VwGH vom 12.09.2016, Ro 2015/04/0011
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Mayr, Hofrätin Mag. Hainz-Sator sowie Hofrat Dr. Pürgy als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schweda, über die Revision des AP in W, vertreten durch die Preslmayr Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Universitätsring 12, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. W214 2011104-1/9E, betreffend Antrag auf Registrierung einer Datenanwendung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Datenschutzbehörde), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 Mit Eingabe vom erstattete der Revisionswerber (als datenschutzrechtlicher Auftraggeber) beim Datenverarbeitungsregister (der Datenschutzbehörde) die Meldung einer Datenanwendung mit der Bezeichnung "Beweissicherung bei Verkehrsunfällen". Nach den Angaben des Revisionswerbers solle die Datenanwendung automationsunterstützt erfolgen und die Verwendung von strafrechtlich relevanten Daten beinhalten. Laut Beschreibung der Datenanwendung würden (mittels Kamera erfasste) Bilddaten auf einem "Zwischenspeicher" für 60 Sekunden gespeichert und nur im "Anlassfall" auf eine Speicherkarte übertragen. Eine Entschlüsselung der Daten würde ausschließlich bei Einleitung von behördlichen Ermittlungen, im Zusammenhang mit einem Gerichts- oder Verwaltungsverfahren bzw. zur Klärung einer Versicherungsangelegenheit erfolgen. Weiters legte der Revisionswerber seine Rechtsauffassung dar, dass es sich bei dieser Datenanwendung nicht um eine Videoüberwachung im Sinn der §§ 50a ff Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000) handle. Es liege keine für eine Videoüberwachung erforderliche systematische, fortlaufende Erfassung vor, weil die Bilddaten nur für 60 Sekunden auf einem Zwischenspeicher gelagert würden, auf den kein Zugriff bestehe. Eine Speicherung erfolge nur im Ausnahmefall durch Betätigen eines "SOS-Button" oder durch Eintritt eines Anlassfalls (Verkehrsunfall). Zudem würde weder eine bestimmte Person noch ein bestimmtes Objekt intentional von der Bildaufzeichnung erfasst.
2 Mit Bescheid vom lehnte die Datenschutzbehörde (belangte Behörde) die Registrierung dieser Datenanwendung gemäß § 20 Abs. 5 DSG 2000 ab. Die belangte Behörde ging davon aus, dass es sich bei der gegenständlichen Datenanwendung um eine Videoüberwachung im Sinn des § 50a DSG 2000 handle, weil mittels Kameras die Bereiche vor und hinter dem Fahrzeug (des Revisionswerbers) automatisch und durchgehend aufgezeichnet würden, um im Anlassfall strafrechtlich relevantes Bildmaterial an die Behörden weitergeben zu können. Die Tatsache, dass das "überwachte Objekt" ein beweglicher Überwachungsbereich sei, ändere daran nichts. Die belangte Behörde hielt fest, dass es dem Revisionswerber (als privatem Auftraggeber) an der gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 erforderlichen rechtlichen Befugnis mangle. Daran würde auch nichts ändern, dass die Bilddaten nur kurz gespeichert würden und nur unter gewissen Bedingungen einsehbar seien.
3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die dagegen erhobene Beschwerde des Revisionswerbers als unbegründet ab.
4 Nach Darstellung des Verfahrensganges gab das Verwaltungsgericht die Ergebnisse der mündlichen Verhandlung wieder. Der Revisionswerber habe ein Video präsentiert, das Aufnahmen von mehreren "Anlassfällen" (Unfall bzw. Einbruch) zeige. Nach Ansicht des Revisionswerbers seien Menschen bestenfalls in einer Entfernung von 1,5 m erkennbar; es sei nicht möglich, "Aufnahmen schärfer zu stellen". Die belangte Behörde habe (vom Revisionswerber im Verfahren beigebrachte) Bildausschnitte vorgelegt und vorgebracht, personenbezogene Daten seien sehr wohl erkennbar, das Verhalten von Personen im öffentlichen Raum sei nachvollziehbar und diese seien identifizierbar.
Das Verwaltungsgericht stellte fest, dass durch die gemeldete Datenanwendung ohne Anlassfall laufend personenbezogene Daten in verschlüsselter Form verarbeitet (konkret in einem eingebauten Chip zwischengespeichert) und nach Ablauf von 60 Sekunden überschrieben würden. Im Anlassfall (bei starker Erschütterung oder Drücken des "SOS-Button") würden die Daten (für einen Zeitraum von insgesamt maximal 90 Sekunden) verarbeitet und leserlich gespeichert. Die beiden Kameras (eine in Fahrtrichtung, eine entgegen der Fahrtrichtung) würden Ereignisse im öffentlichen Raum aufzeichnen. Der Kamerawinkel sei beliebig veränderbar, das Betätigen des "SOS-Button" sei jederzeit möglich.
