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VwGH 11.12.2014, Ra 2014/19/0125

VwGH 11.12.2014, Ra 2014/19/0125

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AsylG 2005 §3 Abs1;
AsylG 2005 §8 Abs1;
BFA-VG 2014 §21 Abs7;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwGVG 2014 §24;
RS 1
Schließt das Bundesverwaltungsgericht sich nicht nur der Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde an, sondern zeigt darüber hinaus in seiner Beweiswürdigung noch weitere bedeutsame Aspekte auf, mit welchen es die Widersprüchlichkeit des Vorbringens begründet, nimmt es damit eine zusätzliche Beweiswürdigung vor, die dazu führt, dass das Bundesverwaltungsgericht die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung nicht bloß unwesentlich ergänzt (Hinweis E vom , Ra 2014/19/0085). Eine solche (ergänzende) Beweiswürdigung hat jedoch regelmäßig erst nach einer mündlichen Verhandlung, in der auch ein persönlicher Eindruck von der betroffenen Person gewonnen werden kann, zu erfolgen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie Ra 2014/19/0050 E RS 1

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Y, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W105 1433116-1/12E, betreffend Antrag auf internationalen Schutz nach dem AsylG 2005, erhobenen und zu der hg. Ra 2014/19/0125 protokollierten außerordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Abweisung seines Antrages auf internationalen Schutz keine Folge gegeben; im Übrigen wurde das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an die Verwaltungsbehörde zurückverwiesen. Die ordentliche Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen.

Gegen diese Entscheidung wurde die außerordentliche Revision beim Bundesverwaltungsgericht eingebracht und unter einem der Antrag gestellt, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat bis zur Vorlage der Revision das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Um die vom Gesetz geforderte Interessensabwägung vornehmen zu können, ist es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erforderlich, dass der Revisionswerber schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Gründen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach der Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Ra 2014/19/0020, und vom , Ra 2014/19/0014, jeweils mwN).

Der Revisionswerber begründet seinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung mit dem Hinweis auf die dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl infolge der Zurückverweisung des Verfahrens betreffend die Frage der Erlassung einer Rückkehrentscheidung offen stehende Möglichkeit, eine solche im fortgesetzten Verfahren erlassen zu können. In Vollziehung der Rückkehrentscheidung könne der Revisionswerber schlussendlich abgeschoben werden, wodurch er in seinen Rechten gemäß Art. 3 EMRK verletzt und der Gefahr unmenschlicher Behandlung ausgesetzt werde.

Mit diesen Ausführungen wird nicht dargelegt, dass dem Revisionswerber ein mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses verbundener unverhältnismäßiger Nachteil erwachsen würde. Ein solcher kann jedenfalls in einer Konstellation, wie sie hier vorliegt, nicht schon darin gesehen werden, dass die Verwaltungsbehörde ein Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung führt. Einen Titel für die Durchführung einer Abschiebung gemäß § 46 FPG stellt die mit der gegenständlichen Revision angefochtene Entscheidung nicht dar (vgl. den bereits erwähnten hg. Beschluss vom ).

Der Revisionswerber zeigt mit seinem Vorbringen somit keinen unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG auf, weshalb dem Antrag nicht stattzugeben war.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn, den Hofrat Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, über die Revision des Y B C in I, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Wolf-Dietrich-Straße 19/5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W105 1433116-1/12E, betreffend Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (belangte Behörde vor dem Bundesverwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1. Der Revisionswerber, ein Staatsangehöriger von Somalia, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das Bundesgebiet am einen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005).

Im Rahmen seiner Einvernahme vor dem Bundesasylamt führte er zu seinen Fluchtgründen aus, er habe im Juni 2009 gemeinsam mit anderen Personen eine Gruppe namens "Mesenge Social Youth" gegründet, die sich um die Vergabe von Lebensmitteln gekümmert habe. Im Dezember 2009 habe es einen Vorfall mit "der Regierung" gegeben. Der Revisionswerber sei mit seinen Kollegen während einer Essensabholung kontrolliert, angehalten und verhört worden. Man habe sie beschuldigt, mit den al- Shabaab zusammenzuarbeiten. Später seien sie wieder frei gelassen worden. Im Jänner 2011 habe die Gruppe des Revisionswerbers wieder einen Auftrag zur Essensverteilung bekommen. Dieser Auftrag sei von einem somalischen Geschäftsmann der Gruppe vermittelt worden. Zwei Mal im Monat seien zehn Lastwägen mit Lebensmitteln gekommen. Am seien die Lebensmittel zu spät gekommen und die Lastwägen nicht mehr am selben Tag abgeladen worden. Am nächsten Tag seien die Lastwägen mit den Lebensmitteln verschwunden gewesen. Der Revisionswerber habe seinen Chef informiert und es habe eine Krisenbesprechung mit den Dorfvorstehern gegeben, zumal das ganze Dorf auf die Essensverteilung gewartet habe. Danach seien Mitglieder der al- Shabaab gekommen. Der Revisionswerber habe erfahren, dass sein Chef mit den al- Shabaab zusammenarbeite. Er sei gemeinsam mit drei Arbeitskollegen von den al- Shabaab beschuldigt worden, die Lebensmittel gestohlen zu haben, und er hätte daher öffentlich umgebracht werden sollen. Die Dorfältesten hätten noch die Freilassung des Revisionswerbers erreicht, danach habe er sein Heimatland verlassen.

