VwGH vom 12.09.2016, Ro 2015/04/0018
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision der d GmbH in W, vertreten durch Dr. Norman Dick und Dr. Michael Dyck, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Imbergstraße 15, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AB-12-1061, betreffend Änderung einer gewerberechtlichen Betriebsanlage (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht:
Bezirkshauptmannschaft Baden; mitbeteiligte Parteien: 1. H T,
2. I M T, beide in B), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Beschluss wird im Umfang seiner Anfechtung (Spruchpunkt I.1) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Verwaltungsverfahren
1 Die Revisionswerberin betreibt an einem näher bezeichneten Standort in Baden eine gewerberechtliche Betriebsanlage. Mit Schreiben vom , bei der Bezirkshauptmannschaft Baden (belangte Behörde) eingelangt am , hat die Revisionswerberin Änderungen dieser Betriebsanlage angezeigt. Wesentlicher Inhalt der Anzeige war die Errichtung einer abgeänderten Klimaanlage sowie die Schaffung eines Aufstellungsraumes dafür. In der beigefügten Betriebsbeschreibung wurden die Geschäftszeiten mit Montag bis Freitag 08.00 bis 19.00 Uhr sowie Samstag 08.00 bis 17.00 Uhr angegeben.
Im Zuge der Überprüfung, ob es sich bei den angezeigten Änderungen um den Ersatz gleichartiger Maschinen (im Sinn des § 81 Abs. 2 Z 5 GewO 1994) handle bzw. ob diese Änderungen das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussten (im Sinn des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994), wurde am eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Die dabei erörterten Sachverständigengutachten beschränkten sich laut Protokoll auf die Gegenüberstellung der angezeigten Änderung der Kälteanlage mit der bewilligten Kälteanlage.
2 Mit Bescheid vom nahm die belangte Behörde die Anzeige der Revisionswerberin über Änderungen der näher bezeichneten Betriebsanlage "durch Errichtung einer abgeänderten Klimaanlage, eines neuen Torluftschleiers, Schaffung eines Aufstellungsraumes für die Klimaanlage sowie neue Einrichtung des Verkaufsraumes" gemäß (u.a.) § 81 Abs. 2 Z 9 und Abs. 3 GewO 1994 zur Kenntnis. Entgegen den Einreichunterlagen würden die Betriebszeiten der Klimaanlage gegenüber dem Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 2002 unverändert bleiben. Die beigezogenen Amtssachverständigen seien zum Ergebnis gekommen, dass es zu keiner Verschlechterung der Situation gegenüber der genehmigten Klimaanlage komme, weshalb die angezeigten Änderungen zur Kenntnis zu nehmen seien. Den Nachbarn - so die belangte Behörde - komme in diesem Verfahren keine Parteistellung zu.
3 Gegen diesen Bescheid erhoben die mitbeteiligten Parteien jeweils Berufung.
4 Mit Bescheid vom wurde zum einen im Wege einer Berufungsvorentscheidung in den Spruch des Bescheides vom der Satz "Die in der den Projektsunterlagen angeschlossenen Betriebsbeschreibung angeführten geänderten Betriebszeiten (Montag-Freitag 8:00-19:00 Uhr, Samstag 8:00- 17:00 Uhr) sind nicht Gegenstand dieses Bescheides." eingefügt (Punkt I). Zum anderen stellte die belangte Behörde fest, dass für die in der Änderungsanzeige enthaltene Änderung der Betriebszeiten die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anwendung des Anzeigeverfahrens nicht gegeben seien, weshalb die angezeigte Tätigkeit insoweit untersagt wurde (Punkt II). Die belangte Behörde hielt fest, dass für die gegenständliche Betriebsanlage Betriebszeiten von Montag bis Freitag 08.00 bis 18.00 Uhr und Samstag von 08.00 bis 13.00 Uhr genehmigt seien. Da es denkunmöglich sei, dass durch zusätzliche Öffnungszeiten keine zusätzlichen Emissionen verursacht würden, es vielmehr durch die Verkaufstätigkeit zu zusätzlicher Lärmentwicklung komme, bedürfe die Änderung der Betriebszeiten einer Genehmigung (im Sinn des § 81 Abs. 1 GewO 1994). Die Voraussetzungen für die Anwendung des Anzeigeverfahrens lägen insoweit nicht vor.
