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Bescheidbeschwerde – Einzel – Beschluss, BFG vom 12.07.2024, RV/2101153/2020

Kein Beschwerderecht der Gesellschafterin hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand einer Komplementärin betreffend die Umsatzsteuerbescheide einer im Konkurs befindlichen Personengesellschaft (OG) - keine Vollmacht des Masseverwalters

Rechtssätze


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Stammrechtssätze
RV/2101153/2020-RS1
Die Gesellschaft selbst ist Umsatzsteuersubjekt, weshalb es den Komplementären im Konkurs der Gesellschaft verwehrt ist, ohne Vollmacht des Masseverwalters im Verfahren betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung der Umsatzsteuerbescheide im Namen der Gesellschaft, einzuschreiten.

Entscheidungstext

BESCHLUSS

Das Bundesfinanzgericht hat durch die Richterin*** in der Beschwerdesache der Beschwerdeführerin, mit der Adresse ***, über die Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes * (nunmehr Finanzamt Österreich) vom zu Steuernummer XXX betreffend des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016, 2017 jeweils am sowie den berichtigten Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01- 11/2018 vom beschlossen:

Die Beschwerde gilt gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen.

Gegen diesen Beschluss ist eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.

Begründung

1. Maßgeblicher Verfahrensverlauf (chronologisch)

Die Beschwerdeführerin (= kurz Bf.) war eine von insgesamt fünf unbeschränkt haftenden GesellschafterInnen der ***OG (= kurz R-OG). Diese befindet sich bereits seit dem Jahr 2018 in Konkurs (Aktenzeichen XXXXX des LG).

In Folge einer von der Abgabenbehörde durchgeführten Außenprüfung bei der R-OG erließ die Abgabenbehörde die Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016, 2017 und den Bescheid über die Festsetzung der Umsatzsteuer 01- 11/2018 jeweils vom sowie den berichtigten Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01- 11/2018 vom . Eine gesonderte Bescheidbegründung betreffend den zuvor genannten Bescheid erfolgte mit Datum .

Sämtliche Bescheide wurden an "Dr. X als Masseverwalter im Insolvenzverfahren" der R-OG (zu Handen des bevollmächtigten Vertreters) adressiert und zugestellt (die Zustellung erfolgte nachweislich per Finanzonline in die Databox der Bf.).

Mit Eingabe vom , eingelangt bei der Abgabenbehörde am , wurde von der Bf. der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016, 2017 jeweils vom sowie den berichtigten Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01 - 11/2018 vom gestellt.

Als Rechtsmittelwerber scheinen mehrere Beschwerdeführer auf der ersten Seite des Beschwerdeschriftsatzes auf. Die Bf. ist als fünfte Beschwerdeführerin genannt. Als weitere Beschwerdeführer scheinen die R-OG und vier weitere natürliche Personen auf. Der Vertreter aller Beschwerdeführer ist zwischenzeitig bereits verstorben.

Zusammengefasst wurde von der steuerlichen Vertretung "aus anwaltlicher Vorsicht" der Antrag auf Wiedereinsetzung gestellt und begründet, dass die Bescheidbegründung (zu den oa. Umsatzsteuerbescheiden) mit Datum , wenn überhaupt, tatsächlich erst am zugestellt worden sei. Es werde aus anwaltlicher Vorsicht die Wiedereinsetzung beantragt, um ein etwaiges Fristversäumnis, welches mangels Zustellung, aber auch aufgrund der bereits erfolgten Beschwerden ohnedies nicht vorhanden sei, zu heilen. Der Masseverwalter sei nicht befugt gewesen die R-OG zu vertreten, die Bescheidbegründung sei daher auch nicht an diesen zuzustellen gewesen.

Mit Zurückweisungsbescheid vom , der an die Bf. adressiert und zugestellt wurde, wies die Abgabenbehörde den beschwerdegegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung zurück. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass lediglich der Masseverwalter beschwerdelegitimiert sei und nur ihm das Recht zukomme, eine allfällige Fristversäumnis geltend zu machen.

Dagegen wurde am per Fax (ua.) von der Bf. im eigenen Namen Beschwerde erhoben. Die Eingabe wurde nunmehr ohne Beiziehung eines berufsmäßigen Parteienvertreters eingebracht. Neben der Bf. scheinen wiederum die R-OG sowie vier weitere natürliche Personen - jeweils im eigenen Namen - als "Einschreiter" auf.

