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VwGH 20.07.2015, Ra 2015/07/0067

VwGH 20.07.2015, Ra 2015/07/0067

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
AVG §8;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg impl;
WRG 1959 §11;
WRG 1959 §32;
RS 1
Eine Bürgerliste hat keine Rechtspersönlichkeit und kann daher auch nicht Adressat eines wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides sein (vgl. E , 96/07/0122). Einer solchen Personenmehrheit verstanden als "Mitglieder der Bürgerliste" kommt nach dem WRG 1959 keine Rechts- und Parteifähigkeit zu (vgl. B , 93/07/0170, 94/07/0057).
Normen
RS 2
Es kann dahinstehen, welche Rechtslage - § 27 VwGVG 2014 oder § 63 AVG - auf einen Einwand anzuwenden ist, der sich inhaltlich als eine im Zeitpunkt der Geltung des § 27 VwGVG 2014 erfolgte Ergänzung einer Berufung darstellt, die ihrerseits noch im zeitlichen Anwendungsbereich der Bestimmungen des AVG erhoben wurde. Unter dem Regime des AVG stand es einem Berufungswerber nämlich frei, seine (rechtzeitige und wirksame) Berufung auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist durch weitere Ausführungen zu ergänzen (vgl. E , 2009/06/0050).
Normen
AVG §59 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 3
Es ist zulässig, im Spruch eines Bescheides auf vom Bescheid getrennte Schriftstücke oder Pläne Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen in den normativen Bescheidinhalt zu integrieren und solcherart zum Inhalt des Bescheides zu machen, sofern der Bescheidspruch den Akt der Integrierung unzweifelhaft klargestellt hat und die besagten Schriftstücke oder Pläne ihrerseits das nötige Bestimmtheitserfordernis erfüllen. Die erstgenannte Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn einerseits eine sprachliche Verknüpfung des Inhaltes der bezogenen Schriftstücke oder Pläne mit dem Bescheidspruch fehlt und andererseits mangels hinreichender Verbindung mit dem Bescheid oder entsprechender Bestimmbarkeitskriterien die eindeutige Zuordnung eines bestimmten Schriftstückes oder Planes nicht möglich ist (vgl. B , Ra 2015/04/0033). Es muss also klar erkennbar sein, was durch die mit dem Verweis bewirkte Rezeption Teil des Spruches wird (vgl. E , 92/06/0239; E , 99/06/0028).
Normen
AVG §59 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 4
Die mangelnde Bestimmtheit des Spruches kann (allein) dadurch, dass die Bescheidanlage zu einem integrierenden Bestandteil des Spruches erklärt wird, dann nicht saniert werden, wenn einerseits eine sprachliche Verknüpfung des Inhalts der bezogenen Schriftstücke oder Pläne mit dem Bescheidspruch fehlt und andererseits mangels haltbarer mechanischer Verbindung mit dem Bescheid oder entsprechender Bestimmbarkeitskriterien eine eindeutige Zuordnung eines bestimmten Schriftstückes oder Planes nicht möglich ist (vgl. E , 93/04/0134).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. der B,

2. des A, 3. der J, alle vertreten durch die Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, der gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG-2014/19/0303-41, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Ö GmbH, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol), erhobenen und zur hg. Zl. Ra 2015/07/0067 protokollierten Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Der Landeshauptmann von Tirol erteilte der mitbeteiligten Partei u.a. die Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer bestimmten Wasserkraftanlage samt Nebenanlagen einschließlich der Einleitung gereinigter Bergwässer/Abwässer in die Ö.-Ache sowie für die Errichtung und den Betrieb des "Geschiebeablagerungsbecken A.".

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurden die Beschwerden der revisionswerbenden Parteien unter Berücksichtigung einer näher angeführten Projektsänderung u.a. als unbegründet abgewiesen.

