VwGH vom 16.02.2017, Ra 2015/05/0060
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Lechner, über die Revision der Oberösterreichischen Landesregierung gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-150365/4/RK/WFu, betreffend Versagung einer Baubewilligung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:
Gemeinderat der Stadtgemeinde P; mitbeteiligte Partei: A R in P, vertreten durch Mag. Georg Derntl, Rechtsanwalt in 4320 Perg, Hauptplatz 11a/Herrenstraße 1), zu Recht erkannt:
Spruch
Das angefochtene Erkenntnis wird im Umfang seines Spruchpunktes I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
I.
1 Mit Eingabe vom beantragte B. (im Folgenden: Bauwerber) beim Bürgermeister der Stadtgemeinde P. (im Folgenden: Bürgermeister) die Erteilung der baubehördliche Bewilligung für die Errichtung einer Doppelgarage auf dem Grundstück Nr. 94 sowie die "Umwidmung" der bestehenden Garage im Bereich des Carports in einen Geräteraum auf dem Grundstück Nr. 94 und die "Umwidmung" der bestehenden Garage im Hauptgebäude in einen Abstellraum, das auf den Grundstücken Nr. 196 und Nr. 91/1 errichtet ist. Der diesbezügliche Einreichplan ist auch vom grundbücherlichen Eigentümer dieser Grundstücke S. unterschrieben.
2 Die Grundstücke Nr. 196 und Nr. 91/1 liegen nördlich des Grundstückes Nr. 94 und sind von diesem durch eine öffentliche Verkehrsfläche, den S.-Weg, getrennt. Alle drei Grundstücke sind grundbücherlich derselben Einlage zugeschrieben.
3 Die mitbeteiligte Partei ist Eigentümerin der unmittelbar westlich an das Grundstück Nr. 91/1 angrenzenden Liegenschaft mit den Grundstücken Nr. 93 und Nr. 195, die ebenso nördlich des Grundstückes Nr. 94 gelegen und von diesem durch den S.-Weg getrennt ist.
4 Im geltenden, vom Gemeinderat der Stadtgemeinde P. (im Folgenden: Gemeinderat) am beschlossenen, mit Bescheid der Oö. Landesregierung vom genehmigten (Kundmachung vom ) "Flächenwidmungsplan Nr 3" ist für die genannten Grundstücke die Widmung "Wohngebiet" ausgewiesen.
5 Der bautechnische Amtssachverständige Ing. P. führte in der mündlichen Bauverhandlung vom (u.a.) aus, dass im westlichen Bereich des Grundstücks Nr. 94 die Errichtung einer neuen eingeschossigen Garage in Massivbauweise im Ausmaß von 7,10 m x 7,40 m mit einem Satteldach beabsichtigt sei. Diese Garage werde im Abstand von 1,02 m zur nördlichen öffentlichen Verkehrsfläche und von 1,32 m zur südlich gelegenen öffentlichen Verkehrsfläche situiert. Das diesbezügliche Einvernehmen mit der Straßenverwaltung sei bereits hergestellt worden. Laut Aussage des Bauwerbers stehe die Garage im Zusammenhang mit der Wohnbebauung auf den Grundstücken Nr. 196 und Nr. 91/1. Die bestehende Garage in dem Wohngebäude werde in einen Abstellraum (anzeigepflichtige Maßnahme) umgewidmet. Weiters sei beabsichtigt, auch ein im östlichen Teil des Grundstücks Nr. 94 bestehendes Garagengebäude in einen Geräteraum (anzeigepflichtige Maßnahme) umzuwidmen. Gegen die Erteilung der Baubewilligung bestünden bei Vorschreibung von (im Gutachten näher angeführten) Bedingungen und Auflagen keine Bedenken.
6 Die mitbeteiligte Partei erhob in der Bauverhandlung in Bezug auf die projektierte Doppelgarage Einwendungen. Dazu führte sie unter Hinweis auf § 22 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (im Folgenden: ROG) im Wesentlichen aus, dass sich auf dem Grundstück Nr. 94 kein einziges Gebäude befinde, welches ausschließlich Wohnzwecken dienen solle. Die Errichtung einer weiteren Garage verhindere aus Platzgründen endgültig die Herstellung eines Wohngebäudes auf diesem Grundstück. Da gemäß § 43 Oö. Bautechnikgesetz 2013 (im Folgenden: BTG) die Errichtung von Stellplätzen dadurch begrenzt sei, dass nur "im Durchschnitt" benötigte Stellplätze erlaubt seien, und sich auf dem Grundstück Nr. 94 kein Wohngebäude befinde, seien acht Stellplätze über dem Durchschnitt. Pro Wohneinheit sei gemäß § 15 Oö. Bautechnikverordnung 2013 nur ein Stellplatz erlaubt, sodass auch für das Grundstück Nr. 91/1 zu viele Stellplätze "übrig" blieben. Die Umwidmung der auf dem Grundstück Nr. 94 bestehenden Garage in einen Geräteraum sei gemäß § 22 ROG rechtswidrig, weil es sich dabei um kein Wohngebäude handle. Auf Grund der exponierten Lage (Hang, Mauer) der geplanten Garage müsse ein statisches Gutachten erstellt werden.
