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VwGH vom 23.02.2017, Ro 2014/15/0050

VwGH vom 23.02.2017, Ro 2014/15/0050

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Baumann, über die Revision des Dr. M A in A (Deutschland), vertreten durch die Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH in 1010 Wien, Renngasse 1, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/3100253/2013, betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2006 und Einkommensteuer 2006, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Erkenntnis wird dahingehend abgeändert, dass es zu lauten hat: "Die erstinstanzlichen Bescheide vom , betreffend Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich Einkommensteuer 2006 sowie Einkommensteuer 2006, werden ersatzlos aufgehoben."

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Der bis September 2005 in Deutschland wohnhafte Revisionswerber war seit dem Jahr 1999 für die deutsche A GmbH tätig. Er übte die Tätigkeit durchgehend in Deutschland aus. Mit Vereinbarung vom kam der Revisionswerber mit der A GmbH überein, das Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum im gegenseitigen Einvernehmen zu beenden. Zugleich verpflichteten sich die A GmbH und der Revisionswerber, die im Jänner 2005 ausgesprochene Kündigung bzw. die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage zurückzunehmen. Vereinbart wurde weiters, dass der Revisionswerber ab sofort vom Dienst freigestellt werde. Als Ausgleich für alle durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses entstehenden Nachteile wurde eine Abfindung von 1,45 Mio. EUR zuzüglich einer Bonuszahlung von 50.000 EUR vereinbart, die am ausgezahlt werden sollte. Tatsächlich kam es jedoch erst im März des Streitjahres 2006 zur Auszahlung.

2 Ende September 2005 gab der Revisionswerber seinen Wohnsitz in Deutschland auf und begründete einen Wohnsitz in Österreich. 2011 kehrte er nach Deutschland zurück.

3 Am wurde dem Revisionswerber auf dessen Verlangen vom österreichischem Wohnsitzfinanzamt eine Bescheinigung für die "ausländische Steuerbehörde" ausgestellt, in dem als "Einkünfte, die im Ansässigkeitsstaat der Besteuerung unterliegen" u.a. eine "Abfindung" in Höhe von 1,45 Mio. EUR aufscheint.

4 In der am elektronisch eingereichten Einkommensteuererklärung 2006 gab der Revisionswerber neben gegenständlich nicht interessierenden Einkünften "unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte" in Höhe von 1,492.800 EUR bekannt. Mit Schreiben vom erläuterte der Revisionswerber dazu:

"Unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte Bonus für frühere Tätigkeit in Deutschland

(im März 2006 tatsächlich zugeflossen) 50.000,00

Abfertigung (im März 2006 zugeflossen, aber

wirtschaftlich (gem. dem vom VwGH vertretenen Kausalitätsprinzip) Deutschland

zuzurechnen, da der Anspruch für die in

Deutschland ausgeübte Tätigkeit entstanden ist) 1,442.800,00

1,492.800,00

KZ 440"

5 Am erging der Einkommensteuerbescheid 2006, wobei die zum Progressionsvorbehalt erklärten deutschen Einkünfte auf Grund des übrigen (nach dem Tarif zu versteuernden) negativen Einkommens ohne steuerliche Auswirkung blieben. Der Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

6 Mit Schreiben des Finanzamtes München II vom wurde dem österreichischen Wohnsitzfinanzamt des Revisionswerbers mitgeteilt, dass der Revisionswerber eine Abfindung zum Ausgleich aller ihm durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der A GmbH, München, entstandenen Nachteile erhalten habe. Die im März 2006 ausbezahlte Abfindung könne nach der Entscheidung des Finanzgerichtes München vom gemäß Art. 15 Abs. 1 DBA Österreich-Deutschland nicht der deutschen Besteuerung unterzogen werden, weil das Besteuerungsrecht daran nach der angeführten Bestimmung Österreich als neuem Wohnsitzstaat zukomme. Zur Vermeidung "weißer" Einkünfte werde angeregt, die Möglichkeit der Besteuerung in Österreich zu prüfen. Angeschlossen waren der "Gerichtsbescheid" des Finanzgerichts München, in dem ausgeführt wurde, dass der Revisionswerber gegen den Finanzamtsbescheid vom , mit dem die Abfindung der (deutschen) Einkommensteuer unterzogen worden sei, am Einspruch erhoben habe. Der Einspruch sei mit der Wohnsitzverlegung des Revisionswerbers nach Österreich und mit einem Verweis auf das Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Österreich begründet worden, aus dem sich ergebe, dass Deutschland ein Besteuerungsrecht nur an der Sondervergütung von 50.000 EUR, nicht jedoch an der Abfindung zukomme. Die Klage des Revisionswerbers sei mit der Einspruchsentscheidung vom zulässig geworden. Sie sei auch begründet, weil nach der Judikatur des Bundesfinanzhofes Abfindungen, die anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses vereinbart werden, nicht für eine konkret ausgeübte Tätigkeit, sondern für den Verlust des Arbeitsplatzes gezahlt würden. Ein solcher bloßer Anlasszusammenhang genüge, wie der BFH zu der insoweit gleich lautenden Bestimmung im Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz judiziert habe, nicht, um Deutschland als Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht daran einzuräumen (Hinweis auf BFH vom , I R 111/08 und I R 90/08, BStBl II 2010 S 387 und S 394).