5 In rechtlicher Hinsicht ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass es sich vorliegend eindeutig um die Verarbeitung personenbezogener Daten handle, wobei die Verarbeitung sensibler Daten nicht ausgeschlossen werden könne. Auch wenn die Daten in einer (ersten) Phase der Verarbeitung für den Auftraggeber verschlüsselt und nicht rückführbar sein mögen, sei der Zweck der Datenanwendung auf die Identifizierung von Personen im Anlassfall gerichtet, damit entsprechendes Bildmaterial an Behörden, Gerichte und Versicherungen weitergegeben werden könne. Eine Identifikation der abgebildeten Personen sei mit "rechtlich zulässigen Mitteln" möglich. Die Ausführungen des Revisionswerbers, dass die Daten erst dann, wenn mittels Zusatzerhebungen die Identität der Unfallbeteiligten festgestellt worden sei, personenbezogen seien, erachtete das Verwaltungsgericht als unzutreffend.
Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers - so das Verwaltungsgericht weiter - liege nicht nur eine Speicherung im Anlassfall vor, sondern eine systematische, fortlaufende Feststellung von Ereignissen durch kontinuierliches Filmen des öffentlichen Raumes. Ohne kontinuierliches Aufzeichnen stünde bei Eintreten des Anlassfalles kein Bildmaterial aus der davor liegenden Zeit zur Verfügung. Die gegenständliche Anwendung sei nicht mit einem "Ad-hoc-Aufzeichnen" bei einem Unfall zu vergleichen. Die Länge der Speicherdauer spiele für das Vorliegen einer Videoüberwachung ebenso wenig eine Rolle wie der Umstand, dass nur das relevante Bildmaterial ausgewertet werde.
Zur erforderlichen rechtlichen Befugnis im Sinn des § 7 Abs. 1 DSG 2000 führte das Verwaltungsgericht aus, dass sich diese an der Verfügungsbefugnis des privaten Auftraggebers über den konkret zu überwachenden Raum orientiere. Private dürften regelmäßig nur jene Bereiche überwachen, an denen ihnen ein hausrechtsähnliches Verfügungsrecht zukomme. Demgegenüber seien an öffentlichen Orten grundsätzlich nur die Sicherheitsbehörden zur Durchführung von Videoüberwachungen berechtigt. Da die Kameras des Revisionswerbers laufend sowie in beabsichtigter und umfassender Weise den öffentlichen Raum erfassen würden, fehle es ihm an der rechtlichen Befugnis. Es liege keine Überwachung des eigenen Autos vor, weil die Kameras in den öffentlichen Raum gerichtet seien. Es sei daher nicht möglich, den erfassten Teil des öffentlichen Raumes als "Toleranzzone" bzw. als "unvermeidlichen Randbereich" zu konstruieren.
Aus den vom Revisionswerber ins Treffen geführten zivilgerichtlichen Urteilen lasse sich lediglich auf das Fehlen eines Beweisverwertungsverbotes schließen, nicht jedoch auf die Rechtmäßigkeit der Datenanwendung.
Das Verwaltungsgericht gestand zu, dass die angemeldete Datenanwendung "datenschutzfreundlicher" als herkömmliche "Dashcams" sei. Das ändere aber nichts daran, dass für eine Videoüberwachung - wie für jede Datenanwendung - gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 eine gesetzliche Zuständigkeit oder eine rechtliche Befugnis gegeben sein müsse, die nicht vorhanden sei, weshalb Überlegungen zur Verhältnismäßigkeit der Lösung nicht zum Tragen kommen würden.
6 Die ordentliche Revision wurde für zulässig erklärt, weil es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, inwieweit eine Videoüberwachung mittels an einem Auto angebrachten und die Umgebung überwachenden Kameras ("Dashcams") zulässig sei.
7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende ordentliche Revision.
Die belangte Behörde erstattete eine Revision, in der sie die Zurückweisung, in eventu Abweisung der Revision beantragte. Der Revisionswerber brachte eine Replik sowie zwei weitere Schriftsätze ein.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zulässigkeit
8 Der Revisionswerber verweist darauf, dass es - zusätzlich zu der vom Verwaltungsgericht aufgeworfenen Rechtsfrage - von grundsätzlicher Bedeutung sei, ob das interne Aufzeichnen (Zwischenlagern) von Daten in einem Gerät, auf das niemand Zugriff habe, unter den Begriff des Verarbeitens von Daten nach § 4 Z 9 DSG 2000 falle bzw. ob hier überhaupt personenbezogene Daten im Sinn des § 4 Z 1 DSG 2000 vorlägen.
Die Revision ist sowohl im Hinblick auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichtes als auch auf diejenigen des Revisionswerbers zulässig.
2. Rechtsgrundlagen
9 Die maßgeblichen Bestimmungen des Datenschutzgesetzes 2000 (DSG 2000), BGBl. I Nr. 165/1999 in der Fassung BGBl. I Nr. 83/2013, lauten auszugsweise:
" Definitionen
§ 4. Im Sinne der folgenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:
1. ‚Daten' (‚personenbezogene Daten'): Angaben über Betroffene (Z 3), deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist; ‚nur indirekt personenbezogen' sind Daten für einen Auftraggeber (Z 4), Dienstleister (Z 5) oder Empfänger einer Übermittlung (Z 12) dann, wenn der Personenbezug der Daten derart ist, daß dieser Auftraggeber, Dienstleister oder Übermittlungsempfänger die Identität des Betroffenen mit rechtlich zulässigen Mitteln nicht bestimmen kann;
...
