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VwGH vom 23.02.2009, 2007/10/0143

VwGH vom 23.02.2009, 2007/10/0143

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde der C Gesellschaft m.b.H. in S, vertreten durch Niederhuber Hager Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 24, gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21301-RI- 680/42-2007, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Wasserkraftanlage an der Oberen Salzach gemäß den §§ 1, 18, 24 und 51 Salzburger Naturschutzgesetz 1999 (Sbg NatSchG), den §§ 1 und 2 der Königsleiten-Salzachursprung-Nadernachtal-Landschaftsschutzverordnung und § 2 Z. 1 und 2 der Allgemeinen Landschaftsschutzverordnung 1995 (ALV) abgewiesen. Hiezu wurde nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften im Wesentlichen ausgeführt, es sei dem Vorgängerprojekt des nunmehr beantragten Projektes mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom die naturschutzrechtliche Bewilligung versagt worden, weil der Nachweis eines besonders wichtigen öffentlichen Interesses, das höher zu bewerten gewesen sei als die zu erwartenden, mehr als nur unbedeutend abträglichen Auswirkungen des Vorhabens auf den Fließgewässerschutz nicht habe erbracht werden können. Das nunmehr vorliegende Projekt unterscheide sich vom Vorgängerprojekt zum einen durch eine verringerte Ausbauwassermenge (700 l/sek. statt 900 l/sek.) sowie einen dem Stand der Technik entsprechenden Fischaufstieg, und zum andern durch den Antrag der beschwerdeführenden Partei, die Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen zu erteilen. Bei diesem Projekt handle es sich daher um keine entschiedene Sache iSd. § 68 Abs. 1 AVG.