7 Nach Durchführung einer Außenprüfung nahm das Finanzamt mit Bescheid vom das Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2006 wieder auf und erließ einen geänderten Einkommensteuerbescheid gleichen Datums, in dem die Abfertigungszahlung als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und die Bonuszahlung zum Progressionsvorbehalt berücksichtigt wurden. Zur Begründung wurde auf die Ausführungen im Prüfungsbericht verwiesen, in dem Feststellungen getroffen worden seien, die die Wiederaufnahme des Verfahrens erforderlich machen würden. Der Revisionswerber habe die Abfindung in der deutschen Steuererklärung erfasst und sodann gegen den Bescheid Einspruch erhoben. Darin und in weiteren Schreiben habe der Revisionswerber die Steuerpflicht dieser Abfindung in Österreich eingewendet. In den rechtlichen Ausführungen zur Klage gegen den deutschen Einkommensteuerbescheid werde begründet, warum die Abfindung in Deutschland steuerfrei zu stellen sei. Die Nichtbesteuerung der Abfindung in Deutschland stelle für Österreich eine Vorfrage nach § 303 Abs. 1 lit. c BAO dar. Die Kenntnis über die erfolgte Steuerfreistellung der Abfindung in Deutschland sei für die österreichische Steuerbehörde neu hervorgekommen und bewirke eine Wiederaufnahme des Verfahrens, weil alleine durch diesen Umstand ein im Spruch anders lautender Einkommensteuerbescheid für 2006 ergangen wäre. Da der Revisionswerber zum seinen deutschen Wohnsitz aufgegeben habe und nach Österreich verzogen sei, stehe nach Art. 15 DBA-Deutschland das Besteuerungsrecht für diese Abfindung dem Wohnsitzstaat Österreich zu. Derartige Einkünfte könnten nach Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Deutschland im Ansässigkeitsstaat versteuert werden, wenn keine Besteuerung im ehemaligen Tätigkeitsstaat erfolge. Der Revisionswerber habe in der österreichischen Einkommensteuererklärung 2006 diese Einkünfte nur bei den Progressionseinkünften angegeben, obwohl er zu diesem Zeitpunkt bereits die Besteuerung in Deutschland bekämpft habe (Einspruch vom mit Ausführungen zur deutschen Sichtweise). Diese neu hervorgekommene Tatsache rechtfertige die Wiederaufnahme des Verfahrens.

8 Der Revisionswerber erhob Berufung (nunmehr Beschwerde) sowohl gegen den Wiederaufnahme- als auch gegen den neuen Sachbescheid. Das Finanzamt verkenne, dass Doppelbesteuerungsabkommen nicht in der Lage seien, einen innerstaatlichen Besteuerungsanspruch zu begründen. Nach nationalem Recht unterliege eine vor dem Zuzug des Revisionswerbers nach Österreich anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses vereinbarte Abfindung nicht der österreichischen Einkommensteuer. Der Zufluss iSd § 19 EStG entscheide bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ausschließlich über die zeitliche Zuordnung, jedoch nicht über die Einkommensteuerpflicht dem Grunde nach. Einnahmen aus einer in Österreich nicht einkommensteuerbaren Tätigkeit vor dem Zuzug nach Österreich seien in Österreich nach §§ 1 und 2 iVm §§ 21 bis 32 EStG nicht steuerpflichtig. Die kausale Verknüpfung der Steuerpflicht dem Grunde nach mit der einkunftserzielenden Tätigkeit einerseits und der Ansässigkeit (und somit der unbeschränkten Steuerpflicht) andererseits, schaffe eine sachliche Grenzlinie der nationalen Besteuerungshoheit und sei der Besteuerungswillkür nach den Zufälligkeiten des Zuflusses/Abflusses vorzuziehen (Hinweis auf Beiser in FS Doralt, 13 ff).

9 Unstrittig sei der Revisionswerber erst mit der Begründung des österreichischen Wohnsitzes im September 2005 in die unbeschränkte Steuerpflicht in Österreich eingetreten. Einkünfte, die in kausalem Zusammenhang mit seinem Angestelltenverhältnis vor Zuzug im September 2005 stünden, unterlägen mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 98 Abs. 1 Z 4 EStG 1988 (inländische Tätigkeit bzw. Verwertung im Inland) nicht der inländischen Besteuerung (in Österreich nicht einkommensteuerbare Einkünfte). Dies würde auch dann gelten, wenn die betreffende Zahlung erst nach dem Zuzug im Jahr 2006 erfolgt sei. Der Zufluss iSd § 19 EStG 1988 entscheide bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit ausschließlich über die zeitliche Zuordnung, nicht aber über die Einkommensteuerpflicht dem Grunde nach.

10 Die Aufteilung der Besteuerungsrechte nach dem DBA-Deutschland (sei es nach der allgemeinen Zuteilungsregel des Art. 15 oder nach der Rückfallklausel des Art. 28 Abs. 1 lit. a) spiele sohin mangels Einkommensteuerbarkeit der vereinnahmten Abfindung im Revisionsfall keine Rolle. Folgerichtig sei festzuhalten, dass der Revisionswerber die Abfertigungszahlung und den Bonus mangels unbeschränkter Steuerpflicht im Zeitraum der Ausübung der nichtselbständigen Tätigkeit zu Unrecht zum Progressionsvorbehalt erklärt habe.