7. ‚Datenanwendung': die Summe der in ihrem Ablauf logisch verbundenen Verwendungsschritte (Z 8), die zur Erreichung eines inhaltlich bestimmten Ergebnisses (des Zweckes der Datenanwendung) geordnet sind und zur Gänze oder auch nur teilweise automationsunterstützt, also maschinell und programmgesteuert, erfolgen (automationsunterstützte Datenanwendung);
8. Verwenden von Daten: jede Art der Handhabung von Daten, also sowohl das Verarbeiten (Z 9) als auch das Übermitteln (Z 12) von Daten;
9. Verarbeiten von Daten: das Ermitteln, Erfassen, Speichern, Aufbewahren, Ordnen, Vergleichen, Verändern, Verknüpfen, Vervielfältigen, Abfragen, Ausgeben, Benützen, Überlassen (Z 11), Sperren, Löschen, Vernichten oder jede andere Art der Handhabung von Daten mit Ausnahme des Übermittelns (Z 12) von Daten;
...
Zulässigkeit der Verwendung von Daten
§ 7. (1) Daten dürfen nur verarbeitet werden, soweit Zweck und Inhalt der Datenanwendung von den gesetzlichen Zuständigkeiten oder rechtlichen Befugnissen des jeweiligen Auftraggebers gedeckt sind und die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen der Betroffenen nicht verletzen.
...
(3) Die Zulässigkeit einer Datenverwendung setzt voraus, daß die dadurch verursachten Eingriffe in das Grundrecht auf Datenschutz nur im erforderlichen Ausmaß und mit den gelindesten zur Verfügung stehenden Mitteln erfolgen und daß die Grundsätze des § 6 eingehalten werden.
...
Meldepflicht des Auftraggebers
§ 17. (1) Jeder Auftraggeber hat, soweit in den Abs. 2 und 3 nicht anderes bestimmt ist, vor Aufnahme einer Datenanwendung eine Meldung an die Datenschutzbehörde mit dem in § 19 festgelegten Inhalt zum Zweck der Registrierung im Datenverarbeitungsregister zu erstatten. Diese Meldepflicht gilt auch für Umstände, die nachträglich die Unrichtigkeit und Unvollständigkeit einer Meldung bewirken (Änderungsmeldung). ...
...
9a. Abschnitt
Videoüberwachung
Allgemeines
§ 50a. (1) Videoüberwachung im Sinne dieses Abschnittes bezeichnet die systematische, insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen, die ein bestimmtes Objekt (überwachtes Objekt) oder eine bestimmte Person (überwachte Person) betreffen, durch technische Bildaufnahme- oder Bildübertragungsgeräte. Für derartige Überwachungen gelten die folgenden Absätze, sofern nicht durch andere Gesetze Besonderes bestimmt ist.
(2) Für Videoüberwachung gelten die §§ 6 und 7, insbesondere der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (§ 7 Abs. 3). Rechtmäßige Zwecke einer Videoüberwachung, insbesondere der Auswertung und Übermittlung der dabei ermittelten Daten, sind jedoch vorbehaltlich des Abs. 5 nur der Schutz des überwachten Objekts oder der überwachten Person oder die Erfüllung rechtlicher Sorgfaltspflichten, jeweils einschließlich der Beweissicherung, im Hinblick auf Ereignisse nach Abs. 1. Persönlichkeitsrechte nach § 16 ABGB bleiben unberührt.
(3) Ein Betroffener ist durch eine Videoüberwachung dann nicht in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen (§ 7 Abs. 2 Z 3) verletzt, wenn
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1. | diese im lebenswichtigen Interesse einer Person erfolgt, oder |
2. | Daten über ein Verhalten verarbeitet werden, das ohne jeden Zweifel den Schluss zulässt, dass es darauf gerichtet war, öffentlich wahrgenommen zu werden, oder |
3. | er der Verwendung seiner Daten im Rahmen der Überwachung ausdrücklich zugestimmt hat. |
(4) Ein Betroffener ist darüber hinaus durch eine Videoüberwachung ausschließlich dann nicht in seinen schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen (§ 7 Abs. 2 Z 3) verletzt, wenn sie nicht im Rahmen der Vollziehung hoheitlicher Aufgaben erfolgt und
1. bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, das überwachte Objekt oder die überwachte Person könnte das Ziel oder der Ort eines gefährlichen Angriffs werden, oder
2. unmittelbar anwendbare Rechtsvorschriften des Völker- oder des Gemeinschaftsrechts, Gesetze, Verordnungen, Bescheide oder gerichtliche Entscheidungen dem Auftraggeber spezielle Sorgfaltspflichten zum Schutz des überwachten Objekts oder der überwachten Person auferlegen, oder
3. sich die Überwachung in einer bloßen Echtzeitwiedergabe von das überwachte Objekt/die überwachte Person betreffenden Ereignisse erschöpft, diese also weder gespeichert (aufgezeichnet) noch in sonst einer anderen Form weiterverarbeitet werden (Echtzeitüberwachung), und sie zum Zweck des Schutzes von Leib, Leben oder Eigentum des Auftraggebers erfolgt.
...