Auf Grundlage der eingeholten naturschutzfachlichen und hydrobiologischen Gutachten sei davon auszugehen, dass das Projekt im Sinne des § 24 Abs. 4 Sbg NatSchG mehr als nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen auf die Eigenart und die ökologischen Verhältnisse des Fließgewässers, den Naturhaushalt, das Landschaftsbild, den Landschaftscharakter und den Erholungswert der Landschaft erwarten lasse. Dies werde auch von keiner Verfahrenspartei bestritten. Verfahrensgegenstand sei (ausschließlich) die Frage der Ausgleichsfähigkeit des beantragten Vorhabens, die zunächst davon abhänge, ob es in einem wesentlichen Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes stehe. Das an der obersten Salzach geplante Kraftwerk bestehe aus einer Wasserfassung in einer Höhenlage von 1540 m in Form eines Tiroler Wehrs mit Fischaufstieg, einer ca. 2 km langen Druckrohrleitung und einem Krafthaus auf einer Höhe von 1330 m. Die Druckrohrleitung werde schräg durch Waldgelände, teilweise entlang einer Schluchtstrecke in Richtung eines Almweges geführt, sodann diesen entlang und anschließend wieder über Waldgelände zum Standort des Krafthauses. Das Krafthaus sei im wenig geneigten Waldbereich linksufrig der Salzach geplant. Zur Aufschließung der Baustelle für die Wasserfassung werde ein bestehender Traktorweg ausgebaut und verlängert. Bei der betroffenen Bachstrecke handle es sich um einen völlig natürlichen Bachlauf. Die Salzach fließe hier eingeschnitten bis schluchtartig, wo sich das Bachtal etwas weite, reichten Weideflächen bis zum Wasser heran. Das Uferbegleitgehölz bestehe aus Erlen und Weiden, in der Schluchtstrecke sei der mindestens 60 % geneigte, grobblockige Bacheinhang mit Fichten-Zirbenwald bewachsen. Der Bach weise eine große Breiten- und Tiefenvarianz auf, unterschiedliche Strömungsmuster seien erkennbar. Geschiebe von großen Blöcken bis zur Sandfraktion seien vorhanden. Der Bach sei deutlich akustisch wahrnehmbar, in der Schluchtstrecke akustisch dominant. Die Errichtung der Wasserfassung und der Zufahrtsstraße habe erhebliche Auswirkungen auf die Eigenart des bisher unbeeinträchtigten Lebensraumes, noch mehr jedoch die Errichtung der Druckrohrleitung im extrem steilen, grobblockigen Gelände. Dadurch werde die Eigenart und der natürliche Charakter der Schluchtstrecke verändert; die vorhandenen Kleinstrukturen seien faktisch nicht mehr wiederherstellbar. Die Entnahme von ca. 60 % der gesamten Jahreswassermenge habe eine erhebliche Verflachung der Dynamik zur Folge. Sie führe auch zu einer Veränderung des Strömungsmusters und der akustischen Wirkung des Baches in der Landschaft. Allein die Veränderung der natürlichen Geschiebeumlagerungsdynamik werde eine erhebliche Beeinträchtigung der natürlichen Verhältnisse bewirken. Dazu komme eine etwa 10 bis 20 %ige Einengung der benetzten Fläche; dies bedeute einen direkten Verlust an Bachlebensraum. Schließlich sei der Ist-Zustand des betroffenen Fließgewässerabschnittes mit "sehr gut" im Sinne der Kriterien für die Bewertung von Gewässern nach Anhang D des Wasserrechtsgesetzes beurteilt worden. Die permanente Triebwasserentnahme im geplanten Ausmaß führe zu einem wesentlich veränderten Abflussgeschehen in der Restwasserstrecke, der bisher ungestörte Gewässerlebensraum werde über weite Zeiträume wesentlich verkleinert. Der derzeitige Wildbachcharakter werde weitgehend zerstört. Der ungestörte Naturhaushalt ginge ebenfalls verloren, das ökologische Gewässersystem werde anthropogen stark gestört, erst mit Beendigung des Eingriffs könnte das Selbstregulierungsvermögen des Gewässers den ursprünglich gewässerspezifischen Zustand der Biozönosen wiederherstellen. Es könne daher festgestellt werden, dass durch das Projekt die Eigenart und landschaftliche Schönheit des betroffenen Fließgewässerabschnittes unwiederbringlich zerstört, der Lebensraum für gewässerspezifische Tier- und Pflanzenarten wesentlich verkleinert und der weitgehend ungestörte Naturhaushalt der Oberen Salzach beseitigt würden. Dies falle umso mehr ins Gewicht, als es sich bei diesem Gewässerabschnitt um einen der letzten noch natürlich oder naturnah vorhandenen Abschnitte handle. Betreffend Vorkommen und Ausprägung liege ein bereits äußerst seltener Fließgewässerabschnitt (mit Wildbachcharakter) vor, der durch das Vorhaben beseitigt würde. Es müsse daher festgestellt werden, dass ein wesentlicher Widerspruch zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes vorliege und das beantragte Vorhaben die Bewilligungsvoraussetzungen mangels Ausgleichsfähigkeit nicht erfülle. Diese Beurteilung ergäbe sich auch unter dem Gesichtspunkt der durch das Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG) umgesetzten Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union. Eine Verschlechterung des derzeit sehr guten Zustandes in Richtung auf einen bloß guten Zustand des Gewässers im Sinne des § 30a WRG würde dem Verschlechterungsverbot widersprechen, das in der Richtlinie festgelegt sei. Dieser Gesichtspunkt habe im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren noch nicht berücksichtigt werden können, weil der wasserrechtliche Bewilligungsbescheid vor Inkrafttreten der entsprechenden Wasserrechtsgesetznovelle ergangen sei. Soweit die beschwerdeführende Partei hilfsweise besonders wichtige öffentliche Interessen geltend gemacht habe, sei sie darauf hinzuweisen, dass der erstinstanzliche Bescheid unter Anwendung der Ausgleichsmaßnahmenregelung erteilt worden sei. Eine solche Entscheidung bedürfe der Beurteilung eines gänzlich anderen Sachverhaltes als eine Entscheidung im Rahmen einer Interessenabwägung. Der Berufungsbehörde sei daher eine Auseinandersetzung mit dem öffentlichen Interesse verwehrt, weil sie andernfalls ihre durch die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG eingeräumte Entscheidungsbefugnis überschreiten würde. Darüber hinaus stehe einer neuerlichen Entscheidung im Wege der Interessenabwägung "res iudicata" entgegen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 24 Abs. 1 Salzburger Naturschutzgesetz 1999, LGBl. Nr. 73/1999 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung LGBl. Nr. 58/2005 (Sbg NatSchG) sind Moore, Sümpfe, Quellfluren, Bruch- und Galeriewälder und sonstige Begleitgehölze an fließenden und stehenden Gewässern (lit. a) sowie oberirdische fließende Gewässer einschließlich ihrer gestauten Bereiche und Hochwasserabflussgebiete (lit. b) nach Maßgabe der Abs. 3 bis 6 geschützt.