11 Auch auf Abkommensebene ergebe sich kein Anknüpfungspunkt für ein Besteuerungsrecht Österreichs. Zur Zeit der Ausübung der Tätigkeit sei Österreich nicht Ansässigkeitsstaat gewesen, sodass auch die Rückfallklausel des Art. 15 Abs. 4 DBA-Deutschland nicht einschlägig sei. Überdies erfordere die genannte Bestimmung nur, dass keine Steuerhinterziehung vorliege. Auf Grund der Deklaration der Einkünfte durch den Revisionswerber könne Art. 15 Abs. 4 DBA-Deutschland nicht zur Anwendung gelangen. Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Deutschland scheide schon deshalb aus, weil beide Staaten Art. 15 für einschlägig hielten.

12 Schließlich sei auch die Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 4 BAO rechtswidrig erfolgt. Die Entscheidung des Finanzgerichtes München könne mangels originär innerstaatlicher Besteuerungsgrundlage keine relevante Vorfrage iSd § 116 iVm § 303 Abs. 1 lit. c BAO bilden. Überdies könne eine Bindungswirkung grundsätzlich nur gegenüber Entscheidungen inländischer Gerichte und Verwaltungsbehörden bestehen. Die mangelnde Bindungswirkung zeige sich schon daran, dass die deutsche Entscheidung der Nichtbesteuerung die österreichische Abgabenbehörde in keinster Weise verpflichte, eine Besteuerung vorzunehmen. Der Vollständigkeit halber sei noch darauf hinzuweisen, dass eine Wiederaufnahme nach § 303 Abs. 4 BAO wegen des Hervorkommens neuer Tatsachen oder Beweismittel nicht in Frage komme, weil die Entscheidung des Finanzgerichts München zwar als Tatsache gewertet werden könne (die nachträgliche Beseitigung der Besteuerung in Deutschland sei durchaus Sachverhaltselement), welche jedoch erst nach Beendigung des abgeschlossenen Verfahrens neu entstanden sei (nova producta). Lediglich im Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits existente Tatsachen (nova reperta) stellten einen tauglichen Wiederaufnahmsgrund dar. Die deutschen Einkünfte seien in der Einkommensteuererklärung offen gelegt worden. Die Wiederaufnahme des Verfahrens diene nicht der Umsetzung neuer Erkenntnisse in Bezug auf die rechtliche Beurteilung des offen gelegten Sachverhaltes bzw. der Beseitigung von (vermeintlichen) Rechtsirrtümern.

13 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde ab.

14 Begründend wird ausgeführt, ausländische Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit unterlägen vom Eintritt der unbeschränkten Steuerpflicht an der österreichischen Steuerpflicht (Hinweis auf Fuchs in Hofstätter/Reichel, EStG 1988,§ 1 Tz 6). Von diesem Verständnis des nationalen Besteuerungsanspruchs gingen offenbar auch die Regelungen des Art. 28 Abs. 1 lit. a bzw. Art. 15 Abs. 4 DBA-Deutschland aus. Das Kausalitätsprinzip greife nur bei der Zuordnung von Einkünften innerhalb der Bestimmungen der Verteilungsnormen.

15 Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Deutschland sehe - wie schon das ältere DBA mit Deutschland - eine "switch-over"-Klausel zur Anrechnungsmethode zwecks Vermeidung von Doppelnichtbesteuerungen bei Qualifikationskonflikten vor (Hinweis auf Jirousek, ÖStZ 2000/783). Im Revisionsfall sei das Finanzgericht München - auf der Grundlage der Rechtsprechung des BFH - davon ausgegangen, dass die Abfindung nach nationalem deutschem Recht unter § 49 Abs. 1 Z 4 lit. d deutsches EStG falle (Entschädigung für die Auflösung eines Dienstverhältnisses), aber der Besteuerungsanspruch durch Art. 15 DBA-Österreich beschränkt werde. Danach sei ein Besteuerungsrecht Deutschlands nur dann gegeben, wenn es sich bei den betreffenden Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit um eine Vergütung für eine im Inland konkret ausgeübte Tätigkeit handle, was bei anlässlich der Beendigung eines Dienstverhältnisses vereinbarten Abfindungen nicht der Fall sei. Bei der strittigen Abfindung handle es sich um keine Vergütung für eine in Deutschland konkret ausgeübte Tätigkeit. Das Besteuerungsrecht sei dem Ansässigkeitsstaat Österreich zugeordnet worden. Aus österreichischer Sicht würden Abfindungen hingegen dem (ehemaligen) Tätigkeitsstaat zugeordnet. Die Frage, ob Einkünfte aus einer in einem Vertragsstaat "ausgeübten" Tätigkeit vorliegen, würde sohin aus deutscher Sicht verneint, aus österreichischer Sicht hingegen bejaht. Damit liege ein Qualifikationskonflikt iSd Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA-Deutschland vor (Hinweis auf Dommes, ÖStZ 2010, 494). Nicht erforderlich sei die Einordnung der Einkünfte unter zwei unterschiedliche Artikel des DBA. Dies decke sich mit der Ansicht von Lang/Stefaner im Kommentar von Wassermeyer et al, Anm. 3 zu "Art. 28 Österreich", wonach Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA jene Fälle erfassen solle, in denen von den Verwaltungsbehörden der beiden Vertragsstaaten unterschiedliche Verteilungsnormen des Abkommens angewendet werden und dies dazu führe, dass sich beide Staaten durch die abkommensrechtlichen Vorschriften an der Besteuerung gehindert sehen. Im Übrigen sei im Revisionsfall - wie näher erläutert - auch Art. 15 Abs. 4 DBA-Deutschland anwendbar.