(6) Schutzwürdige Geheimhaltungsinteressen Betroffener sind auch dann nicht verletzt, wenn durch Videoüberwachung aufgezeichnete Daten über eine Verwendung entsprechend den Abs. 2 bis 4 hinaus in folgenden Fällen übermittelt werden:
1. an die zuständige Behörde oder das zuständige Gericht, weil beim Auftraggeber der begründete Verdacht entstanden ist, die Daten könnten eine von Amts wegen zu verfolgende gerichtlich strafbare Handlung dokumentieren, oder
2. an Sicherheitsbehörden zur Ausübung der diesen durch § 53 Abs. 5 des Sicherheitspolizeigesetzes - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, eingeräumten Befugnisse,
auch wenn sich die Handlung oder der Angriff nicht gegen das überwachte Objekt oder die überwachte Person richtet. Die Befugnisse von Behörden und Gerichten zur Durchsetzung der Herausgabe von Beweismaterial und zur Beweismittelsicherung sowie damit korrespondierende Verpflichtungen des Auftraggebers bleiben unberührt.
...
Meldepflicht und Registrierungsverfahren
§ 50c. (1) Videoüberwachungen unterliegen der Meldepflicht gemäß den §§ 17 ff. Sofern der Auftraggeber nicht in der Meldung zusagt, die Videoüberwachungsdaten zu verschlüsseln und unter Hinterlegung des einzigen Schlüssels bei der Datenschutzbehörde sicherzustellen, dass eine Auswertung der Videoaufzeichnungen nur im begründeten Anlassfall durch eine bestimmte Stelle stattfindet, unterliegen sie der Vorabkontrolle (§ 18 Abs. 2). ...
(2) Eine Videoüberwachung ist über § 17 Abs. 2 und 3 hinaus von der Meldepflicht ausgenommen
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1. | in Fällen der Echtzeitüberwachung oder |
2. | wenn eine Speicherung (Aufzeichnung) nur auf einem analogen Speichermedium erfolgt. |
... | |
Information durch Kennzeichnung |
§ 50d. (1) Der Auftraggeber einer Videoüberwachung hat diese geeignet zu kennzeichnen. Aus der Kennzeichnung hat jedenfalls der Auftraggeber eindeutig hervorzugehen, es sei denn, dieser ist den Betroffenen nach den Umständen des Falles bereits bekannt. Die Kennzeichnung hat örtlich derart zu erfolgen, dass jeder potentiell Betroffene, der sich einem überwachten Objekt oder einer überwachten Person nähert, tunlichst die Möglichkeit hat, der Videoüberwachung auszuweichen.
(2) Keine Kennzeichnungsverpflichtung besteht bei Videoüberwachungen im Rahmen der Vollziehung hoheitlicher Aufgaben, die nach § 17 Abs. 3 von der Meldepflicht ausgenommen sind."
3. Bestimmbarkeit der Identität von Betroffenen 10 Der Revisionswerber moniert, das Verwaltungsgericht habe
keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Qualität bzw. Auflösung die Bilddaten gespeichert würden und was darauf zu erkennen sei. Er habe im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebracht, dass eine Identifikation von Personen auf Grund der Auflösung der Bilddaten nur möglich sei, wenn infolge eines Anlassfalles weitere Informationen hinzutreten würden. Eine Identifizierbarkeit bestehe nur dann, wenn Personen "unmittelbar in das Fahrzeug (...) des Revisionswerbers und damit in seine Privatsphäre eindringen würden oder sich in der unmittelbaren Umgebung des Fahrzeuges befinden".
11 Nach der Definition des § 4 Z 1 DSG 2000 sind personenbezogene Daten Angaben über Betroffene, deren Identität bestimmt oder bestimmbar ist. Bilddaten wie etwa Videoaufnahmen sind grundsätzlich vom Begriff der personenbezogenen Daten umfasst (siehe das hg. Erkenntnis vom , 98/01/0213, sowie die Erläuterungen zur DSG-Novelle 2010, BGBl. I Nr. 133/2009, RV 472 BlgNR 24. GP, 16), weil zumindest eine Bestimmbarkeit in der Regel gegeben ist. Keine Bestimmbarkeit und damit keine personenbezogenen Daten liegen allerdings vor, wenn die technische Auflösung des Bildes eine Identifizierung nicht zulässt (vgl. Jahnel , Handbuch Datenschutzrecht (2010) Rz. 3/77; siehe zur Abgrenzung im Hinblick auf den Begriff der personenbezogenen Daten in der Richtlinie 95/46/EG das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union vom , Rs C- 212/13, Ryneš , Rn. 22, wonach das "von einer Kamera aufgezeichnete Bild einer Person (...) unter den Begriff der personenbezogenen Daten im Sinne von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 95/46 (fällt), sofern es die Identifikation der betroffenen Person ermöglicht").
12 Die diesbezüglichen Feststellungen und beweiswürdigenden Überlegungen des Verwaltungsgerichtes sind zwar sehr knapp ausgefallen. Allerdings spricht der Revisionswerber selbst in der Revision davon, dass eine Identifizierungsmöglichkeit bestehe, wenn sich Personen in der "unmittelbaren Umgebung des Fahrzeuges" befänden. Der Darstellung der Ergebnisse der mündlichen Verhandlung lässt sich entnehmen, dass seitens der Vertreter der belangten Behörde Bildausschnitte von Videos vorgelegt worden seien, auf denen nach deren Auffassung Personen erkennbar bzw. zu identifizieren gewesen seien. In seinen beweiswürdigenden Ausführungen verweist das Verwaltungsgericht (u.a.) auf die in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Beweise. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht im Ergebnis davon ausgegangen ist, dass die technische Auflösung bzw. Qualität der hier fraglichen Bilddaten eine Identifizierung von Personen nicht ausschließt und das Vorliegen personenbezogener Daten somit nicht aus diesem Grund verneint werden kann.