Die Beschwerdeschrift wurde laut Akt des Finanzamtes 9 Mal eingereicht. Dies ergibt sich insbesondere aus den verschiedenen Uhrzeiten, zu denen die Eingaben per Fax übermittelt wurden und die auf den Eingaben vermerkt sind. Die Eingaben sind - soweit überblickbar - jeweils inhaltsgleich, weisen jedoch entweder gar keine oder nur eine Unterschrift oder mehrere Unterschriften auf. Begründend wird zusammengefasst ausgeführt, dass ein Masseverwalter nicht befugt sei die R-OG im Abgabenverfahren zu vertreten. Steuersubjekt hinsichtlich der Umsatzsteuer sei die Hausgemeinschaft HG und nicht einmal die R-OG. Der Masseverwalter gelte nicht immer und nicht automatisch auch im Abgabenverfahren als Vertreter des Steuersubjektes. Der Masseverwalter sei weder Erwachsenenschutzbeauftragter, noch Verlassenschaftsverwalter. Gegenstand des Insolvenzverfahrens sei ausschließlich das der Exekution unterworfenen Vermögen innerhalb der Grenzen des § 14 EO. Die in den Zurückweisungsbescheiden zitierte VwGH Rechtsprechung lege fest, dass der Masseverwalter, soweit die Befugnisse der Gemeinschuldner beschränkt seien, gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO sei. Die Befugnisse der "Einschreiter" seien nicht beschränkt, sohin der Masseverwalter nicht zur Vertretung befugt. Es handle sich nicht um Aktiv- oder Passivvermögen der Konkursmasse. Das gegenständliche Verfahren sei mit erheblichen wesentlichen Verfahrensmängeln behaftet, insbesondere aufgrund der nicht Wahrung des rechtlichen Gehörs der "Einschreiter". Es werde beantragt die gegenständlichen Bescheide aufzuheben und eine mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat anzuberaumen.

Die Abgabenbehörde wies die Beschwerde mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab. Adressat der Beschwerdevorentscheidung war die Bf. Begründend wurde zusammengefasst ausgeführt, dass mit Beschluss des LG vom zu Aktenzeichen XXXXX das Konkursverfahren über das Vermögen der R-OG eröffnet worden sei. Zum Masseverwalter sei Dr. X bestellt worden. Der Insolvenzverwalter sei hinsichtlich des Insolvenzvermögens gesetzlicher Vertreter des Schuldners, somit gesetzlicher Vertreter im Sinne des § 80 (1) BAO. Dies gelte auch im Abgabenverfahren. Die Festsetzung der Umsatzsteuer sei gegenständlich daher gegenüber dem Masseverwalter erfolgt, der insofern die R-OG repräsentiere. Somit sei auch nur der Masseverwalter zur Geltendmachung einer allfälligen Fristversäumnis betreffend die gegenständlichen Umsatzsteuerbescheide legitimiert gewesen. Im Übrigen habe die Bf. durch die Versäumung der Frist auch keinen Rechtsnachteil erlitten.

Am wurde dagegen von der Bf. mittels mehrerer per Fax eingereichter Eingaben der Vorlageantrag erhoben. Laut Akt des Finanzamtes wurde der Vorlageantrag 10 Mal eingebracht. Dies ergibt sich wieder aus den verschiedenen Uhrzeiten, zu denen die Eingaben per Fax übermittelt wurden und die auf den Eingaben vermerkt sind. Die Eingaben sind - soweit überblickbar - jeweils inhaltsgleich und weisen eine Unterschrift auf. Als (eigenständige) "Einschreiterin" wird - neben der R-OG und vier weiteren Personen - die Bf. ausgewiesen. Es werde beantragt dem Antrag auf Wiedereinsetzung vollumfänglich statt zu geben, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufheben, die gegenständlichen Bescheide aufzuheben und eine mündliche Verhandlung und Entscheidung durch den Senat anzuberaumen.

Am legte die Abgabenbehörde den elektronischen Akt betreffend den bekämpften Zurückweisungsbescheid vom dem Bundesfinanzgericht zur Entscheidung vor. Begründend wurde in der Stellungnahme wie in der Beschwerdevorentscheidung ausgeführt.