Ihre Revision gegen dieses Erkenntnis verbanden die revisionswerbenden Parteien mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend führten sie dazu im Wesentlichen aus, dass mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung, unter Berücksichtigung der gebotenen Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien, ein für die revisionswerbenden Parteien unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Der konkrete Nachteil liege dabei in den unmittelbar drohenden und bereits im bisherigen Verfahren dargelegten Gefahren für Mensch, Wohnraum, Gelände und Boden. Die aufgrund der Bewilligung zur Errichtung bevorstehenden Bauarbeiten im Flussbereich selbst seien bereits geeignet, Erdsenkungen und in weiterer Folge Erdfälle im unmittelbaren Baubereich wie auch in dem umliegenden Gelände auszulösen. Bereits im Jahr 1980 sei es im Zuge von viel geringeren Bauarbeiten für die Verlegung von Telefonleitungen zu massiven Gebäudeschäden abseits des eigentlichen Baubereiches gekommen. Dabei sei bereits durch geringe bauliche Maßnahmen ein Erdfall ausgelöst worden, der zu einem 10.000 m3 umfassenden Erdloch geführt habe. Aufgrund dieser Erdsenkung und der damit einhergehenden geologischen Bewegungen sei es zu massiven Schäden an umliegenden Gebäuden und einer dauerhaften Schädigung des gesamten Flussbettes gekommen. Ebenso sei es bei einfachen Arbeiten an der Uferbebauung im Umfeld des gegenständlichen Flussgebietes bereits mehrmals zu umfassenden Gelände- und Gebäudeschädigungen gekommen. Die Folgen der Bautätigkeiten und des Betriebes der gegenständlichen Anlage hätten mit hoher Wahrscheinlichkeit unmittelbar negative Auswirkungen für die revisionswerbenden Parteien. Unverhältnismäßig seien die drohenden Nachteile insbesondere, weil für den Fall des Revisionserfolges eine Rückgängigmachung der eingetretenen Nachteile für die revisionswerbenden Parteien nicht möglich sei. Zwingende öffentliche Interessen stünden der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht nahm zu diesem Antrag keine Stellung.

Die mitbeteiligte Partei verwies in ihrer Stellungnahme vom auf die Ausführungen der Sachverständigen für Geotechnik und Geologie in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht bzw. der wasserrechtlichen Verhandlung vor dem Landeshauptmann von Tirol und sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Die revisionswerbenden Parteien würden den Ausführungen der Sachverständigen lediglich die Behauptung entgegensetzen, in der Vergangenheit hätten sich aufgrund anderer Bauarbeiten an anderen Stellen Erdfälle ereignet. Damit könnten aber die Ausführungen der Sachverständigen nicht entkräftet werden, weil sich beide Sachverständige mit den in der Vergangenheit erfolgten Erdfällen ausführlich auseinandergesetzt und im Detail dargelegt hätten, dass und warum daraus nicht der Schluss gezogen werden könne, auch die geplanten Bauarbeiten würden eine Erdfallgefahr für die vorhandenen Häuser auslösen.

Weiters konkretisierte die mitbeteiligte Partei die mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung für sie verbundenen wirtschaftlichen Nachteile.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr. 10.381/A) erforderlich, dass der Beschwerdeführer (nunmehr: Revisionswerber) schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen.

Nach der ständigen hg. Judikatur hat der Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (Erkenntnisses) nicht zu beurteilen und haben Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Bescheides (Erkenntnisses) ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Ist daher das in der Beschwerde (Revision) erstattete Vorbringen nach der Aktenlage nicht etwa von vornherein als zutreffend zu erkennen, ist bei der Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jedenfalls zunächst von den Annahmen der belangten Behörde auszugehen. Unter diesen Annahmen sind hiebei die Sachverhaltsfeststellungen im angefochtenen Bescheid (Erkenntnis) zu verstehen, die nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen sind bzw. die ins Auge springende Mängel nicht erkennen lassen (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2014/07/0032, mwN).