4. Verarbeitung von personenbezogenen Daten
13 Der Revisionswerber bringt vor, dass Daten, die bloß intern aufgezeichnet würden und auf die niemand Zugriff habe, keine personenbezogenen Daten im Sinn des § 4 Z 1 DSG 2000 seien bzw. dass das bloß interne Aufzeichnen von Daten, auf die niemand Zugriff habe, nicht unter den Begriff des Verarbeitens von Daten im Sinn des § 4 Z 9 DSG 2000 falle.
Für den Personenbezug von Daten sei darauf abzustellen, ob die Identität des Betroffenen unter Anwendung legaler Mittel bestimmt werden könne, wobei nur solche Mittel berücksichtigt werden sollen, die "vernünftigerweise" eingesetzt werden. Da im vorliegenden Fall vor Eintritt des Anlassfalles niemand auf die Daten zugreifen könne, sei bis zu diesem Zeitpunkt niemand in seiner Identität bestimmbar. Diese Daten seien daher nach Ansicht des Revisionswerbers nicht "datenschutzrelevant". Für das Vorliegen einer Verarbeitung sei ein Zugriff auf die Daten erforderlich, der hier (vor Eintreten des Anlassfalles) technisch nicht möglich sei. Wenn Daten nicht rückführbar seien, liege keine Verarbeitung personenbezogener Daten vor.
14 Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kommt es im vorliegenden Fall nicht darauf an, inwieweit ein technisches Bilderfassungssystem, das sich darauf beschränkt, Daten in einer Art und Weise zu speichern, die einen Zugriff darauf vollständig ausschließt, als Datenanwendung im Sinn des DSG 2000 anzusehen ist. Das Verwaltungsgericht ist nämlich zutreffend davon ausgegangen, dass das vorliegende Überwachungssystem als Gesamtheit zu betrachten und als solches einer einheitlichen datenschutzrechtlichen Beurteilung zu unterziehen ist. Nach der Definition des § 4 Z 7 DSG 2000 ist eine Datenanwendung die Summe der in ihrem Ablauf logisch verbundenen Verwendungsschritte, die zur Erreichung eines inhaltlich bestimmten Ergebnisses (des Zweckes der Datenanwendung) geordnet sind. Der Zweck der vorliegenden Datenanwendung (insgesamt) ist - worauf das Verwaltungsgericht hinweist - darauf gerichtet, im Anlassfall Personen identifizieren zu können und somit personenbezogene Daten zu verarbeiten (siehe zum Gesamtzweck der Datenanwendung, zu dessen Erreichung die einzelnen Schritte gesetzt werden, als verbindendes Element die Erläuterungen RV 1613 BlgNR 20. GP, 38). Die einzelnen Schritte sind in ihrem Ablauf logisch miteinander verknüpft. So setzt die dauerhafte Speicherung einzelner Abschnitte der Aufnahme bei Eintreten eines Anlassfalles die zumindest vorübergehende Abspeicherung für eine (wenn auch kurze) Zeitspanne voraus. Umgekehrt dient die (vom Revisionswerber als solche bezeichnete) "Zwischenlagerung" dem einzigen Zweck, eine dauerhafte Speicherung von Bilddaten über einen bestimmten (zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Speicherung teilweise in der Vergangenheit liegenden) Zeitraum zu ermöglichen. Ausgehend davon erscheint es nicht möglich, zwei voneinander abzugrenzende Anwendungen bzw. Datenarten zu konstruieren, die hinsichtlich der Anwendbarkeit des DSG 2000 unterschiedlich zu beurteilen wären (wie dies der Revisionswerber insbesondere in seiner Replik vom darzulegen versucht). Dass die gegenständliche Datenanwendung in ihrer Gesamtheit vom Verwaltungsgericht als Verarbeitung personenbezogener Daten angesehen wurde, ist daher nicht zu beanstanden.
Gegen die Auffassung, die vorübergehende Zwischenspeicherung als einen nicht dem DSG 2000 unterliegenden "Teilbereich" einer Datenanwendung anzusehen, spricht schließlich, dass nach dem Konzept des DSG 2000 auch die (weniger eingriffsintensive) Echtzeitüberwachung eine Datenanwendung darstellt (siehe § 50a Abs. 4 Z 3 DSG 2000 sowie RV 472 BlgNR 24. GP, 19).
5. Systematische, fortlaufende Feststellung von Ereignissen (§ 50a Abs. 1 DSG 2000)
15 Nach Auffassung des Revisionswerbers liege keine systematische, fortlaufende Feststellung von Ereignissen vor, weil ohne Anlassfall keine personenbezogenen Daten verarbeitet würden. Daher wäre die gemeldete Datenanwendung nicht nach den §§ 50a ff DSG 2000 zu beurteilen gewesen.
