VwGH vom 30.01.2013, 2009/13/0080
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des T in W, vertreten durch die Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH in 1010 Wien, Renngasse 1/Freyung, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0201-W/08, betreffend Einkommensteuer 2005, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist strittig, ob der Beschwerdeführer aus der Vermietung eines Hauses in W., H-Gasse 3, einkommensteuerlich relevante Einkünfte erzielt hat oder ob so genannte Liebhaberei vorliegt.
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Streitjahr negative Einkünfte aus der Vermietung des Hauses W., H-Gasse 3, in Höhe von rd. 95.000 EUR erklärt. Mit der Begründung, dass sich gemäß der Aktenlage in den nächsten Jahren auf Grund der hohen Zinsaufwendungen kein Gesamtüberschuss ergeben werde (die Prognoserechnung vom sei "nicht korrekt erstellt worden und daher ungültig"), habe das Finanzamt diese Verluste im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2005 nicht berücksichtigt.
Der Beschwerdeführer habe Berufung erhoben und eine korrigierte Prognoserechnung vorgelegt. Diese liege nach dem Berufungsvorbringen eindeutig innerhalb der vorgegebenen Fristen der Liebhaberei-VO, nach der bei Immobilieninvestitionen nach 20 bzw. 25 Jahren ein Gesamtüberschuss zu erreichen sei. Der Beschwerdeführer habe nach dem Erwerb im Jahr 2000 mit umfangreichen Investitionen begonnen. Diese Investitionen (Sanierung des Hauses und mehrerer Wohneinheiten) hätten ausschließlich der Steigerung der Ertragskraft gedient. Spätestens im Jahr 2016 werde das Haus ein positives Ergebnis abwerfen.
In einer Vorhaltsbeantwortung vom seien weiters nähere Angaben über die Fremdfinanzierung und die erwarteten Einnahmensteigerungen gemacht worden. Bei dem Gebäude handle es sich um ein Zinshaus, das mietrechtlichen Zwangsvorschriften unterliege. Damit sei die "große Vermietung" der Liebhaberei-VO mit einem Beobachtungszeitraum von 25 bis 28 Jahren anzuwenden.
Der Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides enthält - nach einer auszugsweisen Wiedergabe der §§ 1 und 2 Liebhaberei-VO idF BGBl. II Nr. 358/1997 - folgende Ausführungen:
"Die vom Bw. vorgelegten Prognoserechnungen zeigen folgenden
Ergebnis:
Prognoserechnung aus dem Jahr 2004
Bei Zugrundelegung der Prognoserechnung 2004, ergibt sich unter Einbeziehung der Vorjahre 2000 - 2003 und der geschätzten bzw. nachgewiesenen Zinsen und der bis 2005 tatsächlich erzielten Verluste (die höher sind als die prognostizierten) ergibt sich nach 28 Jahren der Bewirtschaftung ein Gesamtverlust von EUR 270.850,30.
Prognoserechnung aus dem Jahr 2007
Legt man die vom Bw. im Jahr 2007 vorgelegte Prognoserechnung der Berechnung der Überschusseinkünfte zugrunde beträgt der Gesamtverlust nach 21 Jahren EUR 698.195,91. Rechnet man zu dieser Summe (ab dem Jahr 2008) noch Leerstehungen im geschätzten Ausmaß von EUR 2.000 p.a., geschätzte Instandhaltungskosten von EUR 2.500 p.a. und fiktive Hauptmietzinse (für top 5a und 6) von EUR 11.000,- p.a. hinzu vermindert sich der nach 21 Jahren der Vermietung erzielte Gesamtverlust auf EUR 547.767,75.
Geht man in der Berechnung, ob Liebhaberei vorliegt oder nicht von der vom Bw. im Jahr 2008 vorgelegten Prognoserechnung aus, in der in den Mieterlösen auch die fiktiven Erlöse für top 5a und 6 enthalten sind aus ergibt sich nach 21. Jahren ein Gesamtverlust von EUR 649.290,97 und nach 28 Jahren erst ein Gesamtgewinn von EUR 8.709.
Berücksichtigt man jedoch, dass die vorgelegten Prognoserechnungen keinesfalls den Anforderungen entsprechen, da weder Leerstehungen, Aufwendungen für Instandhaltungsarbeiten, allgemeine Ausgaben (z.B. Strom, Hausversicherung, Grundsteuer,…) enthalten sind, ist davon auszugehen, dass im berufungsgegenständlichen Fall von Liebhaberei auszugehen ist.
Zuletzt soll darauf hingewiesen werden, dass grundsätzlich von der ersten Prognoserechnung auszugehen wäre und diese hinsichtlich ihrer Plausibilität zu überprüfen wäre. So wurde in der Prognoserechnung des Jahres 2004 für das Jahr 2004 ein Verlust von EUR -22.500 und für das Jahr 2005 ein Verlust von EUR 2.500 prognostiziert, während der tatsächliche Verlust im Jahr 2004 EUR 28.318,84 und 2005 EUR 95.431,90 betrug. Somit klar ersichtlich ist, dass die Prognoserechnung nicht plausibel ist.
Die Berufung war daher aufgrund der Überzeugung des UFS, dass sich im Beobachtungszeitraum kein Gesamtüberschuss der Einnahmen über die Werbungskosten erzielen lässt, als unbegründet abzuweisen."