16 Zur Wiederaufnahme sei der Revisionswerber im Recht, soweit er meine, dass sich das Finanzamt nicht auf den Tatbestand der abweichenden Vorfragenentscheidung stützen könne. Eine abweichende Vorfragenentscheidung stelle nur dann einen Wiederaufnahmegrund dar, wenn die Abgabenbehörde an die Entscheidung gebunden sei, wovon im Revisionsfall keine Rede sein könne. Hingegen habe sich das Finanzamt zu Recht auf das Hervorkommen neuer Tatsachen gestützt. Angaben zum Dienstverhältnis hätten der Einkommensteuererklärung und deren Beilagen nicht entnommen werden können. Auf Grund der Tatsache, dass der steuerlich vertretene Abgabepflichtige die Einkünfte als "unter Progressionsvorbehalt steuerbefreite Auslandseinkünfte" deklariert habe, habe das Finanzamt davon ausgehen müssen, dass es sich um Einkünfte handle, für die das Besteuerungsrecht nach dem DBA Deutschland zugewiesen sei und die Einkünfte in Deutschland versteuert würden. Von einem Sachverhalt, der es erlaubt hätte, abweichend von der Steuererklärung ein Besteuerungsrecht des Ansässigkeitsstaates Österreich anzunehmen, habe das Finanzamt bei Erlassung des Erstbescheides am nicht ausgehen können und dürfen. Demgegenüber habe der Revisionswerber der deutschen Finanzverwaltung Sachverhalte vorgetragen, die ein ausschließliches Besteuerungsrecht Österreichs zur Folge haben sollten. Von diesen Sachverhaltselementen habe das Wohnsitzfinanzamt aktenmäßig nachvollziehbar erst im Laufe der Jahre 2011 und 2012 und damit nach Erlassung des Einkommensteuerbescheides vom Kenntnis erlangt. Folgende, für die Besteuerung maßgebliche Umstände seien dem Finanzamt erst in den Jahren nach 2009 bekannt geworden:

- Vorliegen einer Abfindung (nicht einer "Abfertigung");

- Zahlung zum Ausgleich der durch die Beendigung des

Arbeitsverhältnisses zur deutschen A GmbH entstehenden Nachteile

(laut Pkt. 6 der Vereinbarung);

- Anlässlich der Beendigung des Dienstverhältnisses

vereinbarte Abfindungen würden nach ständiger deutscher

Rechtsprechung nicht für eine konkrete Tätigkeit iSd Art 15

Abs. 1 DBA, sondern für den Verlust des Arbeitsplatzes geleistet;

- die deutsche Rechtsprechung (die im Verhältnis zum Inland

als Sachverhalt und nicht als rechtliche Würdigung zu werten sei),

wonach Deutschland bei der gegebenen Sachlage ein

Besteuerungsrecht nach Art. 15 DBA nicht zukomme;

  • der Einspruch vom mit dem Hinweis auf das Vorliegen von Einkünften, die in Österreich zu versteuern seien;

- das Schreiben des Revisionswerbers an das Finanzamt

München II vom , in dem auf die Rechtsprechung des

BFH hingewiesen werde;

- auf die Rechtsprechung des BFH gestützte Klage gegen den

Diese bereits im Zeitpunkt der Bescheiderlassung existenten, dem Finanzamt nicht vollständig offengelegten Tatsachen wären vor dem Hintergrund des Art. 28 Abs. 1 lit. a bzw. Art. 15 Abs. 4 DBA-Deutschland geeignet gewesen, zu einem im Spruch anders lautenden Bescheid zu gelangen, wenn sie dem Finanzamt bereits im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides bekannt gewesen wären. Dies ergebe sich bereits daraus, dass es der Abgabenbehörde auf Grund der in der Erklärung und ihrer Beilage mitgeteilten Sachverhaltselemente im Jahr 2009 nicht ohne weitere Erhebungen möglich gewesen wäre, von einer Anwendbarkeit des Art. 28 Abs. 1 lit. a bzw. des Art. 15 Abs. 4 DBA-Deutschland auszugehen. Bei der strittigen Wiederaufnahme handle es sich somit nicht bloß um die Beseitigung einer fehlerhaften rechtlichen Beurteilung. Im Übrigen sei auch der in der Beilage zur Einkommensteuererklärung 2006 enthaltene Hinweis auf ein "vom VwGH vertretenes Kausalitätsprinzip" nicht als Beitrag zur Offenlegung eines Sachverhalts, sondern eher als Versuch zu werten, die Abgabenbehörde mit Hilfe eines solchen Verweises rechtlicher Art auf ein vorhandenes Besteuerungsrecht Deutschlands zu lenken ("Deutschland zuzurechnen"), das vor dem Finanzamt München II freilich schon seit August 2008 mit Hilfe der am vom österreichischen Wohnsitzfinanzamt eingeholten Bescheinigung bekämpft worden war. Dass der Revisionswerber zum Zeitpunkt der Einreichung der Steuererklärung beim Wohnsitzfinanzamt - gestützt auf Rechtsprechung des BFH - alles unternommen habe, um einen Qualifikationskonflikt voranzutreiben, ohne gleichzeitig für einen Gleichstand der Informationen bei beiden Finanzverwaltungen zu sorgen, sei der Erklärung nicht zu entnehmen.