7 Unter Bezugnahme auf § 10 BTG brachte die mitbeteiligte Partei in ihren Einwendungen weiter vor, dass sich auf Grund der exponierten Lage der (von ihr näher bezeichneten) Grundstücke die einzige ebene Freifläche auf dem Grundstück Nr. 94 befinde und diese für eine Brandbekämpfung bei den Gebäuden auf den angeführten Grundstücken unbedingt notwendig sei, um die Sicherheit und Wirksamkeit der "Löschkraft" der Feuerwehr und der weiteren Einsatzkräfte nicht zu gefährden. Ferner dürften gemäß § 18 Oö. Straßengesetz 1991 Bauten an öffentlichen Straßen, soweit der Bebauungsplan nichts anderes festlege, innerhalb eine Bereiches von 8 m neben dem Straßenrand nur mit Zustimmung der Straßenverwaltung errichtet werden. Der Bauwerber sei auch nicht Eigentümer des Grundstücks Nr. 91/1, und die beiden Grundstücke seien daher nicht als Einheit anzusehen.
8 Mit Bescheid des Bürgermeisters vom wurde dem Bauwerber gemäß § 35 Abs. 1 und 2 Oö. Bauordnung 1994 (im Folgenden: BauO) in der geltenden Fassung die Baubewilligung für das Vorhaben "Errichtung einer Doppelgarage sowie Umwidmung der best. Garage im Bereich des Carports auf Geräteraum und Umwidmung der best. Garage im Hauptgebäude auf Abstellraum" auf den Grundstücken Nr. 94. Nr. 91/1 und Nr. 196 unter Vorschreibung von Bedingungen und Auflagen erteilt.
9 Die von der mitbeteiligten Partei dagegen erhobene Berufung wurde mit dem auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates vom erlassenen Bescheid vom abgewiesen.
10 Dazu führte der Gemeinderat im Wesentlichen aus, dass für das Bauvorhaben die gemäß § 28 BauO erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliege und Nachbarn im Bauplatzbewilligungsverfahren keine Parteistellung zukomme (dies im Hinblick darauf, dass die Bauplatzeigenschaft des Baugrundstückes bestritten wurde). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei die Errichtung einer Tiefgarage im Zusammenhang mit einer Wohnhausanlage im Wohngebiet zulässig. Folglich sei die Errichtung einer Doppelgarage für eine Wohnung im Wohngebiet ebenso zulässig, und die Übereinstimmung mit der Widmung "Bauland - Wohngebiet" sei gegeben. Immissionen aus Heizungsanlagen und Stellplätzen, die in der betreffenden Widmungskategorie zulässig seien, müssten von den Nachbarn hingenommen werden. Der Nachbar habe auch keinen Rechtsanspruch darauf, dass das Bauvorhaben die Verkehrsverhältnisse auf öffentlichen Verkehrsflächen nicht verändere. Nach Abschluss der Bauarbeiten stünden den Bewohnern der projektgegenständlichen Grundstücke zwei Garagen-Stellplätze und zwei Carport-Stellplätze für zwei Wohneinheiten zur Verfügung. Die geplante Doppelgarage habe eine Traufenhöhe von mehr als 3 m, und es handle sich dabei somit um ein Hauptgebäude im Sinne des § 2 Z 16 BTG. Auf dem Grundstück Nr. 94 befänden sich eine baubewilligte Gartenlaube mit einer Fläche von 44,10 m2 und einer genehmigten Traufenhöhe von 2,97 m sowie eine baubewilligte Garage mit einem Ausmaß von 54 m2, sodass beide Gebäude zusammen eine verbaute Fläche von unter 100 m2 ergäben. Das Grundstück Nr. 94 habe laut Grundbuchsauszug eine Fläche von 1046 m2.