2. Das Bundesasylamt (nunmehr: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl) wies diesen Antrag mit Bescheid vom hinsichtlich der Zuerkennung des Status eines Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 als auch des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 ab. Unter einem wurde der Revisionswerber gemäß § 10 Abs. 1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Somalia ausgewiesen.

Begründend führte die Verwaltungsbehörde aus, der Revisionswerber sei somalischer Staatsbürger und stamme aus Mogadischu. Er sei nicht vorbestraft und werde nicht von staatlicher Seite wegen der Rasse, der Religion und Volksgruppenzugehörigkeit verfolgt. Er werde auch nicht aus politischen Gründen verfolgt. Fest stehe weiters, dass er keine Probleme mit der Polizei oder mit den Behörden gehabt habe.

Der vom Revisionswerber angegebene Fluchtgrund habe jedoch nicht als entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden können, insbesondere, dass er Probleme mit der al- Shabaab gehabt habe und in Zukunft einer Verfolgungsgefahr von Seiten der al-Shabaab insbesondere in Mogadischu ausgesetzt sei. Eine Verfolgungsgefahr in der Heimat habe der Revisionswerber nicht glaubwürdig darlegen können. So habe er sich betreffend die Ausreisegründe und seine Probleme - hinsichtlich näher dargelegter Angaben - mehrfach gravierend widersprochen. Nicht einmal in Bezug auf den zentralen Kern seiner Erlebnisse sei er bei gleich bleibenden Angaben geblieben. Er habe die behaupteten Fluchtgründe, nämlich eine - aktuell drohende - Verfolgung durch die al- Shabaab, nicht glaubhaft machen können, die Voraussetzung für die Gewährung von Asyl, nämlich die Gefahr einer aktuellen Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen liege somit nicht vor.

Des Weiteren ging die Behörde davon aus, dass die Voraussetzungen für die Gewährung von subsidiären Schutz nicht vorlägen. Trotz der in manchen Regionen angespannten Sicherheitslage könne nicht davon ausgegangen werden, dass sich jedermann, welcher sich in Somalia insbesondere in Mogadischu aufhalte, schon alleine aufgrund der allgemeinen Lage in einer extremen Gefährdungslage befinde. Der Revisionswerber habe zuletzt in Mogadischu gewohnt und könne nach seiner Rückkehr eine Beschäftigung aufnehmen bzw. einen Familienangehörigen bei dessen Arbeit unterstützen und so zu seinem Lebensunterhalt beitragen. Unter Berücksichtigung der persönlichen Verhältnisse wie Alter, Gesundheitszustand, Arbeitsfähigkeit, etc. sei nicht davon auszugehen, dass der Revisionswerber im Falle einer Rückkehr nach Somalia in eine derart dauerhaft aussichtslose Lage gedrängt werde, die ihm eine Rückkehr unzumutbar escheinen ließe.

Im Weiteren legte die Behörde im Bescheid noch Ausführungen dar, weshalb sich die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme als zulässig darstelle.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Revisionswerber Beschwerde an den Asylgerichtshof. Das Beschwerdeverfahren wurde ab vom Bundesverwaltungsgericht weitergeführt (§ 75 Abs. 19 AsylG 2005).