5 Die Revisionswerberin stellte daraufhin einen Vorlageantrag (hinsichtlich Punkt I) und erhob Berufung (hinsichtlich Punkt II). Nach Ansicht der Revisionswerberin komme den mitbeteiligten Parteien keine Parteistellung und somit keine Berufungslegitimation zu, weshalb die Berufungen als unzulässig zurückweisen gewesen wären.
Die mitbeteiligten Parteien stellten im Hinblick auf den Bescheid vom ebenfalls einen Vorlageantrag und erhoben Berufung.
2. Angefochtene Entscheidung
6 Das mit zuständig gewordene Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat über die als Beschwerden anzusehenden Berufungen wie folgt entschieden: Mittels Beschluss wurde zum einen auf Grund der Beschwerden der mitbeteiligten Parteien der Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen (Spruchpunkt I.1), zum anderen wurden die gegen Punkt II des Bescheides vom gerichteten Beschwerden der mitbeteiligten Parteien als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I.2). Mittels Erkenntnis wurde auf Grund der Beschwerde der Revisionswerberin Punkt II des Bescheides der belangten Behörde vom ersatzlos aufgehoben.
7 Eingangs hielt das Verwaltungsgericht fest, dass Punkt I des Bescheides der belangten Behörde vom mit Einlangen des Vorlageantrags außer Kraft getreten sei und die (nunmehr) Beschwerden gegen den Bescheid vom wieder offen seien. Punkt II des Bescheides vom sei demgegenüber nicht im Rahmen der Berufungsvorentscheidung ergangen und daher nicht außer Kraft getreten.
8 Zur Aufhebung des Bescheides vom verwies das Verwaltungsgericht zunächst auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach Nachbarn im Anzeigeverfahren nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 keine Parteistellung zukomme. Demgegenüber habe der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , B 606/11, ausgeführt, dass die Bestimmungen der §§ 81 Abs. 3 in Verbindung mit 345 Abs. 6 GewO 1994 in verfassungskonformer Interpretation dahingehend auszulegen seien, dass den Beschwerdeführern (als Nachbarn) ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 Z 9 GewO 1994 und daher eine auf die Beurteilung dieser Frage beschränkte Parteistellung zukomme. Das Verwaltungsgericht schloss sich dieser Auffassung des Verfassungsgerichtshofes an.
Dem Vorbringen der Revisionswerberin, in den Berufungen seien keine Ausführungen betreffend die Rechtswidrigkeit der Wahl des Anzeigeverfahrens gemacht worden, hielt das Verwaltungsgericht entgegen, dass die Berufungsbehörde (nach dem System vor Einführung der Verwaltungsgerichte) nicht an die Berufungsgründe gebunden gewesen sei. In einem Übergangsfall (wie dem vorliegenden) könnten allfällige, sich aus dem VwGVG ergebende Einschränkungen hinsichtlich des Prüfungsumfanges, die an Verfahrenshandlungen anknüpften, die vor Inkrafttreten des VwGVG gesetzt worden seien, nicht ohne weiteres zum Tragen kommen (Verweis auf das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/22/0087). Die Begründung der Berufungen sei als ausreichend anzusehen, um die Frage der Wahl des Anzeigeverfahrens zu überprüfen.
9 Zur Wahl des Anzeigeverfahrens hielt das Verwaltungsgericht der belangten Behörde vor, diese habe keine Ermittlungsschritte gesetzt, ob durch eine Erweiterung der Betriebszeiten die Voraussetzungen des § 81 Abs. 2 Z 9 GewO 1994 erfüllt seien. Dem Einreichprojekt ließen sich keine Ausführungen entnehmen, aus denen sich die aus der Erweiterung der Betriebszeiten resultierenden Emissionen ergäben. Diese Frage sei durch sachverständige Aussagen zu klären. Im Hinblick auf das völlige Fehlen von Ermittlungen zu dieser Frage lägen die Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 VwGVG vor, zumal die belangte Behörde vor Ort sei und die erforderlichen Ermittlungsschritte schneller und für die Parteien kostengünstiger durchführen könne.