11 Bei der beantragten Umwidmung der bestehenden Garage in einen Geräteraum handle es sich um eine anzeigepflichtige Baumaßnahme gemäß § 25 Abs. 1 Z 2b BauO, und in diesem Anzeigeverfahren stehe dem Nachbarn keine Parteistellung zu.
12 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG unter Spruchpunkt I. der von der mitbeteiligten Partei gegen diesen Berufungsbescheid erhobenen Beschwerde hinsichtlich der bestätigten Baubewilligung für die Errichtung einer Doppelgarage auf dem Grundstück Nr. 94 stattgegeben, der Berufungsbescheid behoben und somit die Baubewilligung versagt sowie unter Spruchpunkt II. der Berufungsbescheid hinsichtlich der bestätigten Bewilligung der anzeigepflichtigen Änderung des Verwendungszweckes "der bestehenden Garage im Bereich des Carports auf Geräteraum u. der bestehenden Garage im Hauptgebäude auf Abstellraum" ersatzlos behoben. Unter Spruchpunkt III. wurde eine ordentliche Revision für unzulässig erklärt.
13 In Bezug auf Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses führte das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) im Wesentlichen aus, dass die mitbeteiligte Partei Nachbar im Sinne des § 31 BauO sei und die verfahrensgegenständliche baubewilligungspflichtige Garage gemäß § 30 Abs. 6 BauO den Bestimmungen des Flächenwidmungsplanes entsprechen müsse. Das Bauvorhaben solle auf dem als Wohngebiet gewidmeten Grundstück Nr. 94 situiert werden. Bei einer Garage handle es sich unabhängig von der Beurteilung als Hauptgebäude im Sinne des § 2 Z 16 BTG um kein dem dauernden Wohnbedarf dienendes Wohngebäude. Wenn der Wortlaut des § 22 Abs. 1 ROG die Möglichkeit vorsehe, andere Bauten und sonstige Anlagen zu errichten, wenn diese den wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienten und ihre Benützung keine Gefahr oder erheblichen Nachteile bzw. Belästigungen mit sich bringe, so diene die zu errichtende Garage - wie auch die Beschwerde ausführe - unzweifelhaft den wirtschaftlichen Bedürfnissen des Bauwerbers und nicht den Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner des Wohngebietes. Der vom Bauwerber erklärten Ansicht, dass ein Zusammenhang (der Garage) mit dem auf dem Grundstück Nr. 91/1 bestehenden Wohngebäude gegeben sei, werde nicht gefolgt. Dies ergebe sich insbesondere daraus, dass, obwohl beide Grundstücke dieselbe grundbücherliche Einlagezahl aufwiesen, zwischen ihnen eine öffentliche Straße verlaufe und jeweils eigene Grundstücksnummern vorhanden seien. Es komme bei der Beurteilung eines Bauvorhabens nicht auf die Absichten des Bauwerbers, sondern allein auf die Darstellung in den Plänen an. Im Ergebnis sei eine Übereinstimmung (des Projektes) mit der bestehenden Widmungskategorie "Wohngebiet" auf dem Grundstück Nr. 94 nicht gegeben.
14 Die vorliegende Revision bekämpft dieses Erkenntnis ausschließlich im Umfang dessen Spruchpunktes I. und beantragt, es in diesem Spruchpunkt dahin abzuändern, dass die Beschwerde gegen den genannten Berufungsbescheid als unzulässig zurückgewiesen werde, in eventu das angefochtene Erkenntnis in diesem Spruchpunkt wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
15 Die mitbeteiligte Partei hat eine Revisionsbeantwortung mit dem Antrag erstattet, die Revision zurückzuweisen, in eventu als unbegründet abzuweisen.
16 Der Bürgermeister erklärte mit Schreiben vom , dass keine Revisionsbeantwortung abgegeben werde, das Verwaltungsgericht jedoch die Baubewilligung nicht hätte versagen dürfen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
17 Vorauszuschicken ist, dass sich die Revisionsbefugnis der revisionswerbenden Partei auf § 14 Abs. 1 Z 2 Oö. Landesverwaltungsgerichtsgesetz, LGBl. Nr. 9/2013, idF LGBl. Nr. 90/2013 gründet, wonach die Landesregierung (u.a.) in Angelegenheiten, die in der Gesetzgebung Landessache sind, sofern diese den eigenen oder den übertragenen Wirkungsbereich der Gemeinden betreffen, gegen Erkenntnisse und Beschlüsse des Landesverwaltungsgerichts binnen sechs Wochen ab Zustellung an die Landesregierung Revision wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof erheben kann.