In der Beschwerde, in der die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ausdrücklich beantragt wurde, trat der Revisionswerber den Ausführungen der Verwaltungsbehörde entgegen und führte aus, sie habe nicht näher auf die Tatsache Rücksicht genommen, dass der Revisionswerber angegeben habe, bei einer Hilfsorganisation tätig und für die Auslieferung von Lebensmitteln zuständig gewesen zu sein. Aus den von der Verwaltungsbehörde zitierten Länderfeststellungen gehe hervor, dass besonders Mitarbeiter von Hilfsorganisationen gefährdet seien. Die Beweiswürdigung stütze sich weiters zum Großteil auf Widersprüche zwischen Erstbefragung und Einvernahme, wobei auf das eigentliche Vorbringen des Revisionswerbers durch die Verwaltungsbehörde nicht eingegangen worden sei. Des Weiteren führte der Revisionswerber (neue) Ausschnitte von Länderberichten zu seiner Situation im Falle einer Rückkehr in sein Heimatland an.

4. Mit dem nunmehr beim Verwaltungsgerichtshof in Revision gezogenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde gemäß § 3 Abs. 1 sowie § 8 Abs. 1 AsylG 2005 als unbegründet ab (Spruchpunkt A). Im Übrigen wurde das Verfahren gemäß § 75 Abs. 20 Z 1 AsylG 2005 zur Prüfung der Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen (Spruchpunkt B). Die Revision wurde vom Bundesverwaltungsgericht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zugelassen.

Nach Wiedergabe des bisherigen Verfahrensganges sowie der im Bescheid des Bundesasylamtes enthaltenen Länderberichte (Stand: Mai 2012), denen sich das BVwG vollinhaltlich angeschlossen hat, stellte das Gericht fest, den Revisionswerber treffe in Somalia keine "unmittelbare und konkrete, aktuelle, individuelle und schützenswerte Bedrohung". Er habe seinen Herkunftsstaat nicht aus Furcht vor individuell-konkreter Verfolgung verlassen. Weiters leide er an keinen tödlichen oder lebensbedrohlichen Erkrankungen.

Dazu hielt das BVwG beweiswürdigend - zusammengefasst - im Wesentlichen fest, das Bundesasylamt habe ein mangelfreies und ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt. Dem Revisionswerber sei im Rahmen seiner Einvernahmen jedenfalls ausreichend Gelegenheit geboten worden, asylrelevantes Vorbringen umfassend zu erstatten. Ausgehend davon sei es nicht nachvollziehbar, warum der Revisionswerber nicht sofort bei der ersten Gelegenheit - in der Erstbefragung habe er nämlich als Grund für die Ausreise die Beschuldigung durch seinen namentlich genannten Arbeitskollegen, Güter bzw. Lebensmittel gestohlen zu haben, sowie die Bedrohung mit dem Tod genannt - erwähnt habe, dass er im Heimatland von einer terroristischen Einheit mit dem Umbringen bedroht und mehrere Tage angehalten worden sei, "zumal dies ein asylrelevantes Vorbringen darstellen würde". Nach menschlichem Ermessen - so das BVwG weiter - könne wohl davon ausgegangen werden, dass der Grund, der einen Asylwerber zum Verlassen seines Heimatlandes bewegt habe, den Behörden bei jeder Gelegenheit kontinuierlich, gleichbleibend und widerspruchsfrei mitgeteilt werde. "Hier" sei das "nicht der Fall" gewesen, da im Verlauf der gesamten Erstbefragung niemals die Rede von einer Bedrohung durch die al- Shabaab gewesen sei. Auch der Hinweis des Revisionswerbers auf "§ 19 Abs. 1 AsylG" in seiner Beschwerde vermöge daran nichts zu ändern, da die Regelung des "§ 19 Abs. 1 AsylG" nichts mit den offenkundigen Widersprüchlichkeiten der Angaben des Revisionswerbers zu tun habe. Insgesamt würden sich die Behauptungen des Revisionswerbers in Bezug auf seine Fluchtgründe als höchst vage und unplausibel gestalten. Mangels Konkretheit und Plausibilität hätten seine Ausführungen den Feststellungen nicht zugrunde gelegt werden können.

Eine mündliche Verhandlung habe gemäß § 21 Abs. 7 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) unterbleiben können, da eine Klärung des erstatteten Vorbringens und/oder dessen Glaubwürdigkeit durch die Vornahme einer mündlichen Verhandlung vor dem BVwG nicht zu erwarten gewesen sei.

Insgesamt sei es dem Revisionswerber nicht gelungen glaubhaft darzustellen, dass ihm in seinem Herkunftsland eine aktuelle Verfolgung oder eine relevante individuelle und konkrete Bedrohung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention drohe.

Im Weiteren führte das BVwG noch näher aus, weshalb der Revisionswerber bei einer Rückkehr in sein Heimatland keiner Gefährdungssituation im Sinne des "§ 8 AsylG" ausgesetzt sei und das Verfahren zur Prüfung der Zulässigkeit der Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach der Übergangsbestimmung des § 75 Abs. 20 AsylG 2005 an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen sei.