Maßnahmen, die Eingriffe in diese Lebensräume bewirken können, sind gemäß § 24 Abs. 3 Sbg NatSchG nur mit naturschutzbehördlicher Bewilligung zulässig.

Eine Ausnahmebewilligung gemäß Abs. 3 ist gemäß § 24 Abs. 5 Sbg NatSchG dann zu erteilen, wenn die geplanten Maßnahmen nur unbedeutende abträgliche Auswirkungen auf die Eigenart oder ökologischen Verhältnisse des Lebensraumes oder auf Teile derselben, auf das Landschaftsbild, den Charakter der Landschaft, den Naturhaushalt oder den Wert der Landschaft für die Erholung bewirken können oder die Voraussetzungen gemäß § 3a Abs. 2 zutreffen. Eine solche Bewilligung ersetzt auch alle anderen naturschutzbehördlichen Bewilligungen auf Grund dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnungen, die dasselbe Vorhaben betreffen, wobei jedoch allfällige weitergehende Anforderungen nach diesen Bestimmungen im Verfahren wahrzunehmen sind.

Gemäß § 3a Abs. 2 Sbg NatSchG sind Maßnahmen, die nachweislich unmittelbar besonders wichtigen öffentlichen Interessen dienen, unter weitgehender Wahrung der Interessen des Naturschutzes (§ 2 Abs. 3) zu bewilligen oder zur Kenntnis zu nehmen, wenn

1. den anderen öffentlichen Interessen im Einzelfall der Vorrang gegenüber den Interessen des Naturschutzes zukommt und

2. zur Maßnahme keine geeignete, die Naturschutzinteressen weniger beeinträchtigende Alternativlösung besteht.

Auf Antrag des Bewilligungswerbers oder der Person, die eine anzeigepflichtige Maßnahme anzeigt, kann die Behörde gemäß § 51 Abs. 1 Sbg NatSchG an Stelle der Untersagung eines Vorhabens die angestrebte Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen erteilen.

Gemäß § 51 Abs. 2 Sbg NatSchG ist der Antrag gemäß Abs. 1 spätestens vier Wochen ab der Kenntnisnahme des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens zu stellen. Falls dies erforderlich ist, kann die Behörde dem Antragsteller auftragen, den Antrag innerhalb einer angemessen zu bestimmenden Frist durch die Vorlage entsprechender Unterlagen (§ 48) zu konkretisieren.

Die Erteilung einer Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen gemäß Abs. 1 ist gemäß § 51 Abs. 3 Sbg NatSchG nur zulässig, wenn die beantragten Ausgleichsmaßnahmen alle folgenden Voraussetzungen erfüllen:

1. Die Ausgleichsmaßnahmen werden eine wesentliche Verbesserung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes bewirken.

2. Diese Verbesserung überwiegt insgesamt die nachteiligen Auswirkungen jener Maßnahme, die bewilligt werden soll, im betroffenen oder in einem unmittelbar benachbarten Landschaftsraum erheblich. Für die Abgrenzung der Landschaftsräume sind die Grenzen der nach § 9 des Salzburger Raumordnungsgesetzes 1998 zu bildenden regionalen Verbände maßgeblich.

3. Die Maßnahme, die bewilligt werden soll, widerspricht nicht wesentlich den grundsätzlichen Zielsetzungen eines Schutzgebietes oder Naturdenkmales oder des Lebensraumschutzes nach § 24.

(Die übrigen hier genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht anwendbar.)

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei widerspreche den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes wesentlich; es sei daher gemäß § 51 Abs. 3 Z. 3 Sbg NatSchG nicht ausgleichsfähig. Eine Auseinandersetzung mit den von der beschwerdeführenden Partei (hilfsweise) geltend gemachten öffentlichen Interessen könne nicht erfolgen, weil die erstinstanzliche Entscheidung unter Anwendung der Regelungen über Ausgleichsmaßnahmen getroffen worden sei. Die für das Vorhaben beantragte naturschutzrechtliche Bewilligung sei daher, ohne auf die Frage einzugehen, ob am Vorhaben besonders wichtige öffentliche Interessen bestünden, zu versagen gewesen.