16 Dem ist unter Hinweis auf das vorab Gesagte entgegenzuhalten, dass die Datenanwendung in ihrer Gesamtheit zu betrachten ist (auch die Erläuterungen zu § 50a Abs. 1 DSG 2000, RV 472 BlgNR 24. GP, 17, sprechen davon, dass durch eine Summe von Verwendungsschritten das Ergebnis "Überwachung" verwirklicht werden soll). Zwar stellt die Speicherung von Daten für bloß 60 Sekunden mit bloß punktueller Zugriffsmöglichkeit einen geringeren datenschutzrechtlichen Eingriff dar als eine länger andauernde Speicherung mit uneingeschränkter Zugriffsmöglichkeit. Dennoch werden im vorliegenden Fall Bilddaten fortlaufend auf eine Art und Weise gespeichert, die - bei Eintreten eines Anlassfalles, der auch durch das Betätigen eines Schalters durch den Revisionswerber (bzw. allgemein gesprochen: durch einen Insassen des Fahrzeuges, in dem die Datenanwendung installiert ist) herbeigeführt werden kann - eine darauf aufbauende dauerhafte Speicherung ermöglicht, was als systematische Speicherung anzusehen ist. Zu berücksichtigen ist, dass die fortlaufende Feststellung nur ein (allerdings bedeutsamer) Fall der systematischen Speicherung ist und dass auch eine wiederkehrende Feststellung von Einzelereignissen eine systematische Feststellung sein kann.
6. Überwachtes Objekt (§ 50a Abs. 1 DSG 2000) 17 Nach Ansicht des Revisionswerbers könne eine
systematische, insbesondere fortlaufende Feststellung von Ereignissen deshalb nicht vorliegen, weil es an einer Überwachung eines bestimmten Objekts fehle. Den Feststellungen des Verwaltungsgerichtes sei nicht zu entnehmen, welches Objekt bzw. welche Person betroffen sei. Der nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes angeblich überwachte öffentliche Raum sei kein bestimmtes Objekt; gleiches gelte für die "Umgebung" des Autos. Dass das Auto selbst Gegenstand der Überwachung sei, habe das Verwaltungsgericht verneint.
18 Dazu ist anzumerken, dass die Definition der Videoüberwachung an die Feststellung von Ereignissen anknüpft, die ihrerseits ein bestimmtes Objekt oder eine bestimmte Person "betreffen". Es wird somit nicht darauf abgestellt, was von den Bilddaten erfasst wird, sondern dass ein bestimmtes Objekt (eine bestimmte Person) von der Überwachung betroffen ist. Vorliegend betreffen die Ereignisse, die überwacht werden sollen, jedenfalls das Fahrzeug des Revisionswerbers. Dass die Ereignisse nicht in einem räumlich fix abgegrenzten Gebiet stattfinden, vermag an der Anwendbarkeit der §§ 50a ff DSG 2000 nichts zu ändern. Die Einführung dieser Sonderbestimmungen erfolgte nach den Erläuterungen deshalb, weil die Regelungen des DSG 2000 von "klassischen" Datenanwendungen ausgehen und dies für Videoüberwachungen häufig Schwierigkeiten bereitete (RV 472 BlgNR 24. GP, 16). Anhaltspunkte dafür, dass die Überwachung einer sich ändernden Umgebung von einem beweglichen Objekt aus nicht diesen Bestimmungen unterliegen solle, finden sich darin nicht.
19 Gegen eine derartige Annahme spricht auch, dass für die Videoüberwachung hinsichtlich der zulässigen Zwecke und der Interessenabwägungen eine - gegenüber einer "klassischen" Datenanwendung - einschränkendere Regelung besteht (siehe RV 472 BlgNR 24. GP, 18) und es nicht sachlich gerechtfertigt erscheint, die Überwachung aus beweglichen Objekten (bei der die Gefahr, unbeteiligte Dritte zu erfassen, noch größer ist) dem allgemeinen Regime des DSG 2000 zu unterwerfen.
7. Kennzeichnungspflicht nach § 50d DSG 2000 20 In seinem Schriftsatz vom bringt der Revisionsweber vor, der Einsatz beweglicher Kameras unterliege deshalb nicht den Bestimmungen über die Videoüberwachung nach den §§ 50a ff DSG 2000, weil in derartigen Fällen der Auftraggeber der Kennzeichnungspflicht nach § 50d DSG 2000 nicht nachkommen könne.
21 Dem ist entgegenzuhalten, dass die Videoüberwachung allein in § 50a Abs. 1 DSG 2000 definiert ist (vgl. RV 472 BlgNR 24. GP, 17) und die Kennzeichnungspflicht nach § 50d DSG 2000 kein Definitionsmerkmal für das Vorliegen einer Videoüberwachung darstellt. Allfällige Schwierigkeiten bei Erfüllung dieser Verpflichtung können nicht die Annahme tragen, es handle sich bei einer derartigen Anwendung aus diesem Grund um keine Videoüberwachung.
22 Soweit der Revisionswerber in diesem Zusammenhang auf das Urteil des (deutschen) AG Nienburg vom , Az. 4 Ds 155/14, 4 Ds 520 Js 39473/14, verweist, ist anzumerken, dass aus der Auslegung des (deutschen) Bundesdatenschutzgesetzes keine Rückschlüsse auf den Inhalt der §§ 50a ff DSG 2000 gezogen werden können. Im Übrigen erscheint die deutsche Rechtsprechung insoweit uneinheitlich (siehe den Beschluss des AG München vom , Az. 345 C 5551/14, und das Urteil des VG Ansbach vom , Az. AN 4 K 13.01634, in denen eine mobile "On-Board-Kamera" als Videoüberwachung angesehen und jeweils ein Überwiegen der schutzwürdigen Interessen der anderen Verkehrsteilnehmer festgestellt wurde).