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer vom Beschwerdeführer mit einer Replik beantworteten Gegenschrift erwogen:
Der Verwaltungsgerichtshof hielt im Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung betreffenden Erkenntnis des verstärkten Senates vom , 93/13/0171, VwSlg. 7107/F, fest, dass der Zeitraum, innerhalb dessen ein der positiven Steuererhebung aus der betroffenen Einkunftsart zugänglicher wirtschaftlicher Gesamterfolg erwirtschaftet werden kann, absehbar sein muss, um den wirtschaftlichen Ergebnissen einer in bestimmter Weise betriebenen Tätigkeit die Qualifikation von Einkünften im Sinne des § 2 EStG 1988 zuordnen zu können (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , 2009/15/0194).
Für Vermietungstätigkeiten, die nach dem begonnen haben, gilt gemäß § 2 Abs. 3 und Abs. 4 Liebhaberei-VO 1993 in der Fassung der Novelle BGBl. II Nr. 358/1997 (im Folgenden nur: LVO) die Zeitspanne zur Erzielung eines Gesamtüberschusses von 25 Jahren (für Vermietungen nach § 1 Abs. 1 LVO) bzw. 20 Jahren (für Vermietungen nach § 1 Abs. 2 Z 3 LVO) ab Beginn der entgeltlichen Überlassung mit einer jeweiligen Verlängerungsmöglichkeit um drei Jahre ab dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen als absehbar (vgl. Hofstätter/Reichel , Die Einkommensteuer-Kommentar, § 2 Tz 206).
Bei der Prognose für ein Mietobjekt geht es um die Einschätzung des Gesamtergebnisses aus nach steuerlichen Grundsätzen zu erstellenden Überschussrechnungen für die in den absehbaren Zeitraum fallenden Jahre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2010/15/0167; zum Bestehen gesetzlicher Mietzinsbeschränkungen vgl. weiters beispielsweise das hg. Erkenntnis vom , 2005/13/0148). Bei der Übermittlung des Gesamtüberschusses (vgl. § 3 Abs. 2 LVO) ist das Jahresergebnis um die Auswirkungen steuerlicher Sondervorschriften (z.B. begünstigte Abschreibungen) zu bereinigen (vgl. z.B. Hofstätter/Reichel , aaO, Tz 193, sowie Doralt/Renner , EStG14, § 2 (LVO) Tz 398).
Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 94/13/0200, und vom , 2007/15/0229) muss die Bescheidbegründung erkennen lassen, welcher Sachverhalt der Entscheidung zu Grunde gelegt wurde, aus welchen Erwägungen die belangte Behörde zur Einsicht gelangt ist, dass gerade dieser Sachverhalt vorliegt und aus welchen Gründen die Behörde die Subsumtion des Sachverhaltes unter einen bestimmten Tatbestand für zutreffend erachtet. Die Begründung eines Abgabenbescheides muss in der Weise erfolgen, dass der Denkprozess, der in der behördlichen Erledigung seinen Niederschlag findet, sowohl für den Abgabepflichtigen als auch im Fall der Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für diesen nachvollziehbar ist.
Der angefochtene Bescheid wird diesen Anforderungen nicht gerecht.
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides erwähnt die belangte Behörde drei Prognoserechnungen aus den Jahren 2004, 2007 und 2008, ohne deren Inhalt näher darzulegen oder auch festzustellen, welche dieser Prognoserechnungen ihrer Ansicht nach konkret der Beurteilung, ob Liebhaberei vorliegt, zu Grunde zu legen sei. Unklar bleibt weiters, weshalb die belangte Behörde vor allem auf die Zeiträume von 21 Jahren (hinsichtlich der Prognoserechnung aus dem Jahr 2007 beispielsweise auch nur diesen Zeitraum anführt) oder 28 Jahre abstellt, wobei die belangte Behörde auch keine bestimmten Feststellungen darüber trifft, welchen Zeitraum sie im Sinne des § 2 Abs. 3 oder Abs. 4 LVO auf Grund der in Rede stehenden Vermietung als maßgeblich hält. Dazu kommt, dass laut der vom Beschwerdeführer für das Mietobjekt vorgelegten Überschussrechnung für das Jahr 2005 u.a. offenbar auch Herstellungsaufwand nach § 28 Abs. 3 EStG 1988 begünstigt auf 15 Jahre verteilt abgesetzt wurde und diese Auswirkungen steuerlicher Sondervorschriften bei den Prognoserechnungen, soweit sie nach der Aktenlage nachvollziehbar sind, offenbar nicht bereinigt wurden.
Damit liegt aber insgesamt ein Begründungsmangel vor, der dem Verwaltungsgerichtshof die ihm aufgetragene Gesetzmäßigkeitskontrolle nicht ermöglicht. Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das Beschwerdevorbringen weiter einzugehen war. Darauf, dass der Prognosezeitraum betreffend die Erzielung eines Gesamtüberschusses allerdings nicht erst, wie dies offenbar in der Beschwerde vertreten wird, mit dem Streitjahr, sondern nach Maßgabe des § 2 Abs. 3 bzw. Abs. 4 LVO mit dem Beginn der entgeltlichen Überlassung (oder dem erstmaligen Anfallen von Aufwendungen) zu laufen beginnt, ist allerdings der Vollständigkeit halber hinzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am