17 Eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei zulässig, weil Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Beurteilung des Besteuerungsrechts Österreichs nach dem Doppelbesteuerungsabkommen BGBl. III Nr. 182/2002 im Fall einer Abfindung fehle, welche nach Zuzug des Steuerpflichtigen nach Österreich für ein bereits vor dem Zuzug beendetes Dienstverhältnis geleistet werde, wenn das Besteuerungsrecht nach Art. 15 Abs. 1 DBA vom ehemaligen Tätigkeitsstaat auf der Grundlage der deutschen Rechtsprechung nicht wahrgenommen werde.

18 Gegen dieses Erkenntnis wendet sich die vorliegende Revision in der zur Zulässigkeit ergänzend ausgeführt wird, es liege auch ein Widerspruch zum Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/13/0093, vor, aus dem sich ergebe, dass - entgegen der vom BFH vertretenen reinen Zufluss-/Abfluss Betrachtung - der Besteuerungsanspruch im Wegzugsstaat rechtens sei. Das Finanzamt erstattete keine Revisionsbeantwortung.

19 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

20 Gemäß § 1 Abs. 2 EStG 1988 sind unbeschränkt steuerpflichtig Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte.

21 Nach § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 zählen zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Arbeitslohn) die Bezüge und Vorteile aus einem bestehenden oder früheren Dienstverhältnis.

22 Arbeitslohn im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 sind alle Bezüge und Vorteile, die ihre Wurzel im Dienstverhältnis haben und sich im weitesten Sinn als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft erweisen (vgl. , VwSlg. 8106 F/2006).

23 Der Revisionswerber war im Streitjahr auf Grund seines inländischen Wohnsitzes in Österreich unbeschränkt steuerpflichtig. Die in der Revision thematisierte Bestimmung des § 98 EStG 1988 ist für den Revisionsfall nicht einschlägig. Sie betrifft ausschließlich beschränkt Steuerpflichtige, die grundsätzlich nur mit ihren inländischen Einkünften und nicht mit ihrem Einkommen iSd § 2 Abs. 2 EStG 1988 der Besteuerung unterliegen. Dass die Abfindungszahlung bereits vor Zuzug des Revisionswerbers nach Österreich rechtsverbindlich vereinbart war, ist für die Erfüllung des Abgabentatbestandes des § 25 EStG 1988 unerheblich, weil bei den außerbetrieblichen Einkünften nicht die Vermehrung des einer Einkunftsquelle zuzuordnenden Vermögens, sondern grundsätzlich nur die laufenden Einnahmen und Werbungskosten erfasst werden (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuerhandbuch, § 2 Tz. 6.2).

24 Unverständlich ist der argumentative Wert des Hinweises auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , 97/13/0093. Zunächst betrifft dieses Erkenntnis betriebliche Einkünfte, die grundsätzlich nach den Regeln des Betriebsvermögensvergleichs zu erfassen sind (vgl. , mit weiteren Nachweisen), sodass die vom Revisionswerber gegenständlich bekämpfte Besteuerung nach Maßgabe des Zufließens iSd § 19 EStG 1988 bei diesen im Allgemeinen gar nicht zum Tragen kommt. Insbesondere aber behandelt der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis 97/13/0093 ausschließlich die Frage, ob das nach § 98 Z 2 EStG 1988 unstrittig bestehende (inländische) Besteuerungsrecht durch Bestimmungen des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens eingeschränkt wird. Anhaltspunkte für den Standpunkt des Revisionswerbers, die gegenständliche Abfindung unterliege nicht dem "nationalen österreichischen" Einkommensteuergesetz, finden sich in diesem Erkenntnis nicht.

25 Welches der in § 25 Abs. 1 Z 1 lit. a EStG 1988 für das Vorliegen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit genannte Tatbestandsmerkmal im Revisionsfall nicht erfüllt sein sollte, vermag der Revisionswerber nicht aufzuzeigen.

Ergibt sich aus dem innerstaatlichen Steuerrecht eine Steuerpflicht, ist in einem zweiten Schritt zu beurteilen, ob das Besteuerungsrecht durch ein Doppelbesteuerungsabkommen eingeschränkt wird (vgl. , sowie vom , 2012/15/0035). Dafür kommt im Revisionsfall mangels Anknüpfungspunkte an andere Staaten ausschließlich das Abkommen vom zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. III Nr. 182/2002, in Betracht (im Folgenden kurz: DBA).

26 Nach Art. 15 Abs. 1 DBA dürfen Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person aus unselbständiger Arbeit bezieht, nur in diesem Staat besteuert werden, es sei denn, die Arbeit wird im anderen Vertragsstaat ausgeübt. Wird die Arbeit dort ausgeübt, so dürfen die dafür bezogenen Vergütungen im anderen Staat besteuert werden.

27 Art. 15 Abs. 1 DBA ordnet dem Ansässigkeitsstaat grundsätzlich das ausschließliche Besteuerungsrecht für Vergütungen für unselbständige Arbeit zu. Diese Zuordnung des Besteuerungsrechts wird aber dann durchbrochen, wenn die unselbständige Tätigkeit im anderen Staat "ausgeübt" wird (wobei Art. 15 Abs. 2 DBA für diese Durchbrechung gegenständlich nicht interessierende Ausnahmen enthält). Entscheidend für ein Besteuerungsrecht des Quellenstaates ist somit, dass die Arbeit dort ausgeübt wird.

