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VwGH vom 29.03.2012, 2009/15/0035

VwGH vom 29.03.2012, 2009/15/0035

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Zorn, Dr. Büsser, MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer, über die Beschwerde der D OEG in L, vertreten durch Dr. Stefan Eigl, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 33 b, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom , Zl. RV/0018- L/07, betreffend Feststellung von Einkünften für das Jahr 2000, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Bei der Beschwerdeführerin handelt es sich um eine aus zwei Rechtsanwälten bestehende Personengesellschaft.

Im Zuge einer bei ihr durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung wurde festgestellt, dass über Dr. E, einen der beiden Rechtsanwälte, wiederholt Disziplinarstrafen verhängt worden seien, die von der Gesellschaft unter dem Titel "Verlustumbuchung" zu Unrecht als Betriebsausgaben abgesetzt worden seien.

Das Finanzamt schloss sich der Ansicht der Prüferin an und erließ im wiederaufgenommenen Verfahren einen geänderten Feststellungsbescheid für das Jahr 2000, in welchem der Gewinn um den Betrag der Disziplinarstrafen in Höhe von insgesamt 17.740,50 S unter Hinweis auf das Abzugsverbot gemäß § 20 EStG 1988 erhöht wurde.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung vertrat die beschwerdeführende Gesellschaft die Ansicht, dass die vom Finanzamt genannte Bestimmung den Abzug von Strafen als Betriebsausgaben nicht ausdrücklich ausschließe. Der Ausschluss ergebe sich lediglich aus der von der Beschwerdeführerin nicht geteilten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Dr. E sei nicht zu einer (persönlich anzutretenden) Freiheitsstrafe, sondern lediglich zur Bezahlung einer Geldstrafe verurteilt worden. Von wem das Geld für diese Strafe stamme, sei im Verwaltungsverfahren völlig belanglos. Auch könne es sein, dass der zu einer Geldstrafe Verurteilte die Geldstrafe mittels Kredit finanziere, dann in Konkurs gehe und den Betrag infolge seiner Zahlungsunfähigkeit de facto nicht oder nur zu einem geringen Teil bezahle. Die Strafe sei auch in diesem Fall bezahlt. Diese (und weitere von der Beschwerdeführerin angeführten) Beispiele zeigten die Unzulässigkeit einer Argumentation, die sich darauf stütze, dass die Strafe die Person treffen müsse und nicht von der Allgemeinheit im Wege eines Steuerabzugs teilweise mitgetragen werden solle. Zudem läge gegenständlich keine "staatliche" Strafe, sondern eine von der Rechtsanwaltskammer verhängte und somit ausschließlich in die berufliche Sphäre fallende Strafe vor. Die Disziplinarstrafe berühre damit weder ihrem Wesen noch ihrem Inhalte nach die Privatsphäre des Dr. E und sei daher als Betriebsausgabe abziehbar.

Das Finanzamt forderte die Beschwerdeführerin in der Folge auf, die berufliche Veranlassung der Disziplinarstrafen nachzuweisen.

In ihrer abweisenden Berufungsvorentscheidung führte das Finanzamt aus, die aus den übermittelten Unterlagen hervorgehenden Handlungen des Dr. E fielen nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung eines Rechtsanwaltes. Durch diese Handlungen werde der Kausalzusammenhang zwischen Betrieb und streitgegenständlichem Aufwand durchbrochen. Die Strafen hätten ihre Ursache nicht im Betrieb, sondern im schuldhaften Verhalten des Dr. E.

Die Beschwerdeführerin beantragte - ohne weiteres Vorbringen zu erstatten - die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies auch die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Die Disziplinargerichtsbarkeit einzelner Berufsgruppen diene der Aufrechterhaltung der von der jeweiligen Gruppe akzeptierten berufsständischen Verhaltensmuster. Als Ausfluss dessen hätten Disziplinarstrafen denselben Pönalcharakter wie von der Justiz oder der Verwaltung verhängte Strafen. Da die betroffenen Berufsgruppen, wie Ärzte, Notare, Steuerberater oder eben Rechtsanwälte mit höchstpersönlichen Themen und Problemen ihrer Patienten und Mandanten betraut seien, sei es zu deren Schutze erforderlich, dass das in die Beauftragten gesetzte Vertrauen durch eine stabile berufsständische Disziplinargerichtsbarkeit geschützt werde, weshalb das Signal, dass der Pönalcharakter der Strafe nicht durch Steuerabschreibung teilweise unwirksam gemacht werden solle, für Disziplinarstrafen in gleicher Weise wie für "staatliche" Strafen gelte. Dr. E seien vom Disziplinarrat mangelnder Eifer, Treue und Gewissenhaftigkeit und somit ein Verhalten vorgeworfen worden, das nicht zur normalen Betriebsführung eines Rechtsanwaltes gehöre, sodass die Geldstrafen nicht als Betriebsausgaben zu qualifizieren seien.