Das Verwaltungsgericht stützte sich im angefochtenen Erkenntnis maßgeblich auf die nicht auf gleicher fachlicher Ebene in Zweifel gezogenen Gutachten der Sachverständigen. Der Sachverständige für Geotechnik führte zur Möglichkeit von Erdfallerscheinungen und Erosionen im Untergrund aus, dass diese während der Errichtung und des Betriebes des genannten Projektes nicht ausgeschlossen werden könnten, die im Zusammenhang mit dem Bau der Kraftwerksanlage geplanten Maßnahmen das Risiko jedoch auf ein vertretbares Ausmaß vermindern und sich Erdfälle auf das Bachbett und den Uferbereich beschränken würden. Durch die Abdichtung des Stauraumes und des "eingetieften Unterwasserbereiches" würde sich die Situation gegenüber der derzeitigen Situation verbessern. Auch der Amtssachverständige für Geologie kam zu dem Ergebnis, dass die Möglichkeit von Erdfällen durch den Bau und den Betrieb der Anlage für kein Haus in der Umgebung eine Gefahr darstellen könne (vgl. die Stellungnahmen der der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am beigezogenen Sachverständigen für Geotechnik und Geologie). Nach Ansicht des ebenfalls in der mündlichen Verhandlung vom befragten Amtssachverständigen für Wasser- und Flussbautechnik habe die Errichtung des gegenständlichen Kraftwerkes auf die Gefährdung der umliegenden Infrastruktureinrichtungen bzw. landwirtschaftlichen Flächen aus wildbachtechnischer Sicht keinen Einfluss. Der Amtssachverständige für Wasser- und Flussbautechnik ging von einer Verbesserung der Hochwassersituation im unmittelbaren Anlagenbereich aus (vgl. die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Wasser- und Flussbautechnik in der mündlichen Verhandlung vom ).

Ausgehend von diesen Annahmen, auf deren offenkundige Mangelhaftigkeit nicht von vornherein geschlossen werden kann, ist es den revisionswerbenden Parteien nicht gelungen, einen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG darzutun.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. der Bürgerliste T, 2. des A M und

3. der J M, beide in U, alle vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Universitätsring 10, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom , Zl. LVwG-2014/19/0303-41, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: Ö GmbH in U, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Salurner Straße 16; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Tirol),

Spruch

I. den Beschluss gefasst:

Die Revision der erstrevisionswerbenden Partei wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Das angefochtene Erkenntnis wird hinsichtlich der zweit- und drittrevisionswerbenden Partei wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der zweit- und drittrevisionswerbenden Partei insgesamt Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die belangte Behörde entschied mit Bescheid vom in "Spruchteil A Wasserrechtliche Bewilligung" unter anderem wie folgt:

"Der Landeshauptmann von Tirol erteilt der Ö GmbH, vertreten durch ..., die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Wasserkraftanlage ‚Ö' samt Nebenanlagen einschließlich der Einleitung gereinigter Bergwässer/Abwässer in die Ö Ache sowie für die Errichtung und den Betrieb des ‚Geschiebeablagerungsbeckens A-Bach' nach Maßgabe der nachfolgendenUnterlagen, der Beilage A (Beschreibung der Gewässerschutzanlage) des gegenständlichen Bescheides und der Spruchpunkte II. bis VIII. des Spruchteiles A des gegenständlichen Bescheides:

? Einreichprojekt 2008 vom September 2008, in der Fassung der Ergänzungen vom Mai 2009, vom November 2009 und vom Dezember 2010 (diese Einreichprojekte beinhalten die gewässerökologischen Unterlagen, verfasst von der Umweltgutachten P OG, N) sowie der Unterlage ‚Umleitung Rückstauraum Hydraulik' vom August 2010, alle Unterlagen verfasst von der B-GmbH, H, einschließlich der ergänzenden geologischen Gutachten vom April 2010 und der ergänzenden geologischen Stellungnahme vom Dezember 2010, verfasst von em. o. Univ. Dr. H M, sowie der geologischen Unterlage ‚Geologie der Portalwände' vom August 2010, verfasst von der B-GmbH;