Die beschwerdeführende Partei bringt vor, es hätte ihr die Bewilligung bereits im Grunde des § 3a Sbg NatSchG erteilt werden müssen. Sie habe nämlich bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgebracht, dass mit dem Projekt unmittelbar besonders wichtige öffentliche Interessen verfolgt würden. Demgegenüber habe die belangte Behörde sich rechtswidriger Weise auf die Prüfung beschränkt, ob die Voraussetzungen des § 51 Sbg NatSchG vorlägen; es sei - wie die belangte Behörde richtig erkannt habe - auch keine entschiedene Sache vorgelegen. Schließlich seien der belangten Behörde auch bei Verneinung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 3 Sbg NatSchG im Einzelnen genannte Rechtswidrigkeiten unterlaufen. Sie sei daher zu Unrecht zum Ergebnis gelangt, dass das Vorhaben den Zielsetzungen des Lebensraumschutzes wesentlich widerspreche.

Die belangte Behörde hat dem angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/10/0128, die Auffassung zu Grunde gelegt, es sei ihr verwehrt, eine Interessenabwägung gemäß § 3a Abs. 2 Sbg NatSchG vorzunehmen, weil die Erstbehörde über den Bewilligungsantrag der beschwerdeführenden Partei unter Anwendung der Bestimmungen über die Ausgleichsmaßnahmen entschieden habe. Dieser Beurteilung sei ein anderer Sachverhalt zu Grunde zu legen als einer Entscheidung auf Grund einer Interessenabwägung. Die Bewilligungsfähigkeit des Vorhaben habe von der belangten Behörde als Berufungsbehörde daher ohne Bedachtnahme auf die Frage beurteilt werden müssen, ob am Vorhaben wichtige öffentliche Interessen iSd. § 3a Abs. 2 Sbg NatSchG bestünden.

Dem angesprochenen hg. Erkenntnis lag der Fall zu Grunde, dass die Erstbehörde einem Projekt antragsgemäß die Bewilligung im Rahmen einer Interessenabwägung erteilt hatte. Die Berufungsbehörde, die damals belangte Behörde, teilte die Auffassung der Erstbehörde betreffend das Vorliegen überwiegender öffentlicher Interessen am Vorhaben nicht, sondern beurteilte diese öffentlichen Interessen als jenen des Naturschutzes lediglich gleichwertig; auf der Grundlage einer Interessenabwägung könne die beantragte Bewilligung nicht erteilt werden. Die Berufungsbehörde wies den Bewilligungsantrag allerdings nicht ab, sondern erteilte die Bewilligung auf der Grundlage des (dem jetzigen § 51 Sbg NatSchG im Wesentlichen entsprechenden) § 48 Abs. 2 Salzburger Naturschutzgesetz.

Nun setzte die Anwendung dieser Vorschrift die Feststellung eines nicht zum Gegenstand des Bescheides der Erstbehörde und der Berufung gehörenden Sachverhaltes, nämlich der angesprochenen Ausgleichsmaßnahmen und deren Bewertung voraus. Dabei handle es sich - so der Verwaltungsgerichtshof im erwähnten Erkenntnis - aber nicht lediglich um eine von der rechtlichen Qualifikation durch die Erstbehörde abweichende rechtliche Beurteilung eines identen Sachverhaltes bzw. eines solchen Sachverhaltes, dessen Änderungen den Rahmen einer geringfügigen, das Wesen des Vorhabens nicht berührenden Modifikation des Projektes nicht überschreiten. Vielmehr habe die (damals) belangte Behörde die ihr durch die "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG eingeräumte Entscheidungsbefugnis überschritten.

Im vorliegenden Fall hat die Erstbehörde das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei antragsgemäß unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen gemäß § 51 Abs. 1 Sbg NatSchG naturschutzrechtlich bewilligt. Sie hat damit zum Ausdruck gebracht, die Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens lasse sich nur durch Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen herstellen.