Mit Mängelbehebungsauftrag vom wurde der Bf. ua. gemäß § 85 Abs. 4 BAO iVm § 2a BAO binnen einer Frist von 2 Wochen und unter Mitteilung, dass nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist die Beschwerde betreffend des oben angeführten Verfahren als zurückgenommen gelte, aufgetragen, den Mangel, die schriftliche Vollmacht des Masseverwalters der sich in Konkurs befindlichen OG vorzulegen, zu beheben.

Vom Bundesfinanzgericht wurde diesbezüglich im Mängelbehebungsauftrag ausgeführt, dass die Einschreiterin (Komplementärin) namens der im Konkurs befindlichen OG ohne Vollmacht des Masseverwalters das Rechtsmittel der Beschwerde eingebracht habe. Da die Gesellschaft selbst Umsatzsteuersubjekt sei, richten sich die Umsatzsteuerzahlungspflichten gegen das Gesellschaftsvermögen (Masse), weshalb es den Komplementären wegen des Konkurses der Gesellschaft verwehrt sei, ohne Vollmacht des Masseverwalters hinsichtlich des Antrages auf Wiedereinsetzung betreffend die Umsatzsteuer im Namen der Gesellschaft einzuschreiten.

Mit per Fax eingebrachter Eingabe vom , welche erneut postalisch am beim Bundesfinanzgericht eingebracht wurde, ersuchte die Bf. betreffend den Mängelbehebungsauftrag des Bundesfinanzgerichtes um Fristerstreckung von 14 Tagen zur Beibringung der Vollmacht/Unterschrift des Masseverwalters RA Dr. X.

Per E-Mail der Rechtsanwaltskanzlei des Masseverwalters wurde der zuständigen Richterin am im Anhang des E-Mails ein nicht unterfertigtes Schreiben des Masseverwalters Prof. Dr. X, MBL übermittelt und eine Kopie des Mängelbehebungsauftrags des Bundesfinanzgerichtes.

Das dem E-Mail beiliegende nicht unterfertigte Schreiben des Masseverwalters weist folgenden Inhalt auf:

"Betreff: Insolvenz ***OG, XXXXX des LG, Beschwerde der Einschreiterin der Beschwerdeführerin, GZ. ***1***

Sehr geehrte Fr. Richterin!

In obiger Angelegenheit ist mir über Rechtsanwalt Dr. Y der angeschlossene Mängelbehebungsauftrag in der im Betreff genannten Beschwerdesache zugegangen.

Auch zu dieser Sache darf ich mitteilen, dass eine Vollmacht nicht erteilt war. Ich habe jedoch keinen Einwand, dass Sie Eingaben bzw. Beschwerden der Gesellschafterin und/oder der Schuldnerin einer Erledigung in der Sache zuführen."

Hingewiesen wird, dass aus dem zuvor angeführten E-Mail die Geschäftszahl des Umsatzsteuerverfahrens der Bf. ersichtlich sei. Dass es sich um eine Eingabe für das gegenständliche Verfahren handelt, ergibt sich aus dem beiliegenden Mängelbehebungsauftrag, in welchem aus technischen Gründen lediglich die Geschäftszahl des Umsatzsteuerverfahrens angegeben werden konnte, jedoch - wie aus dem Mängelbehebungsauftrag ersichtlich - beide Verfahren von selbigem umfasst sind. Betreffend das Umsatzsteuerverfahren wurde ebenfalls ein E-Mail des Masseverwalters mit selbigem Datum eingebracht.

Mit Schreiben des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. mitgeteilt, dass die Fristerstreckung des Schreibens vom für das Einlangen von postalischen Schriftstücken bis zum in Vermerk genommen wurde.

Im per Fax am beim Bundesfinanzgericht eingelangtem Schreiben wurde die Befangenheit der Richterin von der Bf. angezeigt und beantragt diese vom Verfahren zu entbinden. Es werde um Fristerstreckung ersucht. Dem neu zugewiesenen Richter solle eine angemessene Frist, wobei 2 Wochen nicht ausreichend seien würden, gewährt werden.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Antrag als unbegründet abgewiesen. Dieser zuvor angeführte Beschluss wurde von der Bf. laut Rückschein am übernommen.

Das Schreiben vom langte in Folge auch postalisch beim Bundesfinanzgericht am ein.

