VwGH vom 23.11.2011, 2009/13/0041
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des R in W, vertreten durch die Treufinanz Wirtschaftstreuhand Ges.m.b.H. in 1180 Wien, Sternwartestraße 76, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/0443-W/05, betreffend Einkommensteuer 2000, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 1.326,40 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Im Beschwerdefall ist die Besteuerung eines so genannten Sanierungsgewinnes im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 2000 strittig.
Dem angefochtenen Bescheid ist zum Sachverhalt zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer für das Jahr 2000 einen Gewinn aus Gewerbebetrieb (Gewinnermittlung nach § 5 EStG 1988) in Höhe von rund 4,8 Mio. S erklärt habe, in dem ein Gewinn aus einem erfolgten Zwangsausgleich in Höhe von rund 4,6 Mio. S enthalten gewesen sei. Weil für diesen Sanierungsgewinn die Voraussetzungen im Sinne "des früheren § 36 EStG 1988 idF vor BGBl. Nr. 201/1996" nicht erfüllt gewesen seien, habe das Finanzamt trotz der "Anweisung gemäß BMF-Erlass AÖF Nr. 180/99", in Zwangsausgleichsfällen die aus Sanierungsgewinnen entstehende Einkommensteuer nicht festzusetzen, von der Erhebung der Steuer auf den Sanierungsgewinn nicht Abstand genommen. Im Berufungsverfahren habe der Beschwerdeführer vorgebracht, von der Abgabenfestsetzung hätte unter Anwendung der erlassmäßigen Regelung abgesehen werden müssen. Da es sich bei Schulderlässen im Rahmen eines gesetzlichen Zwangsausgleiches um bedingte Schuldnachlässe handle, sei der Sanierungsgewinn außerdem erst nach Maßgabe der Erfüllung des Zahlungsplanes in den Jahren 2000 bis 2002 entstanden, sodass der Sanierungsgewinn entsprechend aufzuteilen gewesen wäre. Weiters hätten die weggefallenen Verbindlichkeiten auch von der Finanzprokuratur angemeldete Abgabenforderungen umfasst, die Steuern mit nicht betrieblichen Charakter enthalten hätten (diese wären aus der Besteuerungsgrundlage herauszurechnen gewesen, wobei dies der Beschwerdeführer mangels detaillierter Aufgliederung des Rückstandes nicht vornehmen könne).
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides ging die belangte Behörde davon aus, dass § 36 EStG 1988 mit dem StruktAnpG 1996, BGBl. Nr. 201/1996, mit Wirkung ab 1998 aufgehoben worden sei. Da die belangte Behörde verpflichtet sei, die Gesetze anzuwenden, könne aus dem vom Beschwerdeführer zitierten Erlass für seinen Standpunkt der steuerlichen Begünstigung des Sanierungsgewinns nichts gewonnen werden. Auch sei der Wegfall der Verbindlichkeiten regelmäßig schon mit der Bestätigung des Zwangsausgleichs zu berücksichtigen. Die Bestimmung des § 156 Abs. 1 KO besage, dass der Schuldner bereits durch die Bestätigung des Zwangsausgleiches durch das Gericht von seiner Schuld befreit werde, nicht jedoch erst durch die Begleichung der Quote. Auch wenn die Schuld im Falle eines qualifizierten Zahlungsverzuges nach § 156 Abs. 4 KO wieder auflebe, bedeute dies nicht, dass die Schuld erst bei Erfüllung der Quote erlösche.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Im (u.a. das Jahr 2000 betreffenden) Erkenntnis vom , 2002/14/0139, VwSlg. 7787/F, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 3 zweiter Satz VwGG verwiesen werden kann, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass mit dem Entfall des § 36 EStG 1988 (in der Stammfassung) durch das StruktAnpG 1996, BGBl. Nr. 201/1996, mit Wirkung ab der Veranlagung für das Jahr 1998 Sanierungsgewinne wie laufende Gewinne zu behandeln und dem Tarif zu unterwerfen sind. Aus erlassmäßigen Regelungen können keine Rechte und Pflichten der Steuerpflichtigen abgeleitet werden. Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich nicht veranlasst, von dieser - etwa auch im hg. Erkenntnis vom , 2002/14/0140, ausgedrückten - Rechtsauffassung abzugehen. Für eine begünstigte Besteuerung eines so genannten Sanierungsgewinns war damit im Rahmen des EStG 1988 für das Streitjahr kein Raum (vgl. zur Rechtsentwicklung beispielsweise Hofstätter/Reichel , Die Einkommensteuer III C, § 36 Tz 1).
Allerdings wird das Betriebsvermögen durch den Wegfall betrieblicher Schulden erst im Zeitpunkt des Wegfalles der Schuld erhöht. Der Vermögenszugang muss ein endgültiger sein (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2008/15/0062).
Entgegen der im angefochtenen Bescheid vertretenen Ansicht führt nicht bereits die gerichtliche Bestätigung des Zwangsausgleiches zum endgültigen Wegfall der Schulden. Der Ausgleichsschuldner kann vielmehr erst ab dem Zeitpunkt der Erfüllung des Ausgleiches mit Sicherheit seine Befreiung von den Verbindlichkeiten annehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 92/15/0041, VwSlg 6781/F, mwN). Ein Sanierungsgewinn nach einem Ausgleichsverfahren der AO entstand damit erst mit der Erfüllung der Quote (und zwar nach Maßgabe der Ratenzahlung; vgl. z.B. Hofstätter/Reichel , aaO, § 36 Tz 4 und 15, sowie Doralt/Heinrich , EStG15, § 36 Tz 29 ff).
Da die belangte Behörde somit zur Frage der zeitlichen Erfassung des in Rede stehenden Sanierungsgewinnes die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf den weiters in der Beschwerde thematisierten Verfahrensmangel in Bezug auf im Sanierungsgewinn enthaltene nicht betrieblich veranlasste Schulden (Abgabenverbindlichkeiten) weiter einzugehen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am