10 Weiters begründete das Verwaltungsgericht die ersatzlose Behebung von Punkt II des Bescheides vom .
11 Das Verwaltungsgericht erklärte die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof hinsichtlich Spruchpunkt I.1. für zulässig, weil die Entscheidung - im Hinblick "auf die vom Verfassungsgerichtshof geforderte verfassungskonforme Interpretation" - insoweit von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweiche. Hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte wurde die ordentliche Revision für unzulässig erklärt.
3. Revision
12 Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende ordentliche Revision, in der allein Spruchpunkt I.1 - somit der Beschluss, mit dem der Bescheid der belangten Behörde vom gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG aufgehoben und die Angelegenheit zurückverwiesen wurde - angefochten wird.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Stellungnahme, in der sie die Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtes teilt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
13 Die Revision ist im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes zulässig.
1. Rechtsgrundlagen
14 Die maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl. Nr. 194 in der Fassung BGBl. I Nr. 18/2015, lauten auszugsweise:
" § 75. ...
(2) Nachbarn im Sinne dieses Bundesgesetzes sind alle Personen, die durch die Errichtung, den Bestand oder den Betrieb einer Betriebsanlage gefährdet oder belästigt oder deren Eigentum oder sonstige dingliche Rechte gefährdet werden könnten. ...
...
§ 81. (1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
(2) Eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 ist jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:
...
5. Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen; Maschinen, Geräte oder Ausstattungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, daß der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs. 1 zu behandeln ist.
...
7. Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage zu den Nachbarn nicht nachteilig beeinflussen und die auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles erwarten lassen, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit von Personen vermieden und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 3 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden,
...
9. Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen,
...
(3) Der Ersatz solcher gleichartiger Maschinen, Geräte oder Ausstattungen gemäß Abs. 2 Z 5, wegen deren Verwendung die Anlage einer Genehmigung bedurfte, sowie Änderungen gemäß Abs. 2 Z 7, Z 9 und Z 11 sind der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen. Das ersetzte Gerät, die ersetzte Maschine, die ersetzte Ausstattung oder die dem Nachweis der Gleichartigkeit dienenden Belege sind bis zur Erlassung des Bescheides gemäß § 345 Abs. 6 aufzubewahren.
...
c) Anzeigeverfahren
§ 345. ...
...
(5) Wenn die jeweils geforderten gesetzlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind, hat die Behörde, bei der die Anzeige erstattet worden ist unbeschadet eines Verfahrens nach §§ 366 ff dies mit Bescheid festzustellen und die Maßnahme oder die Tätigkeit, die Gegenstand der Anzeige ist, zu untersagen.
(6) Die Behörde hat die Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 binnen zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige mit Bescheid zur Kenntnis zu nehmen, wenn die geforderten Voraussetzungen gegeben sind. Der Bescheid bildet einen Bestandteil des Genehmigungsbescheides. Sind die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt, hat die Behörde innerhalb von zwei Monaten nach Erstattung der Anzeige einen Bescheid im Sinne des Abs. 5 zu erlassen. Für die den Anzeigen gemäß § 81 Abs. 3 anzuschließenden Belege gilt § 353. Im Fall einer Änderung gemäß § 81 Abs. 2 Z 7 darf mit dem Betrieb der geänderten Betriebsanlage erst nach Erlassung des Bescheides im Sinne des ersten Satzes begonnen werden.
...
§ 356. (1) Wird eine mündliche Verhandlung anberaumt, so hat die Behörde Gegenstand, Zeit und Ort der Verhandlung sowie die Voraussetzungen zur Aufrechterhaltung der Parteistellung (§ 42 AVG) in folgender Weise bekannt zu geben:
...