2.Sachverhalt

Die R-OG befindet sich bereits seit dem Jahr 2018 in Konkurs (Aktenzeichen XXXXX des LG, Beschluss des LG vom ). Für die R-OG wurde Rechtsanwalt Hon-Prof. Dr. X als Masseverwalter bestellt. Rechtsanwalt Dr. Y wurde mit Beschluss des LG vom als Schuldnervertreter bestellt.

Mit Schreiben vom , eingelangt bei der Abgabenbehörde am , wurde von der Bf. der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend die Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016, 2017 jeweils vom , sowie den berichtigten Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01 - 11/2018 vom gestellt.

Mit Zurückweisungsbescheid vom , der an die Bf. adressiert und nachweislich postalisch zugestellt wurde, wies die Abgabenbehörde den beschwerdegegenständlichen Antrag auf Wiedereinsetzung zurück. Dagegen wurde am per Fax (ua.) von der Bf. im eigenen Namen Beschwerde erhoben.

Eine Bevollmächtigung der Bf. durch den Masseverwalter zur Einbringung einer Beschwerde betreffend des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide 2014, 2015, 2016, 2017 jeweils am sowie den berichtigten Umsatzsteuerfestsetzungsbescheid 01- 11/2018 vom der R-OG wurde nicht vorgelegt.

Der Auftrag zur Mängelbehebung des Bundesfinanzgerichtes vom wurde von der Bf. mit Schreiben vom beantwortet und auf eine Korrespondenz Ihres Rechtsvertreters mit dem Masseverwalter verwiesen.

Der Masseverwalter brachte in Folge das E-Mail vom bei der zuständigen Richterin ein und legte als Beilage ein von ihm nicht unterfertigtes Schreiben vom vor, in welchem er unter anderem ausführte: "Auch zu dieser Sache darf ich mitteilen, dass eine Vollmacht nicht erteilt war. Ich habe jedoch keinen Einwand, dass Sie Eingaben bzw. Beschwerden der Gesellschafterin und/oder der Schuldnerin einer Erledigung in der Sache zuführen."

3.Beweiswürdigung

Der im Verfahrensgang dargelegte Sachverhalt ergibt sich aus den vom Finanzamt vorgelegten elektronischen Verwaltungsakten, den Abfragen des Bundesfinanzgerichtes im Abgabeninformationssystem der Finanzverwaltung, aus dem Vorbringen des Bf. und dem durchgeführten Mängelbehebungsverfahren des Bundesfinanzgerichtes sowie der Mitteilung des Masseverwalters vom .

4. Rechtliche Beurteilung:

Allgemeines:

Zunächst ist festzuhalten, dass das Finanzamt Österreich gem. § 323b Abs. 1 BAO an die Stelle der angefochtenen Bescheide erlassenden Finanzamtes ** getreten ist.

Mit Beschluss vom wurde der Antrag der Bf. vom die Befangenheit der Richterin auszusprechen vom Bundesfinanzgericht als unbegründet abgewiesen. Die Richterin ist daher für die betreffende Rechtssache zuständig und hat sämtliche Amtshandlungen als Berichterstatterin vorzunehmen.

Rechtliche Würdigung:

Die Parteien und ihre gesetzlichen Vertreter können sich, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch natürliche voll handlungsfähige Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben (§ 83 Abs. 1 BAO).

Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten richten sich nach der Vollmacht; hierüber sowie über den Bestand der Vertretungsbefugnis auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zu beurteilen. Die Abgabenbehörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung der Bestimmungen des § 85 Abs. 2 von Amts wegen zu veranlassen (§ 83 Abs. 2 BAO).

Mängel von Eingaben (Formgebrechen, inhaltliche Mängel, Fehlen einer Unterschrift) berechtigen die Abgabenbehörde nicht zur Zurückweisung; inhaltliche Mängel liegen nur dann vor, wenn in einer Eingabe gesetzlich geforderte inhaltliche Angaben fehlen. Sie hat dem Einschreiter die Behebung dieser Mängel mit dem Hinweis aufzutragen, dass die Eingabe nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden angemessenen Frist als zurückgenommen gilt; werden die Mängel rechtzeitig behoben, gilt die Eingabe als ursprünglich richtig eingebracht (§ 85 Abs. 2 BAO).