28 Im Erkenntnis von , 2012/15/0128, hat der Verwaltungsgerichtshof zum insoweit gleich lautend formulierten Art. 15 Abs. 1 DBA-Schweiz ausgesprochen, dass die Zuordnung des Besteuerungsrechts hinsichtlich einzelner konkreter Zahlungen dabei nach kausalen Gesichtspunkten (arg: "dafür bezogene Vergütungen" in Art. 15 Abs. 1 Satz 2 DBA-Schweiz) erfolgt. Die Zahlungen müssen ihren Grund in der im Quellenstaat ausgeübten Tätigkeit haben (vgl. Prokisch in Vogel/Lehner, DBA6, Art. 15 Rz. 16). Es ist jedoch nicht maßgebend, zu welchem Zeitpunkt oder in welcher Form oder unter welcher Bezeichnung einzelne Zahlungen für eine im Quellenstaat ausgeübte Tätigkeit erfolgen (vgl. Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 15 MA Rz. 77).

29 Wird ein Arbeitnehmer nach ausgesprochener Kündigung vom Dienst unter "Gehaltsfortzahlung" bis zum Kündigungstermin freigestellt, so sind die in dieser Zeit bezogenen Vergütungen nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs im Sinne des Kausalitätsprinzips keine für die Untätigkeit (ungenutzte Arbeitsbereitschaft) während der Dienstfreistellung bezogenen Vergütungen. Derartige Zahlungen haben ihren Grund - ebenso wie die streitgegenständliche Abfindungszahlung - vielmehr in der vor der Dienstfreistellung ausgeübten Tätigkeit. Damit besteht ein besonderer Veranlassungszusammenhang zur bisher ausgeübten Tätigkeit. Abfindungszahlungen stellen "quasi den letzten Akt des Dienstverhältnisses" dar (vgl. Wassermeyer/Schwenke in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Art. 15 MA Rz. 56e). Bei vertraglichen Ansprüchen liegt es im Gestaltungsspielraum der Vertragsparteien eines Dienstvertrages, ob sie für den Kündigungsfall eine höhere Abfindung oder eine längere Gehaltsfortzahlung vereinbaren. Eine unterschiedliche Besteuerungsfolge soll sich daraus gerade im Hinblick auf das Kausalitätsprinzip nicht ergeben.

30 Aufgrund des aufgezeigten besonderen Veranlassungszusammenhangs zur seinerzeit in Deutschland ausgeübten Tätigkeit besteht daher - wovon das Bundesfinanzgericht zutreffend ausgegangen ist - auch für "Abfindungszahlungen zum Ausgleich von Nachteilen durch die Beendigung des Dienstverhältnisses" ein Besteuerungsrecht Deutschlands nach Art. 15 Abs. 1 zweiter Satz DBA.

31 Nach der Rechtsprechung des BFH, der sich nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichts im vorliegenden Fall das Finanzgericht München angeschlossen hat, werden beendigungskausale Einkünfte hingegen nicht für eine konkret ausgeübte Tätigkeit gezahlt, sondern für den Verlust des Arbeitsplatzes. Der BFH sieht bei Abfindungen, die keine nachträglichen Vergütungen darstellen und die keinen pensionsähnlichen Charakter haben, den erforderlichen Zusammenhang zwischen Arbeitsleistung und Vergütung nicht als gegeben an. Aus Sicht des BFH stellen Abfindungen nicht den "letzten Akt des Dienstverhältnisses" dar (vgl. Prokisch in Vogel/Lehner, DBA6, Art. 15 Rz. 17c; Bendlinger in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA Art. 15 Rz. 75 mit Hinweisen auf Rechtsprechung des BFH).

32 Nach Art. 15 Abs. 4 DBA gilt für Zwecke dieses Artikels die Arbeit im anderen Vertragsstaat nur dann als ausgeübt, wenn die Vergütungen in Übereinstimmung mit diesem Abkommen im anderen Vertragsstaat besteuert worden sind.

33 Nach Ansicht des Revisionswerbers kann die Rückfallklausel nach Art. 15 Abs. 4 DBA nur dann greifen, wenn im Tätigkeitsstaat gesetzwidriger Weise keine Steuer entrichtet wurde. Da der Revisionswerber den betreffenden "Vermögenszugang" in Deutschland deklariert habe, sei das Ziel der Bestimmung - die Verhinderung der Hinterziehung - erfüllt und die Subject-to-tax-Klausel des Art. 15 Abs. 4 DBA nicht mehr von Relevanz.

34 Zu Art. 15 Abs. 4 DBA besteht zwischen den Vertragsstaaten Einverständnis darüber, dass sich der Begriff "Vergütungen, wenn sie im anderen Vertragsstaat besteuert worden sind" auf jegliche Arbeit bezieht, die im anderen Vertragsstaat steuerlich erfasst worden ist. Durch die Bestimmung werden die Besteuerungsrechte des Tätigkeitsstaates nicht eingeschränkt. Erfolgt eine Besteuerung im Tätigkeitsstaat erst im Nachhinein, wird ein hierdurch ausgelöster Besteuerungskonflikt auf der Grundlage von Art. 25 behandelt (vgl. Protokollvereinbarung anlässlich der Unterzeichnung des Abkommens zwischen den beiden Staaten am ).

