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VwGH vom 31.03.2017, Ro 2015/13/0017

VwGH vom 31.03.2017, Ro 2015/13/0017

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, MMag. Maislinger und Mag. Novak sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, BA, über die Revision des Finanzamtes Hollabrunn Korneuburg Tulln in 2100 Korneuburg, Laaerstraße 13, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7100962/2014, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2012 (mitbeteiligte Partei: G in Z 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1 Der Mitbeteiligte bewirtschaftete im Streitjahr 2012 eine Landwirtschaft mit einem Einheitswert des nicht verpachteten Eigenbesitzes von EUR 23.900,-- sowie einem Einheitswert der Summe von Zupachtungen und unentgeltlich zur Nutzung übernommenen Flächen von EUR 80.088,--, wovon EUR 48.948,69 auf die (von mehr als zehn verschiedenen Verpächtern) entgeltlich zugepachteten Flächen entfielen. Sein Gewinn wurde nach den Bestimmungen der §§ 8 ff der LuF-PauschVO 2011, BGBl. II Nr. 471/2010, ermittelt.

2 Streitpunkt des Verfahrens ist die Berechnung der in § 13 Abs. 2 LuF-PauschVO 2011 vorgesehenen Begrenzung des Abzugs bezahlter Pachtzinse mit "25% des auf die zugepachteten Flächen entfallenden Einheitswertes".

3 Im Verfahren über seine auch aus anderen Gründen erhobene Beschwerde gegen den Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2012 vertrat der Mitbeteiligte die Ansicht, diese Begrenzung betreffe die Summe der bezahlten Pachtzinse im Verhältnis zur Summe der Einheitswerte der zugepachteten Flächen, wobei er in letztere zunächst auch die unentgeltlich zur Nutzung übernommenen Flächen einbezog (Summe der zugrunde zu legenden Einheitswerte danach EUR 80.088,--). Die Summe der bezahlten Pachtzinse in der Höhe von EUR 12.333,86 lag nach dieser Berechnung unter dem Maximalwert (rechnerisch EUR 20.022,--). Nach Erörterung in der Verhandlung vor dem Bundesfinanzgericht modifizierte er seinen Standpunkt dahingehend, dass nur die entgeltlich zugepachteten Flächen in die Berechnung des Höchstbetrages einzubeziehen seien, womit sich eine geringfügig unter den bezahlten Pachtzinsen liegende Begrenzung des Abzugs mit EUR 12.237,17 ergab (25% von EUR 48.948,69).

4 Das Finanzamt vertrat die Ansicht, der Höchstbetrag sei jeweils in Bezug auf das einzelne Pachtverhältnis zu ermitteln, woraus sich als Summe von 19 Teilbeträgen (jeweils bezahlter Pachtzins am Einheitswert der gepachteten Fläche gemessen und bei Überschreitung von 25% davon auf diesen Betrag reduziert) eine Begrenzung des Abzugs mit insgesamt EUR 11.126,91 ergab. Der Unterschied gegenüber der Berechnung des Mitbeteiligten bestand in der Verhinderung eines Ausgleichs zwischen Pachtzinsen, die 25% des jeweiligen Einheitswertes unterschritten, mit solchen, die darüber lagen.

5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis schloss sich das Bundesfinanzgericht der (auf die Einbeziehung nur entgeltlich zugepachteter Flächen eingeschränkten) Ansicht des Mitbeteiligten an. Es verwies zunächst darauf, dass in § 1 Abs. 2 LuF-PauschVO 2011 in Verbindung mit dem danach maßgeblichen Hektarsatz nach § 125 Abs. 1 lit. b BAO als "Prinzip der Pauschalierung" die Zugrundelegung eines "Gesamteinheitswertes" der bewirtschafteten Flächen zum Ausdruck komme. Nach Wiedergabe von Ausführungen im Schrifttum, wonach auch bei der Bestimmung der Obergrenze für den Abzug von Pachtzinsen eine "Gesamtbetrachtung" anzustellen und eine jeweils gesonderte Berechnung für die einzelnen Pachtverhältnisse "nie zur Diskussion" gestanden sei (Jilch, Die Besteuerung pauschalierter Land- und Forstwirte4, 2011, 372 ff; vgl. jetzt a.a.O.5, 2016, 542), und einem nochmaligen Hinweis auf die Maßgeblichkeit des Gesamteinheitswertes mit dem Hektarsatz des Bewirtschafters auch für die zugepachteten Flächen stützte sich das Bundesfinanzgericht außer auf diesen "Kontext" auch auf den Wortlaut "entfallenden Einheitswertes", der im Singular formuliert sei.