Wird ein Anbringen (Abs. 1 oder 3) nicht vom Abgabepflichtigen selbst vorgebracht, ohne dass sich der Einschreiter durch eine schriftliche Vollmacht ausweisen kann und ohne dass § 83 Abs. 4 Anwendung findet, gelten für die nachträgliche Beibringung der Vollmacht die Bestimmungen des Abs. 2 sinngemäß (§ 85 Abs. 4 BAO).

Die Einschreiterin (eine Komplementärin) hat namens der im Konkurs befindlichen R-OG ohne Vollmacht des Masseverwalters das Rechtsmittel der Beschwerde vom gegen den Bescheid des Finanzamtes ** (nunmehr Finanzamt Österreich) vom betreffend die Zurückweisung des Antrages auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 308 BAO hinsichtlich der zuvor angeführten Umsatzsteuerbescheide der R-OG eingebracht.

Gemäß § 19 Abs. 1 UStG 1994 ist Steuerschuldner (in den Fällen des § 1 Abs. 1 Z 1 und 2 leg. cit.) der Unternehmer. Unternehmer können auch Personengesellschaften oder Personenzusammenschlüsse ohne Rechtspersönlichkeit sein. Rechtsfähige Personenvereinigungen - wie die OG - sind als solche Steuerschuldner (vgl. Ruppe/Achatz in Ruppe/Achatz (Hrsg), Umsatzsteuergesetz: Kommentar5 (2017) zu § 19 UStG Rz 15).

Hinsichtlich der Umsatzsteuer ist sohin eine Personengesellschaft ein eigenes, von ihren Gesellschaftern unabhängiges Steuersubjekt ( ua.).

Nach der Rechtsprechung kommt bei der die Umsatzsteuer betreffenden Bescheiden, die an eine Personenvereinigung gerichtet sind, nur dieser das Beschwerderecht gemäß § 246 Abs. 1 BAO zu (vgl Ritz/Koran, BAO7 § 246 Rz 6). Nichts Anderes gilt im Verfahren betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der Umsatzsteuer.

Die Umsatzsteuerzahlungspflichten richten sich gegen das Gesellschaftsvermögen (Masse).

Ergehen die Umsatzsteuerbescheide auf Grund der Unternehmereigenschaft an die Gesellschaft, kommt nur dieser, nicht aber den Gesellschaftern, das Beschwerderecht zu (; , Ra 2014/15/0024). Anders als hinsichtlich der Feststellung von Einkünften wirkt die Festsetzung von Umsatzsteuer nicht gegenüber den Gesellschaftern, sondern nur gegenüber der Personengesellschaft (vgl. ).

Der Masseverwalter ist als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners während seiner Bestellung persönlich verpflichtet, Steuererklärungen des Gemeinschuldners, uzw. auch für Zeiträume, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegen, abzugeben (Ellinger/Iro/Kramer/Sutter/Urtz, BAO³ § 80 E 62).

Die Konkurseröffnung berührt nicht die Unternehmereigenschaft, der Masseverwalter ist als gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners tätig (K.F. Engelhart in Konecny/Schubert, Insolvenzgesetze § 46 KO Rz 141 [Stand , rdb.at]).

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Zu den gesetzlichen Vertretern iSd § 80 Abs. 1 BAO gehören auch die Masseverwalter (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , 89/13/0251). Nach den Bestimmungen über die Pflichten und Befugnisse des Masseverwalters (§ 81 bis 83 KO) und aufgrund der Tatsache, dass durch die Eröffnung des Konkurses das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen ist, kann kein Zweifel darüber bestehen, dass der Masseverwalter hinsichtlich des Konkursvermögens gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/17/0317).

Die Abgaben sind daher während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl den hg , sowie die hg Erkenntnisse und ).

Die Gesellschaft selbst ist Umsatzsteuersubjekt, weshalb es den Komplementären im Konkurs der Gesellschaft verwehrt ist, ohne Vollmacht des Masseverwalters im Umsatzsteuerverfahren sowie auch im Verfahren betreffend den Antrag auf Wiedereinsetzung hinsichtlich der Umsatzsteuer im Namen der Gesellschaft einzuschreiten.

Mit Beschluss des Bundesfinanzgerichtes vom wurde der Bf. gemäß § 85 Abs. 2 iVm §§ 2a BAO aufgetragen, den Mangel zu beheben und die schriftliche Vollmacht des Masseverwalters, innerhalb einer Frist von 2 Wochen ab Zustellung des Beschlusses vorzulegen, andernfalls die Beschwerde als zurückgenommen gelte. Der vorgenannte Beschluss (Mängelbehebungsauftrag) wurde am zugestellt.