35 Wie Schilcher/Stefaner, Die Bedeutung des Tätigkeitsstaatsprinzips in Art. 15 DBA-Deutschland, in f, ausführen, besteht kein klar umrissener aus dem OECD-Musterabkommen ableitbarer Anwendungsbereich der von der bilateralen Vertragspraxis sehr unterschiedlich formulierten Subject-to-tax-Klauseln. Zur streitgegenständlichen Subject-to-tax-Klausel unterstreiche das Protokoll zu Art. 15 Abs. 4 DBA, dass die Besteuerungsrechte des Tätigkeitsstaates dadurch nicht eingeschränkt werden sollten. Auch eine "Nullbesteuerung" im Tätigkeitsstaat sei nicht schädlich, sofern sichergestellt sei, dass der Tätigkeitsstaat Kenntnis von seiner Steuerbefugnis erlangt habe. Dies könne letztlich nur bedeuten, dass weder persönliche noch sachliche Steuerbefreiungen im Tätigkeitsstaat zu einem Eingreifen der Subject-to-tax-Klausel führen.

36 Nach den deutschen Gesetzesmaterialien (Deutscher Bundestag 14/7913) dient die "Rückfallklausel" für Arbeitnehmer der Vermeidung so genannter weißer Einkünfte.

37 Eine Besteuerung der Abfindung im Tätigkeitsstaat ist nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes nicht deshalb unterblieben, weil das nationale deutsche Recht für derartige Vergütungen persönliche oder sachliche Steuerbefreiungen vorsieht oder besondere in der Person des Revisionswerbers gelegene Umstände (wie etwa ein Verlustvortrag oder persönliche Absetz- oder Freibeträge) berücksichtigt worden wären, sondern weil sich Deutschland in Ansehung der streitgegenständlichen Abfindungssumme nicht als Tätigkeitsstaat iSd Art. 15 DBA betrachtet. Von einer "steuerlichen Erfassung" in Deutschland kann bei einer derartigen Sachverhaltskonstellation keine Rede sein. Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher nicht die Ansicht des Revisionswerbers, dass durch die Offenlegung der Zahlung in Deutschland Art. 15 Abs. 4 DBA seinen Anwendungsbereich verloren habe und das DBA der Besteuerung der gegenständlichen Vergütung entgegenstünde.

38 Zu keinem anderen Ergebnis führt im Revisionsfall auch

Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA. Dieser lautet:

"Anwendung des Abkommens in bestimmten Fällen

(1) Der Ansässigkeitsstaat vermeidet die Doppelbesteuerung durch Steueranrechnung nach Artikel 23 und nicht durch Steuerbefreiung nach dem genannten Artikel,

a) wenn in den Vertragsstaaten Einkünfte oder Vermögen

unterschiedlichen Abkommensbestimmungen zugeordnet oder verschiedenen Personen zugerechnet werden (außer nach Artikel 9) und dieser Konflikt sich nicht durch ein Verfahren nach Artikel 25 regeln lässt und wenn auf Grund dieser unterschiedlichen Zuordnung oder Zurechnung die betreffenden Einkünfte oder Vermögenswerte unbesteuert blieben oder zu niedrig besteuert würden;"

39 Im Revisionsfall steht fest, dass Deutschland die streitgegenständliche Abfindungssumme dem Grundtatbestand des Art. 15 Abs. 1 erster Halbsatz DBA zuordnet (Besteuerung im Wohnsitzstaat Österreich), Österreich hingegen vom Vorliegen einer im Ausland ausgeübten Tätigkeit ausgeht und die Vergütungen dem Tatbestand des Art. 15 Abs. 1 zweiter Halbsatz DBA unterstellt (Besteuerung im Quellenstaat Deutschland). Dabei handelt es sich entgegen der Ansicht des Revisionswerbers um "unterschiedliche Abkommensbestimmungen" iSd Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA (vgl. Schilcher, Subject-to-Tax-Klauseln in der österreichischen Abkommenspraxis, 99; Stefaner in Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Länderteil Österreich, Art. 28 Tz. 3; und Bendlinger in Aigner/Kofler/Tumpel, DBA Art. 15 Rz. 81).

40 Um diesen Qualifikationskonflikt zu lösen, haben das österreichische und das deutsche Bundesministerium auf Basis des Art. 25 DBA am eine Konsultationsvereinbarung zur Besteuerung von Abfindungszahlungen nach Art. 15 des Abkommens geschlossen. Diese Vereinbarung sieht vor, dass gesetzliche oder freiwillige Abfertigungen/Abfindungen aus Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses in jenem Staat der Besteuerung unterliegen, der auch hinsichtlich der Bezüge aus der aktiven Tätigkeit besteuerungsberechtigt war, im Revisionsfall also Deutschland. Der negative Qualifikationskonflikt konnte mit dieser Konsultationsvereinbarung jedoch letztlich nicht beseitigt werden, weil das Finanzgericht München der Vereinbarung nicht gefolgt ist (vgl. nunmehr auch BFH vom , I R 79/13, ergangen zur insoweit gleich lautenden Konsultationsvereinbarung zwischen Deutschland und der Schweiz zum vergleichbaren Art. 15 DBA-Schweiz, wonach Konsultationsvereinbarungen - auch wenn sie in Form einer Verordnung erlassen werden - nicht dazu geeignet seien, den Auslegungskonflikt in Ansehung der Besteuerung von Abfindungen zu lösen). Damit konnte sich das Bundesfinanzgericht zu Recht auf die "switch-over"-Klausel des Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA stützen.

