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VwGH vom 20.11.2012, 2009/13/0002

VwGH vom 20.11.2012, 2009/13/0002

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Nowakowski, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der F in M, vertreten durch Hirtzberger Sacha Katzensteiner Rechtsanwälte GmbH in 3500 Krems, Gartenaugasse 3, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3598-W/08, betreffend Einkommensteuer 2007, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin, eine Beraterin des Arbeitsmarktservice, machte in ihrer "Erklärung zur ArbeitnehmerInnenveranlagung 2007" als Werbungskosten den für "35 Doppelstunden Supervision in Kombination mit dem Pferd" aufgewendeten Betrag geltend und erstattete dazu in der Berufung gegen den Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes, mit dem diese Kosten nicht anerkannt wurden, folgendes Vorbringen:

"Zurückzuführen auf meine Tätigkeit als Beraterin im sozialen Bereich, Arbeitsmarktservice, verbunden mit einer sehr hohen Kundenfrequenz, ständiges Neu- bzw. Wiedereinstellen auf eine andere Person und deren Wünsche/Problematik, befasst mit Kunden mit besonderen Problemlagen, finanzierte ich mir auf eigene Kosten Supervisionsstunden mit Unterstützung eines Pferdes. Die wesentlichen Vorteile bzw. Gründe einer Supervision mit Pferd in Anspruch zu nehmen, liegen darin, dass einerseits eigene Verhaltensmuster besser erkennbar sind bzw. andererseits spiegelt das Pferd unmittelbar und sofort die Verhaltensmuster wider, wie z. B.: Führungskompetenz, Zielformulierung, Zieldefinition,

Kommunikationsstrukturen, Konfliktstrategien, ... Die

tiergestützte Arbeit ist sowohl im sozialen Bereich als auch beispielsweise im Führungskräftetraining eine Methode, die sehr effizient sowie ziel- bzw. lösungsorientiert ist und daher immer häufiger verwendet wird.

Weitere Gründe für eine Supervision sind:


Tabelle in neuem Fenster öffnen
-
Reflektion und Erweiterung der beruflichen Kompetenz
-
Professionalisierung
-
Reflektion, Verständnis und Bewältigung von schwierigen, beruflichen Situationen
-
Unterstützung eines adäquaten Umganges mit Stressquellen und Belastungen in der Arbeit.
Mein Ziel ist es damit eine höhere, sowohl im eigenen Bereich als auch in späterer/unmittelbarer Folge zum Wohlwollen/Nutzen der Kunden eine höhere/breitgefächerte Kompetenz meiner Beratungsmöglichkeiten anbieten zu können und ferner die Erarbeitung von zukünftigen alternativen Handlungsmöglichkeiten.
Supervision stellt daher nicht nur für die eigene Person - Psychohygiene - sondern vor allem im übertragenen Sinn im besonderen Ausmaß auch für das Gegenüber, d.h. für den Kunden einen wesentlichen größeren Nutzen dar.
Abschließend bemerkt stellt Supervision in allen sozialen Bereichen einen besonderen Stellenwert zu bzw. dar. Aufgrund dessen bitte ich sie dies bei ihrer neuerlichen Überprüfung bzw. Aufnahme in die Werbekosten zu berücksichtigen."
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Sie ging davon aus, dass seitens des Dienstgebers der Beschwerdeführerin kein Auftrag zur Inanspruchnahme von Supervisionsstunden bestanden habe, kein Kostenersatz erfolgt sei und die Maßnahme "ua." das Ziel verfolgt habe, die Ausübung des derzeitigen Berufes der Beschwerdeführerin zu unterstützen. Das Berufungsvorbringen ("sowohl im eigenen Bereich als auch" und "nicht nur für die eigene Person") lasse aber deutlich erkennen, dass "neben dem allfällig zu erwartenden beruflichen Nutzen auch ein Nutzen für die Person der Bw. selbst erwartet und angestrebt" worden sei und ein "in der privaten Lebensführung begründetes Interesse" die Inanspruchnahme der Leistungen veranlasst habe. Die zweite der zitierten Formulierungen lasse sogar den Schluss zu, dass der "persönliche" Nutzen "jedenfalls im Vordergrund" gestanden sei. Aus dem Berufungsvorbringen sei auch ableitbar, dass die Supervisionsstunden nicht auf die Berufstätigkeit der Beschwerdeführerin zugeschnitten gewesen seien, "sondern allgemeine Inhalte zur Persönlichkeitsbildung und dem Erkennen des eigenen Verhaltens vermittelt" worden seien. Auf der Homepage der Anbieterin der Supervision werde darauf verwiesen, dass die angebotene Supervision eine Methode sei, das eigene Verhalten während einer beruflichen Tätigkeit zu reflektieren, "um wieder handlungsfähiger zu werden". Dass dies mit einem "Pferd als Partner des Rollenspiels" geschehen sei, schließe aus, dass es sich um die Bearbeitung für den Beruf der Beschwerdeführerin spezifischer Gesprächs- und Konfliktsituationen gehandelt habe. Gegenstand der Supervisionseinheiten könnten nur die Verhaltensmuster der Beschwerdeführerin im Allgemeinen sowie "ihre Art der allgemeinen Zieldefinition und Erreichung sowie Konfliktbewältigung" gewesen sein. Dem von der Beschwerdeführerin glaubwürdig dargestellten Inhalt des Seminars nach sei das Ziel der Fortbildungsmaßnahme "erkennbar kein ausschließlich auf den spezifischen Beruf der Bw. gerichteter Erfolg" gewesen. Sie habe "die soziale Kompetenz der Bw. steigern und ihr helfen" sollen, "schwierige berufliche Situationen besser zu verstehen und zu bewältigen". Die strittige Supervision vermittle daher "Erkenntnisse im allgemeinen Lebensumfeld" und zeige verschiedene psychologische Zusammenhänge und deren praktische Verwertung für Konfliktsituationen und Arbeitssituationen auf, die in allen Berufen und auch im Privatleben immer wieder aufträten. Die "vermittelten Kenntnisse" seien "nicht nur für die Tätigkeit als AMS Berater von Bedeutung, sondern auch für Personen anderer Berufsgruppen und für Vorgänge außerhalb des Berufslebens, in welchen im Umgang mit anderen Personen die unterschiedlichsten Lebenssituationen gemeistert werden" müssten.
Davon ausgehend seien, wie die belangte Behörde unter Hinweis auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in rechtlicher Hinsicht darlegte, die Voraussetzungen für den Abzug der strittigen Kosten als Werbungskosten nicht gegeben.
Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Werbungskosten sind gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz EStG 1988 die Aufwendungen oder Ausgaben zur Erwerbung, Sicherung oder Erhaltung der Einnahmen. Gemäß § 16 Abs. 1 Z 10 erster Satz EStG 1988 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung gehören dazu u.a. auch die Aufwendungen für Aus- und Fortbildungsmaßnahmen im Zusammenhang mit der vom Steuerpflichtigen ausgeübten Tätigkeit.
Gemäß § 20 Abs. 1 Z 1 und Z 2 lit. a EStG 1988 sind die für den Haushalt des Steuerpflichtigen und für den Unterhalt seiner Familienangehörigen aufgewendeten Beträge sowie Aufwendungen oder Ausgaben für die Lebensführung, selbst wenn sie die wirtschaftliche oder gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt und sie zur Förderung des Berufes oder der Tätigkeit des Steuerpflichtigen erfolgen, nicht abzugsfähig.
In dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis vom , 2001/15/0184, VwSlg 7944/F, auf das die belangte Behörde den angefochtenen Bescheid vor allem gestützt hat und auch in der Gegenschrift verweist, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, der Hinweis der damals beschwerdeführenden Sonderschullehrerin auf die Arbeit mit "Problemkindern" und das "Aggressionspotential in Schulen" sei im Zusammenhang mit Aufwendungen für einen Kurs, der die Entfaltung des Charaktergefüges, die Bewältigung von Stress sowie die Beseitigung negativer Einstellungen und emotionaler Störungen zum Inhalt habe, nicht zielführend, weil die Stressbewältigung in den Bereich der Erhaltung bzw. Verbesserung der eigenen Gesundheit und somit in den Bereich der persönlichen Lebensführung gehöre.
Um die Arbeit mit "Problemkindern" ging es andererseits etwa auch im Erkenntnis vom , 2009/15/0197, in dem die Aufwendungen einer sozialpädagogischen Kinderbetreuerin für die Teilnahme an Veranstaltungen eines Lehrers für Persönlichkeitsbildung zu beurteilen waren. Der Verwaltungsgerichtshof verwies dazu auf die Änderung des § 16 Abs. 1 Z 10 EStG 1988 durch das Steuerreformgesetz 2000, BGBl. I Nr. 106/1999, sowie darauf, dass das Erkenntnis vom , 2001/15/0184, noch die Rechtslage vor dieser Änderung betraf, und wiederholte Ausführungen aus dem zur geänderten Rechtslage ergangenen Erkenntnis vom , 2003/14/0090, wonach eine begünstigte Bildungsmaßnahme jedenfalls vorliege, wenn die Kenntnisse im Rahmen der ausgeübten Tätigkeit verwertet werden könnten, und auch Aufwendungen für die Persönlichkeitsentwicklung nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht vom Abzug ausgeschlossen seien, wenn die ausgeübte Berufstätigkeit eine entsprechende Schulung erfordere. Im konkreten Fall sei dies - anders als in demjenigen des Erkenntnisses vom - ausreichend dargetan worden.
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zwar das Erkenntnis von , aber nicht auch das Erkenntnis vom , 2003/14/0090, VwSlg 8063/F, zu dem auch auf
Zorn in Hofstätter/Reichel , EStG Kommentar, § 16 Abs. 1 Z 10, Tz 2, zu verweisen ist, in ihre Erwägungen einbezogen. Sie hat, wie die Beschwerde mit Recht rügt, auch das Berufungsvorbringen etwas einseitig zum Nachteil der Beschwerdeführerin ausgelegt, indem sie der Formulierung "nicht nur für die eigene Person" eine keineswegs zwingende Bedeutung beigemessen und den vorangegangenen Ausführungen über die Umstände, auf die die Inanspruchnahme der Supervision "zurückzuführen" sei, wenig Beachtung geschenkt hat.
Diese Mängel in der Begründung des angefochtenen Bescheides führen die Beschwerde aber nicht zum Erfolg, weil das Berufungsvorbringen - gemessen an dem etwa im zitierten Erkenntnis vom angelegten Maßstab - auch bei ganzheitlicher Betrachtung nicht ausreichend konkret erkennen ließ, dass der Aufwand aus beruflichen Gründen erforderlich und der von der Beschwerdeführerin auf eigenen Antrieb und eigene Kosten gepflogene Umgang mit Pferden nicht auch durch private Interessen und Bedürfnisse veranlasst war. Was die Beschwerde zu diesem Thema über das Berufungsvorbringen hinaus erstmals vorbringt, verstößt gegen das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot und ist schon deshalb unbeachtlich.
Die im Ergebnis unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am