6 Das Bundesfinanzgericht legte dazu weiters dar, die vom Finanzamt bevorzugte Berechnungsweise würde einen "überschießenden Eingriff" bedeuten. Die Bestimmung sei "nicht so auszulegen, dass der geringstmögliche Betriebsausgabenabzug zum Tragen kommt", sondern es sei "jene Interpretation zu wählen, die der Grundkonzeption der Verordnung am nächsten kommt". Dem Finanzamt sei zuzugestehen, dass die (vom Mitbeteiligten zunächst vertretene) Einbeziehung auch unentgeltlich - oder zu einem bloß symbolischen "Pachtzins" - überlassener Flächen zu einer Verzerrung führen würde. Die Verordnung unterscheide in § 1 Abs. 2 auch zwischen "Zupachtungen" und "zur Nutzung übernommenen Flächen" und stelle in § 13 Abs. 2 nur auf die "zugepachteten" Flächen ab, wobei die Pacht ein entgeltliches Rechtsgeschäft und die Überlassung von Grundstücken zur unentgeltlichen Nutzung keine Pacht sei. Wenn der Verordnungsgeber darüber hinaus aber eine jeweils gesonderte Berechnung der Begrenzung des Abzuges für jedes einzelne Pachtverhältnis gewollt hätte, so hätte er dies "im Verordnungstext klar zum Ausdruck bringen können".

7 Schließlich würde es auch "dem Zweck einer Pauschalierung widersprechen, wenn man einzelne Bestimmungen komplizierter auslegt als der Wortlaut nahelegt", was vor allem bei der Zupachtung sehr vieler kleiner Flächen einen Aufwand bedeuten würde, der dem Zweck einer Pauschalierung widerspräche.

8 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil zu der strittigen Rechtsfrage noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vorliege.

9 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision des Finanzamtes, zu der der Mitbeteiligte keine Revisionsbeantwortung erstattet hat.

10 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

11 § 13 Abs. 2 der für den vorliegenden Fall noch maßgeblichen LuF-PauschVO 2011 lautet (wortgleich mit § 15 Abs. 2 der LuF-PauschVO 2015, BGBl. II Nr. 125/2013):

"(2) Der sich nach Zurechnung gemäß Abs. 1 ergebende Betrag ist um den Wert der Ausgedingelasten (Geld- und Sachleistungen), um Beiträge, die an die Sozialversicherungsanstalt der Bauern entrichtet wurden, um bezahlte Schuldzinsen und um bezahlte Pachtzinse zu vermindern, wobei der Abzug der bezahlten Pachtzinse 25% des auf die zugepachteten Flächen entfallenden Einheitswertes nicht übersteigen darf. Durch den Abzug dieser gewinnmindernden Beträge darf insgesamt kein Verlust entstehen."

12 Der Auslegung dieser Bestimmung durch das Bundesfinanzgericht hält die Amtsrevision in teleologischer Hinsicht entgegen, sie ermögliche "eine Glättung von Pachtzinsunterschieden", was zum Unterbleiben einer Kürzung oder zu einer geringeren Kürzung führen könne. Dass eine solche "Glättung" den Zielen einer Pauschalierungsverordnung zuwiderlaufe, versucht die Revision dabei nicht näher zu begründen. Der Bezugnahme des Bundesfinanzgerichtes auf das "Prinzip" einer Gesamtbetrachtung, wie es im Zusammenhang mit dem Hektarsatz zum Ausdruck komme, wird nur entgegen gehalten, dies lasse "entsprechend der dargestellten Zielsetzung eine Gesamtbetrachtung in keiner Weise geboten erscheinen".