41 Schließlich wendet sich die Revision auch gegen die Wiederaufnahme des Einkommensteuerverfahrens nach § 303 BAO. Dazu trägt der Revisionswerber im Wesentlichen vor, die Entscheidung des Finanzgerichtes München sei erst nach Beendigung des abgeschlossenen Einkommensteuerverfahrens erfolgt. Bei der Nichtbesteuerung in Deutschland handle es sich um eine neu entstandene Tatsache (nova producta). Der Revisionswerber sei bei Abgabe der Einkommensteuererklärung 2006 wahrheitsgemäß von einer Besteuerung in Deutschland ausgegangen.

42 Nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO idF BGBl. I Nr. 14/2013 ist eine Wiederaufnahme des Verfahrens von Amts wegen u.a. zulässig, wenn Tatsachen oder Beweismittel neu hervorgekommen sind, und die Kenntnis dieser Umstände allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens einen im Spruch anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätte.

43 Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Neuhervorkommen von Tatsachen oder Beweismitteln nur aus der Sicht des jeweiligen Verfahrens derart zu beurteilen, dass es darauf ankommt, ob der Abgabenbehörde im wieder aufzunehmenden Verfahren der Sachverhalt so vollständig bekannt gewesen ist, dass sie schon in diesem Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu der nunmehr im wieder aufgenommenen Verfahren erlassenen Entscheidung hätte gelangen können (vgl. beispielsweise , 0088, mwN).

44 Wie oben näher ausgeführt, weist Art. 15 Abs. 1 zweiter Satz DBA - aus der Sicht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - das Besteuerungsrecht an der streitgegenständlichen Abfindung Deutschland zu. Im Zeitpunkt der Erlassung des Erstbescheides am hatte Deutschland nach den Feststellungen des Bundesfinanzgerichtes von diesem Besteuerungsrecht auch Gebrauch gemacht. Damit war es Österreich als Ansässigkeitsstaat aber sowohl nach Maßgabe des Art. 15 Abs. 4 DBA als auch auf der Grundlage des Art. 28 Abs. 1 lit. a DBA verwehrt, die Abfindung der österreichischen Einkommensteuer zu unterziehen. Daran hätte die Kenntnis der Rechtsprechung des BFH zu vergleichbaren Sachverhalten und Rechtslagen ebenso wenig geändert wie die Kenntnis von einem anhängigen Gerichtsverfahren, mit dessen Hilfe der Revisionswerber die Steuerfreistellung in Deutschland zu erwirken trachtete. Erst die tatsächlich im Tätigkeitsstaat erfolgte Steuerfreistellung der Abfindungszahlung mit "Gerichtsbescheid" vom führte zum Rückfall des Besteuerungsrechtes an den Ansässigkeitsstaat. Das Wissen um den Einspruch des Revisionswerbers gegen die deutsche Steuervorschreibung genügte nicht, schon im wiederaufgenommenen Verfahren bei richtiger rechtlicher Subsumtion zu einer Steuerpflicht der Abfindung zu gelangen.

45 Übt der ausländische Staat, wie im Revisionsfall Deutschland, zunächst sein Besteuerungsrecht aus und wird später auf Grund eines Rechtsmittelverfahrens entschieden, dass das Besteuerungsrecht zu Unrecht ausgeübt wurde, kommt eine Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 303 Abs. 1 lit. b BAO nicht in Betracht. Bei einer nach Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens erfolgenden Beseitigung der Besteuerung im Ausland handelt es sich um neu entstandene, nicht aber um neu hervorgekommene Tatsachen iSd § 303 Abs. 1 lit. b BAO, weshalb der Neuerungstatbestand in einem solchen Fall nicht zur Durchbrechung der Rechtskraft des inländischen Einkommensteuerbescheides herangezogen werden kann. Der nachträgliche Wegfall der Besteuerung in Deutschland stellt ein rückwirkendes Ereignis iSd § 295a BAO und keinen geeigneten Wiederaufnahmegrund dar (vgl. Schilcher, Die tatsächliche Besteuerung als maßgebendes Kriterium für die Festlegung des Quellenstaates nach den Doppelbesteuerungsabkommen, in Gassner/Lang/Schuch/Staringer,

Die Verteilung der Besteuerungsrechte zwischen Ansässigkeits- und Quellenstaat im Recht der Doppelbesteuerungsabkommen, 400 ff; ebenso Ritz, Abänderung nach § 295a BAO,SWK 2003, S 880).

46 Das angefochtene Erkenntnis wäre daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Der Verwaltungsgerichtshof hat gemäß § 42 Abs. 3a VwGG von der Ermächtigung Gebrauch gemacht, statt eines bloß aufhebenden Erkenntnisses eine verfahrensbeendende Entscheidung in der Sache selbst zu fällen, und daher auf ersatzlose Behebung der erstinstanzlichen Bescheide vom erkannt.

47 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 47 Abs. 2 Z 1 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am