(3) Im Verfahren betreffend die Vorschreibung anderer oder zusätzlicher Auflagen (§ 79 Abs. 1), im Verfahren betreffend die Genehmigung der Sanierung (§ 79 Abs. 3), im Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs. 1), im Verfahren betreffend Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile (§ 79c Abs. 2), im Verfahren betreffend eine Betriebsübernahme (§ 79d), im Verfahren betreffend die Anpassung einer bereits genehmigten Betriebsanlage an eine Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 (§ 82 Abs. 2), im Verfahren betreffend die Festlegung der von den Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 abweichenden Maßnahmen (§ 82 Abs. 3) und im Verfahren betreffend die Vorschreibung der über die Bestimmungen einer Verordnung gemäß § 82 Abs. 1 hinausgehenden Auflagen (§ 82 Abs. 4) haben jene Nachbarn Parteistellung, deren Parteistellung im Verfahren gemäß Abs. 1 aufrecht geblieben ist.
(4) Nachbarn haben in den Verfahren betreffend die Aufhebung oder Abänderung von Auflagen (§ 79c Abs. 1), Abweichungen vom Genehmigungsbescheid einschließlich seiner Bestandteile (§ 79c Abs. 2) und Betriebsübernahme (§ 79d) auch insoweit Parteistellung, als damit neue oder größere nachteilige Wirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 verbunden sein können."
2. Parteistellung der Nachbarn
15 2.1. In seiner bisher ständigen Rechtsprechung hat der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung vertreten, dass den Nachbarn eine Parteistellung in Verfahren betreffend eine nur anzeigepflichtige Änderung einer Betriebsanlage nicht zukomme, weil die Parteistellung der Nachbarn im Folgeverfahren in § 356 Abs. 3 GewO 1994 abschließend geregelt und eine Parteistellung der Nachbarn in einem Verfahren nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 dort nicht vorgesehen sei. In diesem Verfahren habe vielmehr die Behörde im Rahmen ihrer gesetzlichen Verantwortung die Tatbestandsvoraussetzungen des § 81 Abs. 2 GewO 1994 zu klären. Den Nachbarn sei kein Recht eingeräumt, geltend zu machen, dass die Voraussetzungen dieser Gesetzesstelle von der Behörde zu Unrecht als gegeben angenommen worden seien (siehe zu all dem etwa das hg. Erkenntnis vom , 2006/04/0091, sowie die hg. Beschlüsse vom , 2010/04/0108, und vom , 2008/04/0164).
16 Der Verfassungsgerichtshof hat zunächst zum vereinfachten Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nach § 359b GewO 1994 ausgesprochen, dass es verfassungsrechtlich bedenklich sei und auf eine unsachliche Ungleichbehandlung hinauslaufe, den Nachbarn Parteirechte auch in solchen Fällen vorzuenthalten, in denen die Voraussetzungen für die Anwendung eines vereinfachten Verfahrens nicht gegeben seien. Den Nachbarn komme daher ein rechtliches Interesse an einer Überprüfung der Voraussetzungen des vereinfachten Verfahrens und damit in verfassungskonformer Interpretation des § 359b GewO 1994 eine auf diese Frage beschränkte Parteistellung zu (siehe das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 87/00, VfSlg. 16.103/2001).
Dem folgend hat der Verwaltungsgerichtshof (in mittlerweile ständiger Rechtsprechung) eine eingeschränkte Parteistellung der Nachbarn in Verfahren nach § 359b GewO 1994 angenommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2001/04/0199). Mittlerweile wurde auch die gesetzliche Regelung entsprechend angepasst.