13 Das Bundesfinanzgericht hat sich wesentlich - und zutreffend - auf den Wortlaut der Verordnungsbestimmung gestützt, worin einem Plural ("die zugepachteten Flächen") ein Singular gegenübersteht ("entfallenden Einheitswertes"). Von diesem rechtlich maßgeblichen Wortlaut weicht Rz 4246 der EStR 2000 in der mit - entsprechend einer Ankündigung des Finanzamtes im Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht - geänderten Fassung ab, indem in diesem Erlass nun von 25% des auf die zugepachteten Flächen "jeweils" entfallenden Einheitswertes die Rede ist.

14 Die Amtsrevision behandelt dieses Thema wie folgt:

"Schließlich lässt nach Ansicht des Finanzamtes auch der Umstand, dass die Verordnung von ‚des auf die zugepachteten Flächen entfallenden Einheitswertes' spricht, eine Auslegung im Sinne einer Gesamtbetrachtung nicht zwingend geboten erscheinen. Die Verwendung des Plurals ‚Flächen' lässt sich auch als Wendung deuten, wonach der Verordnungsgeber den Regelfall der Zupachtung mehrerer Flächen vor Augen hat, auf die jeweils im Einzelfall die Begrenzung angewendet werden soll. Im Gegensatz zur Ansicht des Bundesfinanzgerichtes ist eine Gesamtbetrachtung daher aus dem Wortlaut der Verordnung, im Speziellen aus der Verwendung des Plurals, keineswegs abzuleiten. Im Gegenteil. Könnte doch aus der gewählten Formulierung auch abgeleitet werden, dass für die Ermittlung der Abzugsgrenze auf den auf die einzelnen Flächen entfallenden isolierten Einheitswert abzustellen ist."

15 Der auf den Plural (ohne ein "jeweils") folgende Singular, auf den sich das Bundesfinanzgericht ausdrücklich gestützt hat, bleibt in dieser Argumentation ausgespart.

16 Das Bundesfinanzgericht hat auch nicht, wie die Amtsrevision meint, den Gedanken zum Ausdruck gebracht, "die Begrenzung müsse offenkundig auf die ‚gelindeste' Art erfolgen". Dem Hinweis, die Bestimmung sei "nicht so auszulegen, dass der geringstmögliche Betriebsausgabenabzug zum Tragen kommt", folgt im angefochtenen Erkenntnis vielmehr die Befürwortung einer Interpretation, "die der Grundkonzeption der Verordnung am nächsten kommt", womit sich das Bundesfinanzgericht auf die schon erwähnte Zugrundelegung eines Gesamteinheitswertes unter Anwendung des Hektarsatzes des Bewirtschafters bezieht.

17 Ähnlich verhält es sich mit der Bezugnahme des Bundesfinanzgerichtes auf den Vereinfachungszweck einer Pauschalierung. Die Amtsrevision macht geltend, das Bundesfinanzgericht sei der Ansicht, die Verordnung müsse "stets auf die ‚unkomplizierteste' Art ausgelegt werden", und hält dem entgegen, es sei "nicht überzeugend", dass die gesonderte Berechnung der Begrenzung des Abzuges für jedes einzelne Pachtverhältnis dem Steuerpflichtigen "nicht zugemutet werden sollte". Demgegenüber hat das Bundesfinanzgericht nur den Standpunkt vertreten, es widerspräche dem Zweck einer Pauschalierung, einzelne Bestimmungen "komplizierter" auszulegen, "als der Wortlaut nahelegt". Der Bezugnahme auf den Wortlaut tritt die Amtsrevision auch hier nicht wirksam entgegen.

18 Eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Erkenntnisses wird damit insgesamt nicht aufgezeigt, weshalb die Revision gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Wien, am