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VwGH 03.09.2015, Ra 2014/21/0033

VwGH 03.09.2015, Ra 2014/21/0033

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision des M E, zuletzt in W, vertreten durch Mag. Wolfgang Auner, Rechtsanwalt in 8700 Leoben, Parkstraße 1/I, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , Zl. G306 2008923- 1/4E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl),

Spruch

1. den Beschluss gefasst:

Soweit sich die Revision gegen die Spruchpunkte A. I. und

A. III. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, wird sie als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen (Spruchpunkt A. II.) wird das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger des Sudan, wurde am in Villach aufgegriffen und stellte bei seiner nachfolgenden Einvernahme durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einen Antrag auf internationalen Schutz.

Noch am selben Tag verhängte das BFA gegen den Revisionswerber gemäß Art. 28 der Dublin III-VO iVm § 76 Abs. 2 Z 4 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Anordnung zur Außerlandesbringung sowie zur Sicherung der Abschiebung.

Gegen die Anhaltung in Schubhaft erhob der Revisionswerber schon am Beschwerde. Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) wies diese Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis vom gemäß § 22a BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) iVm Art. 28 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z 4 FPG als unbegründet ab (Spruchpunkt A. I.). Unter einem wurde gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm Art. 28 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z 4 FPG festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen (Spruchpunkt A. II.). Schließlich verpflichtete das BVwG den Revisionswerber gemäß § 35 VwGVG zum Aufwandersatz an den Bund (Spruchpunkt A. III.) und erklärte die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG für nicht zulässig (Spruchpunkt B.).

Gegen dieses Erkenntnis erhob der Revisionswerber sowohl Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof als auch Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

1. Mit Erkenntnis vom , G 151/2014 ua., hob der Verfassungsgerichtshof § 22a Abs. 1 und 2 BFA-VG als verfassungswidrig auf und sprach aus, dass diese Bestimmungen nicht mehr anzuwenden seien.

Infolgedessen stellte der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , E 1022/2014-17, fest, dass der Revisionswerber durch Spruchpunkt A. I. des angefochtenen Erkenntnisses wegen Anwendung einer verfassungswidrigen Gesetzesbestimmung in seinen Rechten verletzt worden sei. Unter einem hob er daher diesen Spruchpunkt - und ebenso Spruchpunkt A. III. - auf. Im Übrigen (Spruchpunkt A. II.) lehnte er die Behandlung der Beschwerde ab.

Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde, nach seiner Anhörung die Revision in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Ein solcher Fall der formellen Klaglosstellung liegt (ua.) dann vor, wenn die angefochtene Entscheidung - wie hier in ihren Spruchpunkten A. I. und A. III. - durch den Verfassungsgerichtshof aus dem Rechtsbestand beseitigt wurde. Dem trat der Vertreter des Revisionswerbers auf Anfrage des Verwaltungsgerichtshofes nicht entgegen.

Die Revision war daher, soweit sie sich gegen die Spruchpunkte A. I. und A. III. des angefochtenen Erkenntnisses richtet, in Anwendung der genannten Bestimmung des VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

2. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof - entgegen dem gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG nicht bindenden Ausspruch des BVwG nach § 25a Abs. 1 VwGG - über die Revision, zu der keine Revisionsbeantwortungen erstattet wurden, erwogen:

Die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG die für die Fortsetzung der Schubhaft gegen den Revisionswerber maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen (Spruchpunkt A. II.), gründete das BVwG spruchgemäß auf den - verfassungsrechtlich unbedenklichen (siehe das erwähnte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom ) - Abs. 3 des § 22a BFA-VG iVm Art. 28 Dublin III-VO und § 76 Abs. 2 Z 4 FPG. Insoweit gleicht der vorliegende Revisionsfall in den entscheidungswesentlichen Gesichtspunkten damit jenem, der dem hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/21/0075, zu Grunde lag. Gemäß § 43 Abs. 2 VwGG wird des Näheren auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen. Aus den dort angestellten Erwägungen kommt eine auf § 76 Abs. 2 Z 4 FPG gestützte Schubhaft gegen Fremde, die sich - wie hier - in einem Verfahren nach der Dublin III-VO befinden, nicht in Betracht. Spruchpunkt A. II. des angefochtenen Erkenntnisses, der sich auf den genannten Tatbestand des FPG (iVm Art. 28 Dublin III-VO) gründet, erweist sich daher als rechtswidrig (siehe auch die hg. Erkenntnisse je vom , Ro 2015/21/0001 und Ro 2015/21/0015).

Das angefochtene Erkenntnis war daher, soweit es nicht bereits auf Grund des eingangs erwähnten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom aus dem Rechtsbestand ausgeschieden ist, gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
32013R0604 Dublin-III Art28;
BFA-VG 2014 §22a Abs1;
BFA-VG 2014 §22a Abs2;
BFA-VG 2014 §22a Abs3;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
VwGG §42 Abs2 Z1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2014210033.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAE-92127