In seinem Erkenntnis vom , B 606/11, hat der Verfassungsgerichtshof diese Rechtsprechung zum Verfahren nach § 359b GewO 1994 auf Verfahren nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 übertragen und dabei Folgendes festgehalten:
"Im Beschwerdesachverhalt ist zu berücksichtigen, dass es sich nicht um ein vereinfachtes Betriebsanlagengenehmigungsverfahren nach § 359b GewO handelt, sondern um ein Änderungsanzeigeverfahren nach § 81 Abs 3 GewO; dieses ist der Sache nach die vereinfachte Variante eines Betriebsanlagenänderungsverfahrens. Vor diesem Hintergrund lässt sich die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Verfahren nach § 359b GewO auf Verfahren nach § 81 Abs 3 GewO übertragen. Legt man die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zum Verfahren nach § 359b GewO zugrunde, wonach den Nachbarn in verfassungskonformer Auslegung des § 359b Abs 1 GewO Parteistellung hinsichtlich der Frage der Überprüfung der Voraussetzungen dieses Verfahrens zukommt (VfSlg. 16.103/2001, 16.259/2001), so wäre es verfassungsrechtlich bedenklich, den Nachbarn die Parteistellung in Anzeigeverfahren nach § 81 Abs 3 iVm § 345 Abs 6 GewO schlechthin, also auch bei der Beurteilung der Frage, ob die Voraussetzungen des Anzeigeverfahrens überhaupt vorliegen, zu versagen und diese Beurteilung allein der Behörde zu überlassen. Ein derartiger Ausschluss der Parteistellung liefe letztlich auf eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung der Nachbarn, denen im Rahmen eines Änderungsgenehmigungsverfahrens nach § 81 Abs 1 GewO Parteistellung zukommt, einerseits, und jener Nachbarn, die deshalb keine solche Parteistellung haben, weil die Behörde zu Unrecht die Voraussetzungen des Änderungsanzeigeverfahrens angenommen hat, andererseits hinaus.
In verfassungskonformer Interpretation sind die Bestimmungen des § 81 Abs 3 iVm § 345 Abs 6 GewO daher dahingehend auszulegen, dass den Beschwerdeführern ein rechtliches Interesse an der Überprüfung der Voraussetzungen des § 81 Abs 3 iVm § 81 Abs 2 Z 9 GewO und daher eine auf die Beurteilung dieser Frage beschränkte Parteistellung zukommt. Dass § 81 Abs 3 GewO den Nachbarn nicht wie § 359b Abs 1 GewO Anhörungsrechte einräumt, hindert die Annahme einer beschränkten Parteistellung nicht".
17 Im Hinblick auf dieses Erkenntnis hält der Verwaltungsgerichtshof seine unter Rz. 15 dargestellte Rechtsprechung nicht aufrecht, sondern geht nunmehr davon aus, dass Nachbarn im Änderungsanzeigeverfahren nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage zukommt, ob die Voraussetzungen für dieses Verfahren überhaupt vorliegen.
Dieser Ausspruch bedarf nicht einer Beschlussfassung durch einen verstärkten Senat gemäß § 13 Abs. 1 VwGG, weil die damit vorgenommene, von der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abweichende Auslegung auf Grund einer vom Verfassungsgerichtshof für geboten erachteten verfassungskonformen Auslegung erforderlich ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/07/0086, mwN).
Dem Verwaltungsgericht ist daher nicht entgegenzutreten, wenn es hinsichtlich der Parteistellung von Nachbarn im Änderungsanzeigeverfahren nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist.
18 2.2. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass in einem Übergangsfall (wie dem hier vorliegenden) allfällige, sich aus dem VwGVG ergebende Einschränkungen hinsichtlich der Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtes (resultierend etwa aus § 27 VwGVG), die an Verfahrenshandlungen anknüpfen, die vor dem Inkrafttreten des VwGVG gesetzt wurden (hier: Berufungen vom Juli 2012), nicht ohne weiteres zum Tragen kommen können (siehe das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/04/0022, mwN).
19 2.3. Die Revisionswerberin bringt vor, anders als in dem dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes B 606/11 zugrunde liegenden Sachverhalt hätten die mitbeteiligten Parteien im vorliegenden Fall keinen Einwand gegen die Wahl des Anzeigeverfahrens erhoben und keine Zuerkennung der Parteistellung beantragt.