Dagegen wendet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Schon für die Rechtslage vor dem Abgabenänderungsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 76/2011, hat der Verwaltungsgerichtshof Geldstrafen als nicht abziehbare Aufwendungen der Lebensführung beurteilt. Bei Geldstrafen, deren Verhängung durch das eigene Verhalten des Steuerpflichtigen ausgelöst wird, ist davon auszugehen, dass die Zuwiderhandlungen, die zur Bestrafung führen, nicht in den Rahmen einer normalen Betriebsführung fallen und demnach nicht im Betrieb als solchem, sondern im schuldhaften Verhalten des Steuerpflichtigen ihre auslösende Ursache haben. Derartige dem Betriebsinhaber auferlegte Strafen sind in der Regel nicht abzugsfähig, weil es mit dem Strafzweck unvereinbar wäre, im Wege der steuerlichen Entlastung den Pönalcharakter der Strafe zumindest teilweise unwirksam zu machen (vgl. mit weiteren Nachweisen das hg. Erkenntnis vom , 99/13/0221).

Ausnahmen hat der Verwaltungsgerichtshof bei Vorliegen eines engen Zusammenhanges mit der Einkunftserzielung anerkannt, wenn die Geldstrafen vom Nachweis eines Verschuldens unabhängig sind oder auf ein nur geringes Verschulden zurückzuführen sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 90/14/0069).

Nach § 1 Abs. 1 DSt (Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter) müssen Disziplinarvergehen schuldhaft begangen werden. Für die Strafbarkeit genügt es nicht, dass der Täter sich nicht den Standespflichten entsprechend verhalten hat. Die Schuld ist unabdingbare Voraussetzung jeder Bestrafung. Auch für das Disziplinarrecht gilt im Übrigen der Grundsatz in dubio pro reo (vgl. Feil/Wennig , Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, § 1 Tz. 2). § 3 DSt ordnet an, dass ein Disziplinarvergehen vom Disziplinarrat nicht zu verfolgen ist, wenn das Verschulden des Rechtsanwaltes geringfügig ist und sein Verhalten nur geringe Folgen nach sich gezogen hat.

Der Beschwerdeführerin wurde im Berufungsverfahren mit Vorhalt vom Gelegenheit geboten, sich zur beruflichen Veranlassung der als Betriebsausgaben geltend gemachten Geldstrafen zu äußern. In der Berufungsvorentscheidung vom , der nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Vorhaltscharakter zukommt, setzte sich das Finanzamt mit den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen (Auszügen der Disziplinarentscheidungen) auseinander und kam dabei zur Feststellung, es liege kein bloß geringfügiges Verschulden vor. Dr. E sei wegen mehrmaligen Fehlverhaltens bestraft worden. Dieser Feststellung ist die Beschwerdeführerin im Vorlageantrag nicht entgegengetreten.

Die Beschwerdeführerin hat trotz wiederholter Gelegenheit im Verwaltungsverfahren kein konkretes Vorbringen erstattet, welches die Folgerung des Finanzamtes als unzutreffend erkennen ließe. Die in der Beschwerde angeführten Beispiele zum Vorliegen bloß geringfügigen Verschuldens eines Rechtsanwaltes bei Übertretung der Straßenverkehrsordnung stehen in keinem Zusammenhang mit dem gegenständlich durch die Disziplinarbehörde geahndeten Fehlverhalten. Die Beschwerdeausführungen, die Beschwerdeführerin (bzw. Dr. E) sei "selbstverständlich" in der Lage, detailliert darzulegen, warum die Disziplinarstrafen verhängt worden seien und dass dies einerseits mit "meiner Persönlichkeit" und andererseits mit dem Betrieb in Verbindung stünde, stellen eine bloße Ankündigung eines beschwerdefallbezogenen Vorbringens dar, das, soweit es ansatzweise in der Beschwerde ausgeführt wird, gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot verstößt.

Insgesamt bietet die Beschwerde keinen Anlass von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Abziehbarkeit von Geldstrafen als Betriebsausgaben abzugehen.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am