Eine Mängelbehebung und Vorlage einer Vollmacht des Masseverwalters ist durch die Bf. nicht erfolgt. Die Beschwerde war daher mit hg. Beschluss gemäß § 278 Abs. 1 lit. b iVm § 85 Abs. 2 BAO als zurückgenommen zu erklären.

Betreffend der E-Mail-Eingabe des Masseverwalters vom wird ergänzend angemerkt, dass nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH einer E-Mail-Eingabe nicht die Eigenschaft eines Anbringens oder einer Eingabe zukommt (vgl. , , ; , Ra 2015/15/0007 ua.). Der Gesetzgeber hat nicht auf das Erscheinungsbild des letztlich vorliegenden Schriftstückes (etwa in Form eines einer E-Mail angehängten PDF-Dokuments) abgestellt, sondern auf den Weg der Einreichung (vgl. , , Ra 2017/16/0141).

Es liegt somit eine im Verfahrensbereich der Bundesabgabenordnung nicht zulässige Eingabe vor. Selbst wenn die Eingabe in zulässiger Form eingebracht worden wäre, wäre für die Bf. nichts gewonnen, da der Masseverwalter in dieser mitteilte, dass eine Vollmacht nicht erteilt war.

Da die Bf. dem Auftrag des Bundesfinanzgerichtes zur Mängelbehebung (Vorlage der Vollmacht des Masseverwalters) innerhalb der gesetzten und verlängerten Frist nicht nachgekommen ist, gilt die Beschwerde mit Ablauf der im Mängelbehebungsbeschluss des Bundesfinanzgerichtes gesetzten und verlängerten Frist als zurückgenommen.

Der Ausspruch, dass die Beschwerde als zurückgenommen gilt, erfolgt im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gemäß § 278 Abs. 1 lit. b BAO mit Beschluss.

Obliegt die Entscheidung über Beschwerden dem Senat, so obliegt dem Berichterstatter (bzw. dem zuständigen Einzelrichter) gemäß § 272 Abs 4 BAO zunächst ua. die Erlassung von Mängelbehebungsaufträgen sowie Zurücknahmeerklärungen (§ 85 Abs. 2 BAO).

Nach § 274 Abs. 3 Z 2 BAO kann eine beantragte mündliche Verhandlung unterlassen werden, wenn eine Formalentscheidung über die Beschwerde - wie im gegenständlichen Fall die Zurücknahme - zu erfolgen hat.

Da im Beschwerdefall eine Zurücknahme auszusprechen war, obliegt diese gemäß § 272 Abs. 4 BAO der Berichterstatterin und war gemäß § 274 Abs. 3 Z 2 iVm Abs. 5 BAO von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abzusehen.

Der vorliegende Beschluss konnte daher trotz des Antrages der Bf. auf Entscheidung durch den Senat sowie auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung durch die Einzelrichterin erlassen werden.

Aus den dargelegten Gründen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zur Unzulässigkeit einer Revision

Gegen einen Beschluss des Bundesfinanzgerichtes ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Da sich die Rechtsfolge im Falle der Nichtbefolgung eines Mängelbehebungsauftrages unmittelbar aus § 85 Abs. 2 BAO ergibt, liegt hier keine Rechtsfrage vor, der gemäß Art. 133 Abs. 4 iVm Abs. 9 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Rechtslage ist eindeutig im Sinne des Zl. Ro 2014/07/0053. Die ordentliche Revision ist daher im vorliegenden Fall nicht zulässig.

Graz, am

Zusatzinformationen


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Materie
Steuer
betroffene Normen
§ 83 Abs. 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 272 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 19 Abs. 1 UStG 1994, Umsatzsteuergesetz 1994, BGBl. Nr. 663/1994
§ 80 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 308 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 85 Abs. 4 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 246 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 278 Abs. 1 lit. b BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 274 Abs. 3 Z 2 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
§ 83 Abs. 1 BAO, Bundesabgabenordnung, BGBl. Nr. 194/1961
ECLI
ECLI:AT:BFG:2024:RV.2101153.2020

Datenquelle: Findok — https://findok.bmf.gv.at