20 Soweit die Revisionswerberin geltend macht, die mitbeteiligten Parteien hätten keine rechtlich beachtlichen Einwendungen erhoben und ein allfälliges Sachvorbringen wäre präkludiert, ist dem Folgendes entgegenzuhalten:
Der Verlust der Parteistellung setzt nach § 42 in Verbindung mit § 41 AVG (unter anderem) voraus, dass die erfolgte Kundmachung (bzw. Verständigung von) der mündlichen Verhandlung einen Hinweis auf die gemäß § 42 AVG eintretenden Folgen (Verlust der Parteistellung im Fall der Durchführung einer mündlichen Verhandlung, wenn nicht rechtzeitig Einwendungen erhoben werden) enthält. Dass diese Voraussetzung für den Verlust der Parteistellung im gegenständlichen Fall vorliegt, wurde von der Revisionswerberin nicht behauptet und lässt sich dem vorliegenden Verwaltungsakt auch nicht entnehmen. Es kann daher dahinstehen, wie die Einwendungen der mitbeteiligten Parteien im Verfahren inhaltlich zu werten gewesen wären.
21 Die Revisionswerberin weist allerdings zutreffend darauf hin, dass in den Berufungen der mitbeteiligten Parteien keine ihnen zustehenden Rechte geltend gemacht worden sind. Es seien weder die gewählte Verfahrensart noch die eigentlich verfahrensgegenständlichen Änderungen bekämpft worden.
22 Nach der hg. Rechtsprechung (zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte) war die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde zwar nicht auf die geltend gemachten Berufungsgründe beschränkt; Grenzen waren ihr aber (unter anderem) durch die Einschränkung des Mitspracherechtes des Berufungswerbers gesetzt. Das Mitspracherecht und demnach die Prüfungsbefugnis der Berufungsbehörde auf Grund einer Berufung einer Partei mit beschränktem Mitspracherecht hing von der fristgerechten Geltendmachung des jeweiligen subjektiv-öffentlichen Rechtes ab (vgl. zu allem das hg. Erkenntnis vom , 2000/05/0045, mwN). Bewegte sich das Berufungsvorbringen einer Partei mit eingeschränkter Parteistellung außerhalb des Rahmens der ihr möglichen Einwendungen, war die Berufung zurückzuweisen (siehe das hg. Erkenntnis vom , 2006/07/0026, den hg. Beschluss vom , 2012/04/0150, sowie die Nachweise bei Hengstschläger/Leeb , AVG § 63 Rz. 71).
23 Bei der (wie in Punkt 2.1 bzw. Rz 16 f dargestellt) verfassungskonform gebotenen Auslegung kommt den mitbeteiligten Parteien als Nachbarn nur eine beschränkte Parteistellung hinsichtlich der Frage zu, ob die Voraussetzungen für das Änderungsanzeigeverfahren nach § 81 Abs. 3 GewO 1994 überhaupt vorliegen. Im vorliegenden Fall haben die mitbeteiligten Parteien in ihren Berufungen die dem Genehmigungsbescheid aus dem Jahr 1996 zugrunde liegenden Unterlagen dargestellt und daran anschließend Ausführungen dazu erstattet, dass kein baubehördlicher Konsens zwischen dem zweckgewidmeten "Abstellplatz für Leergut" und dem sogenannten "Technikraum" bestehe. In keiner Weise wurde von ihnen allerdings geltend gemacht, dass die Durchführung eines Änderungsanzeigeverfahrens über die geplanten Änderungen unzulässig gewesen sei und sie dadurch in ihren Rechten verletzt worden seien.
24 Da den Berufungen jeglicher Bezug zu dem den mitbeteiligten Parteien einzig zustehenden subjektiv-öffentlichen Recht (an der Überprüfung der Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 Z 5 und Z 9 GewO 1994) fehlte, hätte das Verwaltungsgericht die insoweit eingeschränkte Prüfungsbefugnis berücksichtigen und die (nunmehr) Beschwerden zurückweisen müssen.
3. Ergebnis
25 Der angefochtene Beschluss war daher im angefochtenen Umfang gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
26 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am