? ‚Geschiebeablagerungsbecken A-Bach' vom Dezember 2009, verfasst vom ZT-Büro DI W T;

? Geotechnisches Gutachten vom einschließlich des Ergänzungsprojektes ‚Geotechnik Ergänzungsgutachten' vom August 2010 und der geotechnischen Stellungnahme vom , alle verfasst von DI Dr. H H; ? ‚Wasserkraft Ö - Ergänzungen zum Einreichprojekt 2008 - Baubehelfsbrücke und Baustraße' vom , Zahl 3424- 270-TW, in der überarbeiteten Fassung vom , Zahl 3424-270-TW, verfasst von der B-GmbH, H"

2 Gegen diesen Bescheid erhoben unter anderem die zweit- und drittrevisionswerbende Partei Berufung an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft.

3 Das Landesverwaltungsgericht Tirol, auf welches gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG die Zuständigkeit zur Fortführung des (nunmehrigen) Beschwerdeverfahrens übergegangen ist, führte am eine öffentliche mündliche Verhandlung durch.

4 Laut Protokoll hielt die drittrevisionswerbende Partei darin fest wie folgt:

"Es wird auf das bisherige Vorbringen verwiesen und ergänzend ausgeführt: Heute hat sich bei der Durchsicht der heute aufgelisteten Projektsunterlagen ein schwerer Verfahrensfehler ergeben, da die Projekthüllen mit dem Vermerk und dem Stempel versehen sind ‚Hierauf bezieht sich der Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom , Zl: IIIA1-W- 10.199/298'. Auf den eigentlichen Plänen und Unterlagen befindet sich jedoch kein derartiger Stempel. Daher ist nicht ersichtlich, auf welche Projektsunterlagen sich der Bescheid vom bezieht. Es ist nicht überprüfbar, ob die Projektunterlagen im Einzelnen verändert wurden, und/oder vollständig sind bzw. sich darin Aktenteile bzw. Unterlagen befinden, auf die sich der Bescheid laut erstinstanzlichem Bewilligungsumfang nicht hätte beziehen sollen. In einer der Projektunterlagen-Mappen befand sich eine CD-Rom des ÖBB-Einreichprojektes. Auch aus den Inhaltsübersichten, die sich auf den Innenseiten der fünf Projekt-Mappen befinden, kann die Vollständigkeit und die Nichtveränderung der Unterlagen nicht überprüft werden. So fehlt beispielsweise bei der Mappe ‚Einreichprojekt 2008' Beilage 2 bzw. Beilage 2A. Weiters ist die Beilage 18aA enthalten, die in der Inhaltsübersicht nicht aufgelistet ist. Auch bei den übrigen Inhaltsverzeichnissen gibt es Unterschiede zwischen der Auflistung bzw. Inhaltsübersicht und den darin enthaltenen Unterlagen. Offenbar sind auch Unterlagen enthalten, auf die sich das wasserrechtliche Verfahren und daher der Bescheidumfang des Landeshauptmannes von Tirol nach dem WRG gar nicht beziehen darf. Siehe Projektmappe ‚Einreichprojekt 2008'.

Überdies sind beispielsweise in der Einreichmappe ‚Einreichprojekt 2008' ursprüngliche Einreichunterlagen sowie Ergänzungen dieser Unterlagen, vgl. beispielsweise Beilagen 3A - 9A, die als Ergänzungen bezeichnet sind. Eine Nachprüfung ist daher überhaupt nicht möglich."