Nun sieht § 51 Abs. 1 Sbg NatSchG die Erteilung der angestrebten Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen "an Stelle der Untersagung" des Vorhabens vor. Die Gesetzesmaterialien (Nr. 546 Blg LT, 3. Session, 10. GP zu § 41a Sbg NatSchG in der Fassung der Novelle 1992) sprechen in diesem Zusammenhang davon, dass ein Vorhaben, "das für sich alleine betrachtet aus naturschutzrechtlicher Sicht abzulehnen wäre", in Zukunft "bei Verwirklichung von Ausgleichsmaßnahmen durch den Antragsteller dennoch bewilligt werden" könne. Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen ist demnach, dass die Beurteilung der Bewilligungsvoraussetzungen des § 24 Abs. 5 Sbg NatSchG - einschließlich der Voraussetzungen des § 3a Abs. 2 Sbg NatSchG - ein negatives Ergebnis erbracht haben (vgl. auch das zitierte Erkenntnis vom ).

Während daher in dem Fall, in dem die Erstbehörde lediglich über die Frage abgesprochen hat, ob das Vorhaben "für sich" naturschutzrechtlich bewilligungsfähig ist, die Beurteilung der Bewilligungsfähigkeit des Vorhabens unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen über die "Sache" der Berufungsbehörde iSd.

§ 66 Abs. 4 AVG hinausgeht, schließt eine erstbehördliche Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen (und folglich die der Berufungsbehörde vorliegende "Sache" iSd. § 66 Abs. 4 AVG) notwendigerweise die Beurteilung in sich, das Vorhaben "für sich" erfülle die (sämtlichen) Bewilligungsvoraussetzungen gemäß § 24 Abs. 5 Sbg NatSchG nicht.

Es ist daher die Auffassung der belangten Behörde unzutreffend, es sei der Berufungsbehörde im Falle einer erstinstanzlichen Bewilligung unter Vorschreibung von Ausgleichsmaßnahmen eine Auseinandersetzung mit der Frage des öffentlichen Interesses am Vorhaben, weil außerhalb der "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG gelegen, verwehrt.

Was aber den Hinweis betrifft, eine neuerliche Entscheidung im Wege der Interessenabwägung stehe überdies "res iudicata" entgegen, wird übersehen, dass dem angefochtenen Bescheid die in nicht als unschlüssig zu erkennender Weise gewonnene Auffassung zu Grunde liegt, es liege keine entschiedene Sache iSd. § 68 Abs. 1 AVG vor: Dem Bescheid der Salzburger Landesregierung vom sei ein anderes Projekt zu Grunde gelegen als dem nunmehrigen Bewilligungsverfahren.

Die belangte Behörde hat somit in Verkennung der Rechtslage eine Beurteilung unterlassen, ob das Vorhaben der beschwerdeführenden Partei im Wege einer Interessenabwägung iSd.

§ 24 Abs. 5 iVm. § 3a Abs. 2 Sbg NatSchG bewilligungsfähig ist. Bereits aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, was gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG zu seiner Aufhebung zu führen hatte, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen eingegangen werden musste.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie sieht sich der Verwaltungsgerichtshof für das fortzusetzende Verfahren allerdings veranlasst, auf seine Judikatur hinzuweisen, wonach ein Bescheid, dem die Beurteilung des Vorliegens (oder Fehlens) eines wesentlichen Widerspruches zu den grundsätzlichen Zielsetzungen des Lebensraumschutzes zu Grunde liegt, auf in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkreten, jeweils auf Lage und Ausprägung innerhalb der Gebietes bezogenen Feststellungen über jene geschützten Güter beruhen muss, deren Erhaltung die grundsätzliche Zielsetzung des Lebensraumschutzes ausmacht. Dazu sind - wiederum anhand in qualitativer und quantitativer Hinsicht konkreter Feststellungen - die Auswirkungen des beantragten Vorhabens auf die die Zielsetzungen des Gebietes bestimmenden Faktoren in Beziehung zu setzen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , VwSlg. Nr. 16.445/A, mwN).

Darlegungen, die sich darauf beschränken, Auswirkungen des Vorhabens auf den Lebensraum bloß allgemein aufzuzeigen bzw. auf Bewertungsverschlechterungen in anderen als unter Naturschutzgesichtspunkten bestehenden Regelungszusammenhängen hinzuweisen, entsprechen diesen Anforderungen nicht.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am