VwGH vom 24.06.2009, 2009/15/0044
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Sulyok und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde des F K als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der P GmbH in 8010 Graz, Herrengasse 19/3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom , Zl. RV/0423- G/08, betreffend Dienstgeberbeitrag, Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag sowie Haftung für Lohnsteuer, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:
Über das Vermögen der P-GmbH ist mit Beschluss des Landesgerichtes vom der Konkurs eröffnet worden. Der Beschwerdeführer ist zum Masseverwalter bestellt worden.
Das Finanzamt ist davon ausgegangen, dass für Löhne, welche die P-GmbH im Zeitraum von Jänner 2004 bis Dezember 2005 ausbezahlt hat, Lohnsteuer sowie Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag angefallen sind. Die P-GmbH sei daher gemäß § 82 EStG 1988 zur Haftung für Lohnsteuer sowie gemäß § 41 FLAG als Abgabenschuldner für Dienstgeberbeitrag und gemäß § 122 Abs 7 Wirtschaftskammergesetz 1998 als Abgabenschuldner für den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag heranzuziehen.
Die Haftungs- und Abgabenbescheide (Ausfertigungsdatum ) richtete das Finanzamt an den Beschwerdeführer als Masseverwalter im Konkurs der P-GmbH.
Die vom Beschwerdeführer gegen diese Bescheide erhobene Berufung wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt, nach der Konkurseröffnung trete der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, sodass während des Konkursverfahrens Abgabenbescheide nicht wirksam an den Gemeinschuldner gerichtet werden könnten. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers gelte dies jedoch nicht nur für Abgabenbescheide, sondern auch für Haftungsbescheide (Hinweis auf den hg Beschluss vom , 2007/13/0070).
Die Festsetzungsbescheide gemäß § 201 BAO betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag seien ohnehin Abgabenbescheide. Aber auch den Haftungsbescheid betreffend Lohnsteuer, der ein Festsetzungsbescheid iSd § 202 BAO sei, habe das Finanzamt zu Recht an den Beschwerdeführer "als Masseverwalter gerichtet".
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde.
Der Beschwerdeführer bringt vor, ein Masseverwalter sei ex lege Geschäftsführer der insolventen GmbH; er trete daher nicht an die Stelle des Gemeinschuldners, sondern an die Stelle des Geschäftsführers. Die Abgaben, welche dem angefochtenen Bescheid zu Grunde lägen, seien vor Konkurseröffnung entstanden und damit Konkursforderungen. Ein Haftungsbescheid dürfe nur dann "im Rahmen der Durchgriffshaftung" an den Geschäftsführer erlassen werden, wenn dieser bei Eingehen der Verbindlichkeit gewusst habe oder hätte wissen müssen, dass die GmbH die Verbindlichkeit nicht mehr bedienen könne. Das Finanzamt habe einen Haftungsbescheid gegenüber der natürlichen Person Masseverwalter erlassen und diesen damit zur persönlichen Haftung für die Verbindlichkeiten herangezogen. Wenn die Abgabenbehörde der Meinung sei, dass durch den Geschäftsführer ein Haftungstatbestand verwirklicht worden sei, hätten sie gegen den seinerzeit tätigen Geschäftsführer einen Haftungsbescheid erlassen können. Gegen den Masseverwalter, dem zum Zeitpunkt des Entstehens der Abgabenschulden nicht Geschäftsführer gewesen sei, dürfe sie nicht einen Haftungsbescheid erlassen, der diesen verpflichte. Zusammenfassend sei festzustellen, dass das Finanzamt Abgabenbescheide gegenüber der GmbH hätten erlassen dürfen, nicht aber Haftungsbescheide gegenüber der Person des Masseverwalters.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Durch die Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen (vgl § 1 Abs 1 KO). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 95/14/0099, und vom , 2002/14/0053). Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Abgaben sind daher nach der hg. Rechtsprechung während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. die hg. Beschlüsse vom , 2003/15/0061, vom , 2006/15/0087, und vom , 2003/17/0339).
Während des Konkursverfahrens dürfen somit weder Abgabenbescheide noch Haftungsbescheide, mit welchen der Gemeinschuldner zur Haftung (hier für Lohnsteuer) herangezogen werden soll, an den Gemeinschuldner gerichtet werden. Eine nach Konkurseröffnung an den Gemeinschuldner gerichtete Erledigung geht ins Leere; sie entfaltet weder eine Wirkung für den Gemeinschuldner noch für den Masseverwalter.
Die gilt in gleicher Weise für Haftungsbescheide, mit welchem ein Gemeinschuldner zur Haftung für Abgaben herangezogen werden soll (vgl den hg Beschluss vom , 2007/13/0070).
Das Finanzamt hat - der dargestellten Rechtsprechung entsprechend - die Abgaben- und Haftungsbescheide, welche die GmbH als Gemeinschuldnerin betreffen, an den Beschwerdeführer "als Masseverwalter" gerichtet. Die gegen diese Bescheide gerichtete Berufung hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in subjektiven Rechten verletzt wird, zeigt die Beschwerde nicht auf. Dass mit einer solchen Bescheidgestaltung eine "Durchgriffshaftung" gegenüber dem Masseverwalter geltend gemacht würde und der Beschwerdeführer persönlich zur Haftung herangezogen worden wäre, trifft nicht zu.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am