5 Zu diesem Vorbringen hielt der Vertreter der mitbeteiligten Partei in dieser Verhandlung fest:

"Die Beschwerdeführer rügten als Verfahrensfehler, dass nur die Projektmappen, nicht aber die darin enthaltenen einzelnen Pläne und Schriftstücke als Bestandteile des erstinstanzlichen Bewilligungsbescheides gekennzeichnet waren. Diese Rüge ist verspätet, weil sie nicht in der Beschwerde geltend gemacht wurde und daher gemäß § 27 VwGVG nicht zum Umfang der Überprüfung durch das Landesverwaltungsgericht gehört. Trotzdem wird gebeten, von Amts wegen diese Kennzeichnung im Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes nachzuholen. Dies ist möglich, da das Projekt in den Unterlagen hinreichend bestimmt beschrieben wird. Ein Projekt und ein Bescheid ist nämlich dann hinreichend bestimmt, wenn dessen Inhalt für einen Fachmann klar ist. Da diese Voraussetzung vorliegt, ergibt sich daraus, dass sich sämtliche Sachverständige dazu in der Lage sahen, das Projekt zu beurteilen und keinerlei Zweifel über den Inhalt des Projektes äußerten. Außerdem beinhaltet der erstinstanzliche Bewilligungsbescheid eine umfangreiche verbale Projektbeschreibung, die in Verbindung mit den vorliegenden Unterlagen jedenfalls eine zweifelsfreie Projektbeschreibung bildet."

6 Dazu führte die drittrevisionswerbende Partei abschließend aus:

"Die Rüge, dass lediglich die Projektmappen, jedoch nicht die darin enthaltenen einzelnen Pläne und Schriftstücke gekennzeichnet sind, ist nicht verspätet, da bei Einbringung der Berufung § 27 VwGVG, auf den sich der Projektwerber bezieht, nicht in Kraft und daher anwendbar war. Darüber hinaus hat sich heute selbst für das Landesverwaltungsgericht Tirol ergeben, dass diese einzelnen Unterlagen nicht gekennzeichnet waren. Zudem wurde die Möglichkeit der Austauschbarkeit und Nichtvollständigkeit der einzelnen Projektmappen erst heute offensichtlich. Dies zeigt unter anderem auch der Umstand, dass heute eine CD-Rom über ein nicht verfahrensgegenständliches ÖBB-Projekt in einer der Mappen, die als Bestandteil des Bescheides vom gekennzeichnet war, enthalten war. Auch dieser Umstand wurde erst heute in der Verhandlung offensichtlich.

Der Bescheid vom ist daher nicht hinreichend bestimmt, da Spruchteil A wasserrechtliche Bewilligung auf Seite 4 des Bescheides als Spruchteile lediglich anführt ‚Einreichprojekt 2008', ‚Geschiebeablagerungsbecken A-Bach', ‚Geotechnisches Gutachten', ‚Wasserkraft Ö - Ergänzungen zum Einreichprojekt' anführt. Dabei handelt es sich offenbar nur um einen Verweis auf die Projektmappen, die einzelnen Unterlagen, Dokumente und Pläne sind im Spruchteil A, der hinreichend bestimmt sein muss, da er in Rechtskraft erwächst, nicht angeführt. Eine Überprüfbarkeit ist auf Grund der Möglichkeit der Austauschbarkeit der Pläne ebenfalls nicht gegeben. Eine amtswegige Berichtigung der Kennzeichnung durch das Landesverwaltungsgericht ist rechtlich nicht möglich."

7 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom wurden die Beschwerden gegen den Bescheid der belangten Behörden vom unter anderem mit der Maßgabe einer näher definierten Projektsänderung abgewiesen.

8 Begründend führte das Landesverwaltungsgericht Tirol unter anderem aus, dass es insgesamt eigentümlich anmute, wenn eine Person, welche in einem Projektsverfahren Einwendungen für sich und andere erhebe und Rechtsmittel ergreife, die Bezug habenden Akten und Projektsunterlagen nicht kenne und nicht in der Lage sei, jene von ihr erhobenen Einwendungen, über die im behördlichen Verfahren nicht abgesprochen worden sein solle, abschließend aufzuzählen.