18 Zur Begründung ihrer Zulässigkeit (§ 28 Abs. 3 VwGG) bringt die Revision (u.a.) vor, dass der äußerste Rahmen der Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte nach § 27 VwGVG die "Sache" des bekämpften Bescheides sei und Nachbarbeschwerden im Baubewilligungsverfahren nur insoweit zu prüfen seien, als die Frage der Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten gegenständlich sei. Nach der (in der Zulässigkeitsbegründung näher zitierten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes komme Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in Bezug auf die in § 22 Abs. 1 ROG angeführten Kriterien der "wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnisse der Bewohner" kein Mitspracherecht zu, weshalb es dem Verwaltungsgericht verwehrt gewesen sei, auf Grund der Nachbarbeschwerde auf diese Kriterien näher einzugehen oder gar die Baubewilligung aus diesem Grund aufzuheben. Damit sei es von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Die Widmung "Wohngebiet" lasse auch die Errichtung von Garagen auf ansonsten unbebauten Grundstücken zu.
19 Die Revision ist in Ansehung der von ihr aufgeworfenen Frage der Prüfungsbefugnis nach § 27 VwGVG zulässig. Ihr kommt auch Berechtigung zu:
20 Das Verwaltungsgericht hatte seiner Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Erkenntnisses zugrunde zu legen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Ra 2016/05/0035, mwN).
21 Zu diesem Zeitpunkt stand die BauO, LGBl. Nr. 66/1994, idF
LGBl. Nr. 90/2013 in Geltung.
22 § 31 BauO lautet auszugsweise wie folgt:
"§ 31
Einwendungen der Nachbarn
(1) Nachbarn sind
1. bei Wohngebäuden einschließlich der zugehörigen
Stellplätze für Kraftfahrzeuge sowie der allenfalls vorgeschriebenen Neben- und Gemeinschaftsanlagen: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens zehn Meter entfernt sind;
2. bei allen anderen Bauvorhaben sowie für die
Nachbarrechte im Sinn des Abs. 5: die Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen der Grundstücke, die vom zu bebauenden Grundstück höchstens 50 Meter entfernt sind.
Die Stellung als Nachbar besteht jedoch jeweils nur unter der Voraussetzung, dass diese Eigentümer oder Eigentümerinnen und Miteigentümer oder Miteigentümerinnen durch das Bauvorhaben voraussichtlich in ihren subjektiven Rechten beeinträchtigt werden können. ...
...
(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich-rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauwerke nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauwerke auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.
..."
23 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0086, 0087, mwN) ist der Inhalt einer in einem Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung grundsätzlich nach den maßgebenden Normen im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes zu beurteilen, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen anderes anordnen.
24 Der hier in Rede stehende Flächenwidmungsplan wurde, wie oben (I.) dargestellt, vom Gemeinderat am beschlossen. Im Zeitpunkt dieser Beschlussfassung war das ROG, LGBl. Nr. 114/1993, idF LGBl. Nr. 60/2000 anzuwenden.
25 § 22 ROG in dieser Fassung lautet auszugsweise:
"§ 22
Widmungen im Bauland
(1) Als Wohngebiete sind solche Flächen vorzusehen, die für Wohngebäude bestimmt sind, die einem dauernden Wohnbedarf dienen; andere Bauten und sonstige Anlagen dürfen in Wohngebieten nur errichtet werden, wenn sie wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner dienen und ihre ordnungsgemäße Benützung keine Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Bewohner mit sich bringt; Büros und Kanzleien sind in Wohngebieten darüber hinaus zulässig, soweit die einzelnen Bauten nicht überwiegend für solche Zwecke benützt werden. Flächen für Wohngebiete können auch als reine Wohngebiete vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen neben Wohngebäuden nur solche in Wohngebieten zulässige Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken. Weiters können Flächen für förderbare mehrgeschoßige (mindestens drei Geschoße über dem Erdboden) Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise (§ 2 Z. 41 Oö. Bautechnikgesetz) vorgesehen werden; in diesen Wohngebieten dürfen nur förderbare mehrgeschossige Wohnbauten oder Gebäude in verdichteter Flachbauweise sowie Bauten und sonstige Anlagen errichtet werden, die dazu dienen, den täglichen Bedarf der Bewohner zu decken.
..."
26 § 27 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, lautet wie folgt:
"Prüfungsumfang
§ 27. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen."