8. Rechtliche Befugnis
23 Das Verwaltungsgericht begründet die Ablehnung der Registrierung der gemeldeten Datenanwendung damit, dass es dem Revisionswerber an der gemäß § 7 Abs. 1 DSG 2000 erforderlichen rechtlichen Befugnis fehle, weil die gegenständlichen Kameras den öffentlichen Raum erfassen würden und zur Videoüberwachung an öffentlichen Orten grundsätzlich nur die Sicherheitsbehörden berechtigt seien.
24 Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich dieser Auffassung aus folgenden Gründen nicht anzuschließen:
25 Nach den Erläuterungen zur Regelung der Videoüberwachung in Abschnitt 9a des DSG 2000 (RV 472 BlgNR 24. GP, 17) setzt die "rechtliche Befugnis" im Sinn des auch für Videoüberwachungen geltenden § 7 Abs. 1 DSG 2000 bei den "privaten" Überwachungstatbeständen nach § 50a Abs. 4 DSG 2000 ein privatrechtliches Rechtsverhältnis des Auftraggebers zum überwachten Objekt oder zur überwachten Person voraus. Zwar sprechen die Erläuterungen (RV 472 BlgNR 24. GP, 18) zu § 50a Abs. 4 DSG 2000 davon, dass Videoüberwachung im öffentlichen Raum grundsätzlich den Sicherheitsbehörden vorbehalten ist. Eine Videoüberwachung durch Private ist in diesem Zusammenhang aber ausnahmsweise "bei der Überwachung einer besonders gefährdeten Person" oder "im Randbereich zum beschränkt öffentlichen Raum, zB wegen Verkehrssicherungspflichten, möglich". In den Erläuterungen zur SPG-Novelle 2005, BGBl. I Nr. 151/2004 (RV 643 BlgNR 22. GP, 4 f), mit der eine einheitliche Regelung zur Videoüberwachung an bestimmten öffentlichen Orten durch die Sicherheitsbehörden geschaffen wurde, heißt es, dass die Videoüberwachung öffentlicher Orte für Private innerhalb der im DSG 2000 vorgesehenen Grenzen erlaubt - und somit nicht generell unzulässig - ist. In den sogenannten "Erlaubnistatbeständen" (siehe zu diesem Begriff die RV 472 BlgNR 24. GP, 18) der Abs. 3 und 4 des § 50a DSG 2000 sind die Fälle geregelt, in denen die schutzwürdigen Geheimhaltungsinteressen von Betroffenen durch eine Videoüberwachung nicht verletzt werden. Diese Tatbestände betreffen zumindest auch (siehe etwa § 50a Abs. 3 Z 2 oder Abs. 4 Z 1 und 2 DSG 2000) Überwachung im öffentlichen Raum.
Daraus ergibt sich nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes Folgendes:
26 Wenn man zugrunde legt, dass den Abs. 3 und 4 des § 50a DSG 2000 jedenfalls ein Anwendungsbereich zukommen muss und die darin erfassten Konstellationen auch Überwachungen im öffentlichen Raum erfassen, dann muss bei Vorliegen eines Erlaubnistatbestandes jedenfalls eine dementsprechende rechtliche Befugnis gegeben sein, weil der Tatbestand ansonsten insoweit ins Leere liefe. Dies vorausgesetzt kann die rechtliche Befugnis eines privaten Auftraggebers aber nicht schon deshalb abschließend verneint werden, weil seiner Datenanwendung die Überwachung des öffentlichen Raumes zugrunde liegt, sondern es muss zusätzlich das Vorliegen eines Erlaubnistatbestandes nach § 50a Abs. 3 oder 4 DSG 2000 geprüft werden. Da die Abs. 3 und 4 des § 50a DSG 2000 nach den Erläuterungen (RV 472 BlgNR 24. GP, 17) leges speciales zu den §§ 8 und 9 DSG 2000 (und nicht zu § 7 Abs. 1, der das Erfordernis der rechtlichen Befugnis normiert) darstellen, ist nicht davon auszugehen, dass sie unmittelbar für die Beurteilung der rechtlichen Befugnis maßgeblich sind.
27 Sowohl die Systematik des § 50a DSG 2000 als auch die zitierten Erläuterungen sprechen dafür, die rechtliche Befugnis unabhängig und getrennt vom Vorliegen eines Erlaubnistatbestandes zu beurteilen (auch das Verwaltungsgericht geht im angefochtenen Erkenntnis, S 25, davon aus, dass die rechtliche Befugnis vor einer Prüfung der in § 50a Abs. 4 DSG 2000 vorgesehenen "Eingriffstatbestände" zu beurteilen wäre). Dementsprechend kann aus dem Umstand, dass öffentlicher Raum gefilmt wird, für sich genommen noch nicht auf das Fehlen der entsprechenden rechtlichen Befugnis geschlossen werden (vgl. in diesem Sinn den Schlussantrag von Generalanwalt Jääskinen in der Rs C-212/13, Ryneš , Rn. 63 ff, in dem betreffend eine fixe Überwachungskamera, mit der auch der öffentliche Straßenraum und das gegenüberliegende Haus aufgenommen wurde, anerkannt wurde, dass eine Videoüberwachung zum Schutz eines Hauses bzw. des Familienlebens der dort lebenden Personen einem berechtigten Interesse dient; die konkrete Zulässigkeit wäre nach einer Interessenabwägung anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu beurteilen.)