9 Entgegen den Ausführungen der drittrevisionswerbenden Partei könne auch nach der zum Zeitpunkt der Einbringung der gegenständlichen Berufung geltenden Rechtslage das Berufungsvorbringen nur insoweit um weitere Berufungspunkte ergänzt werden, als dies innerhalb der Rechtsmittelfrist erfolgt sei. Demnach sei auf das Vorbringen insbesondere in der mündlichen Verhandlung am , was die Signierung der Projektsunterlagen betreffe, nicht weiter einzugehen. Im Übrigen habe die Frage der Art der Signierung der Projektsunterlagen keinerlei entscheidungswesentliche Bedeutung, zumal je ein bewilligtes Projekt bei der Wasserrechtsbehörde und im Wasserbuch verbleibe und damit sichergestellt sei, dass der bewilligte Projektsumfang jederzeit nachvollzogen werden könne.

10 Insgesamt gehe das Vorbringen der drittrevisionswerbenden Partei nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol daher ins Leere. Die Revision sei mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung unzulässig.

11 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge das angefochtene Erkenntnis wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit, allenfalls wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

12 Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragte, die Revision unter Zuspruch von Aufwandersatz als unzulässig zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

13 Die erstrevisionswerbende Partei "Bürgerliste T" hat keine Rechtspersönlichkeit und kann daher auch nicht Adressat des wasserrechtlichen Bewilligungsbescheides der belangten Behörde vom sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 96/07/0122). Dass es sich bei der "Bürgerliste T" um einen Verein handeln würde, wurde nicht behauptet. Dies ergibt sich auch nicht aus den vorgelegten Verwaltungsakten.

14 Einer solchen Personenmehrheit verstanden als die auf den Seiten 4 und 5 der Revision aufgezählten "Mitglieder der Bürgerliste" kommt nach dem WRG 1959 keine Rechts- und Parteifähigkeit zu (vgl. den hg. Beschluss vom , 93/07/0170, 94/07/0057).

15 Der Revision der erstrevisionswerbenden Partei steht somit der Mangel der Berechtigung zu ihrer Erhebung entgegen, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen war.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

18 Die zweit- und drittrevisionswerbende Partei bringen als Inhaber wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 (Grundeigentum) als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG als ersten Punkt vor, die belangte Behörde und das Landesverwaltungsgericht Tirol seien von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen und hätten gegen "das Bestimmtheitsgebot des § 59 AVG" verstoßen.

19 Die Revision ist bereits deswegen zulässig und begründet, weil das angefochtene Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol bereits zu dieser Rechtsfrage von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht.

20 Entgegen der Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes Tirol wäre auf das Vorbringen der drittrevisionswerbenden Partei in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vom sehr wohl einzugehen gewesen.

21 Die von der drittrevisionswerbenden Partei eingebrachte Berufung war gemäß Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG vom Landesverwaltungsgericht Tirol als Beschwerde zu behandeln.

22 Es kann dahinstehen, welche Rechtslage - § 27 VwGVG oder § 63 AVG - auf einen Einwand anzuwenden ist, der sich inhaltlich als eine im Zeitpunkt der Geltung des § 27 VwGVG erfolgte Ergänzung einer Berufung darstellt, die ihrerseits noch im zeitlichen Anwendungsbereich der Bestimmungen des AVG erhoben wurde.

Unter dem Regime des AVG stand es einem Berufungswerber nämlich frei, seine (rechtzeitige und wirksame) Berufung auch nach Ablauf der Rechtsmittelfrist durch weitere Ausführungen zu ergänzen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/06/0050).