27 Die mitbeteiligte Partei ist unstrittig Nachbar im Sinne des § 31 BauO.
28 Das Mitspracherecht der Nachbarn im Baubewilligungsverfahren ist in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektivöffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat. Daraus folgt, dass die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde und auch der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts im Falle des Rechtsmittels einer Partei des Verwaltungsverfahrens mit beschränktem Mitspracherecht, wie dies auf Nachbarn nach der BauO im Baubewilligungsverfahren zutrifft, auf jene Fragen beschränkt ist, hinsichtlich derer dieses Mitspracherecht als subjektiv-öffentliches Recht besteht und soweit rechtzeitig im Verfahren derartige Einwendungen erhoben wurden (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa das Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0078, mwN).
29 Die Beschränkung des Mitspracherechtes des Nachbarn im Bauverfahren bringt es also mit sich, dass die Berufungsbehörde infolge einer Berufung des Nachbarn keine Aspekte aufgreifen darf, zu denen der Nachbar kein Mitspracherecht hat. Die Berufungsbehörde ist daher in solchen Fällen nicht berechtigt, aus Anlass der Berufung eines Nachbarn andere Fragen als Rechtsverletzungen des Nachbarn aufzugreifen oder den bekämpften Bescheid deshalb aufzuheben (oder abzuändern), weil er ihrer Ansicht nach bestimmten, ausschließlich von der Behörde wahrzunehmenden (im öffentlichen Interesse liegenden) Vorschriften widerspricht (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/06/0142, mwN).
30 Dies gilt auch in Bezug auf die Prüfungsbefugnis der Verwaltungsgerichte im Bauverfahren. Das Verwaltungsgericht hat die Angelegenheit zu entscheiden, die von der Verwaltungsbehörde zu entscheiden war; bei Parteibeschwerden im Sinne des Art. 132 Abs. 1 Z. 1 B-VG von Parteien mit nur einzelnen subjektivöffentlichen Rechten - wie regelmäßig Nachbarn im Baubewilligungsverfahren - aber stets nur im Rahmen dieser Bestimmung, also nur insoweit, als die Frage einer Verletzung derartiger subjektiv-öffentlicher Rechte Gegenstand ist. Dies folgt schon daraus, dass die Entscheidungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes nicht weiter geht als die der Berufungsbehörde im jeweiligen Verfahren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/05/0062, mwN).
31 Auf Grund der Beschwerde einer auf bestimmte subjektivöffentliche Rechte beschränkten Partei darf das Verwaltungsgericht somit keine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen vornehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ro 2016/07/0008, mwN).
32 Das Verwaltungsgericht begründete die Versagung der Baubewilligung in Abänderung des bei ihm angefochtenen Berufungsbescheides (zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Erkenntnisses) im Wesentlichen damit, dass es sich bei der auf dem (als "Wohngebiet" gewidmeten) Grundstück Nr. 94 projektierten Garage um kein dem dauernden Wohnbedarf dienendes Wohngebäude im Sinne des § 22 Abs. 1 ROG handle und sie auch nicht den Bedürfnissen vorwiegend der Bewohner des Wohngebietes im Sinne dieser Gesetzesbestimmung diene, sodass die Übereinstimmung mit der bestehenden Widmungskategorie "Wohngebiet" nicht gegeben sei.
33 Inwieweit sich das Verwaltungsgericht hiebei auf eine Verletzung eines subjektiv-öffentlichen Nachbarrechtes der mitbeteiligten Partei bezieht, ist nicht erkennbar.
34 So haben Nachbarn nicht schlechthin einen Anspruch auf widmungsgemäße Verwendung eines Baugrundstückes. Nach der hg. Judikatur dient die Einhaltung der im Flächenwidmungsplan festgesetzten Widmung ausschließlich dem öffentlichen Interesse, es sei denn, es wäre damit ein bestimmter Immissionsschutz gewährleistet (vgl. etwa das Erkenntnis vom , Zl. 2013/05/0023).
35 Die Frage, ob auf Grund der für das Baugrundstück festgesetzten Widmung "Wohngebiet" ein Immissionsschutz für die mitbeteiligte Partei zum Tragen kommt und ob diese damit begründete Einwendungen fristgerecht erhoben hat, hat das Verwaltungsgericht jedoch in offenbarer Verkennung des Gesetzes keiner Beurteilung unterzogen.
36 Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht auch verkannt, dass einem Nachbarn in Bezug auf die in § 22 Abs. 1 ROG angeführten Kriterien "wirtschaftliche, soziale oder kulturelle Bedürfnisse" kein Mitspracherecht zukommt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/05/0156, und vom , Zl. 2006/05/0033, mwN), weshalb dem Verwaltungsgericht eine Prüfung dieser Kriterien verwehrt gewesen ist.
37 Das angefochtene Erkenntnis war daher im Umfang seines Spruchpunktes I. gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Wien, am
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