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

Im Beschwerdefall ist strittig, ob die monatlichen Bezüge aus einer Schadenersatzrente in Höhe der Kosten einer Ersatzkraft für entgangene Beistandsleistungen des Verstorbenen einkommensteuerpflichtig sind.

Die Beschwerde argumentiert dahingehend, dass der durch den Unfalltod des unterhaltsverpflichteten Ehegatten verursachte Unterhaltsschaden einerseits aus dem Wegfall des Einkommens des Ehegatten (Barunterhaltsschaden) und andererseits aus dem "Haushaltsführungsschaden" wegen entgangener Beistandsleistungen des Verstorbenen (Naturalunterhalt) bestehe. Letzterer werde von einer "Dienstleistungs- oder Mehrbedarfsrente" ausgeglichen, die kein Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen im Sinne des Einkommensteuergesetzes sei, sondern vielmehr die Naturalleistungen des Unterhaltsschuldners, wie Gartenarbeit, Haushaltstätigkeiten, Reparaturarbeiten, Rasenmähen, Sanierungsarbeiten oder Heckenschneiden ersetze. Diese ersetzten Leistungen wären ohne Ableben des Unterhaltsverpflichteten ebenfalls nicht zu versteuern gewesen.

Die belangte Behörde weist demgegenüber darauf hin, dass durch den finanziellen Bezug der als Ausgleich für den Naturalunterhalt gezahlten Rente eine "Erhöhung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit" für die Beschwerdeführerin eingetreten sei. Die Beschwerdeführerin habe keine kostenpflichtige Hilfe von dritter Seite in Anspruch genommen, sondern die bisher vom verstorbenen Ehegatten erbrachten Leistungen nunmehr selbst erbracht.

Gemäß § 29 Z 1 EStG 1988 sind "wiederkehrende Bezüge" als sonstige Einkünfte steuerbar. § 29 Z 1 EStG 1988 bildet dabei einen Sondertatbestand, der bloß an den wiederkehrenden Zufluss von Bezügen, die allerdings auf einer einheitlichen Rechtsgrundlage beruhen müssen, anknüpft (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/15/0374).

Grundsätzlich reicht nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes für die Steuerbarkeit nach § 29 Z 1 EStG 1988 somit ein wiederkehrendes Element im beschriebenen Sinne. Ob die Rentenzahlungen bisherige Einnahmen ersetzen oder aus welchem Motiv heraus sie erbracht werden, ist dabei irrelevant. Der Gesetzgeber sieht nämlich in der gesicherten Wiederkehr von Einnahmen aus einem einheitlichen Rechtsgrund bereits die Steigerung der Leistungsfähigkeit, die eine Steuerpflicht rechtfertigt (vgl. Stoll , Rentenbesteuerung4, Rz 1010). Dass eine wiederkehrende Zahlung eine Abgeltung für die durch ein Schadenereignis notwendigen erhöhten persönlichen Anstrengungen oder für immaterielle Schäden darstellen mag, hindert eine Steuerpflicht demnach nicht (vgl. die Beispiele bei Stoll , Rentenbesteuerung4, Rz 1066 ff sowie das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0188, zu einem in Rentenform gezahlten Schmerzengeld). Wie Stoll , aaO, zu Recht hervorhebt, erfasst § 29 Z 1 EStG 1988 - schon aufgrund seiner Subsidiarität innerhalb der sieben Einkunftsarten - gerade solche Einkünfte, die mit einer Erwerbstätigkeit in keinem Zusammenhang stehen, also außerhalb der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 1 bis 6 EStG 1988 anfallen und voraussetzungsgemäß außerhalb deren Bereiche in der persönlichen Sphäre ihren Grund haben, jedoch Rentenform aufweisen.

Von dieser Steuerpflicht machte der Verfassungsgerichtshof in seinem die so genannte Mehrbedarfsrente einer behinderten Person betreffenden Erkenntnis vom , B 242/06, dahingehend eine Ausnahme, dass eine Besteuerung von wiederkehrenden Bezügen allein auf Grund der Rentenform dann gleichheitswidrig sei, wenn ihr nicht ein Zuwachs an wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit entspreche (vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0066). Der Verfassungsgerichtshof rekurrierte dabei auf Sachverhaltskonstellationen, in denen die wiederkehrend zufließenden Beträge den durch eine Schädigung ausgelösten erhöhten Existenzbedarf des Steuerpflichtigen abdecken. Es geht dabei um einen Mehrbedarf des Steuerpflichtigen, der dem Grunde nach die Voraussetzungen der außergewöhnlichen Belastung nach §§ 34, 35 EStG 1988 erfüllt. Solcherart bringt der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis auch zum Ausdruck, die Nichterfassung der Rente im Rahmen der Einkünfte habe zur Folge, dass auch der damit abgedeckte Mehrbedarf nicht als außergewöhnliche Belastung in Abzug zu bringen ist.

Der gegenständliche Fall ist nicht jenem vergleichbar, über den der Verfassungsgerichtshof mit dem zitierten Erkenntnis B 242/06 abgesprochen hat. Die im gegenständlichen Fall strittige Rente deckt nämlich keinen zwangsläufigen Mehrbedarf, wie er insbesondere im Falle einer Behinderung besteht. Solcherart ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde steuerpflichtige Bezüge iSd § 29 Z 1 EStG 1988 angenommen hat. Dabei kommt es nicht darauf an, ob die Beschwerdeführerin die in der Gegenschrift der belangten Behörde angesprochene "kostenpflichtige Hilfe von dritter Seite" in Anspruch genommen hat oder nicht.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandsersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am