23 Auch eine Auslegung des § 27 VwGVG dahingehend, dass die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes jedenfalls stark eingeschränkt zu verstehen wäre, ist unzutreffend. Von einem Beschwerdeführer kann nicht erwartet werden, dass er in seiner Beschwerde sämtliche rechtlichen Angriffspunkte aufzeigt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Ro 2014/03/0066, und vom , Ra 2014/07/0077). Auf das Vorbringen der drittrevisionswerbenden Partei in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am hinsichtlich der Bestimmtheit des Spruches wäre daher vom Landesverwaltungsgericht Tirol einzugehen gewesen (vgl. Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahren der Verwaltungsgerichte2, K 7 zu § 27 VwGVG, 187).

24 Es ist zulässig, im Spruch eines Bescheides auf vom Bescheid getrennte Schriftstücke oder Pläne Bezug zu nehmen, deren Aussagen und Darstellungen in den normativen Bescheidinhalt zu integrieren und solcherart zum Inhalt des Bescheides zu machen, sofern der Bescheidspruch den Akt der Integrierung unzweifelhaft klargestellt hat und die besagten Schriftstücke oder Pläne ihrerseits das nötige Bestimmtheitserfordernis erfüllen. Die erstgenannte Voraussetzung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht erfüllt, wenn einerseits eine sprachliche Verknüpfung des Inhaltes der bezogenen Schriftstücke oder Pläne mit dem Bescheidspruch fehlt und andererseits mangels hinreichender Verbindung mit dem Bescheid oder entsprechender Bestimmbarkeitskriterien die eindeutige Zuordnung eines bestimmten Schriftstückes oder Planes nicht möglich ist (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2015/04/0033, mwN).

25 Es muss also klar erkennbar sein, was durch die mit dem Verweis bewirkte Rezeption Teil des Spruches wird (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , 92/06/0239, und vom , 99/06/0028).

26 Hingegen kann die mangelnde Bestimmtheit des Spruches (allein) dadurch, dass die Bescheidanlage zu einem integrierenden Bestandteil des Spruches erklärt wird, dann nicht saniert werden, wenn einerseits eine sprachliche Verknüpfung des Inhalts der bezogenen Schriftstücke oder Pläne mit dem Bescheidspruch fehlt und andererseits mangels haltbarer mechanischer Verbindung mit dem Bescheid oder entsprechender Bestimmbarkeitskriterien eine eindeutige Zuordnung eines bestimmten Schriftstückes oder Planes nicht möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 93/04/0134).

27 Davon ist im Revisionsfall auszugehen; im Bescheid der belangten Behörde werden die Pläne und Einreichunterlagen sprachlich nicht konkretisiert, auch eine mechanische Verbindung liegt nicht vor; das Bestimmtheitskriterium ist somit nicht erfüllt. Lediglich einzelne Projektunterlagen weisen einen Vermerk und Stempel "Hierauf bezieht sich der Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom Zahl IIIA1-W- 10.199/298" auf, bei anderen Projektunterlagen und Gutachten fehlt dieser Vermerk völlig. Andere Pläne und Projektunterlagen wiederum befinden sich in Projekthüllen, die mit einem Vermerk und Stempel versehen sind. Auf den eigentlichen Plänen und Unterlagen befindet sich jedoch kein derartiger Stempel. In den Projekthüllen stimmen die Inhaltsangaben nicht mit den darin enthaltenen Unterlagen und Plänen überein. Einzelne Einreichunterlagen fehlen gänzlich. Weiters sind Beilagen bzw. Ergänzungen dazu enthalten, die nicht in den Inhaltsangaben aufgelistet sind. Zudem sind Beilagen enthalten, die sich nicht auf das Projekt beziehen und worauf sich der Bescheidumfang gar nicht erstrecken dürfte.

28 Die Ausführungen der drittrevisionswerbenden Partei in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am finden in den vorgelegten Verwaltungsakten ihre Bestätigung.

29 Schon aus diesem Grund erweist sich das angefochtene Erkenntnis als inhaltlich rechtswidrig, weshalb es gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war. Es erübrigt sich, auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen.

30 Der Ausspruch über den Aufwandersatz im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015070067.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAE-93222