28 Maßgeblich ist vielmehr, ob zum überwachten Objekt im Sinn des § 50a Abs. 1 DSG 2000 ein privatrechtliches Rechtsverhältnis des Auftraggebers besteht. Da dies vorliegend hinsichtlich des Fahrzeuges des Revisionswerbers der Fall ist, wäre die rechtliche Befugnis zu bejahen gewesen.
29 Dessen ungeachtet ist das Verwaltungsgericht aus folgendem Grund im Ergebnis zu Recht von einer Unzulässigkeit der Datenanwendung ausgegangen.
9. Verhältnismäßigkeit
30 Ob die konkrete Ausgestaltung der Videoüberwachung rechtmäßig ist, ist (ungeachtet des Vorliegens einer rechtlichen Befugnis) in weiterer Folge im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (§ 7 Abs. 3 DSG 2000) bzw. im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines Erlaubnistatbestandes nach § 50a Abs. 3 und 4 DSG 2000 zu beurteilen (vgl. in diesem Sinn Thiele , Videoüberwachung aus Fahrzeugen - Datenschutzrechtliches zu Dashcams, in Datenschutzrecht Jahrbuch 2014, 235 (246 ff)).
31 Nach den Erläuterungen soll auch für die Videoüberwachung das System der §§ 6 bis 9 DSG 2000 der Struktur nach beibehalten werden. Dabei verweisen die Erläuterungen auch auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in § 7 Abs. 3 DSG 2000 und führen weiter aus:
"Dieser kommt auch § 1 Abs 1 letzter Satz zum Ausdruck, wonach Beschränkungen nur in der gelindesten zum Ziel führenden Art vorgenommen werden dürfen. Sofern taugliche Mittel zur Zielerreichung bestehen, die weniger eingriffsintensiv sind als das Mittel der Videoüberwachung, sind diese jedenfalls einer Videoüberwachung vorzuziehen" (vgl. RV 472 BlgNR 24. GP, 17.)
32 Soweit der Revisionswerber vorbringt, die Überwachung erfasse keinen öffentlichen Raum und bei Eintreten eines Anlassfalles bestehe ein (die Geheimhaltungsinteressen betroffener Dritter) überwiegendes Interesse des Revisionswerbers an der Aufzeichnung, ist Folgendes anzumerken:
33 Nach den - vom Revisionswerber nicht bestrittenen - Feststellungen des Verwaltungsgerichtes kann die dauerhafte Speicherung von Bilddaten unter anderem durch das Auslösen eines sogenannten "SOS-Button" erfolgen und dieser kann jederzeit (somit offenbar ohne Einschränkungen) betätigt werden. Schon aus diesem Grund ist es nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen, das vorliegende System als gelindestes Mittel (im Sinn des § 7 Abs. 3 DSG 2000) anzusehen (siehe allgemein dazu Jahnel , Handbuch Datenschutzrecht (2010) Rz. 4/96, 2/67 ff).
34 Auf die (vom Verwaltungsgericht der Sache nach anerkannten) Bemühungen des Revisionswerbers um eine möglichst geringe datenschutzrechtliche Eingriffsintensität muss daher ebenso wie auf die Erlaubnistatbestände des § 50a DSG 2000 nicht weiter eingegangen werden. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass die Erläuterungen (RV 472 BlgNR 24. GP, 18) davon sprechen, dass eine Überwachung im öffentlichen Raum durch Private etwa im Randbereich zum beschränkt öffentlichen Raum möglich sei. Wenn die Überwachung eines Bereiches, der dem hausrechtsähnlichen Verfügungsrecht des datenschutzrechtlichen Auftraggebers unterliegt, ohne Miteinbeziehung (in gewissem Ausmaß) des öffentlichen Raumes nicht wirkungsvoll vorgenommen werden kann (siehe diesbezüglich - wenn auch zur Rechtslage vor Einführung des Abschnittes 9a des DSG 2000 - Kotschy , Datenschutzrechtliche Rechtsfragen der Videoüberwachung, in FS Machacek/Matscher (2008), 257 (270)), dann wäre dies - unter Berücksichtigung der konkreten Reichweite und der Qualität der erfassten Bilddaten - bei der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen und somit im Rahmen einer Abwägungsentscheidung im Einzelfall einer wertenden Beurteilung zu unterziehen.
35 Die Ablehnung der Registrierung der vom Revisionswerber angemeldeten Datenanwendung ist somit im Ergebnis nicht zu beanstanden. Beruht eine Entscheidung auf einer fehlerhaften Begründung, führt aber die richtige Beurteilung zum selben Ergebnis, so ist der Revisionswerber nicht in seinen Rechten verletzt; ein solches Erkenntnis ist nicht wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben (vgl. zur Rechtslage vor Einführung der Verwaltungsgerichte erster Instanz das hg. Erkenntnis vom , 2011/09/0096).
10. Ergebnis
36 Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
37 Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.
Wien, am