Die Erhebung einer Revision sei nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhänge. Die Entscheidung beruhe allein auf der Bewertung der der "Individualtatbestandsfrage" zugrunde gelegten Glaubhaftigkeit des Vorbringens. Hinsichtlich der Einordnung des Sachverhaltes habe sich das BVwG auf eine ständige Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen können.

5. Dagegen wendet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verfahrensakten durch das BVwG sowie nach Einleitung des Vorverfahrens - Revisionsbeantwortungen wurden nicht erstattet - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

6.1. Die Revision bringt vor, das BVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht (Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0017 und 0018) abgewichen. In der Beschwerde sei die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung beantragt sowie substantiiert und konkret auf jene Punkte in der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes eingegangen worden, mit welchen die mangelnde Glaubwürdigkeit begründet worden sei.

6.2. Die Revision ist zulässig und begründet.

6.2.1. Der Verwaltungsgerichtshof hat sich in seiner Rechtsprechung bereits mit den Voraussetzungen zur Abstandnahme von der Durchführung einer Verhandlung nach § 21 Abs. 7 BFA-VG im Erkenntnis vom , Ra 2014/20/0017, 0018 - gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG wird insoweit auf die Entscheidungsgründe dieses Erkenntnisses verwiesen - des Näheren auseinandergesetzt und ist zum Ergebnis gekommen, dass für die Auslegung der in § 21 Abs. 7 BFA-VG enthaltenen Wendung "wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint" folgende Kriterien beachtlich sind:

Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in ihrer Entscheidung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinaus gehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten des von der Verwaltungsbehörde festgestellten Sachverhaltes ebenso außer Betracht bleiben kann wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt. Auf verfahrensrechtlich festgelegte Besonderheiten ist bei der Beurteilung Bedacht zu nehmen.

Diese in der hg. Rechtsprechung aufgestellten Anforderungen hat das BVwG im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

6.2.2. Der Revisionswerber hat die erstinstanzliche Beweiswürdigung in seiner Beschwerde nicht bloß unsubstantiiert bestritten. Vielmehr geht die Beschwerde mit konkreten Argumenten auf die vom Bundesasylamt in seiner Beweiswürdigung angeführten Widersprüche ein und fordert darüber hinaus ergänzende Feststellungen anhand neuerer Berichte insbesondere betreffend die Situation von Hilfsorganisationen sowie zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage im Herkunftsstaat des Revisionswerbers.

Das BVwG schloss sich zwar der Beurteilung der Verwaltungsbehörde, das Vorbringen des Revisionswerbers sei nicht glaubwürdig, an; untermauert dies aber - offenkundig wegen der der behördlichen Beweiswürdigung anhaftenden Mängel und des Inhalts der Beschwerde - mit dem Aufzeigen weiterer, in dieser Ausführlichkeit von der Verwaltungsbehörde nicht aufgegriffener und somit erstmals thematisierter Aspekte, aus denen sich die Unglaubwürdigkeit des Vorbringens ergebe. Es nimmt damit eine zusätzliche Beweiswürdigung vor, die dazu führt, dass das BVwG die tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung nicht bloß unwesentlich ergänzt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ra 2014/19/0085). Eine solche Beweiswürdigung hat regelmäßig erst nach einer mündlichen Verhandlung, in der auch ein persönlicher Eindruck vom Asylwerber gewonnen werden konnte, zu erfolgen.

Zusammenfassend kann schon vor diesem Hintergrund nicht gesagt werden, es wären die - oben dargestellten - Voraussetzungen zur Abstandnahme von der Verhandlung nach § 21 Abs. 7 BFA-VG erfüllt gewesen.

Im Hinblick auf die Ausführungen in der Beschwerde werden im fortzusetzenden Verfahren auch aktuelle Länderfeststellungen zu treffen sein.

6.3. Die angefochtene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes war daher infolge der aufeinander aufbauenden Spruchpunkte zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben. Auf die weiteren Punkte in der Revision war daher nicht weiter einzugehen.

6.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014. Da der Revisionswerber auf Grund des von ihm gestellten Antrages auf Gewährung der Verfahrenshilfe von der Entrichtung der Eingabengebühr befreit wurde, war das den Ersatz dieser Gebühr ansprechende Mehrbegehren abzuweisen.

Wien, am

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Normen
AsylG 2005;
FrPolG 2005 §46;
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:RA2014190125.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
LAAAE-91972